Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Ich will zu Beginn meiner Ausführungen verdeutlichen, wie hilflos die Politik dem derzeitigen Preisverfall bei der Milch gegenübersteht. Ich sage das ausdrücklich, ohne dabei eine bestimmte Partei ins Auge zu fassen. Der Milchpreis in Bayern ist im letzten Jahr um über 10 Cent gefallen. 10 Cent weniger bedeuten für die bayerischen Milchbauern Einkommensverluste in Höhe von 750 Millionen Euro. Das Kernstück der bayerischen Agrarförderung, nämlich Mittel für die ländliche Entwicklung, umfasst gerade einmal 490 Millionen Euro. Ich sage das, damit wir das Verhältnis sehen.
Es gibt zwei Programme, deren Mittel im Vergleich zu 2006 deutlich zurückgegangen sind. Das sind das Kulturlandschaftsprogramm und die Ausgleichszulage. Herr Minister, Sie haben im Haushaltsausschuss gesagt, die Ausgleichszulage sei das gerechteste Programm. Diese Aussage haben Sie heute weggelassen. Ich weiß nicht, wie Sie zu dieser Erkenntnis kommen. Sie waren am letzten Wochenende im Allgäu. Wenn Sie genau hingeschaut hätten, hätten Sie feststellen können, dass die Tallagen schneefrei waren, aber auf den Höhen noch alles weiß war.
Ich kann Ihnen ein konkretes Beispiel aus meiner Gemeinde sagen: Bei mir liegt jetzt noch ein halber Meter Schnee. Meine Kollegen im Illertal haben ihre Felder vor zwei bis drei Wochen abgeeggt. Ich weiß nicht, wie man in diesem Zusammenhang von einem gerechten Programm sprechen kann, das vor allem durch die Umstellung auf die Gemeinde-LVZ ungerecht geworden ist. Beim Kulturlandschaftsprogramm kommt zu den Kürzungen hinzu, dass die Mittel 2008 nicht ausgeschöpft wurden, und zwar nach meiner Berechnung um 20 Millionen, obwohl Ihr Vorgänger im Frühjahr des letzten Jahres einen verzweifelten Versuch unternommen hat, die Mittel mit der Erhöhung der Prämien und einem neuen Programm, nämlich der Weideprämie, auszuschöpfen.
Im Wesentlichen sind die nicht abgerufenen Mittel, die ansonsten verfallen würden, in die Finanzierung der Milchprämie geflossen. Meine Damen und Herren, das ist wahrhaft kein Ruhmesblatt - und zwar beides nicht, weder die Nichtausschöpfung der Mittel aus dem Kulturlandschaftsprogramm noch die Milchprämie, die bestenfalls unter der Rubrik "Symbolik" einzuordnen ist.
Herr Minister, Sie haben auch heute wieder eine verstärkte Förderung der Berggebiete angekündigt, also im Prinzip das, was Sie schon im Dezember des letzten Jahres gesagt haben. Wenn Sie damit die Bergbauern meinen, nicht die Alp-/Almwirtschaft - das ist ja die heilige Kuh der bayerischen Agrarpolitik -, kann ich das nur begrüßen. Ich hätte auch einen Vorschlag, wie Sie dies durch Umschichtungen in der zweiten Säule finanzieren können. Derzeit bekommen die Almen/Alpen zu ihren 200 Euro Ausgleichszulage pro Hektar auch noch, genauso wie die Talbetriebe, 89 Euro Grünlandprämie. Diese 89 Euro hätten sie übrigens nicht bekommen, wenn sich Bayern mit dem Betriebsprämienmodell durchgesetzt hätte. Das kann man gar nicht oft genug sagen.
Ab 2010 beginnt der Gleitflug, an dessen Ende 2014 eine Grünlandprämie von circa 340 Euro stehen wird.
Damit kommen die Alm- und Alpbewirtschafter pro Hektar mindestens 540 Euro Prämie, also etwa doppelt so viel wie jetzt und zum Teil mehr als die allermeisten Talbetriebe in den benachteiligten Gebieten. Das kann und darf so nicht sein. Von daher glaube ich, dass wir hier umschichten müssen. Wir müssen die Talbetriebe stärken. Ohne intakte Talbetriebe gibt es keine Alpwirtschaft, und wenn die Förderung noch so hoch ist.
Sie haben auch eine Bildungsoffensive angekündigt. Insoweit bin ich grundsätzlich mit Ihnen einer Meinung. Bei der derzeitigen Zahl der Auszubildenden in der Landwirtschaft werden wir in der nächsten Generation 30.000 Landwirte haben, die über einen landwirtschaftlichen Berufsabschluss, also eine Grundausbildung, verfügen. Selbst bei einem Worst-Case-Szenario, das davon ausgeht, dass bis dahin die Hälfte der landwirtschaftlichen Betriebe aufgehört hat, wird mindestens die Hälfte der landwirtschaftlichen Unternehmer nicht einmal über diese Grundausbildung verfügen. Das ist meines Erachtens ein unhaltbarer Zustand. Wenn Sie eine Bildungsoffensive ankündigen, Herr Minister, muss sie hier ansetzen. Das kann ich aber bislang nicht erkennen.
Wenn Sie betonen, dass die Nebenerwerbslandwirte nicht die schlechteren Bauern sind, werden Sie das nur halten können, wenn diese eine Ausbildung erfahren, die guten Gewissens als Grundausbildung bezeichnet werden kann.
Abschließend noch ein paar Worte zur Ernährungsberatung, die jetzt wieder dem Landwirtschaftsministerium zugefallen ist, zu Recht, wie ich meine. Herr Minister, ich habe, wie ich zugeben muss, falscherweise von Ihnen erwartet, dass Sie Ihrer Freude darüber, wieder für diesen überaus wichtigen Bereich zuständig zu sein, dadurch Ausdruck verleihen, dass Sie wenigstens einige neue Planstellen schaffen, auch um die Bedeutung der Ernährungsberatung zu unterstreichen. Sie hätten wenigstens so viele Planstellen schaffen können, dass die fertig ausgebildeten Referendarinnen, die Sie vor vier Jahren auf die Straße gesetzt haben, wieder hätten eingestellt werden können.
Das haben Sie leider nicht gemacht. Sie haben allerdings die Dinge mit sehr viel Geschick so dargestellt, dass man meinen könnte, es gäbe wirklich neue Stellen. Sie schmücken sich aber lediglich mit den Stellen, die Sie aus dem Umweltministerium bekommen haben, und den Projektstellen, die im Wesentlichen der Bund finanziert. Wenn wir aber Ernährungsberatung, gerade was die Schulverpflegung anbelangt, weiterbringen wollen, müssen wir hoch professionell, flächendeckend
und kontinuierlich vorgehen, und dürfen nicht nur mit ein paar versprengten Stützpunktfachfrauen arbeiten, die angesichts des gigantischen Arbeits- und Zuständigkeitsbereichs bestenfalls das Elend auf hohem Niveau verwalten können. Mit ehrenamtlichem und nebenberuflichem Engagement, auch wenn das sehr lobenswert ist, kommen wir hier nicht weiter, genauso wenig mit Projekten, deren Finanzierung gerade mal für den Zeitraum des Doppelhaushalts gesichert ist. Was glauben Sie, wer sich um solche Stellen bewirbt? -
Großartig inszenierte Auftaktveranstaltungen bringen uns nicht weiter, im Gegenteil: Sie wecken Erwartungen, die nicht eingehalten werden können.
Wir haben schon wieder eine Einladung bekommen; wie kontraproduktiv das sein kann, hätten Sie eigentlich von Ihrem Vorgänger lernen können, Herr Minister Brunner.
Auf der Folgeveranstaltung einer der Auftaktveranstaltungen zur Schulmilchvermarktung in Kempten haben Mütter Milch aus Literflaschen in Plastikbecher ausgeschenkt, die anschließend in der Spülmaschine des Lehrerzimmers gespült wurden. Das ist nicht tragfähig und zukunftsweisend für die Art und Weise, wie wir Schulmilch den Kindern näherbringen können. Da stimmen Sie mit mir hoffentlich überein, meine Damen und Herren.
So, wie Sie mit der neuen Zuständigkeit für die Ernährungsberatung umgehen, verspielen Sie die große Chance auf einen Neuanfang auf solider Basis.
Insgesamt setzt der Agrarhaushalt keine neuen Impulse, Impulse, die unsere Bauern und Bäuerinnen dringend brauchen. Das finde ich ausgesprochen schade.
Vielen Dank, Herr Kollege. Bevor ich Herrn Dechant ans Pult bitte, möchte ich die Kolleginnen und Kollegen darauf hinweisen, dass in der Ehrenloge eine Delegation Platz genommen hat, an deren Spitze die chinesische stellvertretende Bildungsministerin, Frau Chen, steht. Wir wünschen Ihnen einen aufschlussreichen Aufenthalt in Bayern.
Sehr verehrtes Präsidium, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich mit Worten beginnen, die die SPD hier gebraucht
hat: Der Haushalt ist im Verhältnis zu 1993 weniger geworden. - Ich halte das, ehrlich gesagt, für einen Schmarrn.
(Maria Noichl (SPD): Er ist gescheit, der kennt sich aus! - Weitere Zurufe von allen Seiten des Hauses - Heiterkeit)
Noch eines möchte ich sagen: Manchmal meine ich, dass ihr von der SPD den Hof der Werte nur deshalb erhalten wollt, damit ihr bei der Erbschaftssteuer am Schluss möglichst viel kassieren könnt.
(Zurufe von der SPD: Oh, oh! - Harald Güller (SPD): Aschermittwoch war schon! - Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Das ist die Rede zum 1. April!)
Ich bin schon fertig damit, mir heute Feinde zu machen. Der ländliche Raum ist eine wesentliche Säule der Wirtschaftskraft unseres Landes. Die deutsche landwirtschaftliche Industrie ist mit Abstand eine der größten Lebensmittelindustrien in Europa. Sie ist nicht nur ein wichtiger Lebensmittellieferant, sondern garantiert auch Arbeitsplätze, sichert die Kulturlandschaft und fördert den Tourismus.
Immer wichtiger wird es, dass Bauernfamilien auf ihren Betrieben mit Dienstleistungen ein Zusatzeinkommen erzielen können. Kooperationsmodelle sowie Spezialisierungen sichern ihre Zukunftsfähigkeit. Die Landwirtschaft unterlag schon immer dem Strukturwandel und hat ihn bisher auch immer gut gemeistert. Sie wird auch in Zukunft damit zurechtkommen. Ein wesentliches Erfolgskriterium für eine dynamische Weiterentwicklung der Landwirtschaft wird die Frage sein, inwieweit sich Betriebe an die kommenden Verhältnisse anpassen können.
(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Ablesen ist unzulässig! - Harald Güller (SPD): Hat er die Seiten richtig sortiert?)
Unser agrarpolitisches Leitbild ist die unternehmerische Landwirtschaft. Wir verstehen darunter eine freie Landwirtschaft, die man aus der staatlichen Abhängigkeit herausführt. Deswegen müssen auch unternehme
rische Perspektiven geschaffen werden. Unsere Landwirtschaft braucht europaweit gleiche Rahmenbedingungen.
Da bin ich schon wieder bei der SPD. Wir haben eurem Steinbrück in Bayern bei den Bauern den Hintern retten müssen, indem wir den Bauern die 350 Euro Eigenbehalt ausgeglichen haben, um zumindest diese Ungerechtigkeit abzuschaffen.
Noch größere Probleme bereitet unserer Landwirtschaft eine allseits bekannte Hürde, nämlich ein Übermaß an Bürokratie.
- Ich weiß schon. Die CSU hat extra ihren besten Mann von den Verpflichtungen eines Ministerpräsidenten entbunden, damit er in Brüssel etwas erreichen kann.
(Heiterkeit - Harald Güller (SPD): Von wegen Bürokratieabbau, da wäre er in Bayern besser aufgehoben!)
Die Verordnungs- und Regulierungsdichte, die weltweit ihresgleichen sucht, zwingt die deutschen und bayerischen Landwirte in ein Korsett, das ihnen die Luft zum Atmen nimmt. Unsere Landwirtschaft braucht endlich weniger Bürokratie und mehr Freiheit. Wir wollen eine Landwirtschaft, die sich am Markt orientiert, qualitativ hochwertige Lebensmittel produziert und ihre Leistungsaufträge für Land, Landschaft und Gesellschaft erfüllt. Dies muss sie aber auch durch Ausgleichszahlungen für schlechte Standortbedingungen und für immer wieder neue Regulierungen honoriert bekommen. Das ist nur möglich, wenn die Agrarpolitik insgesamt dereguliert wird. Es dürfen keine neuen gesetzlichen Aufgaben geschaffen werden, die für die Landwirte Kosten verursachen. Wir brauchen einen europäischen Markt für Agrarprodukte, der sich dadurch auszeichnet, dass nur Waren in Verkehr gebracht werden dürfen, die nach europäischen Standards produziert wurden. Dies gilt insbesondere für Produkte, die aus Ländern außerhalb der EU stammen.
Besonders Jungbauern brauchen verlässliche Rahmenbedingungen, die die Entwicklung wettbewerbsfähiger landwirtschaftlicher Unternehmen und Vermarktungseinrichtungen ermöglichen. Diese Rahmenbedingungen müssen den Landwirten ausreichenden unternehmerischen Gestaltungsspielraum bieten, damit dauerhaft Arbeitsplätze im ländlichen Raum geschaffen werden können. In der Landwirtschaft kann es keine universellen Lösungen geben. Die Standortbedingungen sind zu unterschiedlich. Wir wol
len die Eigenverantwortung der Landwirte stärken. Sie wissen selbst am besten, was vor Ort benötigt wird und getan werden muss. Die Regionen dürfen ökonomisch nicht von Entscheidungen, die außerhalb getroffen werden, abhängen; denn die Vielfalt unseres ländlichen Raums erfordert einen differenzierten Blick. Gesetzliche Regulierungen, die die Landwirtschaft überproportional und einseitig belasten, lehnen wir strikt ab.
Wir wollen, dass die Landwirte ihre Ziele durch eine vorwärts gerichtete Investitionsförderung erreichen können. Aus unserer Sicht ist Bayern diesbezüglich sehr gut aufgestellt und unterstützt seine Bauern im machbaren Rahmen. Ein Erhalt der bäuerlichen Betriebe ist uns aus zwei Gründen sehr wichtig: Zum einen wird dadurch die Wertschöpfung im ländlichen Raum erhalten und weiter gestärkt, zum anderen tragen unsere bayerischen Bauernfamilien zu einem wesentlichen Teil dazu bei, dass ehrenamtliche Tätigkeiten wahrgenommen werden. Was wären unsere Feuerwehren auf dem Land ohne unsere Landwirtschaft?