Protokoll der Sitzung vom 02.07.2013

- Das gilt für alle; dafür muss man nur einen Blick in die Runde werfen. Vielleicht bekommt der eine oder andere noch eine SMS. Wir haben noch ein paar Minuten Zeit. Vielleicht werden es im Laufe der Zeit ein paar Zuhörer mehr.

In meinem Beitrag geht es um das Petitionsrecht. Darüber haben wir heute schon sehr viel gehört. Beim Petitionsrecht in Bayern merkt man, wo es hakt und wo nicht. Denn wenn es irgendwo nicht haken würde, gäbe es keine Petitionen; und wenn es irgendwo hakt, muss man sich der Angelegenheit intensiv widmen.

Dann kann man prüfen, ob man irgendwo nachbessern muss oder nicht. Das sollten wir alle als Auftrag verstehen.

Ich möchte vier Punkte herausgreifen, die mir am meisten aufgefallen sind. Der erste Punkt betrifft das Asylrecht. Dazu hat schon die Vorrednerin gesprochen. Ich bin froh, dass es die Härtefallkommission gibt und dass man sich oft darauf einigen kann, Fälle dorthin zu überweisen. Ich bin aber auch der Meinung, wir könnten dorthin noch mehr Fälle überweisen. Darüber gibt es oft ein sehr zähes Ringen. Ich bewundere zwar die Kollegen von den Regierungsfraktionen, dass sie sich oft entgegen dem Votum der Staatsregierung trauen, Fälle in die Härtefallkommission zu überweisen. Trotzdem könnten wir uns alle in dieser Hinsicht einen stärkeren Ruck geben. Vielleicht wäre die Härtefallkommission gar nicht notwendig, wenn wir uns Entscheidungen zutrauen und selbst entscheiden würden. Gerade im Asylrecht versteckt man sich sehr oft hinter Buchstaben und Paragraphen. Ein bisschen mehr Pragmatismus wäre hier sicherlich angebracht. Es gibt Menschen, die bei uns zur Schule gegangen sind, die hier ausgebildet werden, die hier einen Beruf ausüben und Steuern bezahlen und trotzdem immer noch nur geduldet sind oder mehr oder weniger auf ihre Abschiebung warten. Vor diesem Hintergrund ist es nicht das richtige Zeichen, wenn wir auf der anderen Seite in Sonntagsreden über qualifizierte Zuwanderung reden und behaupten, dass wir auch Kräfte aus dem Ausland brauchen. In Fällen von Menschen, die bei uns integriert sind, die deutsche Sprache sprechen und einem Beruf nachgehen, müssten wir alle uns mehr am Riemen reißen und sie hier bleiben lassen. Wir sollten dabei nicht hinter Recht und Gesetz verstecken, was wahrscheinlich am grünen Tisch entschieden worden ist.

Der zweite Punkt betrifft die Schülerbeförderung. Dieses Thema kocht immer wieder hoch. Ich will jetzt nicht allzu politisch werden; denn es ist wirklich eine politische Entscheidung, ob man völlige Kostenfreiheit des Schulwegs bei absoluter Wahlfreiheit der Schule fordert. Das ist sicherlich schwer finanzierbar. Aber die Vorschriften müssen nicht so starr sein, wie sie sind. Man hält sich ganz starr am Besuch der nächstgelegenen Schule fest. Dabei spielt es keine Rolle, ob es dort eine offene oder eine gebundene Ganztagsbetreuung gibt, welches pädagogische Konzept verfolgt wird und welche Fremdsprachenfolge angeboten wird. Man verlangt einfach nur den Besuch der nächstgelegenen Schule und damit basta. Dafür wird Geld bezahlt, und alle anderen Möglichkeiten werden ausgeschlossen.

Ein wichtiges Thema ist die Inklusion. Wir alle wollen, dass auch behinderte Kinder auf eine Schule gehen können, die ihre Eltern als die für sie geeignetste ausgesucht haben. Bei der Inklusion haben wir noch große Aufgaben vor uns und müssen Nachbesserungen vornehmen. Es genügt nicht, zu fordern, auf eine Regelschule vor Ort zu gehen, wenn diese überhaupt nicht auf inklusiven Unterricht vorbereitet ist oder wenn sie auf ganz andere Behinderungen ausgerichtet ist. In solchen Fällen verlangt die Staatsregierung einfach, dass man in eine Förderschule gehen muss, Punkt, aus, mehr gibt es nicht.

Man muss sich zugunsten der Schüler zusammensetzen und überlegen, welche Lösung die beste ist. Der Kultusminister spricht immer von individueller Förderung und davon, dass das Kind im Mittelpunkt stehen soll. Dazu gehört aber auch, zu überlegen, wie man den Besuch einer geeigneten Schule ermöglicht. In dieser Hinsicht bemerke ich im Moment noch sehr wenig Bewegung. Man kann nicht auf die Dreigliedrigkeit des bayerischen Schulsystems verweisen und verlangen, sich eine der drei Richtungen auszusuchen. Das verstehe ich nicht unter Individualisierung. Wenn wir alle gemeinsam etwas anderes darunter verstehen, müssen wir auch bei der Schülerbeförderung nachbessern und dürfen nicht an starren Regelungen festhalten.

Ein Punkt ist mir stark in Erinnerung geblieben. Bei der Behandlung des Themas Schülerbeförderung im Ausschuss haben wir ein Gutachten des mobilen sonderpädagogischen Dienstes beantragt, welche Schule wirklich für das Kind geeignet wäre, weil wahrscheinlich niemand in der Staatsregierung eine Lösung finden kann und vielleicht auch niemand im Schulamt vor Ort. Dafür gibt es den mobilen sonderpädagogischen Dienst. Diesem Antrag ist im Ausschuss einstimmig zugestimmt worden. Zwei Monate später hieß es plötzlich: Die Staatsregierung weist darauf hin, dass die Erstellung dieses Gutachtens unnötig ist. Ich möchte an die Kollegen appellieren – Sylvia Stierstorfer hat es vorhin sehr schön ausgeführt -, dass es sich um eine verfassungsrechtliche Kompetenz für uns Abgeordnete handelt. Im Gesetz ist geregelt, dass der Landtag einen Beschluss fasst und die Staatsregierung für die Ausführung zuständig ist und nicht umgekehrt. Ich bitte darum, dass sich die Staatsregierung an Beschlüsse hält, die im Petitionsausschuss und allen anderen Ausschüssen gefasst werden, und nicht einfach nebenbei mitteilt: Das ist unserer Meinung nach nicht notwendig.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und Abge- ordneten der SPD und der GRÜNEN)

Beim dritten Punkt handelt es sich um die Mietsituation. Im Großraum München haben wir uns mit der Riesenproblematik auseinanderzusetzen, dass sich Rentner, die seit 30, 40 oder 50 Jahren in der gleichen Wohnung wohnen, plötzlich die Miete nicht mehr leisten können, weil die Rente nicht so steigt wie die Mieten steigen. Wir haben hier ein Ballungsraumproblem, dass München alles abzieht, dass die jungen Beamten aus dem Freistaat teilweise in München zur Arbeit gehen müssen, seien es Polizisten, Lehrer oder Finanzbeamte. Dadurch wird das Problem natürlich noch verstärkt. Das ist sicherlich auch eine Auswirkung der Strukturpolitik in Bayern, die die ländlichen Räume nicht so gestärkt hat, wie man immer behauptet; sondern wir haben dort einen demografischen Wandel zu verzeichnen, der sehr weh tut. Fakt ist: Wir haben hier in München ein Riesenproblem, was die Mietsituation angeht. Eine einfache Möglichkeit würde zwar nicht alle Probleme lösen, aber sie wäre ein Baustein in der Diskussion. Ich meine den Genehmigungsvorbehalt für die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen zur Kappung der Mietpreise. Darüber wären sich eigentlich alle einig, auch in der CSU. Aber weil bei uns in der Staatsregierung der Schwanz mit dem Hund wackelt, wird daraus nichts.

Mein letzter Punkt betrifft die Justiz. Bei zahlreichen Petitionen, die sicherlich manchmal eher der Beschäftigung und dem Zeitvertreib einiger Häftlinge dienen, merkt man schon, dass sogar die Häftlinge immer wieder vorbringen: Wir haben zu wenig Personal in den Justizvollzugsanstalten. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn sich mittlerweile sogar die Häftlinge beschweren, dass zu wenig Personal in den Gefängnissen beschäftigt ist, muss man sich schon irgendwann einmal fragen, ob der Stoibersche Sparwahn und seine Auswirkungen wirklich richtig waren oder ob man hier nicht umsteuern und diese Fehlentwicklungen beheben sollte.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der SPD)

So viel zur politischen Bewertung der Themen im Petitionsausschuss. Ich möchte mich dem Dank anschließen und danke sehr herzlich sowohl dem Vorsitzenden für seine Sitzungsleitung als auch der Stellvertreterin für die Unterstützung. Ich habe mir gerade gedacht: Sylvia, wenn du auch im Plenum für die Anwesenheit verantwortlich wärst, wären wir vollzählig. Im Ausschuss rufst du immer die Mitglieder zusammen. Vielleicht gibt es künftig noch andere Aufgaben. Ich möchte mich auch bei Herrn Klotz bedanken, der für uns fast Tag und Nacht zur Verfügung steht und dann, wenn er einmal keine Zeit hat, auf jeden Fall sofort zurückruft, sobald es ihm möglich ist. Genauso danke ich Herrn Dr. Widmann und allen ande

ren zuständigen Mitarbeitern. Ich möchte mich aber auch bei den Mitarbeitern in den Ministerien bedanken, die sehr oft auch schon im Vorfeld unkompliziert Hilfe anbieten und sehr unbürokratisch das eine oder andere Problem beseitigen können.

Die Erkenntnisse aus den Petitionen bieten ein wichtiges, sinnvolles Feedback, das wir als Parlamentarier alle nutzen sollten. Mein Appell richtet sich an uns alle: Lasst uns dieses Feedback nutzen, auch bei den nächsten Gesetzesberatungen daran denken und Schlüsse daraus ziehen. Wir sollten nicht zu der Auffassung tendieren: Es passt schon alles, es läuft schon richtig, wir müssen uns nicht darum kümmern. Vielmehr sollten wir die Hinweise unserer Wähler nutzen. In der Unternehmensberatung würde man sie als kostenlose Unternehmensberatung bezeichnen. Hoffentlich können wir die Erkenntnisse bald zum Wohle aller Bürger in Bayern umsetzen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Schweiger. Für BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN hat Frau Ackermann das Wort. Bitte.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich habe in dieser Legislaturperiode das erste Mal dem Petitionsausschuss angehört. Ich habe diesen Ausschuss als einen sehr kollegial arbeitenden Ausschuss kennengelernt, aber auch als einen Ausschuss, der innerhalb des parlamentarischen Gefüges eine sehr wichtige Funktion hat. Einerseits zeigt der Ausschuss den Parlamentariern deutlich auf, wo Lücken oder Fehler in den Gesetzen sind, die nachgebessert werden sollten. Andererseits gibt er der Bevölkerung die Möglichkeit, sich direkt an den obersten Souverän zu wenden. Er ist eine ganz wichtige Einrichtung, denn oft versickern Anliegen von Bürgern in den unteren Amtsstufen der Verwaltung und kommen erst gar nicht so weit, dass sie öffentliches oder gar parlamentarisches Gehör finden.

Ich finde auch, der Ausschuss arbeitet sehr gründlich. Bei den Ortsterminen, die oft durchgeführt werden, lassen sich oft, weit über das hinaus, was im Ausschuss verhandelt werden kann, Lösungen finden, die zur Zufriedenheit aller Betroffenen sind.

Bedauerlich ist hingegen, dass in dem Ausschuss die Entscheidungen oft blockweise fallen. Das heißt, eine wirkliche Überzeugungsarbeit durch die Berichterstatterinnen und Berichterstatter, aber auch durch die Petenten, ist gar nicht möglich. Die Meinungen stehen nämlich oft schon vorher fest. Ich konnte mir früher gar nicht vorstellen, dass die Abstimmungen so ein

heitlich ausfallen, aber leider ist es manchmal so, dass berechtigte Anliegen mit Mehrheitsentscheidung einfach abgewiesen werden.

Der Petitionsausschuss hat eine Ausstrahlung auf die Gesetzeslage, darauf habe ich schon hingewiesen. Allerdings müsste man das auch zu Kenntnis nehmen. Wenn beispielsweise im Petitionsausschuss über Jahre hinweg, in jeder Sitzung aufs Neue, fünf bis zehn Petitionen zur Schulwegfreiheit auftauchen, dann wäre es doch angebracht, sich Gedanken darüber zu machen, ob die Anträge der Opposition zur Einführung einer gänzlichen Schulwegfreiheit - ohne die merkwürdigen Klauseln, die es jetzt gibt -, nicht doch sinnvoll sind. Es gibt bei dieser Schulwegkostenfreiheit nämlich ganz merkwürdige Kapriolen. Wenn die Eltern aus einem guten Grund für ihr Kind eine Schule wählen, die weiter von zu Hause entfernt ist als die nächstgelegene Schule, dann bekommen die Eltern überhaupt kein Geld für den Schulweg erstattet. Das Mindeste wäre doch, dass der Schulweg bis zur nächstgelegenen Schule bezahlt wird. Aber nein, die Eltern gehen gänzlich leer aus. Das beeinflusst die Schulentscheidung der Eltern manchmal zuungunsten der Kinder, weil sie es sich nicht leisten können, über Jahre hinweg den Schulweg selbst zu bezahlen. An dieser Stelle hapert es in der Gesetzgebung. Die Staatsregierung, aber auch unsere lieben Kolleginnen und Kollegen von der Mehrheitsfraktion sagen dann immer: Ja, wir sind schon auf einem guten Weg. Wir beraten das Problem schon. – Ich frage mich aber, wie lange noch? – Sie beraten seit Jahren eine Lösung, aber es kommt keine.

Ähnlich ist es beim Flüchtlings- und Asylproblem. Wir haben im Petitionsausschuss immer wieder aufs Neue Eingaben, die sich mit der unzureichenden Unterbringung in den Gemeinschaftsunterkünften, mit der Residenzpflicht und der Zwangsverpflegung mit Essenspaketen befassen. Doch diese Petitionen werden immer wieder aufs Neue abschlägig behandelt. Da frage ich mich schon: Bedarf es eines so dramatischen Hungerstreiks wie dem, den wir jetzt in München erlebt haben, damit sich in den Köpfen der Staatsregierung etwas verändert? Ist es nicht genug, wenn einmal darauf hingewiesen wird, dass die Unterbringung schlecht ist oder dass die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge nicht in einem Vierstufensystem unterzubringen sind, weil sie dann schon mit 16 Jahren in die Gemeinschaftsunterkünfte kommen anstatt in die Jugendhilfe?

(Beifall bei den GRÜNEN und den FREIEN WÄH- LERN)

Warum können wir nicht gesetzlich darauf reagieren? Warum lassen wir Hunderte und Tausende Petitionen passieren, ohne etwas zu verändern? Warum fangen wir erst beim Hungerstreik an, darüber nachzudenken? – Das ist eigentlich ein Armutszeugnis.

Es gibt auch Sternstunden im Petitionsausschuss, wenn über die Fraktionsgrenzen, ja über die Blöcke hinweg abgestimmt wird. Eine Petition ist mir noch in guter Erinnerung. Da ging es um eine tschetschenische Familie. Während die Mutter schwanger im Krankenhaus lag, wurde der Vater mit drei Kindern nach Polen abgeschoben. Da hat ein Landrat – es war zufällig meiner – die Buchstaben des Gesetzes allzu gesetzestreu ausgelegt und nicht berücksichtigt, dass er im humanitären Sinne einen Spielraum zur Verfügung hat. Diesen Spielraum hat der Landrat nicht genutzt, der Petitionsausschuss hat das dann aber korrigiert. Ich kann Ihnen mitteilen, der Fall hat sich positiv gelöst. Die Frau darf jetzt in Deutschland einen Asylantrag stellen, und der Vater mit den drei Kindern kommt aus Polen zurück. Das ist es, was wir erreichten wollten, und wir haben es erreicht. Es wurde aber nur erreicht, weil der Petitionsausschuss die Bremse gezogen hat. Sonst hätte nämlich die Frau hochschwanger und mit zwei kleinen Kindern ausreisen müssen. Das war für mich eine ausgesprochen gute Entscheidung, und ich bin sehr dankbar, dass sich in dieser Frage die Kolleginnen und Kollegen der Regierungskoalition angeschlossen haben.

Die Härtefallkommission arbeitet sehr effektiv, sehr genau, Wir sind sehr froh, dass wir sie haben, haben wir doch jahrelang, fast schon jahrzehntelang, dafür gekämpft, dass sie eingeführt wurde. Mittlerweile haben aber auch die Kolleginnen und Kollegen aus der Koalition eingesehen, dass es sich bei der Härtefallkommission um eine notwendige Einrichtung handelt.

Es gibt ein Anliegen, das mir nach wie vor sehr wichtig ist. Herr Kollege Thalhammer und ich sind aber leider damit gescheitert. Herr Abgeordneter Thalhammer war damals noch Mitglied im Petitionsausschuss. Es geht dabei um die Petitionen von Häftlingen. Wenn ein Häftling sich beispielsweise darum bemüht, dass er seine Zelle anders ausgestalten oder eine Zeitung abonnieren darf, dann sollte in der öffentlichen Sitzung des Petitionsausschusses nicht die ganze Liste der Vergehen dieses Häftlings verlesen werden. Ich halte das für eine Verletzung von Persönlichkeitsrechten. Das gehört da nicht hin und steht in keinem Zusammenhang mit dem Petitum. Die Ausschussmehrheit war leider anderer Meinung. Für mich ist das Voyeurismus, der nicht in den Petitionsausschuss gehört.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zuruf des Abgeordne- ten Albert Füracker (CSU))

Enttäuschend war auch, dass bei einem Besuch von Abgeordneten der Bremer Bürgerschaft kein einziges Mitglied der CSU-Fraktion beim gemeinsamen Abendessen anwesend war. Vielleicht war das purer Zufall, und ich nehme an, die CSU hatte viele andere Termine wahrzunehmen. Jedenfalls hat die CSU komplett durch Abwesenheit geglänzt, als wir die Bremer Bürgerschaft - oder diese uns - zum Abendessen eingeladen haben. Bei diesem gemeinsamen Abendessen hatte die CSU jedenfalls andere Termine. Vielleicht muss man das verstehen, Sie waren jedenfalls nicht da. Sie haben dann aber auch eine Einladung der Bremer Bürgerschaft platzen lassen. Wir konnten die Bremer nicht besuchen, weil die CSU komplett gepasst hat. Das fand ich ein bisschen schade, das ist wohl den massenhaften Terminen der CSU-Fraktion geschuldet.

(Albert Füracker (CSU): War es zulässig, sich einladen zu lassen?)

- Ich möchte nicht wissen, wo Sie sich schon überall haben einladen lassen.

(Albert Füracker (CSU): Da müssen Sie schon konkreter werden!)

- Ich bin jetzt nicht in einem Dialog mit Ihnen. Das machen wir später, einverstanden?

(Zuruf des Abgeordneten Albert Füracker (CSU) Zuruf des Abgeordneten Dr. Martin Runge (GRÜNE))

- Ja, vielleicht auch das. Ich möchte aber noch das gute, das persönlich gute Klima im Ausschuss würdigen und mich bei Herrn Klotz stellvertretend für die Mitarbeiter des Landtagsamtes bedanken, der uns immer mit Rat und Tat zur Seite gestanden hat. Ich danke auch den beiden Vorsitzenden. An dieser Stelle möchte ich mich für die Zukunft aus dem Petitionsausschuss verabschieden, nicht weil ich dort nicht sein will, sondern weil ich aufhöre.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und den FREIEN WÄHLERN)

Für die FDP hat Freiherr von Gumppenberg ums Wort gebeten.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mir ist es eine Ehre, in diesem Ausschuss zu sein. Ich kann mit Frau Ackermann sagen: Ich glaube, gerade für den Petitionsausschuss ist kennzeichnend, dass wir

durchaus sachlich entscheiden. Wir ordnen uns den sachlichen Argumenten unter. Menschlichkeit hat in diesem Ausschuss einen großen Stellenwert. Frau Ackermann, wir sind in dem einen oder anderen Punkt durchaus zu gemeinsamen Ergebnissen gekommen. Es spricht für den Ausschuss, dass man zu gemeinsamen Entscheidungen kommt. Dafür bedanke ich mich bei Ihnen ausdrücklich.

Ich bin aber auch stolz darauf, dass ich hier sagen darf, dass Adolf von Gumppenberg von 1845 bis 1877 an der Gründung dieses Ausschusses mitgewirkt hat. Das muss man wissen. Ich habe es in der Historie nachgeschaut. Der Ausschuss ist im Jahr 1872 beschlossen worden. Er sollte damals den Bürgern in Bayern die Möglichkeit geben, vor einem Gremium wie dem Landtag – den gab es damals schon – Gehör zu finden. Er war schon damals der Anwalt der Bürger. Damals handelte es sich um eine Monarchie. Heute haben wir glücklicherweise eine Demokratie. Das Gremium ist das gleiche.

Von 1872 bis 1918 kamen etwa 20.000 Petitionen in den Petitionsausschuss und wurden dort behandelt. 1919 hob die Weimarer Verfassung mit Artikel 126 die individualrechtliche Seite des Petitionsrechts hervor, demzufolge jeder Deutsche das Recht hat, sich schriftlich mit Bitten und Beschwerden an die zuständige Behörde oder die Volksvertretung zu wenden. Dieses Recht kann sowohl von Einzelnen als auch von Gruppen ausgeübt werden.

Wie es nicht anders zu erwarten war, wurde das Petitionsrecht in der NS-Zeit gestrichen. Hartnäckigen "Querelern" drohte man mit einer Schutzhaft.

Seit 1946 haben wir ein verfassungsmäßiges Petitionsrecht. Artikel 115 der Bayerischen Verfassung besagt: "Alle Bewohner Bayerns haben das Recht, sich schriftlich mit Bitten oder Beschwerden an die zuständigen Behörden … zu wenden." Es handelt sich also faktisch um den gleichen Rechtsbegriff und um einen Artikel, wie er damals in der Weimarer Verfassung stand. Dieses Recht gilt im Übrigen auch für Nichtdeutsche. Auch Dritte können Petitionen einreichen, und diese werden behandelt.

In der 16. Wahlperiode sind insgesamt circa 11.900 Petitionen im Bayerischen Landtag gelandet. 2.801 Petitionen wurden im Ausschuss für Eingaben und Beschwerden behandelt. Davon sind 24,5 % positiv erledigt worden.

(Zuruf)

Wie nicht anders zu erwarten, kommt gleich ein Zuruf aus Niederbayern. Niederbayern stellt etwa 9,5 % der Bevölkerung. Davon haben 11,4 % das Recht als akti

ve Staatsbürger wahrgenommen, eine Petition einzureichen. Damit sind die Niederbayern auf der ersten Stelle gelandet, wenn es um Petitionen geht.

(Hans Joachim Werner (SPD): Welche Behörden waren das?)

- Ich wollte die Beamten und Behörden nicht nennen, lieber Herr Vorsitzender. Aber Ihr Zuruf gibt mir die Gelegenheit, das zu tun, was auch Frau Kollegin Ackermann getan hat, nämlich Ihnen und der stellvertretenden Vorsitzenden des Ausschusses sowie allen Mitgliedern und Mitarbeitern des Ausschusses für eine wirklich hervorragende und sehr kooperative, besonders human geprägte Zusammenarbeit – diese muss man immer wieder hervorheben – zu danken. Wenn alle Ausschüsse des Bayerischen Landtags so harmonisch arbeiten würden wie dieser Ausschuss, würden wir hier letztlich keine Debatten führen, sondern uns nur mit der Sache auseinandersetzen. Aber in der Politik ist es nun einmal so, dass wir unterschiedliche Parteien und unterschiedliche Auffassungen haben.

Lassen Sie mich ein paar Dinge aus der Ausschussarbeit berichten. Herr Vorsitzender, Ihnen ist ja der Fall "Momo" besonders aufgefallen. Es ist einer der klassischen Fälle. Ein Mann aus Sierra Leone ist mit 14 Jahren traumatisiert hierhergekommen. Eine ganze Region, nämlich die des Chiemsees, hat sich für ihn verwandt. Inzwischen steht er in einem Lehrverhältnis, das er hoffentlich alsbald erfolgreich abschließen wird. Dann wird er den Gesellenbrief bekommen. Hier haben wir ein positives Beispiel dafür, wie der Ausschuss in einem sehr konkreten Fall ganz unabhängig von der Vielzahl derjenigen, die sich als Unterstützer verwendet haben, entschieden hat.