Protokoll der Sitzung vom 16.05.2013

(Beifall bei den GRÜNEN)

Letzter Redner in der Debatte ist nun Staatssekretär Gerhard Eck für die Staatsregierung. Bitte schön.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Es wurde gerade etwas verworren diskutiert, deshalb will ich hier zusammenfassen: Die Meldebehörden dürfen personenbezogene Daten nicht für kommerzielle Interessen weitergeben, das ist de facto so. Aus anderer Sicht betrachtet: Auskünfte zu solchen Zwecken dürfen nur mit vorheriger Einwilligung des Betroffenen oder der Betroffenen weitergegeben werden. Ich denke, da sind wir uns alle einig. Da brauchen wir das Gesagte dann auch nicht hier noch einmal anzusprechen. Wichtig ist, und darum geht es mir besonders: Der Änderungsantrag weicht von der Bundesgesetzgebung völlig ab. Nachdem wir eine Übergangsfrist von eindreiviertel Jahren haben, bitte ich, auch mit Sicht auf die Kommunen, dass wir einen unnötigen Verwaltungsapparat und damit ein Stück weit Personalbindung verhindern. Erste Rücksprachen mit Vertreterinnen und Vertretern der Anstalt für Kommunale Datenverarbeitung in Bayern, AKDB, haben ergeben, dass die Erarbeitung der Software, die dafür notwendig wäre, die Installation und die flächendeckende Verbreitung mehr als ein Jahr in Anspruch nehmen würden. Wenn jetzt Änderungen kommen und nach dem In-Kraft-Treten der bundesgesetzlichen Regelung noch weitere Änderungen kämen, dann hätten wir eine Verwirrung, auch in der Bevölkerung drau

ßen, die sehr unglücklich wäre. Ich will es jetzt bei diesen Ausführungen belassen. Ich bitte ganz herzlich, dem Gesetzentwurf zuzustimmen und dem Änderungsantrag nicht zuzustimmen.

(Beifall bei der CSU und der SPD)

Noch einen Moment, Herr Staatssekretär. Wir haben noch eine Zwischenbemerkung von Frau Kollegin Kamm, der ich jetzt das Wort erteile. Bitte schön.

Herr Staatssekretär, trifft es zu, dass bei Ihrem Gesetzentwurf die Opt-in-Regelung dann umgangen wird, wenn irgendein Adresshändler eine Einwilligung, beispielsweise über ein Gewinnspiel, quasi erschlichen hat, um die Adressen updaten zu können? Wie erklären Sie, dass es eines zusätzlichen Verwaltungsaufwands bedarf, wenn unsere Änderung angenommen würde, nachdem sie doch eigentlich nur besagt, dass in keinem Fall Adressdaten an einen Adresshändler herausgegeben werden?

Herr Staatssekretär, bitte.

Zum Ersten: Ich kann das nicht pauschal beantworten. Wenn sich irgendwelche Gruppierungen - Vereine, Verbände, Organisationen oder Firmen - Auskünfte erschleichen, wenn die das an irgendwelchen Dingen festmachen, dann muss das anschließend geprüft werden, da haben Sie recht. Da muss man der Sache mit entsprechenden Ergebnissen nachgehen. Zum Zweiten, was die zusätzlichen Kosten bei der Software betrifft: Die Software muss flächendeckend installiert werden. Dafür wird natürlich Personal gebunden, und somit folgen Kosten.

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Der Abstimmung zugrunde liegen der Initiativgesetzentwurf auf der Drucksache 16/15219, die Änderungsanträge auf den Drucksachen 16/15852 und 16/16734 sowie die Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses für kommunale Fragen und innere Sicherheit auf der berichtigten Drucksache 16/16611.

Vorweg lasse ich über die nach Abschluss der Ausschussberatungen eingereichten Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf der Drucksache 16/16734 abstimmen. Wer diesem Änderungsantrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD und der GRÜNEN. Gegenprobe bitte! – Das sind die Fraktionen der CSU, der FDP und der FREIEN WÄHLER.

Gibt es Stimmenthaltungen? – Das sehe ich nicht. Damit ist dieser Änderungsantrag abgelehnt.

Zum Gesetzentwurf empfiehlt der federführende Ausschuss Zustimmung mit der Maßgabe, dass § 1 eine neue Fassung erhält. Der Ausschuss für Verfassung, Recht, Parlamentsfragen und Verbraucherschutz stimmte bei seiner Endberatung der Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses zu. Ergänzend schlägt er vor, in § 2 als Datum des Inkrafttretens den "1. Juli 2013" einzufügen. Im Einzelnen verweise ich insoweit auf die berichtigte Drucksache 16/16611. Wer dem Gesetzentwurf in der Fassung des endberatenden Ausschusses zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich sehe die Fraktionen der CSU, der FDP, der FREIEN WÄHLER und der SPD. Stimmenthaltungen bitte ich anzuzeigen. – Keine. Ich bitte Gegenstimmen anzuzeigen. – Jetzt sehe ich die Fraktion der GRÜNEN. Damit ist der Gesetzentwurf angenommen und so beschlossen.

Da ein Antrag auf Dritte Lesung nicht gestellt wurde, führen wir gemäß § 56 der Geschäftsordnung sofort die Schlussabstimmung durch. Ich schlage vor, sie in einfacher Form durchzuführen. - Widerspruch erhebt sich nicht. Wer dem Gesetzentwurf in der Fassung des endberatenden Ausschusses seine Zustimmung geben will, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. – Ich sehe die CSU, die FDP und die FREIEN WÄHLER sowie die SPD. Gegenprobe. – Ich sehe die GRÜNEN. Gibt es Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist das Gesetz so angenommen. Es hat den Titel: "Gesetz zur Änderung des Meldegesetzes".

Mit der Annahme des Gesetzentwurfes in der soeben beschlossenen Fassung hat der Änderungsantrag auf der Drucksache 16/15852 seine Erledigung gefunden. Das Hohe Haus nimmt davon Kenntnis.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich steige noch einmal in Tagesordnungspunkt 7 ein. Sie haben sich eben erinnert, das ist die Zweite Lesung zum Gesetzentwurf der Staatsregierung über den Vollzug der Sicherungsverwahrung, Drucksache 16/13834. Wir haben zwar alle Bausteine der Abstimmung durchgeführt, aber nicht in der richtigen Reihenfolge. Um sicherzugehen, fühlen sich Frau Stadler und das Landtagsamt wesentlich wohler, wenn wir das ganze Prozedere wiederholen, und zwar in der richtigen Reihenfolge. Das gibt auch allen Fraktionen Gelegenheit, richtig abzustimmen. Bitte lassen Sie sich nicht durch Kollegen anderer Fraktionen irritieren und stimmen Sie so ab, wie Sie denken, dass es für Ihre Fraktion richtig ist.

(Allgemeine Unruhe)

Der federführende und endberatende Ausschuss empfiehlt die Annahme des Gesetzentwurfs, allerdings mit der Maßgabe, dass Artikel 78 Absatz 1 geändert wird. Im Einzelnen verweise ich auf die Drucksache 16/16604. Wer dem Gesetzentwurf mit der vorgeschlagenen Änderung zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der CSU, der FDP und der FREIEN WÄHLER. Ich bitte, Gegenstimmen anzuzeigen. – Das ist die Fraktion der GRÜNEN. Ich bitte, Enthaltungen anzuzeigen. – Das ist die Fraktion der SPD. Damit ist das so beschlossen.

Da ein Antrag auf Dritte Lesung nicht gestellt wurde, führen wir gemäß § 56 der Geschäftsordnung sofort die Schlussabstimmung durch. Ich schlage vor, sie in einfacher Form durchzuführen. – Widerspruch erhebt sich nicht. Wer dem Gesetzentwurf in der Fassung des endberatenden Ausschusses seine Zustimmung geben will, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. – Ich sehe wieder die CSU, die FDP und die FREIEN WÄHLER. Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. – Das ist die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Jetzt die Stimmenhaltungen bitte. – Das ist die SPDFraktion. Das Gesetz ist damit so angenommen, es hat den Titel: "Gesetz über den Vollzug der Sicherungsverwahrung (Bayerisches Sicherungsverwah- rungsvollzugsgesetz)".

Mit der Annahme des Gesetzentwurfs in der soeben beschlossenen Fassung hat der Änderungsantrag auf der Drucksache 16/15844 seine Erledigung gefunden. Davon nimmt das Hohe Haus Kenntnis. Vielen Dank, dass Sie so mitgemacht haben.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 9 auf:

Gesetzentwurf der Abgeordneten Margarete Bause, Dr. Martin Runge, Ulrike Gote u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Änderung des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen hier: Einführung des Schulprofils Selbstständige Schule (Drs. 16/15423) - Zweite Lesung

Ich darf ankündigen, dass die CSU-Fraktion zu diesem Antrag namentliche Abstimmung beantragt hat. Ich eröffne die Aussprache. Im Ältestenrat wurde hierzu eine Redezeit von sieben Minuten pro Fraktion vereinbart. Erster Redner ist Kollege Gehring von der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN.

(Vom Redner nicht auto- risiert) Herr Präsident, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Unter Fachleuten, Bildungspolitikern und nicht zuletzt unter Lehrkräften ist unumstritten, was eine gute Schule ausmacht: An einer guten Schule

stehen die Schülerinnen und Schüler im Mittelpunkt. Sie ist ein Lern- und Lebensraum, in dem die Beziehungen zwischen Schülerinnen und Schülern sowie mit den Lehrern und innerhalb der Schülerschaft gestaltet werden. Guter Unterricht ist dann erfolgreich, wenn Schülerinnen und Schüler zu aktiven Lernern werden und nachhaltig gelernt haben. Die Hertie-Studie macht deutlich, dass es vor allem auf die Lehrkräfte ankommt und darauf, dass sie das Heft in der Hand haben.

Wenn wir in München über Bildungspolitik in Bayern reden, dann müssen wir feststellen: Die Profis sind vor Ort. Ihre Aufgabe ist es, die Schule zu gestalten, die vor Ort durchaus unterschiedlich sein kann, weil auch die Lebensbedingungen in Bayern sehr unterschiedlich sind. Die Profis vor Ort, insbesondere die Lehrkräfte, müssen die Schule vor Ort entwickeln. Im Gesetzentwurf der Staatsregierung, über den wir heute nicht reden, wird die Schulentwicklung vorgeschrieben. Schulentwicklung und innovativer Unterricht lassen sich aber nicht vorschreiben, sondern Entwicklung braucht einen Rahmen, braucht Freiräume und Gestaltungsmöglichkeiten. Man muss sich irgendwohin entwickeln können und muss auch seine Ziele für diese Entwicklung bestimmen. Deswegen ist unser Ansatz: Wir schreiben Schulentwicklung nicht vor, sondern geben der Schulentwicklung die entsprechenden Gestaltungsspielräume. Guter und innovativer Unterricht ist kein Erkenntnisproblem, sondern ein Umsetzungsproblem. Wenn wir gute Beispiele davon in Bayern haben – die haben wir -, ist das nicht wegen, sondern trotz der Rahmenbedingungen der Fall, die wir heute in Bayern haben.

Wir haben in Bayern nicht zu wenig Verordnungen, nicht zu wenig KMS aus dem Kultusministerium, nicht zu wenige E-Mails an die Schulleiter und nicht zu wenig Projekte, die ständig neu aufgestellt werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Was in Bayern fehlt, ist eine Politik der Ermöglichung, eine Politik, die den Schulen Freiräume gibt, eine Politik, die die Gestaltung des Lebensraums Schule ermöglicht. Dies wollen wir nun mit unserem Gesetzentwurf leisten, in dem wir vorschlagen, das Schulprofil Selbstständige Schule einzuführen. Schulen sollen dieses Schulprofil erwerben. Bis 2017 soll jede Schule ein entsprechendes Profil erworben haben, und zwar in unterschiedlichem Tempo und auf unterschiedlichem Weg. Es ergibt sich auch ein unterschiedlicher Grad der Selbstständigkeit. Es wird auch unterschiedliche Schwerpunkte in Bezug auf die Selbstständigkeit geben.

Wir sehen vor allem die Notwendigkeit für mehr Selbstständigkeit und Eigenverantwortung der Schulen, zum Beispiel bei der Gestaltung des Lehrplans mit der Möglichkeit, Schwerpunkte zu setzen und Themen zu vertiefen, soweit das notwendig ist. Wir sehen die Notwendigkeit, im Bereich der Stundentafeln Schwerpunkte zu setzen und etwas gegen die Zersplitterung der Fächer und für fächerübergreifendes Lernen zu tun. Lernen macht nur Sinn, wenn ich es als sinnvoll erfahre und in Sinnzusammenhängen lernen kann. Das muss in den Schulen vor Ort geleistet werden.

Ein wichtiges pädagogisches Instrument ist die Bildung von Gruppen. Schulen müssen die Freiheit haben, Gruppen zu bilden, und zwar jahrgangsübergreifend, mal in einer bestimmten sozialen Situation und mal von einem bestimmten fachlichen Anspruch her.

Schulen müssen auch Gestaltungsmöglichkeit bei der Leistungsbewertung und bei der Leistungsrückmeldung haben. Nur so kommen wir vom Häppchen-Lernen weg, vom sogenannten Bulimie-Lernen. Nur so kommen wir zu einem individuellen Lernen, indem die Schülerinnen und Schüler individuelle Leistungsrückmeldungen bekommen.

In diesem Gesetzentwurf geht es auch um Freiräume bei der Gestaltung der Ferienregelungen. In der Aussprache ist immer wieder betont worden, wir könnten uns vorstellen, dass es in lokalen Fällen Einzelregelungen gibt. Generell vertrauen wir darauf, dass die bayerischen Schulen, die bayerischen Lehrkräfte und die bayerischen Schulleiter mit dem Thema "Selbstständigkeit der Schulen und Eigenverantwortung" verantwortlich umgehen. Wichtig ist: Selbstständige Schulen bedeuten nicht einen Rückzug der Politik. Sie befinden sich nicht im luftleeren Raum, sondern sie brauchen einen politischen Rahmen. Die Verantwortung der Politik, der Landespolitik, bleibt bestehen. Verantwortung der Politik heißt aber nicht, möglichst Vieles in Vorschriften zu packen, sondern das heißt, Standards zu setzen, zum Beispiel Bildungsstandards, zum Beispiel zentrale Prüfungen am Ende eines Ausbildungsganges, Evaluation, aus der etwas folgt und etwas verändert werden kann, und natürlich verlässliche finanzielle Rahmenbedingungen. Es soll nicht jedes Jahr ein Unterrichtschaos am Schuljahresbeginn oder bei der ersten Grippewelle geben. Außerdem ist eine moderne Schulaufsicht notwendig.

Wir geben mit unserem Gesetzentwurf den bayerischen Schulen mehr Selbstständigkeit. Wir sind davon überzeugt, dass bayerische Schulen ihre Freiheit und Eigenverantwortung verantwortlich nutzen, zum Wohl der Schülerinnen und Schüler, für besseres Lernen

und innovativen Unterricht. Deswegen bitte ich Sie, unserem Gesetzentwurf zuzustimmen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Nächster Redner ist Herr Kollege Eduard Nöth für die CSU-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren Kollegen! Der Gesetzentwurf der GRÜNEN zur Einführung des Schulprofils Selbstständige Schule wurde am 21.03. im Bildungsausschuss beraten und dort mit den Stimmen von CSU, FDP und FREIEN WÄHLERN abgelehnt. Die Beratung hat ergeben, dass sich alle Fraktionen darin einig sind, dass den Schulen mehr Eigenverantwortung zu übertragen ist, dass die Schulfamilie in verstärktem Maße in Entscheidungen des Schulalltags einbezogen werden muss und dass eine gute Schulentwicklung und eine verbesserte Schulqualität grundsätzlich größere Gestaltungsmöglichkeiten und mehr Bewegungsspielräume vor Ort voraussetzen. Einig ist man sich deshalb auch darin, dass mehr Handlungs- und Entscheidungsfreiheit nach unten verlagert werden muss und dass mehr Vertrauen in die Kompetenz vor Ort gesetzt wird. Damit können nach unserer Meinung mehr kreative Kräfte freigesetzt und dynamische Prozesse angestoßen werden, die unseren Schulen guttun und für den Lernerfolg unserer Schüler letztendlich positiv sind.

Was jedoch bei dieser Aussprache problematisch und differenziert betrachtet wurde, ist die Definition der Begrifflichkeit "Eigenverantwortung" und die Art und Weise der Umsetzung dieser grundsätzlichen Erkenntnisse. Hier teilten sich die Wege, es bestehen gravierende Unterschiede und daraus resultiert letztendlich unsere Ablehnung.

Der Gesetzentwurf der GRÜNEN geht einen Weg, den wir in dieser Form letztendlich nicht billigen können. Er sieht nämlich vor, dass sich alle Schulen in Bayern bis spätestens 01.08.2017 ein Schulprofil Selbstständige Schule geben müssen. Es handelt sich somit nicht um eine Wahlmöglichkeit, sondern es besteht ein definitives Muss. Wenn man den Gesetzentwurf genau analysiert, dann ist es – Herr Kollege Gehring hat es mehr oder minder anklingen lassen – sein Ziel, dass Kernbereiche des Schulrechts unter dem Deckmantel der Bildung dieses eigenen Schulprofils an allen Schulen bis zum 01.08.2017 außer Kraft gesetzt werden und jede Schule im Grunde genommen in bisher zentral gelagerten Fragen allein entscheiden kann.

Nach unserer Meinung ist dies in einem Flächenland wie Bayern mit rund 5.000 Schulen nicht zuletzt im

Hinblick auf die Gleichwertigkeit der Lebens- und Bildungsbedingungen nicht zielführend. Die Tragweite einer solchen Entscheidung wäre derart immens und würde zu so erheblichen Verwerfungen in unserem Schulsystem führen, dass wir als CSU-Fraktion sie nicht mitverantworten können. Die Auswirkungen einer derartigen Freigabe gehen uns einfach zu weit. Ich habe es bei der Beratung deutlich gesagt: Dieser Gesetzentwurf hat im Grunde die autonome Schule zum Ziel, die wir entschieden ablehnen. Mehr Bewegungsspielräume, mehr Eigenverantwortung: Ja. Dies muss jedoch alles in einem stabilen, verlässlichen gesetzlichen Rahmen ablaufen. Die Schulen sollen durchaus mehr Entscheidungs- und Handlungskompetenz erhalten. Wir haben das bei der Beratung über den Gesetzentwurf der Staatsregierung bereits diskutiert. Selbstverständlich sollen die Schulen Schulentwicklungsprogramme erstellen und eigene Entwicklungsziele in der Schulfamilie formulieren. Wir wollen jedoch nicht, dass sich in Bayern mit seinen differenzierten Strukturen ein Flickenteppich entwickelt, unsere Schulen zum Experimentierfeld und unsere Kinder letztlich zu Versuchskaninchen mit unabsehbaren Folgen werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will nicht auf die Details eingehen, die dieser Gesetzentwurf ermöglicht. Herr Gehring hat bereits Punkte genannt, zum Beispiel, dass jede Schule von der allgemeinen Ferienordnung abweichen können soll und dass auf Klassenbildung und Notengebung verzichtet werden kann. Die Qualitätskontrolle über Lehrpläne, Zielvereinbarungen, interne und externe Evaluationen, Vergleichsarbeiten und zentrale Abschlussprüfungen wäre nicht mehr gewährleistet, weil jede einzelne Schule darüber befinden könnte. Auch Sprengelpflicht und Gastschulverhältnisse könnten unterschiedlich geregelt werden. Welche Auswirkungen dies auf die Schullandschaften hätte, auf die städtischen Schulen und diejenigen auf dem Land, möchte ich mir heute gar nicht ausmalen.

Themen wie das Vorrücken, das Wiederholen und die Auswahl von Lehr- und Lernmitteln sollen auf die einzelne Schule übertragen werden. Damit könnten viele elementare Fragen, die heute übergreifend geregelt sind, künftig an jeder Schule individuell und schulbezogen geregelt werden. Ich wage zu bezweifeln, dass durch eine solche Freigabe eine Schul- und Bildungslandschaft entstünde, die den Bedürfnissen der Eltern und Schüler in einem Flächenland, in einem Land, in dem eine hohe Mobilität herrscht, in das Familien zuziehen oder aus dem sie wieder wegziehen, entspräche.

Die Stärkung der Eigenverantwortlichkeit der Schulen ist für uns kein Selbstzweck. Für uns ist sie nur dann

sinnvoll, wenn damit eine Verbesserung der Schulqualität erreicht wird, wenn damit also ein Mehrwert für unsere Schülerinnen und Schüler entsteht. Unsere Schulen dürfen dadurch nicht überfordert werden. Herr Kollege Gehring, diese Vorteile durch die Stärkung von Eigenverantwortlichkeit sehen wir in Ihrem Gesetzentwurf leider nicht. Wir lehnen diesen Gesetzentwurf deshalb ab.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Die nächste Rednerin in der Debatte ist Frau Kollegin Dr. Simone Strohmayr für die SPD-Fraktion.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, sehr geehrter Herr Präsident! Wir sprechen heute erneut über das Thema eigenverantwortliche Schule, das uns die gesamte Legislaturperiode, also bereits fünf Jahre, begleitet. Schulentwicklung ist heutzutage wichtig. Das hat mein Kollege von den GRÜNEN, Herr Gehring, bereits ausgeführt. Unsere Gesellschaft ist im Wandel. Das Leben hat sich in den letzten Jahren massiv verändert. Während man vor 40 Jahren, als wir noch Jugendliche waren, am Nachmittag gerade einmal eine Fernsehsendung ansehen konnte, können die Jugendlichen heute 24 Stunden lang ins Internet, am PC spielen oder sich auf ihr Handy Wissen oder Ablenkung herunterladen. Die Lebensbedingungen von Schülern und Erwachsenen haben sich in den letzten Jahren massiv verändert. Darum muss sich auch die Schule verändern. Schule kann und darf nicht mehr wie vor 100 Jahren aussehen. So kann sie nicht mehr gelingen. Stures Reproduzieren von Lerninhalten führt einfach nicht mehr zum Ziel. Wir dürfen uns nicht wundern, wenn wir auf diesem Wege immer mehr Kinder verlieren, immer mehr Kinder keinen Abschluss machen, Disziplinprobleme haben oder psychosomatische Probleme entwickeln.

Schüler müssen heute eigenverantwortlich und selbstgesteuert lernen können. Nur so können wir sie heute erreichen, motivieren und fördern. Damit sich Schulen auf diesen Weg machen können, brauchen wir motivierte Schulen, die eigenverantwortliche Schulprofile oder, wie wir es nennen, Schulprogramme entwickeln und diese umsetzen. Mein Kollege Gehring hat vorhin von dem Profi vor Ort gesprochen, der diesen Weg aufzeigen muss. Wir brauchen den Profi vor Ort, der dieses Schulprogramm, dieses Schulprofil entwickelt und der auf seinem Weg, nämlich der Entwicklung, begleitet und unterstützt wird.

Vor allem dürfen wir die Schulen nicht im BürokratieDschungel mit unzähligen Verwaltungsvorschriften, mit einem Mangel an Lehrkräften und Ressourcen al