Protokoll der Sitzung vom 31.03.2009

Der Wirtschaftsminister hat dementiert, mit ihm ginge die Vorfinanzierung nicht. Was soll das Ganze also?

Nächste Station: Buchloe. Dort haben Sie ein neues Gymnasium versprochen. Ein paar Kilometer weiter gibt es ein Gymnasium, das freie Kapazitäten hat. Der dortige CSU-Bürgermeister hat sich sehr geärgert, dass seine Vorschläge von Ihnen offenbar nicht zur Kenntnis genommen wurden. Er hat davon gesprochen, dass Steuergelder verschleudert würden. Er hat mit Parteiaustritt gedroht. Nun wollen Sie es so aussehen lassen, als würde nur geprüft. Sie haben dort aber versprochen, dass es ein neues Gymnasium geben werde. Der Kultusminister hat geprüft, aber offenbar wollen Sie das Prüfergebnis nicht zur Kenntnis nehmen; denn das Prüfergebnis ist negativ.

(Georg Schmid (CSU): Er will sich das selbst ansehen!)

So kann man mit den Wünschen der Menschen und dem Geld der Steuerzahler nicht umgehen, Herr Seehofer.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Dann ging es weiter nach Memmingen. Auch hier wurde weiterer Geldsegen in Aussicht gestellt. Der Flughafen Memmingerberg soll noch einmal Geld bekommen. Die Umgehungsstraße soll finanziert werden.

(Ministerpräsident Horst Seehofer: Das steht im Haushalt!)

Eine solche Rundreise, Kolleginnen und Kollegen der CSU, macht nicht allen Freude, auch nicht allen in Ihren Reihen und auch nicht allen im Kabinett.

Die Minister in Ihrem Kabinett haben nach derartigen Rundreisen alle Hände voll zu tun, um die ganze Kuhherde wieder vom Eis zu bringen, die Sie dorthin bug

siert haben. Und eine solche Reise kommt teuer, kommt den Steuerzahler teuer.

(Thomas Kreuzer (CSU): Sie wollen also keine Veränderung! Sie wollen alles beim Alten lassen!)

Wenn ich zusammenzähle, was in den wenigen Tagen Schwabenreise soeben mal an Geld nebenbei locker gemacht wurde -

(Georg Schmid (CSU): Sie sind gegen Schwaben! - Harald Güller (SPD): Wenn sich das auszahlen würde, wäre das gut!)

- Herr Schmid, Sie können nachher reden, dann haben Sie die ganze Bühne für sich. Wenn ich die versprochenen Ausgaben zusammenrechne, komme ich auf die hübsche Summe von mindestens 300 bis 500 Millionen Euro. Das ist mehr, als im gesamten Doppelhaushalt für den Klimaschutz eingestellt wurde. Dafür wurden 350 Millionen Euro eingestellt. Wenn Sie durchs Land reisen, verschleudern Sie in wenigen Tagen 300 bis 500 Millionen Euro. Sie betreiben eine absolut unseriöse Politik.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Seehofer, Sie erweisen sich damit als "herumirrendes Haushaltsrisiko".

(Beifall bei den GRÜNEN)

Kein Wunder, dass man im Finanzministerium Ihrer nächsten Rundreise mit Grausen entgegensieht. Völlig aberwitzig -

(Thomas Kreuzer (CSU): Das ist gut für die Menschen! - Zurufe von der CSU)

- Ich weiß, das tut weh, was ich Ihnen vorrechne, weil es richtig ist und Sie die Gegenrechnung nicht machen, die Rechnung aber irgendwann bezahlt werden muss.

Völlig aberwitzig wird es aber, wenn Sie jeden Tag neue Steuersenkungen und zusätzliche Wohltaten ankündigen.

(Zurufe von der CSU: Sind Sie dagegen?)

Mehrwertsteuersenkungen für die Gastronomie: Auf Bayern heruntergerechnet bedeutet das Steuermindereinnahmen von mindestens 150 Millionen Euro jährlich. Mehrwertsteuersenkungen für das Handwerk:

(Zuruf von der CSU: Sind Sie dagegen?)

- Können Sie auch etwas anderes sagen als "Sind Sie dagegen"? - Ich bin nicht gegen alles, aber ich bin

gegen diese unseriöse Politik, Herr Sauter. Das sollten Sie auch sein.

Mehrwertsteuersenkungen für das Handwerk: Für Bayern bedeutet es insgesamt 600 Millionen Euro Steuermindereinnahmen im Jahr. Abschaffung der Erbschaftsteuer: Das bedeutet eine Milliarde Mindereinnahmen jährlich. Wiedereinführung der Eigenheimzulage: Mindestens 350 bis 400 Millionen Euro jährliche Mindereinnahmen.

(Unruhe)

- Könnten Sie sich wieder etwas beruhigen?

(Glocke des Präsidenten)

- Jawohl. So.

Alleine diese Forderungen belaufen sich für den bayerischen Landeshaushalt auf Steuermindereinnahmen in Höhe von mehr als zwei Milliarden Euro pro Jahr. Dabei habe ich Ihr angekündigtes Steuerkonzept, das Sie vorlegen wollen, noch nicht erwähnt. Das ist noch gar nicht eingerechnet.

Zwei Milliarden Euro jährlich ist ungefähr ein Viertel des Bildungshaushalts im Doppelhaushalt, dessen Sie sich rühmen, weil Sie angeblich so viel tun. Ein Viertel des Bildungshaushaltes würden Sie durch diese soeben nebenbei angekündigten Steuermindereinnahmen aufs Spiel setzen.

(Zuruf von der CSU: Also nichts machen!)

Das sind dringend notwendige Investitionen. Sie brauchen das Geld, wenn Sie in Bildung, in Klimaschutz und in die Zukunft investieren wollen. Sie können das nicht mit Ihrem unsäglichen und unverantwortlichen Populismus aufs Spiel setzen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wer derart schamlos unhaltbare und unbezahlbare Versprechungen macht, ist in höchstem Maße unseriös; der ist ein finanzpolitischer Hasardeur, Herr Seehofer.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zuruf des Abgeordne- ten Dr. Sepp Dürr (GRÜNE))

Und wer beim Schuldenmachen so aufs Gas tritt, hat die Schuldenbremse schon längst ausgebaut, der fährt den Laden an die Wand.

(Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Da sind wir auch dagegen!)

- Da sind wir allerdings dagegen.

Ihre Forderungen, Herr Seehofer, zeichnen sich vor allem durch eines aus: All die Punkte, die Sie als Problem, als Ungerechtigkeit entdecken - "da müssen wir doch was tun" -, haben Sie in Ihrer Zeit als Bundesminister in Berlin selbst mitbeschlossen.

(Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Wir waren dagegen! Gegenruf von der CSU: Sie waren doch gar nicht dabei!)

Insofern geißeln Sie jetzt mit starken Worten und großem Krawallaufwand Ihre eigene Politik. Sie machen Front gegen sich selbst. Das ist eine besondere Form der Schizophrenie. Eines werden Sie mit diesem Vorgehen allerdings nicht gewinnen, nämlich das, was am nötigsten ist und was Sie immer weiter verspielen: Vertrauen und Glaubwürdigkeit. Sie haben vorhin wieder das Märchen der Seehoferschen Gegnerschaft zur Gentechnik zum Besten gegeben.

(Zuruf der Abgeordneten Maria Scharfenberg (GRÜNE))

Ich will die Fakten in Erinnerung rufen. Die erste Zulassung von gentechnisch veränderten Organismen geschah im Frühjahr 1998. Damals lag die Zuständigkeit für die Grüne Gentechnik beim Gesundheitsministerium. Wer war im Frühjahr 1998 der Bundesgesundheitsminister? - Da sitzt er.

(Zurufe von der CSU)

Die erste konkrete Genehmigung für MON 810 geschah im Dezember 2005, damals nicht mehr im Gesundheitsministerium sondern im Landwirtschaftsministerium. Wer war im Dezember 2005 der Bundeslandwirtschaftsminister? - Nicht Frau Künast, sondern Herr Seehofer. Er hat die erste Genehmigung für den Genmais erteilt und niemand sonst.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zurufe von der CSU )

Wenn Sie jetzt sagen, Sie seien schlauer geworden, dann treffen Sie doch bitte klare Entscheidungen noch vor der Aussaat dieses Maises in Bayern. Nur dann können Sie noch einen Rest Ihrer Glaubwürdigkeit bewahren.

(Beifall bei den GRÜNEN)