Keine weitere Zwischenintervention? – Dann darf ich jetzt der Vorsitzenden der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, Frau Kollegin Bause, das Wort erteilen.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Es ist gut, dass wir heute das Abgeordnetengesetz ändern und dass wir für klare und umfassende Vorschriften sorgen, ohne Hintertürchen, ohne Schlupflöcher, ohne Übergangsregelungen, ohne Altfälle und ohne irgendwelche Auswege, die manche vielleicht gerne suchen.
Das ist wichtig, damit in Zukunft die Praxis der Aufstockung des Familieneinkommens und der Verdacht der Vetternwirtschaft ein für allemal unterbunden wird. Es ist gut, dass insbesondere die CSU-Fraktion in den letzten drei Wochen sehr schnell dazugelernt hat, sehr schnell ihre Meinung geändert hat und jetzt auch selbst nicht mehr die Praxis verteidigt, die sie bis vor Kurzem noch als ihr gutes Recht angesehen hat. Wir freuen uns, dass Sie heute unseren Dringlichkeitsantrag und unseren Gesetzentwurf von vor drei Wochen so voll umfänglich unterstützen.
Es ist auch gut, dass wir gemeinsam handeln. Ich freue mich darüber. Zunächst danke ich allen, die in den letzten Tagen ziemlich viel Schweiß vergossen haben, in ziemlich vielen Sitzungen gesessen sind und durch den Wunsch geeint waren, zu einem gemeinsamen Ergebnis zu kommen. Mein Dank geht an Frau Stewens, Herrn Rinderspacher, Herrn Hacker und Herrn Aiwanger. Ich freue mich auch, dass sich die FREIEN WÄHLER kurz vor Torschluss eines Besseren besonnen haben, lieber Hubert Aiwanger. Ihnen ist spätestens heute Mittag klar geworden, welch peinliches Eigentor Sie gestern Abend und heute Vormittag mit Ihrem Gepoltere über angebliche Berufsverbote für Verwandte geschossen haben. Das war eine peinliche Nummer. Aber in letzter Minute haben Sie nun gerade noch die Kurve gekriegt, sodass wir heute in der Lage sind, diese Regelung mit der Zustimmung aller fünf Fraktionen zu beschließen.
Das ist auch deshalb gut, weil wir damit einem Generalverdacht entgegentreten, dem sich alle Abgeordneten in den letzten Wochen gegenübergesehen haben. Ich will noch einmal deutlich sagen: Dieser Generalverdacht ist nicht gerechtfertigt und nicht begründet. Gerade deswegen sind Aufklärung und Transparenz über das, was vorgefallen ist, unabdingbar. Wir können es uns, auch nach der heutigen einstimmigen Verabschiedung dieses Gesetzentwurfs, von der ich ausgehe, nicht leicht machen und eine Schlussstrichmentalität artikulieren. Wir haben nach wie vor die Pflicht und Schuldigkeit, alles uns Mögliche dazu beizutragen, dass das, was passiert ist und was nicht richtig war, offengelegt und für Transparenz gesorgt wird. Das ist unsere Aufgabe, auch nach der Verabschiedung dieses Gesetzentwurfs.
Zu Recht wurde über das verloren gegangene Vertrauen geklagt. Ja, Vertrauen ist verloren gegangen. Aber neues Vertrauen schafft man nicht, indem man sagt: Jetzt haben wir es ganz schnell geregelt. Damit soll die Sache ihr Bewenden haben. Wir reden nicht mehr darüber. Vertrauen schafft man nur durch Transparenz und Offenheit. Deswegen ist es gut und richtig, dass der Oberste Rechnungshof die Angelegenheit jetzt prüft, worum wir ihn vor drei Wochen gebeten haben. Wichtig ist jetzt, dass wir alle dazu beitragen, alles offenzulegen und auch in Zukunft für Transparenz zu sorgen.
Trotz der Gemeinsamkeit des jetzt vorliegenden Ergebnisses möchte ich doch noch einmal Folgendes klarstellen: Sie von der CSU sind nicht die Aufklärer und Verfechter von Transparenz, als die sie sich
heute in der Gesamtfraktion so gerne darstellen wollen. Sie mussten erst durch den heftigen medialen Druck und durch das Imagedesaster, dem Sie sich in der Öffentlichkeit ausgesetzt sehen, zu Konsequenzen gezwungen werden. Das ist die Wahrheit.
Sehen wir uns noch mal die Reaktionen in Ihren Reihen kurz nach dem Erscheinen des Buches von Herrn von Arnim an. Da hat zum Beispiel der ehemalige Fraktionsvorsitzende Georg Schmid gesagt: Ich sehe darin überhaupt kein moralisches Problem, "Abendzeitung" vom 19. April. Oder in der "Süddeutschen Zeitung": Da gibt es ja gar keinen Grund, irgendetwas zu ändern. Ich werde auch in Zukunft, in der nächsten Legislaturperiode, meine Frau beschäftigen. Das ist zum Glück Vergangenheit. Auch Herr Winter, Herr Dr. Spaenle und andere haben sich am Anfang so geäußert und gefragt, was denn eigentlich das Ganze solle. Es sei doch alles überhaupt kein Problem. Man sehe auch keinen Anlass, irgendetwas zu ändern. Herr Ministerpräsident Seehofer, Sie haben versucht, sich an die Spitze der Aufklärer zu setzen und haben Moral eingefordert. Herr Seehofer, ich finde, Sie eignen sich nicht besonders gut als Moralapostel.
Ihr erhobener Zeigefinger ist nicht glaubwürdig. Natürlich stehen Sie unter dem Druck, aufzuräumen. Es bleibt Ihnen gar nichts anderes übrig. Aber Herr Rinderspacher hat darauf hingewiesen: Dann sorgen Sie doch bitte zunächst in Ihrem eigenen Kabinett für Transparenz. Herr Seehofer, Sie sind außerdem als Chef der Exekutive und als jemand, der diesem Parlament nicht angehört, nicht berechtigt und befugt, dem Parlament irgendwelche Vorschriften zu machen, wie es seine eigenen Angelegenheiten regelt.
Noch vor drei Wochen haben Sie von der CSU versucht, dieses Thema in einer Nacht- und Nebelaktion schnellstmöglich zu beerdigen und unter Missbrauch der Geschäftsordnung ohne Beratung, ohne Diskussion und ohne auf die Opposition zuzugehen den Gesetzentwurf zur Änderung des Abgeordnetengesetzes durchzupeitschen, Herr König, ich habe mir noch einmal angesehen, was Sie in der denkwürdigen Sitzung
Nachdem Herr Kollege Rinderspacher einen Geschäftsordnungsantrag mit dem Inhalt eingebracht hat, dass dieser Tagesordnungspunkt abgesetzt werden müsse, dass man so nicht verfahren könne und hier die Geschäftsordnung missbraucht werde, haben Sie sich echauffiert und gesagt: "Es ist unglaublich, es ist geradezu einen Unverfrorenheit, wie Sie eine Bestimmung der Geschäftsordnung missbräuchlich benutzen wollen, die vorher, bei anderen Vorhaben, nie in Rede stand, um zu verhindern, dass das, was Sie angeblich in Ihren eigenen Dringlichkeitsanträgen regeln wollen, geregelt wird. Dieses Vorgehen ist an Scheinheiligkeit und Hinterfotzigkeit nicht mehr zu überbieten." Herr König, diese Äußerungen fallen heute auf Sie selbst zurück.
Sie sind mit einer unerträglichen Arroganz und Dreistigkeit vorgegangen. Es ist gut, dass wir in der Opposition gemeinsam dieses Vorgehen, diese Dreistigkeit verhindert haben. Wir haben die Rechte und die Würde des Parlaments gewahrt, nicht Sie.
Sie erzählen im Moment gern die Geschichte: Wir sitzen doch alle im gleichen Boot. Alle haben Dreck am Stecken. Deswegen sollten wir die verschiedenen Verantwortlichkeiten gar nicht mehr benennen. Wir sollten alle in Sack und Asche gehen und sagen: Wir geloben, es in Zukunft besser zu machen. Ja, es gibt auch in der Opposition Abgeordnete, die diese Übergangsregelung ausgenutzt haben. Aber wir sitzen nicht alle im gleichen Boot. Das Ausmaß, die Dauer und der Umgang mit der Geschichte unterscheiden Sie von der Opposition.
Niemand, in keiner Partei und keiner Fraktion, ist unfehlbar. Niemand ist unanfechtbar. Ich nehme aber für uns in Anspruch, dass wir nicht gemauert haben, dass wir nicht herumgeeiert haben, sondern dass wir alles offengelegt haben. Die betreffende Person hat sich sofort entschuldigt. Wir haben Transparenz und Aufklärung, Unabhängigkeit von Fraktion und Person gefordert. Und wir haben dieser Forderung auch selber Rechnung getragen.
Nach der Debatte heute morgen im Verfassungsausschuss will ich noch einmal deutlich sagen: Es ist ein Unterschied, ob jemand über 13 Jahre hinweg ein Schlupfloch schamlos ausnutzt, darüber schweigt und sich bedient, oder ob jemand dieses Schlupfloch nicht verhindert und gar nicht erst auf die Idee gekommen ist, dass andere es ausnützen könnten.
Ich will mit aller Deutlichkeit sagen: Wir sind für Ihr Fehlverhalten nicht verantwortlich. Diese Verantwortung müssen Sie selber tragen.
Wir lassen uns nicht für Ihr Fehlverhalten in Haftung nehmen. Wenn Sie uns etwas vorwerfen können, dann ist es der Umstand, dass wir in dieser Angelegenheit nicht misstrauisch genug waren. Wir haben in der Tat nicht bei jedem nachgefragt, weil wir es uns nicht vorstellen konnten, dass dieses Schlupfloch noch genutzt wird. Wir waren in der Tat nicht misstrauisch genug. Wenn ich eine Lehre aus den Vorgängen der letzten Woche zu ziehen habe, dann diese: Man kann gegenüber der CSU nicht misstrauisch genug sein.
Für die FDP-Fraktion darf ich dem Fraktionsvorsitzenden das Wort erteilen, Herrn Kollegen Hacker. – Bitte schön, Herr Kollege.
(Vom Redner nicht autori- siert) Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in uns, die gewählten Volksvertreter, ist tief erschüttert. Auch wenn sich viele von uns, Kolleginnen und Kollegen, in allen Fraktionen nicht vorstellen konnten, dass sogenannte Übergangsregeln oder Bestandsschutzklauseln auch 13 Jahre nach einer Gesetzesänderung noch in großem Umfang genutzt werden, muss doch festgehalten werden, dass wir die Empörung der Bürgerinnen und Bürger verstehen, dass wir die Fassungslosigkeit draußen hinsichtlich der kreativen Lösungen, die einzelne Abgeordnete gefunden haben, nachvollziehen können.
Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist es doch unsere gemeinsame Aufgabe in diesem Hohen Haus, alles zu tun, um das Vertrauen zurückzugewinnen und das Ansehen des Parlamentes wieder zu stärken und den Bürgerinnen und Bürgern in Bayern und darüber hinaus deutlich zu machen: Wir sind es wert,
wahrhaftig Volksvertreter genannt zu werden. Deswegen brauchen wir Aufklärung über das Geschehene; deswegen brauchen wir klare Regeln ohne neue Übergangsregeln hinsichtlich der Beschäftigung von Verwandten; und deswegen brauchen wir auch Transparenz über die Verwendung öffentlicher Mittel und klare Regeln zur Veröffentlichung von Nebeneinkünften.
Einen ersten Schritt, liebe Kolleginnen und Kollegen, machen wir am heutigen Tag mit dem vorgelegten Gesetzentwurf und dem gemeinsamen Änderungsantrag. Wir sind aber Tag für Tag in der Pflicht, durch unser Reden und vor allem durch unser Handeln den Bürgerinnen und Bürgern zu zeigen: Wir meinen es ernst.
Heute stellen wir klar, dass die Beschäftigung von Angehörigen bis zum vierten Grad auf Staatskosten ab dem 01.06. nicht mehr möglich sein wird. Heute stellen wir fest, dass auch die Beschäftigung von Angehörigen anderer Parlamentsmitglieder bis zum dritten Grade nicht mehr möglich sein wird. Es ist gut, dass wir es quasi im Fotofinish geschafft haben, dass alle Fraktionen diesem Gesetzentwurf in der geänderten Fassung zustimmen können.
Es ist gut, dass wir als FDP gleich nach dem Bekanntwerden unseren Koalitionspartner aufgefordert haben, diese sogenannte Übergangsregel unverzüglich zu beenden, und dass wir noch vor der Neuorientierung an der Spitze der CSU-Fraktion darauf hingewiesen haben, dass wir die Gespräche hinsichtlich der transparenten Offenlegung der Nebeneinkünfte der Parlamentarier fortsetzen müssen. Ich bin froh und dankbar dafür, liebe Christa Stewens, dass beides aufgenommen wurde und wir in intensiven Gesprächen zusammen mit Kollegin Margarete Bause und den Kollegen Markus Rinderspacher und Hubert Aiwanger die gemeinsame Lösung gefunden haben.
Lieber Hubert Aiwanger, es ist tatsächlich nicht so, dass wir leichtfertig darüber weggegangen sind. Wir haben uns in den letzten gut zwei Wochen in einer größeren Runde ergänzt. Wir haben uns mindestens viermal getroffen, um bis zum Schluss auszudiskutieren, welche Verwandtschaftsbeziehung wir beim ersten Grad, beim zweiten Grad, beim dritten Grad, beim vierten Grad haben und worunter die Vetter und Schwäger fallen, wo die Belange der anderen Abgeordneten tangiert sind und wo ein Beschäftigungsverbot besteht. Wenn manche Kollegen auch nach einer eineinhalbstündigen Diskussion bei der nächsten Sitzung inhaltlich wieder von vorne anfangen, wenn man das immer wieder wiederholt, ohne bereit zu sein,
etwas im stillen Stübchen selber einmal nachzuvollziehen, dann darf man nicht den anderen Vorwürfe machen.
Wir alle müssen gemeinsam nach vorne gehen. Die Zeit war knapp. Darauf haben wir uns doch geeinigt. Es war im Ergebnis gut, dass wir die letzte Plenarsitzung unterbrochen haben, wir uns intensiv ausgetauscht haben, wir den Weg für eine gemeinsame Initiative bereitet haben, die heute von uns allen getragen wird. Das ist der Geist, den ich mir auch für die anderen Verhandlungen hinsichtlich der Transparenz bei den Nebeneinkünften erwarte; denn wir sind als Parlament insgesamt gefragt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, jetzt ist nicht die Zeit, dass sich eine Fraktion über die andere erhebt. Ich könnte mich zurücklehnen und sagen: Das ist euer Problem. Wir müssen aber gemeinsam eine Lösung finden. Es ist auch nicht die Zeit dafür, dass der Oberbürgermeister einer Großstadt die Landtagsfraktion seiner Partei vor sich hertreibt und um Offenlegung bettelt und dann schmallippig die Antworten kommen: Wir müssen erst aufklären, wir müssen erst noch - Es ist auch nicht die Zeit – das meine ich sehr ernst -, dass Angehörige einer Partei, egal welcher Partei, oder ihre Funktionsträger unter Allgemeinverdacht gestellt werden, sie wüssten nicht zu entscheiden, was gut oder was böse ist, was falsch ist, was richtig ist, was schlecht ist. In diesem Hohen Haus wird doch immer deutlich gemacht: Wir haben Vertrauen in die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes. Wir haben vor allem Vertrauen in die, die sich ehrenamtlich engagieren. Auch unsere Parteibasis, bei allen, engagiert sich ehrenamtlich für die eigene Überzeugung, egal, auf welcher politischen Ebene. Hier pauschal Leitlinien zu fordern, ist eine überzogene Reaktion. Aber das muss jeder selber wissen.
Wir als FDP, lieber Hubert Aiwanger, stehen für die Transparenz bei den Nebeneinkünften. Wir wissen, dass die Parteispenden auf Bundesebene transparent geregelt sind. Wir haben bei Großspenden eine Adhoc-Mitteilungspflicht zu erfüllen. Alles andere wird in den Rechenschaftsberichten und wahrscheinlich auch in euren
Rechenschaftsberichten verlautbart. Da kann man sehr genau sehen, wer eine Partei unterstützt, welche natürlichen Personen, welche Unternehmen. Die einen haben die Spender mehr aus der einen Richtung, die anderen haben vielleicht eine breitere Spen