Die Umsetzung der Behindertenrechtskonvention ist ein langer Prozess. Wir werden die nächsten Jahre noch daran arbeiten. Wir müssen konsequent daran arbeiten. Wir müssen später auch noch über den Antrag zum Investitionsprogramm 2025 abstimmen. Ich halte es für sehr wichtig, dass auch ein Zeitfenster geschaffen wird. Auf die Aussprache dazu freue ich mich schon. Wir FREIE WÄHLER werden dem Gesetzentwurf zustimmen. Dem Änderungsantrag der SPD werden wir auch zustimmen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Bereits im November 2012 hat die Opposition einen Gesetzentwurf vorgelegt, der die Verdoppelung des Blindengeldes für taubblinde Menschen, aber auch ein abgestuftes Blindengeld für hochgradig sehbehinderte Menschen vorsah. Dieser Gesetzentwurf wurde von der Regierungskoalition abgelehnt.
Nun bringen Sie einen eigenen Entwurf ein, der allerdings nur eine kleine Lösung vorsieht. Er enthält nur eine Regelung für die taubblinden Menschen, was wir natürlich begrüßen, weil diese Regelung in unserem Gesetzentwurf auch enthalten war. Versehentlich oder vielleicht auch absichtlich haben Sie jedoch vergessen, dass es 6.000 hochgradig sehbehinderte Menschen gibt, deren Sehvermögen nicht mehr als 5 % beträgt. Sie können sich vorstellen, dass Menschen, deren Sehvermögen nicht mehr als 5 % beträgt, blinden Menschen sehr nahekommen, denn sie sind ebenso ausgegrenzt und ebenso auf Hilfe angewiesen. Sie haben ebenso viele Auslagen. Deshalb wäre es dringend nötig, auch ein Blindengeld für hochgradig Sehbehinderte einzuführen. Wir haben einen Betrag in Höhe von 30 % des Blindengeldes beantragt.
Sie konnten sich dazu in Ihrem Gesetzentwurf leider nicht durchringen und verstoßen damit, Herr Kollege Unterländer, gegen Artikel 118 a der Bayerischen Verfassung. Dieser Artikel schreibt ein Benachteiligungsverbot fest. Sie verstoßen ebenfalls gegen die UN-Konvention über die Rechte von behinderten Menschen, die für alle behinderten Menschen, also auch für hochgradig Sehbehinderte, ein Teilhaberecht festschreibt. In Ihrem Gesetzentwurf werden diese Menschen aber leider nicht erwähnt. Die Verwirklichung grundlegender Menschenrechte darf nicht von der jeweiligen Haushaltslage abhängig sein.
Selbst wenn es so wäre, hätten Sie immer noch ein Blindengeld für hochgradig sehbehinderte Menschen einführen können. Denn dadurch, dass Sie diese Menschen ausgrenzen, sparen Sie 11,5 Millionen Euro ein. Aufgrund sinkender Fallzahlen in den letzten 20 Jahren haben Sie bereits 20 Millionen jährlich eingespart. Durch die unsägliche Absenkung des Blindengeldes durch Ministerpräsident Stoiber haben Sie erneut jährlich 15 Millionen eingespart. Jährlich werden also beim Blindengeld 35 Millionen eingespart. Dem stehen 11,5 Millionen gegenüber, die Sie für hochgradig sehbehinderte Menschen einsetzen könnten. Selbst wenn Sie hochgradig Sehbehinderten ein Blindengeld gewähren würden, würden Sie immer noch 24 Millionen gegenüber dem früheren Ansatz einsparen.
Nach dieser Rechnung kann ich überhaupt nicht nachvollziehen, Herr Kollege Unterländer, wie Sie zu der Überzeugung kommen, dass unser Vorschlag gegenwärtig finanziell nicht darstellbar sei. Sie verlegen sich Ihrer Art gemäß wieder einmal aufs Prüfen. Sie prüfen und prüfen und prüfen in die nächste Legislaturperiode hinein. Das ist nicht nötig, denn der Bedarf liegt bereits jetzt fest, wie Ihnen auch die Verbände klargemacht haben. Im Übrigen hätten Sie die Beträge durchaus jetzt schon einsetzen können, denn wir haben einen Doppelhaushalt, der in die nächste Legislaturperiode hineinwirkt. Das wissen Sie ganz genau.
Zusammenfassend kann ich sagen: Statt schöner Sonntagsreden oder künftig schöner Wahlreden hätten Sie gut daran getan, die Menschen, die einen dringenden Hilfsbedarf haben, zu berücksichtigen. Wir werden diesem Gesetzentwurf deshalb zustimmen, weil wir wollen, dass die taubblinden Menschen bessergestellt werden. Wir werden dem Änderungsantrag der SPD selbstverständlich zustimmen, weil es wichtig ist, dass die hochgradig sehbehinderten Menschen berücksichtigt werden. Als Bewertung dieses Gesetzentwurfs kann ich Ihnen sagen: Er ist kein Ruhmesblatt, sondern er ist wieder einmal der Versuch, auf Kosten bedürftiger Menschen zu sparen.
- Zu sparen. – 35 Millionen Euro minus 11,5 Millionen Euro ergibt rund 24 Millionen Euro, die Sie, Herr Kollege Unterländer, einsparen. Das ist sehr traurig; denn das geschieht auf dem Rücken der behinderten Menschen.
Wir kommen jetzt zu den Abstimmungen. Ich möchte Sie über folgendes Prozedere informieren: Ich lasse zunächst in namentlicher Form über den Änderungsantrag der SPD-Fraktion auf Drucksache 16/16326 abstimmen. Dann würde ich mit Ihrer Zustimmung den Tagesordnungspunkt 18 aufrufen. Wir haben bis 17.30 Uhr geladen und können den Tagesordnungspunkt 18 noch sehr gut bewältigen. Der Tagesordnungspunkt 18 betrifft den Gesetzentwurf der Staatsregierung zum EUG. Dazu ist namentliche Abstimmung beantragt. Diese erfolgt nach der Aussprache. Danach stimmen wir in einfacher Form über den Gesetzentwurf zum Blindengeld ab, über den wir jetzt beraten haben. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall.
Ich lasse jetzt über den Änderungsantrag der SPD auf Drucksache 16/16326 zum Gesetzentwurf zur Änderung des Bayerischen Blindengeldgesetzes abstimmen. Dazu haben wir die Abstimmungsurnen bereitgestellt. Es stehen drei Minuten zur Verfügung.
Ist noch jemand im Saal, der seine Stimme nicht abgegeben hat? – Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die Abstimmung.
Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (Drs. 16/16310) - Zweite Lesung
Änderungsantrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Günther Felbinger u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) hier: § 1 Nr. 6 und 7 Art. 57 und Art. 57 a (Drs. 16/16923)
Ich eröffne die Aussprache. Hierzu haben wir im Ältestenrat eine Redezeit von sechs Minuten je Fraktion vereinbart. Erster Redner ist Herr Kollege Nöth, ihm folgt Herr Kollege Güll. Bitte schön, Herr Kollege Nöth.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Die CSU-Fraktion stimmt heute nach ausführlicher Beratung im Bildungsausschuss vom 25. April dem Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen zu. Wir unterstützen die
Inhalte dieses Gesetzentwurfs mit dem Ziel, die Eigenverantwortlichkeit unserer Schulen weiterzuentwickeln und zu stärken. Wir sehen darin eine wesentliche Verbesserung der Schulentwicklung in Bayern.
Die Stärkung der Eigenverantwortlichkeit von Schulen ist für uns dann sinnvoll, wenn damit eine Verbesserung der Schulqualität verbunden ist. Diese sehen wir mit der Novellierung des Gesetzes gewährleistet. Wir wollen mit dieser Gesetzesänderung einen Mehrwert für die gesamte Schulfamilie erreichen, in erster Linie natürlich für unsere Schülerinnen und Schüler. Bereits in den vergangenen Jahren wurden mit verschiedenen Mitteln, zum Beispiel mit der Freigabe vieler Modusmaßnahmen, große Freiräume für unsere Schulen geschaffen. Auf diesem Weg wollen wir mit dieser Gesetzesänderung weitergehen und dabei die Staatsregierung begleiten und unterstützen.
Wir wollen, wie wir bereits bei der Gesetzesinitiative der GRÜNEN verdeutlicht haben, in Bayern keine autonomen Schulen. Wir wollen jedoch mehr Bewegungsfreiheit für unsere Schulen, und wir wollen vor allem mehr Mitwirkungsrechte der am Schulleben Beteiligten. Diese angestrebten Veränderungen sollen sich jedoch in einem stabilen und verlässlichen Rahmen vollziehen. Bayern ist ein Flächenland mit über 12 Millionen Einwohnern und über 5.000 Schulen. Schon zur Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse in Bayern sind wir dies den Schülern, den Lehrkräften, den Eltern und auch den Sachaufwandsträgern schuldig.
Das Kernanliegen der heute zu beschließenden Gesetzesänderung besteht darin: Bayerns Schulen sollen eine höhere Entscheidungs- und Handlungskompetenz erhalten. Wir geben damit eine zeitnahe Antwort auf die unterschiedlichen Entwicklungen an den einzelnen Schulstandorten. Schulen müssen künftig flexibler, treffsicherer und schneller auf Veränderungen reagieren können. Deshalb unterstützen wir die Zielsetzungen dieses Gesetzentwurfs, die ich ganz kurz ansprechen darf.
Erstens. Mit der Einführung der erweiterten Schulleitung wird die Möglichkeit geschaffen, die Führungsstrukturen und die Personalführung an unseren Schulen weiterzuentwickeln. Jedem von uns ist bewusst, dass dem Schulleiter oder der Schulleiterin heutzutage immer weniger Zeit für die Betreuung und die Begleitung der Lehrkräfte sowie für die pädagogische und konzeptionelle Impulsgebung zur Verfügung steht. Deshalb soll die Personalverantwortung nach unserer Meinung auf mehr Schultern verteilt werden.
weise von Modellschulen erfolgreich erprobt. Sie soll nun unter bestimmten Voraussetzungen dort eingeführt werden. Ich bin der Auffassung, dass es recht und billig ist, dass diese Schulen, die sich über Jahre hinweg bemüht und hervorragende Ergebnisse erbracht haben, diese Ergebnisse dauerhaft umsetzen können.
Die CSU vertritt die Auffassung, dass diese erweiterte Schulleitung in den nächsten Jahren zunächst an größeren Schulen eingeführt werden sollte. Jede Schule wird vor Ort selbst die Entscheidung treffen, wann, ob und wie von der Möglichkeit der erweiterten Führungsebene Gebrauch gemacht wird. Die Bewerbung von Schulen wird selbstverständlich unter Einbeziehung der Personalvertretung, des Kollegiums und des Schulforums erfolgen müssen. Wir gehen zudem fest davon aus, dass die Möglichkeit der Einführung dieser erweiterten Führungsstrukturen alsbald auch an Grund-, Mittel- und an Sonderschulen möglich gemacht wird und dass die hierfür erforderlichen finanziellen Ressourcen zur Verfügung gestellt werden.
Zweitens. Mit dem Gesetzentwurf werden auch die Mitwirkungsmöglichkeiten in der Schulgemeinschaft erweitert. So wird künftig ein Vertreter des Sachaufwandsträgers als ordentliches Mitglied dem Schulforum angehören. Des Weiteren wird die Elternarbeit modernisiert, zeitgemäßer geregelt, erweitert und gestärkt.
Drittens werden die Mittel der Qualitätssicherung an unseren Schulen wirksamer eingesetzt. Wir haben nämlich größtes Interesse daran, dass die Qualität der einzelnen Schularten und damit die Qualität unseres bayerischen Schulsystems aufrechterhalten und somit auch der Vorsprung im internationalen und nationalen Vergleich gesichert wird.
Zusammenfassend darf ich unsere Zustimmung zum Gesetzentwurf der Staatsregierung signalisieren. Mit diesem Gesetzentwurf werden in drei Bereichen der bayerischen Schule Weiterentwicklungen angestoßen, in der Qualitätssicherung, in der Elternarbeit und in der Personalentwicklung.
Den Änderungsantrag der FREIEN WÄHLER lehnen wir ab. Es bedarf nämlich keiner gesetzlichen Vorschrift, was die Funktionsträger, Fachbetreuer und Stufenbetreuer angeht. Diese werden selbstverständlich im Rahmen der erweiterten Schulleitung berücksichtigt. Die Einführung der erweiterten Schulleitung vor Ort erfolgt auch, wie ich bereits ausgeführt habe, auf freiwilliger Basis.
Also Ablehnung des Änderungsantrags der FREIEN WÄHLER, Zustimmung zum Gesetzentwurf der Staatsregierung. – Danke sehr.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Welche Überraschung, dass die CSU dem Entwurf der Staatsregierung zustimmt! Wir jedenfalls werden ihm nicht zustimmen. Das Ziel, das Herr Kollege Nöth hier beschrieben hat, hört sich gut an, aber leider hat es mit dem Gesetzentwurf nichts zu tun. Denn dieses lobenswerte Ziel, die Eigenverantwortung der Schulen zu stärken, findet sich leider in diesem Gesetzentwurf nicht. Deshalb kann man ihn nur in die Tonne klopfen und muss ihn in der nächsten Legislaturperiode noch einmal aufrufen.
Es drängt sich der Verdacht auf, dass man nur noch ein unerledigtes Kapitel des Koalitionsvertrags erledigen musste, das von der FDP geschrieben wurde. Man hätte es vielleicht wirklich besser lassen sollen.
Richtig ist natürlich – da stimmen wir überein -, dass wir den Schulen mehr Eigenverantwortung geben müssen. Denn wir wissen aus gesicherten Untersuchungen, dass die Qualität der Schule vor Ort am besten zu gewährleisten ist. Deshalb braucht man auch diese Eigenverantwortung. Aber dazu braucht man auch eine klare konzeptionelle Vorstellung. Diese hat man sich offensichtlich vorher nicht gegönnt, sondern man ist einfach der Notwendigkeit gefolgt, dass man für die Modus-F-Schulen eine gesetzliche Grundlage gebraucht hat.
Der Mehrwert, vom Kollegen Nöth angesprochen, ist weder für die Schüler noch für die Eltern noch für die Lehrer zu erkennen. Das ist aber das Entscheidende. Wenn ich Gesetze ändere, dann muss ich auch wissen, warum ich das tue und was das Ziel dieser Gesetzesänderung sein soll.
Hier hat man also offensichtlich keine klaren konzeptionellen Vorstellungen. Wie anders ist es zu erklären, dass man die meisten Schulen, nämlich die Grundschulen, die Mittelschulen und die Förderschulen, außen vor gelassen und sie mit keinem Wort erwähnt hat? Berücksichtigt wurden nur die Realschulen, die
Berufsschulen und die Gymnasien. Schulentwicklung ist aber Aufgabe aller Schulen. Das ist der Kardinalfehler, der hier gemacht worden ist. Ich glaube sogar feststellen zu müssen, dass die Ungleichbehandlung der Schularten hierdurch noch einmal zementiert worden ist.
Zusammenfassend muss man sagen: Ein solcher Gesetzentwurf für eine eigenverantwortliche Schule müsste klare Instrumentarien für die Schulen enthalten, zum Beispiel die Budgethoheit oder die Einflussnahme bei der Personalauswahl, klare Unterstützungssysteme, schlussendlich auch neue Strukturen der Schulaufsicht. Dazu äußert sich der Gesetzentwurf überhaupt nicht. Alles in allem kann man nur sagen: Dieser Gesetzentwurf geht am Ziel vorbei und ist das Papier nicht wert, auf dem er steht. Deshalb klare Ablehnung.
Beim Änderungsantrag der FREIEN WÄHLER kann man sich enthalten, weil er wenigstens noch auf die zwei Schwächen hinweist, dass die Leitungszeit nicht ausreicht und dass mindestens das Lehrerkollegium darüber entscheiden muss, ob eine Führungsebene eingerichtet wird. – Bei dem Änderungsantrag der FREIEN WÄHLER wird sich die SPD also enthalten. Der Gesetzentwurf wird aber von der SPD-Fraktion abgelehnt.