Protokoll der Sitzung vom 04.03.2009

An den Hochschulen führen Sie die neoliberale Hochschulpolitik der CSU weiter, wie wir das von Ihnen nicht anders erwartert haben. Sie setzen im Haushalt keinerlei Impulse, um den Hochschulen Gestaltungsfreiräume, hin zu liberalen demokratischen Institutionen, zu eröffnen. Was von unten als Selbstorganisation in den letzten Jahren gegen viele Widerstände gewachsen ist, zum Beispiel die Bayerische Forschungsallianz - BayFoR -, eine Organisation, die Forschungsgelder in Europa akquiriert und den Wissenstransfer mit der Wirtschaft gut bewältigt hat, wird durch die feindliche Übernahme der Bayern Fit GmbH plattgemacht. Die Bayern Fit GmbH ist nichts anderes als ein zentralistisches Bürokratiemonster. Hier hätten Sie Geld sparen können. Sie hätten 100 Millionen Euro sparen können.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zuruf von der CSU)

Für die Internationalisierung der Hochschulen, dafür, dass diese weltoffen werden, sich für Studierende aus den Entwicklungs- und Schwellenländern öffnen können, haben Sie keinen Cent übrig. Herr Kollege Barfuß, Ihre Einlassung im Hochschulausschuss fand ich beschämend. Haben Sie denn nicht einmal mit den Hochschulgemeinden gesprochen oder mit der Caritas? Diese Organisationen betreuen die Studierenden. Wenn ja, hätten Sie Ihre Äußerung im Hochschulausschuss nicht machen können.

Zur Frauenförderung an den Hochschulen und im Wissenschaftsbereich haben Sie, Herr Minister, schon im Haushaltsausschuss erstaunliche Worte gefunden. Sie sagten, die absoluten Zahlen seien noch nicht völlig zufriedenstellend. Herr Minister, die Zahlen sind katastrophal; sie sind ein Skandal. "Nicht völlig zufriedenstellend" ist vollkommen verharmlosend.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie haben in diesem Haushalt nichts getan, um das zu ändern, obwohl es nicht um große Summen für die Frauenförderung, oder für die bessere Ausstattung der Gleichstellungsbeauftragten gegangen wäre, damit die wenigstens vernünftig arbeiten können. Es ist erbärmlich und skandalös, wie wenig Sie für die Förderung junger Wissenschaftlerinnen an den Hochschulen übrig haben.

Von allergrößter Arglosigkeit, Herr Minister, zeugen Ihre Aussagen zu den Studiengebühren. Ihnen fehlt jegliches Gespür für die sozialen Realitäten unter Studierenden. Bildungsgerechtigkeit scheint im FDP-Vokabular ein Fremdwort zu sein, sonst würden Sie sich nicht wundern müssen, dass viele Studierende an den Hochschulen, mit denen Sie reden - wahrscheinlich an

den Münchner Hochschulen - nicht über Studiengebühren klagen. Herr Minister, an den bayerischen Hochschulen treffen Sie in der Mehrzahl die Kinder der Reichen und Privilegierten. Die anderen schaffen es gar nicht bis dahin.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das mag vielleicht Ihr Wählerklientel sein. Wir können uns damit aber nicht zufrieden geben.

(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der SPD)

Wir tun es auch nicht. Wir wollen es uns nicht länger leisten, auf die vielen begabten jungen Menschen aus sozial schwächeren Familien zu verzichten. Deshalb müssen die Studiengebühren weg. Sie verschärfen die soziale Selektion. Sie sind undemokratisch, ungerecht, und sie schaden unserem Land.

Herr Minister, liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie sehen, es ist nicht alles Gold, was im ersten Moment glänzt. Mit dem Entwurf des Einzelplans 15 schaffen Sie nicht die Grundlagen dafür, dass sich Kunst, Wissenschaft und Lehre in Freiheit entfalten können, wie unsere Gesellschaft und Bayern dies dringend bräuchten. Deshalb werden wir den Einzelplan ablehnen.

(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der SPD)

Ich erteile für die FDP-Fraktion Herrn Professor Dr. Barfuß das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Staatsminister Heubisch! Ich bin etwas enttäuscht, Frau Gote, dass Sie sagen, an der Münchner Universität studierten die Privilegierten, aber die Afrikaner, die zu uns kommen, wären die Armen. Das ist keine Logik.

Ich gehöre im Übrigen zu den Privilegierten. Ich komme aus einer Arbeiterfamilie, bin bei der Großmutter aufgewachsen, habe zunächst an einer privaten Handelsschule Schulgeld und später an der Universität Studiengebühren bezahlt. Stellen Sie sich vor: Ich lebe noch.

(Beifall bei der FDP)

Hören Sie mit dem Märchen auf, dass jemand nicht studieren könne, weil es Studiengebühren gibt! Wer fleißig genug ist, findet Wege. Davon lasse ich mich von Ihnen nicht abbringen.

Ich bin von Ihnen, Frau Kollegin Rupp, etwas enttäuscht. Sie haben gesagt, Sie wollten eigentlich 10.000 Euro. Wenn ich auf diese Replik hin von Ihnen

lerne, sage ich in Zukunft Null. Es wäre so gewesen, wie Sie zu Recht angeprangert haben, nämlich dass egal ist, was Sie sagen, wir würden sowieso ablehnen. Was haben wir gemacht? - Wir haben uns bemüht und haben uns auf 7.200 Euro geeinigt. In meinem Text steht, dass ich möchte, dass das künftig so bleibt. Das gilt für alle fünf Fraktionen im Hause. Wir sollen rechtzeitig miteinander reden und zuhören. Sie sollten auch einräumen, dass die Opposition nicht immer miteinander gestimmt hat, sondern nach Ihren Programmen selektiert. Das müssen Sie uns auch zugestehen. Im Prinzip will und werde ich hören, was Sie sagen. Sie sollten nicht enttäuscht sein, und Sie sollten auch sagen, wo Sie die Mittel wegnehmen wollen.

Herr Minister Fahrenschon ist nicht anwesend. Da er für den gesamten Haushalt Verantwortung trägt, muss er darauf achten, dass der Haushalt im Rahmen bleibt. Der Rahmen ist ein ausgeglichener Haushalt. Wer etwas anderes sagt, denkt nur an sich und nicht an unsere Kinder und Enkel.

(Beifall bei der FDP)

Man kann über Herrn Stoiber schimpfen, wie man will der hatte andere Schwierigkeiten -, aber dass man versucht hat, einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen, war sinnvoll. Wenn Sie die 25-%-Quote anmahnen, dann muss ich sagen, Bayern überweist so viel in den Finanzausgleich, dass die Länder, die sich sonst gar nicht beteiligen könnten, nur mit dem bayerischen Geld die 25 % scheinbar erwirtschaften. So sieht es aus.

(Beifall bei der FDP)

Kommen wir zurück auf den Boden der Tatsachen. Es ist nicht alles so schön, wie wir es Ihnen sagen, aber es ist auch nicht alles so traurig, wie Sie es vortragen. Wenn uns ein Fremder zuhört, muss er sich fragen: Über welches Land reden die denn da, über Burundi? Nein, wir reden über Bayern, und das ist ein wunderschönes Land. Den Haushalt müssen Sie so verstehen wie zu Hause. Wenn Sie Kinder haben, dann merken Sie, wir haben immer größere Ansprüche, als wir Mittel zur Verfügung haben. Hier ist es genauso. Die Kollegen Bürgermeister hier im Hause werden doch wissen, dass die Forderungen der Ämter immer höher sind als das, was letztlich bewilligt wird. Das ist ganz normal.

Ich darf zu meinem eigentlichen Text kommen; denn ich habe nicht viel Zeit.

(Zuruf von der SPD: Wer hat den geschrieben?)

Die Bilanz unseren Kindern gegenüber ist schon jetzt miserabel. Die Generationenbilanzierung beweist, dass die Rücklagenbildung, die in Bayern immer noch

besser ist als anderswo, nicht ausreicht, um das heutige Leistungsniveau in der Zukunft zu halten. Hier muss ich auf die GRÜNEN verweisen, die sonst immer von Nachhaltigkeit reden: Da bin ich der Meinung, das muss besser werden. Wir leben jetzt auf Kosten unserer Kinder, damit wir gewählt werden, damit wir draußen gut dastehen und damit wir unsere Wahlversprechen einlösen, aber langfristig ist das nicht machbar. Neben den ausgewiesenen, allseits bekannten Staatsschulden von 1,65 Billionen Euro drückt auch der Anspruch der Renten- und Pensionskassen - das will keiner hören, weil man es nicht sieht - von rund 4 Billionen Euro. Die entstandene Nachhaltigkeitslücke beträgt jetzt schon das 2,5-Fache unseres Bruttoinlandsproduktes. Wer hier noch draufsatteln möchte, ist unsolidarisch mit unseren Kindern.

Ich bin - Gott sei Dank - Vater von fünf Kindern und möchte denen nicht noch mehr Staatsschulden hinterlassen. Es gibt aber etwas, was zu kurz kommt in unserem Haushalt. Ich appelliere deshalb an alle fünf Fraktionen: Wir müssen die Aufwendungen für den Gebäudeunterhalt erhöhen.

(Zuruf der Abgeordneten Ulrike Gote (GRÜNE))

- Bis zum Ende der Legislaturperiode. Eines nach dem anderen.

Wenn wir das nicht tun, dann zahlen unsere Kinder neben den 1,65 Billionen Euro und den 4 Billionen Euro an Rentenansprüchen auch noch die maroden Gebäude. Man braucht sich dann nicht zu wundern, wenn sie auswandern und sich der Braindrain zu unseren Lasten auswirkt.

Eine Erhöhung brächte auch - für alle Kommunalpolitiker verständlich, für die anderen sicher auch - eine kosteneffektivere Ausführung von Sanierungen und Reparaturen. Das wäre ein unschätzbarer Beitrag zur Mittelstandsförderung, ein Vorteil für unsere bayerischen Handwerksbetriebe und damit eine Quelle für Steuereinnahmen und ein Garant für sichere Arbeitsplätze.

Auch wenn Sie es nicht mehr hören können: Natürlich ist die Belastung durch das Desaster bei der Landesbank für uns eine schlimme Sache. Wenn Sie sich die mittelfristige Finanzplanung ansehen, dann registrieren Sie, dass die Belastung von 200 Millionen auf 400 Millionen und 450 Millionen Euro steigt. Über Jahre nimmt das zu. Wir Haushälter - und darüber streiten wir uns auch in der Fraktion - müssen damit leben und sagen, was wir wirklich wollen. Neuverschuldung? - Nein. Drastische Einschnitte? - Auch nicht. Also werden wir irgendeine Mischung finden müssen. Der Haushalt ist nichts anderes als der Versuch, einen Kompromiss zu

schließen und mit den Gegebenheiten zurechtzukommen.

Wenn wir versuchen, auch die volkswirtschaftliche Situation, die heute kein Mensch beschreiben kann, zu berücksichtigen, dann müssen wir ehrlicherweise sagen, wir wissen nicht, wie die Entwicklung weitergeht. Haben wir mehr oder weniger Steuern? Bricht das Steueraufkommen ein? Für den Haushälter ist klar, dass man mit dem Geld sorgsam umgehen muss. Deshalb noch einmal: Alle fünf Fraktionen sollten zumindest, Mitte Mai beginnend, miteinander reden und sagen, wie man mit dem immer knapper werdenden Gut der Haushaltsmittel vernünftig umgehen kann. Ich werde mich für vernünftige Dinge einsetzen, wie ich es bei der Frauenförderung getan habe. Es ist nicht so, dass wir immer recht haben und Sie falsch liegen. Es kann auch genau umgekehrt sein: Sie haben recht, und wir liegen falsch. Deshalb müssen wir aufeinander zugehen. Lernen Sie das von der Kommunalpolitik. Wenn Sie etwas sagen, und wir sagen "Pfui", oder wir sagen etwas, und Sie sagen "Pfui", dann sollten wir alle daran denken: Die Bevölkerung hat uns gewählt, damit wir alle miteinander etwas für unser Land tun.

Zum Schluss möchte ich mich bei allen Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern bedanken. Wir geben schließlich nicht unser Geld aus, sondern wir geben das Geld von den Menschen aus, die es erst einmal aufbringen müssen.

(Beifall bei der FDP)

Unser Land ist immerhin so arm, dass 27 Millionen Menschen keinen Cent Steuern und Abgaben bezahlen. Auch das muss man sehen. Umso mehr wollen wir uns bei denen bedanken, die es tun. Es ist kein Herumgeeiere oder Herumgezicke in Berlin, wie Sie es genannt haben, sondern unser gutes Recht, dass wir versuchen, mit dem Konjunkturpaket auch etwas für die Leistungserbringer zu tun.

(Ulrike Gote (GRÜNE): Keine-Steuerzahler bringen aber auch Leistung!)

- Keine-Steuerzahler bringen auch Leistung und Abgaben? Was denn, bitte?

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Eine Mutter, die ihre Kinder aufzieht, erbringt auch eine Leistung!)

- Das müssen Sie mir als Vater von fünf Kindern sagen. Das ist wunderbar, danke.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Ferner möchte ich Herrn Dr. Simon und seinem Team sehr herzlich für die gute Zusammenarbeit danken und meinen Respekt zum Ausdruck bringen. Dem Vorsitzenden Georg Winter danke ich für die souveräne Sitzungsleitung.

Wie Bayern in zehn Jahren dasteht, hängt unter anderem von den Erfolgen in den Bereichen Bildung, Wissenschaft und Forschung ab. Geist ist der einzige Rohstoff, den wir fördern. Subventionen sind der Ausdruck unserer kollektiven Unfähigkeit, das einzusehen. Durch den Kulturetat, den Wissenschaftsetat und den Kunstetat ist noch nie ein Staat in die Bredouille gekommen, schon eher durch Ausgaben, die nur dem nächsten Wahltermin geschuldet waren. Mit einer Steigerung von 11,1 % - 6,6 % im Jahr 2009 und 4,5 % im Jahr 2010 - ist dieser Etat das Gegenteil von Gefälligkeitspolitik. Dieser Etat dient der Zukunft der bayerischen Bevölkerung. In diesem Sinne bitte ich Sie, dem Haushalt zuzustimmen im Interesse der Wissenschaft, der Forschung, der Kunst und der Tradition in unserem geliebten Bayernland.

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Ich erteile das Wort für die SPD-Fraktion der Kollegin Zacharias.

(vom Redner nicht autori- siert) Sehr verehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Vor allem: Werter Staatsminister Dr. Heubisch, mit Ihnen möchte ich heute hier reden. Ich kenne zwei Personen, die noch vor wenigen Monaten mit Ihren Wahlprogrammen herumgelaufen sind und zu Recht gesagt haben, dass bis 2012 zusätzlich 70.000 Studienplätze erforderlich sind und nicht 38.000 und dass die 3.000 Stellen für den Mittelbau nicht reichen. Ich darf Ihnen vielleicht verraten, wer die beiden Personen waren: Das waren ich und Wolfgang Heubisch. Wir zwei haben das an den Infoständen für unsere jeweiligen Parteien gesagt, und heute müssen wir einen Einzelplan 15 verabschieden, in dem diesen Anliegen nicht Rechnung getragen wird.