Protokoll der Sitzung vom 20.06.2013

Sie haben einen Vergleich zwischen Baden-Württemberg und Bayern angestellt. Von der Planung bis zur Genehmigung vergehen ungefähr drei Jahre. Zeigen Sie mir einmal eine Windkraftanlage, die in Bayern auf der Grundlage des neuen Erlasses am Netz ist, eine Anlage, die trotz des Widerstandes der Bürger von der Staatsregierung und den Bürgermeistern umgesetzt worden ist.

Sie haben weiter die Umzingelung von Ortschaften angesprochen. Da haben die Planungsverbände Vorranggebiete ausgewiesen. Meistens handelt es sich um nur 1,5 % der Fläche im Vorranggebiet bzw. im Planungsgebiet. Da kann doch keiner von einer Umzingelung der Ortschaften sprechen. Des Weiteren haben Sie gemeint, es müsse ein Rückhalt in der Bevölkerung gegeben sein. Aber nach Umfragen stehen eigentlich 80 % hinter der Windkraft. Da haben wir einen Rückhalt in der Bevölkerung wie in kaum einem anderen Bereich.

Dann gibt es noch etwas Merkwürdiges. Auf der einen Seite haben Sie in der Energiekommission den Gedanken vertreten, dass möglichst viele Produktionsanlagen in Bayern stehen sollten. Wir alle wissen aber: Die Energiewende wird mit Wind und Sonne entweder

gelingen oder nicht gelingen. Wenn Sie in den Wind eine Bremse einziehen, dann wird sie nicht gelingen.

Herr Kollege Blume zur Erwiderung, bitte.

Lieber Kollege Hartmann, ich weiß, dass es schmerzhaft sein muss, zu sehen, dass die Kollegen in Baden-Württemberg nicht so reüssieren, wie Sie es sich alle erhofft haben, und dass es dort einfach nicht vorangeht. Bei diesem Schmerz kann ich Ihnen aber nicht helfen.

Was die Windkraft in Bayern generell angeht, so wollen wir sie selbstverständlich voranbringen. Wir sind uns völlig einig, dass die Zukunft, was die Windhöffigkeit angeht, bei den Windkraftanlagen der neuesten Generation liegt. Diese sind in der Tat höher. Man müsste schon mit geschlossenen Augen durchs Land gehen, um diese Entwicklung nicht zu sehen. Wenn wir Anlagen haben wollen, die mit hoher Effizienz am Netz sind, dann sind es in der Tat diese Anlagen.

Aber es ist dann doch auch nicht verkehrt, zu sagen: Wenn schon diese neue Anlagengeneration kommt, die ganz andere Wirkungen auf das Landschaftsbild und auf die dort wohnenden Menschen hat, dann muss das vorhandene Instrumentarium, das immissionsrechtlich gar nicht so weit wirkt, wie vielleicht die Bedrängungswirkung eines 200-Meter-Turms reicht, aktualisiert werden. Man muss versuchen, die Entwicklung in bestimmten Bahnen zu halten. Wir wollen die Windkraft in Bayern nicht abwürgen, sondern wollen sie ganz im Gegenteil insgesamt auf den Pfad einer gesteuerten und verantwortbaren Energiewende bringen. Das halten wir für richtig.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege. Wir fahren mit der Debatte fort. Nächster Redner ist Herr Kollege Tobias Thalhammer für die Fraktion der FDP.

(Vom Redner nicht auto- risiert) Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Umstieg in ein Zeitalter der Versorgung mit erneuerbarer Energie kann nur gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern gelingen. Die Energiewende hängt vom Mitmachen der Menschen ab. Die Menschen machen nur mit, wenn sie auf eine gewisse Akzeptanz stoßen. Das Thema Windenergie und Windkraftanlagen ist womöglich das emotionalste und polarisierendste Thema überhaupt. Damit müssen wir dementsprechend sehr sachlich umgehen. Leider gibt es keine perfekte Art, mit Kraftwerken Strom zu erzeugen. Jede Kraftwerksart weist irgendein Problem

auf. Dem einen ist dies wichtiger, dem anderen ist das wichtiger.

Wir müssen auch über die Vorteile der Windenergie sprechen. Denken wir beispielsweise an den Fall, dass ein Windrad steht. Die variablen Kosten für den Betrieb einer Windkraftanlage sind sehr gering. Dadurch ist die Stromproduktion durch Windenergie preisgünstig. Deshalb können wir auf die Windenergie nicht verzichten, auch deswegen nicht, weil wir dem stetigen Anwachsen der Energiepreise gegensteuern wollen. Wir müssen darauf achten, dass Strom nicht zum Luxusgut wird. Dazu kann auch die Windkraft einen Teil beitragen.

Gerade in touristisch geprägten Gegenden hat die Stromerzeugung durch Windkraftanlagen auch Nachteile. Viele begründen ihre Haltung mit ihrem Geschmack und meinen: So ein Windrad ist hässlich. Diese Haltung wird gar nicht inhaltlich, sondern nur emotional, geschmacklich, begründet. Darauf muss man im Interesse der Wirtschaft, des Tourismus und auch der Bürgerinnen und Bürger vor Ort Rücksicht nehmen. Denn ich habe eingangs gesagt: Die Energiewende lebt vom Mitmachen und damit von der Akzeptanz. Man kann Bürgerinnen und Bürgern nicht einfach etwas vor die Nase setzen, was sie nicht haben wollen; denn das nützt nicht der Energiewende, sondern schadet ihr.

(Zurufe von den GRÜNEN)

Deshalb ist es wichtig, dass wir einen gemeinsamen Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern suchen und dass wir für verlässliche Mittel sorgen, mit denen man gewisse Ängste nehmen kann. Wir haben beispielsweise empfohlen, dass bei der Wohnbebauung ein Abstand von 800 Metern zu einer Windkraftanlage eingehalten werden soll. Das soll höhenunabhängig gelten. Ich wünsche und fordere, dass aus dieser Empfehlung eine Muss-Bestimmung wird und vorgeschrieben ist, dass zwischen einem Windrad und der Wohnbebauung ein Abstand von 800 Metern liegen muss. Ich glaube, dann können wir viele Probleme für die Windenergie vor Ort lindern und für eine größere Akzeptanz sorgen.

Wir müssen uns jedoch um die Windkraft in Bayern keine großen Sorgen machen. Denn im Vergleich zu anderen Bundesländern sind wir hier sehr gut aufgestellt. Allein im Jahr 2012 haben wir 81 neue Windräder in Bayern gebaut. Wir haben eine Gesamtleistung von 200 Megawatt aufzuweisen. Ich setze das in einen Vergleich. Das entspricht hinsichtlich der rein rechnerischen Leistung – ich spreche nicht von den Fluktuationen – der Stärke eines Kernkraftwerks. Wir sind hier in Bayern also gut aufgestellt. Man kann das

nicht verniedlichen, wie Sie das immer aus parteipolitischem Kalkül heraus tun. Wir müssen uns überhaupt nicht schämen, wenn wir uns mit anderen vergleichen. Mit unserer Leistung an Windenergie, die wir in Bayern bereits jetzt erbringen, liegen wir im bundesdeutschen Vergleich auf Platz sechs. Wenn man bedenkt, dass wir nicht so windhöffig sind, also dass der Wind bei uns nicht so weht wie beispielsweise in Schleswig-Holstein, ist das ein respektables Ergebnis. Im Vergleich mit den anderen südlichen Bundesländern stellen wir fest, dass wir mit unserer Leistung hier auf Platz zwei liegen.

Sie von Rot-Grün loben Baden-Württemberg immer nach oben. Dazu ist festzuhalten, dass unter dem grünen Ministerpräsidenten in Baden-Württemberg im letzten Jahr ganze neun neue Windräder entstanden sind. Baden-Württemberg liegt auf dem letzten Platz. Bayern baut 81, Baden-Württemberg baut neun neue Windräder. Bayern liegt an zweiter Stelle, BadenWürttemberg an letzter Stelle. Wir müssen uns von Ihnen nicht sagen lassen, wie die Energiewende gelingt.

(Beifall bei der FDP und der CSU - Zuruf der Ab- geordneten Christine Kamm (GRÜNE))

Zum Antrag der FREIEN WÄHLER kann ich nur sagen: Das ist ein Offenbarungseid mit Blick auf die vorhin geführte Diskussion zum LEP. Das deutet auf die Haltung der FREIEN WÄHLER hin: mal dafür, mal dagegen und am Ende eine entschlossene Enthaltung. Sie lehnen das LEP ab, weil es viel zu wenig sinnvoll wäre. Im LEP steht ein Punkt, der den Kommunen die Chance gibt, dass sie Vorbehalts- und Vorrangflächen für Windräder einrichten können und diese nicht von oben oktroyiert bekommen. Dafür plädieren Sie in Ihrem Antrag. Sie lehnen das LEP ab, von dem Sie sagen, da steht ja nichts darin; und dann schreiben Sie ab und fordern das Gleiche in einem eigenen Antrag. Sie sprechen mit gespaltener Zunge. Das sind die FREIEN WÄHLER. Es verhält sich wie in der Energiekommission. Sie machen große Worte, aber lassen nur kleine Taten folgen. Das verhält sich bei den Regierungsfraktionen anders, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Lassen Sie mich eine abschließende Bemerkung machen. Ja, wir brauchen auch die Windkraft; aber es gibt eine andere Art der erneuerbaren Energie, die viel besser zu Bayern passt, die es in Bayern schon immer gegeben hat, die seit Jahrhunderten zu Bayern gehört und die auch eine Zukunft hat, die nicht fluktuiert und erneuerbar ist. Ich sage Ihnen: Wir sollten uns viel mehr Gedanken über die Wasserkraft als über die

Windkraft machen. Dabei stoßen wir auf mehr Akzeptanz, damit können wir kontinuierlich Strom produzieren. Das ist die Art der erneuerbaren Energie, die zu Bayern am besten passt. Dafür steht die FDP-Fraktion.

(Beifall bei der FDP)

Herr Kollege Thalhammer, ich nehme an, Sie sind mit ihrem Beitrag zunächst fertig. Dann darf ich Herrn Kollegen Glauber das Wort für eine Zwischenbemerkung erteilen. Bitte schön.

Lieber Kollege Thalhammer, Sie haben wieder einmal gezeigt, dass Sie von dem Prozess, wie in den Regierungsbezirken eine Vorrangfläche entsteht, eigentlich keine Ahnung haben. Ich habe versucht, Ihnen zu erklären, dass die Gemeinden natürlich in den Prozess der Einrichtung von Vorrangflächen eingebunden waren. Die Gemeinden haben aktiv mitgemacht und verfügen dafür über das bauleitplanerische Instrument. Aber die Vierte Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes – BImSchV – sieht in ihren Regeln etwas vor, das anders aussieht als die letztendlich ausgewiesenen Vorrangflächen. Dazwischen entstehen Graubereiche. Sie müssten sich mit der Bauleitplanung beschäftigen und klären, wie mit diesen Graubereichen zu verfahren ist. Die Probleme liegen bei diesen Graubereichen. Wenn Sie das nicht verstehen, müssen Sie sich von einem Bauleitplaner beraten lassen; dann würden auch Sie es irgendwann verstehen.

(Vom Redner nicht auto- risiert) Herr Kollege Glauber, was ich verstehe und was nicht, sei nun einmal dahingestellt. Ihre Zwischenintervention verstehe ich nicht.

(Florian Streibl (FREIE WÄHLER): Wie so vieles!)

Wo keine Substanz ist, gibt es auch wenig zu verstehen. Ich kann Ihnen nur eines nochmals sagen. Wie und wo Windkraftanlagen vor Ort bei den Kommunen gebaut werden sollen, entscheiden die Regionalen Planungsverbände. Wer sitzt in diesen Regionalen Planungsverbänden? Nicht wir als Landtagsparlamentarier, sondern Vertreter der Kommunen vor Ort. Wieso kommen Sie überhaupt auf die Idee, zu behaupten, die Kommunen hätten hierbei keinen Gestaltungsspielraum? Ich weiß jedenfalls, dass eine Kommune, die proaktiv mit dem Thema umgeht, gestalten kann. Dafür bietet das LEP die besten Handlungsalternativen. Auch wenn Sie es nicht verstehen wollen, kann man doch die Wahrheit nicht durch Ignoranz wegdiskutieren.

Ich habe schon gesagt, ja, wir brauchen noch etwas mehr Sicherheit auch für die Bürgerinnen und Bürger. Empfehlen wir die 800-Meter-Abstandsregelung nicht nur, sondern machen wir sie fix! Dann ist vielen geholfen. Dafür treten wir ein.

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Vielen Dank, Herr Kollege Thalhammer. Die nächste Wortmeldung kommt von Herrn Kollegen Wörner. Bitte schön.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Die Lage scheint schwierig zu sein. Erst wird hier im Landtag vonseiten des Ministerpräsidenten und von anderen gefordert: Wir brauchen 1.500 Windräder in Bayern, und dafür müssen wir, auch Sie alle, für Akzeptanz sorgen. Dann dreht man sich einmal kurz um, und alles sieht wieder ganz anders aus. Dann sorgen wir nicht mehr für Akzeptanz, sondern sagen, wie schwierig alles ist. Diese Politik hält niemand aus, auch nicht die Industrie, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Ein gewisser Herr Beermann – soweit ich weiß, ist er der Vertreter der bayerischen Windkraft – war da und hat sich massiv darüber beschwert, dass man mit diesem Zickzack-Kurs Tausende von Arbeitsplätzen in Gefahr bringt. Das ist der eine Teil der Geschichte.

Der zweite Teil ist noch viel fataler. Dabei müsste der Herr Ministerpräsident eine Sekunde lang über seinen Amtseid nachdenken. Wenn wir es nicht schaffen, den Klimawandel zu stoppen – dazu gehört die Energiewende –, werden die Roten Listen immer länger, und dieses Land Bayern wird sich in einer Art und Weise verändern, wie wir es nicht wollen und wogegen das Windrad eine Schönheit wäre.

Das muss uns allen klar sein. Und wenn uns dies klar ist, wird man dieses kleinkarierte Gezänk aufgrund einiger Einsprüche, die es gibt, nicht einfach durch Zusagen wegdrücken und dann sogar noch mit einem Antrag unterstützen, der an Traurigkeit nicht zu überbieten ist. Wir können natürlich das Spiel treiben: Wir in Bayern hätten es natürlich gern, aber der Bund tut es nicht. Das halte ich aber für absolut unanständig. Im Übrigen weiß jeder ganz genau, dass es bereits heute Vorschriften gibt, nach denen die Windkraftanlagen errichtet werden. Ich meine die TA Lärm. Oder sollte es jetzt vielleicht eine TA Seehofer geben?

Meine Damen und Herren, ich habe bisher immer daran gezweifelt, dass sich der Schlagschatten der Windräder tatsächlich auf die Psyche der Menschen auswirkt.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Bei den Geschichten, die zurzeit ablaufen, glaube ich, dass etwas an der Belastung dran ist bei manchen Menschen, die im Schlagschatten stehen.

(Zurufe von der CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe dieses Problem nie gehabt, aber anscheinend andere, sonst würden Sie jetzt nicht so herumargumentieren. Hat es sich Ihnen noch nicht erschlossen, dass die neuen Anlagen immer leiser werden? Lärm bedeutet bei den Windkraftanlagen bekanntermaßen Leistungsverlust; daher ist der Hersteller schon von sich aus daran interessiert, diese Anlagen möglichst leise laufen zu lassen. Es ist unstrittig, dass die neuen Anlagen erheblich leiser geworden sind.

Vor diesem Hintergrund dürfen wir die Debatte nicht mit dem Tenor führen, wie schlimm das alles ist, sondern wir sollten positiv an die Debatte herangehen, wie wir es schon mal getan haben. Wir sollten klären, was gut daran ist, und die Frage beantworten, wie wir damit weiterkommen können.

Dass die Kommunen und die Regionalverbände jedes Mal beteiligt sein müssen, ist klar. Wir hätten vielleicht den Winderlass noch etwas anders fassen können; denn da gibt es manche Unschärfen. Da wird manches versprochen, was noch gemacht werden soll, aber bisher nicht vorhanden ist.

Bisher – das sage ich Ihnen ausdrücklich – haben wir der Windkraft in Bayern einen Bärendienst erwiesen. Das kommt nicht von mir, sondern von den Anlagenherstellern.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Wir haben ihnen einen Bärendienst erwiesen. Das muss schnellstmöglich aus der Welt geschafft werden, um sicherzustellen, dass die Investitionsbereitschaft nicht verloren geht. Sie muss vielmehr mehr vorangetrieben werden, denn bei der derzeit geltenden TA Seehofer wäre bei 200 bis 300 Windrädern nach der Zehnerregel einfach Schluss. Heute sind diese Aussagen wieder etwas beschönigt worden; man lässt den Ministerpräsidenten nicht Regen stehen, merkt aber, dass dieser Antrag aus der Not geboren wurde, um einen Nebenkriegsschauplatz zu eröffnen.

Wir sagen: Lassen Sie uns nach den bisherigen Regelungen im Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern fortfahren. Dazu braucht es keine neuen Regelungen, die alten sind gut genug. Wir glauben, sie waren das richtige Instrument.

Meine Damen und Herren, zum Abschluss noch etwas sehr Ernstes. Bei der Diskussion um die Energiewende und den Ausstieg aus der Kernenergie saßen sehr viele Besucher im Saal, von denen ich heute noch behaupte: In der Not Getriebene sind keine Überzeugungstäter. Sie, meine Damen und Herren von der Koalition, steuern mit Ihrer Energiepolitik darauf zu, dass die Kernkraftlaufzeiten in Bayern verlängert werden müssen. Dafür müssen wir Sie in die Verantwortung nehmen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)