Protokoll der Sitzung vom 04.06.2013

dentin des Bayerischen Obersten Rechnungshofes, zunächst wende ich mich an Sie und spreche dem Obersten Rechnungshof meinen herzlichen Dank für die hervorragende Arbeit aus, welche dieser regelmäßig leistet. Er befasst sich mit der gesamten Haushalts- und Wirtschaftsführung des Freistaats Bayern einschließlich der Betriebs- und Sondervermögen. Die Kolleginnen und Kollegen rechts von mir wird es nicht überraschen, dass wir zwar mit einem deutlichen Wort des Dankes und der Anerkennung für die Arbeit des Rechnungshofes der Entlastung des Etats des Obersten Rechnungshofes zustimmen, wir jedoch genauso deutlich der Bayerischen Staatsregierung für das Haushaltsjahr 2011 keine Entlastung erteilen werden. Herr Kollege Herold, bei der geordneten Haushaltsund Wirtschaftsführung handelt es sich um formale Kriterien der Haushaltsumsetzung, die eingehalten worden sind. Das ist eine Selbstverständlichkeit. Selbst wenn man für die CSU-Fraktion selbstbewusst am Rednerpult steht, muss man zumindest einen Funken – ich würde mir mehr wünschen – Selbstkritik üben.

(Beifall bei der SPD)

Der Bericht des Obersten Rechnungshofes weist in vielen Fällen auf eine Misswirtschaft der Staatsregierung sowohl bei den staatlichen Ausgaben als auch bei den staatlichen Einnahmen hin, und zwar zulasten der bayerischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. In bestimmen Bereichen – ich nenne die Steuerverwaltung – sind Sie Dauersünder gegenüber dem Obersten Rechnungshof, der immer wieder das Gleiche feststellt. Sie haben insbesondere im Bereich der Steuerverwaltung viele Defizite. Jahr um Jahr kommen weitere Beanstandungen hinsichtlich der bayerischen Steuerverwaltung hinzu. Das ist nicht geordnet, und das ist nicht solide. Stattdessen schreibt Ihnen der Oberste Rechnungshof ins Stammbuch, dass Sie Ihren Kernaufgaben bei der Steuerverwaltung nicht nachkommen. Das muss ich an dieser Stelle deutlich aussprechen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Herr Kollege Herold, was hat das mit Ordnung zu tun, wenn der Oberste Rechnungshof beispielsweise bei der Entwicklung des Digitalfunks einen finanziellen Blindflug des zuständigen Ressorts der Staatsregierung feststellt? Die Kostenexplosion bei der Einführung des BOS-Digitalfunks ist signifikant. Viele zentrale Grundregeln, die bei derartigen Milliardenprojekten zwingend sind, haben Sie als Staatsregierung nicht eingehalten. Das stellt der Oberste Rechnungshof fest. Ich darf das nur zitieren. Laut Feststellung des Obersten Rechnungshofs fehlen belastbare Gesamtkostenschätzungen und eine Kosten-Nutzen-Untersu

chung. Die Durchführung des gesamten Projekts wird vom Obersten Rechnungshof äußerst kritisch beurteilt. Insgesamt erhält das Projekt die Note "mangelhaft". Sie wissen, was dies bei Schulnoten bedeutet.

Der Oberste Rechnungshof schreibt Ihnen ins Stammbuch, dass Sie im Rahmen des Gesamtprojekts mehr Gründlichkeit und mehr Verantwortung an den Tag legen müssen. Im Übrigen hat sich das Projekt zu einem milliardenschweren Projekt entwickelt. Die offenen Fragen sind an vielen Stellen nach wie vor ungeklärt. Deshalb haben wir im zuständigen Haushaltsausschuss beantragt, die Vorgehensweise der Bayerischen Staatsregierung beim BOS-Digitalfunk klar zu missbilligen, weil an vielen Stellen deutlich wird, dass nicht ordentlich gearbeitet wurde, und zwar mit negativen Millionenfolgen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Ich komme zum Kernthema. Der Bayerische Oberste Rechnungshof stellt zum 16. Mal in Folge beginnend mit dem Jahresbericht von 1998 organisatorische Mängel, Vollzugsmängel in der bayerischen Steuerverwaltung und eine personelle Unterbesetzung in der bayerischen Steuerverwaltung insgesamt fest. Wir werden dafür sorgen, dass Sie das Jubiläum dieser Mängel nicht mehr in Regierungsverantwortung erleben werden.

Dieser Jahresbericht des Obersten Rechnungshofes belegt ebenfalls entgangene Steuereinnahmen aufgrund dieser Fehler in Höhe von mehreren Millionen Euro in Bayern. Er kritisiert in diesem Jahr besonders – das muss ich ebenfalls festhalten – die steuerliche Berücksichtigung von Unterhaltshaltsaufwendungen. Das ist ein Steuerausfall im zweistelligen Millionenbereich. Arbeitgeber würden nicht ausreichend geprüft. Das sind ebenfalls Steuerausfälle in zweistelliger Millionenhöhe.

Außerdem wurde eine massive Unterbesetzung im Rahmen der Betriebsprüfung festgestellt. Erstmals hat der Oberste Rechnungshof im Jahresbericht 2012 die Personalsituation in der Steuerverwaltung als prekär bezeichnet. Wenn man zwischen den Zeilen liest, offenbart der Oberste Rechnungshof in seinen letzten Jahresberichten geradezu ein personelles Fiasko bei der bayerischen Steuerverwaltung. Herr Kollege Herold, Sie stellen sich hin und sagen, alles sei geordnet. Nichts ist geordnet in der bayerischen Steuerverwaltung. Sie haben nicht für Ordnung gesorgt. Das stellt der Oberste Rechnungshof fest.

(Beifall bei der SPD)

Gegenüber der Stellenbedarfsberechnung stellt der Oberste Rechnungshof ein großes Stellendefizit fest,

das sind allein 1.900 Stellen gegenüber dem von Ihnen selber beschlossenen Haushalts- und Stellenplan. Das ist ein deutliches Defizit, mit dem Sie sich auseinandersetzen müssen. Ich sage Ihnen eines: Das, was Sie in der Steuerverwaltung gemacht haben, reicht bei Weitem nicht aus, um das vom Obersten Rechnungshof dokumentierte Stellendefizit zu beseitigen. Die Umetikettierung von bestehenden Steuereinheiten für die Bekämpfung von Steuerhinterziehung ist das Geringste, was Bayern braucht. Bayern braucht mehr Substanz und weniger Inszenierung in Fragen der Steuerverwaltung, der Steuergerechtigkeit und der Bekämpfung von Steuerhinterziehung, mehr Substanz statt Inszenierungen sowie Mätzchenund Mützchenpolitik. Damit muss Schluss sein. Wir brauchen keine Effekthascherei. Wir brauchen endlich wirksame Maßnahmen, die das, was der Oberste Rechnungshof kritisiert, endlich beseitigen, nämlich einen dramatisch unterbesetzten Steuervollzug in Bayern.

(Beifall bei der SPD)

Auf die Einzelfeststellungen will ich nicht so sehr eingehen. Zu bestimmten Investitionen, die das Haushalts- und Budgetrecht des Landtags missachtet haben, wäre einiges zu sagen. An dieser Stelle müsste bei der Staatsregierung Nachdenklichkeit einsetzen.

Einen Punkt möchte ich aufgrund der aktuellen Diskussion zum Klimaschutzgesetz heute aufgreifen. In der Textziffer 28 befasst sich der Oberste Rechnungshof mit der Klimapolitik der Staatsregierung. Der Oberste Rechnungshof weist klar darauf hin, dass Mittel für Moorrenaturierungen aus dem "Klimaprogramm Bayern 2020" unkoordiniert und ohne Schwerpunktsetzung eingesetzt wurden und man dabei staatliche Moorflächen nicht ausreichend einbezogen hat. Die Rechnungsprüfer weisen schwarz auf weiß nach und halten es Ihnen auch vor, dass mit den vorhandenen Mitteln deutlich mehr für den Klimaschutz hätte erreicht werden können. Das ist ein abermaliger Beleg dafür, dass diese Staatsregierung die Notwendigkeit der Energiewende noch nicht erfasst hat. Insbesondere die Vorbildfunktion des Freistaats Bayern ist nicht wahrgenommen worden. Auch das ist ein nicht zufriedenstellendes Zeichen, wenn der Oberste Rechnungshof in diesem zentralen Feld der Klimapolitik der Staatsregierung Nachlässigkeit und unkoordiniertes Ausgeben von Mitteln nachweist. Wir erwarten, dass diese Mängel endlich abgestellt werden. Das muss an dieser Stelle und an dem Tag, an dem wir in diesem Landtag einen Gesetzentwurf zum Klimaschutz eingereicht haben, gesagt werden.

Ganz kurz komme ich auf den Finanzierungssaldo zu sprechen, Herr Kollege Herold. Ein genauer Blick auf die Feststellungen des Obersten Rechnungshofes zeigt, dass in den letzten 20 Jahren alle Haushalte im Plan einen negativen Finanzierungssaldo ausgewiesen haben. Auch die Haushalte 2012 bis 2014 – Herr Kollege Herold, das bitte ich Sie zur Kenntnis zu nehmen – weisen eindeutig ein negatives Finanzierungssoll auf. 2012 belief es sich auf 560 Millionen Euro, für 2013 sind etwa eine Milliarde Euro veranschlagt, und für 2014 ist ein negativer Saldo von etwa 600 Millionen Euro veranschlagt. Wie man angesichts dieser Zahlen alles gesundbeten und gesundreden kann, ist mir ein Rätsel.

Auch der Vergleich mit anderen Bundesländern führt uns hier nicht weiter. Ich bitte Sie, auch einmal zur Kenntnis zu nehmen, dass ein wesentlicher Erfolg, den Sie sich auf Ihre eigenen Fahnen schreiben wollen, nämlich eine positive Steuerentwicklung, insbesondere auf den starken Beitrag der Steuereinnahmen in der seit Jahr und Tag sozialdemokratisch regierten Landeshauptstadt München zurückgeht. Dort werden die Ansiedlungspolitik und die Wirtschaftspolitik von Sozialdemokraten verantwortet. Wenn wir feststellen, dass 44 Prozent der Steuereinnahmen in Bayern im Finanzamtsbezirk München erwirtschaftet werden, können wir klar mit Stolz sagen: Dazu hat auch eine erfolgreiche sozialdemokratische Kommunalpolitik in München beigetragen.

(Beifall bei der SPD - Thomas Hacker (FDP): Deswegen sitzt die Allianz in München?)

Im Übrigen bitte ich Sie, sich die Rücklagenentwicklung genau anzusehen. Sehen Sie sie einmal ehrlich an und erklären Sie den Bürgern, woraus der Schuldenabbau, den Sie sich vorgenommen haben, finanziert wird, nachdem Sie zuerst zehn Milliarden neue Schulden aufgetürmt haben. An dieser Stelle muss auch deutlich gesagt werden: Sie finanzieren den Schuldenabbau nicht aus finanzpolitischer Arbeit. Ihr Schuldenabbau ist nicht erarbeitet, sondern er ist aus der Pensionsvorsorge genommen. Damit reißen Sie mit einem vermeintlichen Schuldenabbau neue Milliardenlöcher in der Zukunft auf. Das ist Ihre Art der Finanzpolitik, unsere nicht, weil es zutiefst unsolide ist, weitere Milliardenlöcher in der Zukunft aufzureißen. Deswegen sagen wir zu dieser Art der Finanzpolitik ein deutliches Nein und werden der Entlastung der Staatsregierung nicht zustimmen.

(Beifall bei der SPD)

Danke. Jetzt hat Herr Kollege Pointner das Wort. Bitte schön.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich mich im Namen der Fraktion der FREIEN WÄHLER beim Obersten Rechnungshof, beim Präsidenten, bei der Präsidentin, bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, für Ihre Arbeit ganz herzlich bedanken. Durch Ihre Arbeit haben Sie Transparenz geschaffen. Sie unterstützen den Landtag bei der Kontrolle der Staatsregierung. Gerade die Tatsache, dass der Staatsregierung Ihre Berichte nicht immer gefallen und Sie kritisiert werden, beweist, wie wichtig der Rechnungshof und vor allem die Unabhängigkeit des Rechnungshofes ist. Wir werden auf jeden Fall der Entlastung des Obersten Rechnungshofes für das Haushaltsjahr 2011 zustimmen. Das ist leider nicht bei der Entlastung der Staatsregierung der Fall; ich werde das begründen.

Ich komme zunächst zu den allgemeinen Ergebnissen des Rechnungshofsberichtes. Das Wichtigste am Rechnungshofbericht 2013 ist der warnende Zeigefinger an die bayerische Politik: Lasst in finanziell guten Zeiten nicht die Zügel schleifen, verliert die finanzielle Solidität und die Nachhaltigkeit nicht aus den Augen. Dabei genügt es nicht, Herr Finanzminister, publikumswirksam eine Milliarde Euro zu tilgen, wie es 2013 der Fall ist. Die Gesamtschau des Haushaltes ist wichtig, und in dieser Hinsicht herrschen in Bayern keineswegs paradiesische Zustände, auch wenn sie – das muss man auf jeden Fall zugestehen – besser sind als anderswo. Die Schuldentilgung im allgemeinen Haushalt beträgt zwar seit Beginn der Legislaturperiode beziehungsweise wird bis 2014 circa 2,5 Milliarden Euro betragen. Aber im gleichen Umfang sind auch die Rücklagen des Freistaats gesunken; also handelt es sich insgesamt um ein Nullsummenspiel. Die Belastungen durch die Bayerische Landesbank sind dabei noch überhaupt nicht eingerechnet, aber dazu komme ich später noch.

Die Bilanz dieser Legislaturperiode ist durchaus ernüchternd; denn diese Staatsregierung baut die Zukunftsfähigkeit des Freistaats zu großen Teilen auf der kompletten Entschuldung bis zum Jahr 2030 auf. Sie haben die Vorsorge für die Pensionen der bayerischen Beamten weitgehend abgeschafft. Sie vertrauen darauf, diese Ausgaben ab 2030 durch die wegfallenden Zinsausgaben leisten zu können. Aber das ist bisher reines Wunschdenken. In dieser Legislaturperiode sind Sie insgesamt keinen Schritt vorangekommen, und auch der Haushalt der Jahre 2013 und 2014 offenbart, wie groß die Schritte sind, die vor Ihnen liegen. Laut dem Rechnungshofbericht wird Bayern 2013 einen negativen Finanzierungssaldo von über 900 Millionen Euro und 2014 einen negativen Finanzierungssaldo von fast 600 Millionen Euro aufweisen.

Wir können die Schulden nur nachhaltig abbauen, wenn wir positive Finanzierungssalden vorweisen, also wenn der Staat mehr einnimmt, als er ausgibt. Bevor es in Vergessenheit gerät: Diese Regierung hat während dieser Legislaturperiode keine Schulden abgebaut, sondern sie hat Schulden in großem Stil aufgenommen,

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und Abge- ordneten der SPD)

auch wenn Sie immer betonen wie auch Herr Herold heute wieder, dass im allgemeinen Haushalt keine Neuverschuldung vorgenommen worden ist. Aber wir zählen heute auch die anderen Haushalte dazu, auch die Nachtragshaushalte, und da sieht es anders aus: Der Schuldenstand inklusive der Belastungen durch die BayernLB liegt um etwa 7,5 Milliarden Euro höher als zu Beginn dieser Legislaturperiode, die Rücklagen gingen um etwa 2,5 Milliarden Euro zurück, und die Pensionsrückstellungen sind faktisch ausgesetzt. Handelt es sich dabei um nachhaltige Finanzpolitik? Dazu stelle ich mehrere Fragezeichen in den Raum. Die finanzielle Ausgangslage des Freistaats hat sich unter Ihrer Regierung nicht verbessert, sondern eher verschlechtert.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der SPD)

Erlauben Sie mir noch einen kurzen Abstecher zur BayernLB. Immerhin fließen mittlerweile wieder Gelder von der Bank in den Landeshaushalt zurück. Aber vonseiten der Staatsregierung ist weiterhin kein Konzept zu erkennen, wie diese Rückflüsse verwendet werden sollen. Das Bisherige wird der allgemeinen Rücklage zugeführt. Für 2014 wird eine eventuelle Nachzahlung erwartet. Aber wenn Sie so weitermachen, hat die Bank zwar 2019 fünf Milliarden Euro an den Freistaat zurücküberwiesen, was die EU vorgibt, jedoch ohne dass ein einziger Cent von diesen Rettungsmilliarden aufseiten des Freistaats getilgt wurde. Warum steht der Freistaat finanziell nicht noch besser da? Sie, Herr Dr. Söder, werden antworten: wegen des ungerechten Finanzausgleichs. Dazu haben Sie ja mittlerweile Klage eingereicht, leider viel zu spät. Wir werden darüber nicht so schnell eine Entscheidung bekommen, sicher nicht vor den Wahlen; aber das war ja von Ihnen so geplant.

Genauso wichtig wäre es, dass Sie endlich für eine adäquate Personalausstattung der bayerischen Finanzämter sorgen. Lesen Sie eigentlich die Berichte des Rechnungshofes nicht? Heute ist schon gesagt worden: Vierzehnmal steht es schon drin; wahrscheinlich hilft es nicht, wenn es zum fünfzehnten Mal darinsteht. Seit Jahren ist das Finanzministerium ein un

rühmlicher Dauergast im Bericht des Obersten Rechnungshofes. Auch dieses Jahr deckt der Oberste Rechnungshof die mangelnde Personalausstattung in der Steuerverwaltung auf, die den Staat jährlich Hunderte von Millionen Euro an Steuereinnahmen kostet. Seit Jahren erschallt vom Obersten Rechnungshof das gleiche Mantra: Der Steuervollzug ist mangelhaft, weil Steuer- und Betriebsprüfer fehlen. Ich betone gleich vorsorglich: Die Mitarbeiter in der Steuer- und Finanzverwaltung leisten eine hervorragende Arbeit, aber sie können sie nicht leisten, wenn das nötige Personal fehlt. Sorgen Sie für ausreichend Personal in den Finanzämtern, und schaffen Sie damit endlich die Voraussetzungen für Steuergerechtigkeit. Sorgen Sie dafür, dass die Leute in den Ämtern nicht weiter an der Grenze ihrer Belastbarkeit sind. Schaffen Sie finanzielle Spielräume für die bayerische Politik!

Zum Schluss möchte ich auf zwei einzelne Punkte des ORH-Berichts eingehen. Ein Punkt ist schon vom Kollegen Halbleib genannt worden. Erschreckend ist, wie die politisch Verantwortlichen bei der Einführung des so wichtigen Digitalfunks vorgegangen sind. Der Rechnungshof fordert die Staatsregierung zu Recht auf, endlich eine stringente und verlässliche Planung vorzulegen und den Digitalfunk in Bayern flächendeckend einzuführen. Bei diesem Projekt steigen nicht nur die Kosten. Immer noch nicht ist abzusehen, wann endlich eine leistungsfähige und flächendeckende Versorgung des Freistaats mit dem Digitalfunk vorhanden sein wird.

Zweitens fallen in diesem ORH-Bericht zwei sehr zweifelhafte Bauvorhaben negativ auf. Weder bei der Errichtung eines staatlichen Biergartens in Ingolstadt, so wichtig das auch in Bayern ist, noch beim neuen Wahrzeichen für die TU München scheint mit Steuergeld vernünftig umgegangen worden zu sein. Anscheinend haben die zuständigen Verwaltungen diese Einschätzung befürchtet. Jedenfalls ist es ein Skandal, dass beide Projekte am Haushaltsausschuss vorbei verwirklicht worden sind. Sonst hätten die Haushälter diese Steuergeldverschwendung möglicherweise verhindern können.

Aus den genannten Gründen lehnen wir die Entlastung der Staatsregierung für das Haushaltsjahr 2011 ab.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Jetzt darf ich Claudia Stamm das Wort erteilen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Frau Präsidentin des Bayerischen Obersten Rechnungshofs, stellvertretend für den ORH! Bis vor

Kurzem gab es den Bericht des Bayerischen Obersten Rechnungshofs immer wahlweise als Nikolausgeschenk oder Krampusrute. Für die Opposition war es ein Segen, was der Bayerische Oberste Rechnungshof in seiner Arbeit bei der Prüfung der Staatsregierung leistet. Für die Staatsregierung und die Koalitionsfraktionen war der Rechnungshof der Krampus mit heftigen Schlägen. Auf Bitten des Haushaltsausschusses ist der Termin für die Beratung des Rechnungshofberichts in die zeitliche Nähe des Haushaltsjahres verlegt worden. Das ist für alle ein Segen. Deshalb ein großes und dickes Dankeschön an den Rechnungshof, der diese Terminverlegung ermöglicht hat.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Nach den Erfahrungen aus den diesjährigen Beratungen im Haushaltsausschuss müsste man eigentlich einstimmig die Beratungen des Rechnungshofberichts in Wahljahren aussetzen. Das, was die CSU und die FDP dabei gemacht haben, war gelinde gesagt ein Hohn. Bei jedem wichtigen Beschlussvorschlag wurde ein "weiterhin" eingefügt. "Weiterhin" bedeutet, dass die Arbeit eigentlich schon geleistet ist und nur noch verstärkt werden müsste. Damit wäre aber die Arbeit des Rechnungshofes obsolet.

Liebe Staatsregierung, das Gegenteil ist der Fall. Mit diesem Bericht bestätigt Ihnen der Oberste Rechnungshof ein Versagen in der Finanz- und Haushaltspolitik. Wie ein Mantra kommt es mir genauso wie den Kolleginnen und Kollegen der Opposition vor, dass der Bayerische Oberste Rechnungshof immer wieder auf die mangelhaft ausgestattete Steuerverwaltung hinweist. Diejenigen, die im Dienst sind, leisten hervorragende Arbeit. Sie müssen die fehlende Arbeitskraft ausgleichen. Der Bericht des Obersten Rechnungshofes zeigt, dass in der Betriebsprüfung nur knapp 1.760 Stellen besetzt sind. Das sind 190 weniger als im Jahr 2007. Das Stellensoll liegt jedoch bei 2.200. In Vollzeitkräften ausgedrückt beträgt die Unterbesetzung in der Steuerverwaltung 440 Stellen oder minus 20 %. Ich garantiere Ihnen, dass dies auch jetzt nicht besser aussieht. Die paar Stellen, die im Doppelhaushalt ausgebracht wurden, gleichen das Defizit kein bisschen aus.

Der Rechnungshofbericht zeigt uns allerlei Kurioses und weniger Kurioses. Die staatliche Immobilienverwaltung betreibt einen Biergarten. Das ist bestimmt keine hoch staatliche Angelegenheit. Die Kosten für den Digitalfunk treiben immer mehr Blüten. Es ist unglaublich, wie hier geplant und kalkuliert wurde. Der Aufbau des Digitalfunks ist das größte finanzielle Desaster, seit die sogenannten bayerischen Finanzfachleute mit der Landesbank 10 Milliarden Euro an Geld

der Bürgerinnen und Bürger Bayerns in den Sand gesetzt haben. Das, was beim Digitalfunk falsch gelaufen ist, fehlende Kosten-Nutzen-Untersuchungen und fehlende Kontrollen bei der Umsetzung, hält die Staatsregierung sogar noch für hohe bayerische Regierungskunst. Dazu zitiere ich meinen geschätzten Kollegen Hallitzky: "Wer das für hohe bayerische Regierungskunst hält, der soll nie wieder den Mund zum Flughafen Berlin-Brandenburg aufmachen."

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ein weiterer Fall für den Obersten Rechnungshof ist ein Turm der TU München, der nicht nur architektonisch, sondern vor allem aufgrund seiner Kosten in die Höhe ragt – und das auch noch am eigentlichen Herrn des Budgetrechts, am Haushaltsausschuss, vorbei.

Der Bericht des Bayerischen Obersten Rechnungshofs wurde zeitgleich mit dem Nachtragshaushalt eingebracht. Sie erinnern sich, der Nachtragshaushalt wurde ohne Not zu früh eingebracht, denn an der politischen Lage hat sich nichts verändert, außer dass die CSU wegen des sehr erfolgreichen Volksbegehrens zu den Studiengebühren nasse Füße bekommen hat. Deswegen bewertet der Oberste Rechnungshof auch das aktuelle finanzpolitische Gebaren der Staatsregierung. Aufseiten der Opposition wundern wir uns gar nicht darüber, dass an der Staatsregierung viel Kritik geübt wird. Was wird denn mit dem Doppelhaushalt und dem Nachtragshaushalt gemacht? Es ist doch keine Kunst, Geld auszugeben. Das kann jeder und das kann jede. Die CSU versucht alles, was wie ein Problem vor der Wahl aussehen könnte, mit Geld schnell aus dem Weg zu räumen. Sie geben Geld ohne Gegenfinanzierung aus. Sie schlagen nicht vor, wie die Ausgaben, von denen wir die meisten auch gut finden, mit dem Nachtragshaushalt gegenfinanziert werden sollen. Darin unterscheidet sich Ihre Haushaltspolitik von unserer. Wir haben klare Vorschläge zur Gegenfinanzierung gemacht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie setzen keine Prioritäten und betreiben eine verfehlte Haushaltspolitik. Das hat Ihnen der Oberste Rechnungshof nochmals bescheinigt. Sie setzen einfach überall eins drauf und hoffen, dass die Steuereinnahmen schon weiter sprudeln werden. Sie verhalten sich in etwa so, wie wenn ein Familienvater oder eine Familienmutter vor Weihnachten eine satte Gehaltserhöhung bekommt und damit rechnet, dass diese Gehaltserhöhung jedes Jahr wieder kommen wird. Wie naiv! Nächstes Jahr ist aber auch kein Wahljahr mehr. Dann kommen die schmerzhaften Kürzungen, wenn Sie dann noch an der Regierung sind.

Richtig putzig waren die Erwartungen des Finanzministers Dr. Söder an den Obersten Rechnungshof. Denn eigentlich – so war es zu lesen – hatte er sich ein größeres Lob fürs Geldausgeben erwartet. Wie ein kleiner Bub, der möchte, dass man ihm übers Haar streicht, und der hören will, das hast du aber gut gemacht, erwartet der Finanzminister vom Obersten Rechnungshof ein Lob für seine Finanzpolitik. Für was erwarten Sie eigentlich ein Lob? Dafür, dass Sie die Rücklagen ohne Ende aufbrauchen und aufsaugen? Dafür, dass der bayerische Finanzminister und die Bayerische Staatsregierung nicht für eine ausreichende personelle Ausstattung der Steuerverwaltung sorgen? Dafür, dass es keine Steuergerechtigkeit in diesem Land gibt, womit Bayern jedes Jahr Hunderte Millionen Euro an Steuereinnahmen entzogen werden?