Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Alles, was mit Bürokratieabbau zu tun hat und im weitesten Sinne sinnvoll ist, wird natürlich von den Freien Wählern unterstützt. Deswegen unterstützen wir auch diesen Antrag.
Ich würde aber darum bitten, dass Sie sich in den nächsten Wochen noch einmal gezielter mit dem Thema zu beschäftigen. Herr Rohde hat mir das netterweise schon signalisiert.
Die Ausführungen vorhin waren etwas technisch. Ich möchte dazu noch ein pragmatisches Beispiel aus der Praxis bringen. Ich war letzte Woche bei einem Unternehmer aus der Baubranche. Er hat natürlich gejammert, wie alle jammern, dass es ihnen im Moment nicht so gut geht. Er hat gesagt: Das ist der Papierkrieg. Ein klassisches Beispiel: Er fährt in der Früh um 7 Uhr los. Er schickt seinen Lkw los, um Kies oder ein anderes Material zur Baustelle zu bringen. Der Lkw-Fahrer fährt dreimal hin und her. Um 11.30 Uhr ist spätestens Schluss, dann muss der Lkw-Fahrer seinen Lkw abstellen. Dann macht der Lkw-Fahrer 45 Minuten Pause. Nach dieser Standzeit darf er weiterfahren. Er kommt zehn Minuten später auf die Baustelle, wo vielleicht gerade Mittagspause ist, wie das auf der Baustelle halt so ist. Der Lkw-Fahrer wartet dann wieder eine halbe Stunde und lädt schließlich seine Ware ab, das andere
Material auf. Dann fährt er weiter, und spätestens nach weiteren viereinhalb Stunden ist er für den Unternehmer nicht mehr einsetzbar. Das heißt, wenn der Unternehmer irgendwann sagt, fahre bitte beim Heimfahren noch auf der Baustelle vorbei, um dort etwas vorbeizubringen, muss er sagen: Nein, das darf ich nicht, die neun Stunden sind vorüber.
Hier sollte man noch etwas weiter gehen. Die 150 Kilometer sind der erste Ansatz. Nachdenken sollten wir nochmals über die pauschale 7,5-Tonnen-Regelung dahingehend, dass Bauunternehmern oder Leuten, die eine solche Regelung für Transporteure brauchen, die sowieso alle halbe Stunde ab- und aufladen, zwischendrin kurz im Büro sind oder Brotzeit machen, auch diese Zeiten angerechnet werden, ohne diese sinnvollen Vorschriften, die im Fernverkehr eine arbeitsschutz- und verkehrschutzrechtliche Bedeutung haben, zu unterwandern. Es geht um die Schaffung pragmatischer Regelungen, also darum, dass unsere Bauunternehmer ein bisserl besser und sinnvoller arbeiten können.
In diesem Sinne werden wir diesen Antrag unterstützen. Wir bitten aber, in den nächsten Wochen nochmals intensiv zusammenzuarbeiten; denn wir haben gehört, dass wir nicht mitmachen dürfen. Aber vielleicht können Sie unsere diesbezüglichen Forderungen in das Begehren einfließen lassen. Dann können wir leichter zustimmen.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir uns den Antrag anschauen, können wir daraus nur schließen: Meine Herren und Damen von der CSU, Sie müssen wohl ziemlich verzweifelt gesucht haben, um einen Antrag im Kontext EU und Wirtschaft zu finden.
Erste Bemerkung: Herr Breitschwert, soweit wir wissen, stellen Sie die Bundesregierung. Und soweit wir wissen, stellen Sie sogar den Bundeswirtschaftsminister. Warum muss dann ein Anliegen gar so kompliziert gespielt werden: Der Landtag fordert die Staatsregierung auf, die Staatsregierung möge beim Bund vorstellig werden, der Bund möge wiederum bei der EU versuchen zu erreichen. Da hätten Sie, um etwas Bürokratie abzubauen, einen einfacheren Weg gehen können.
Nächster Punkt: Ist das denn Bürokratieabbau? Wie ist es mit dieser Argumentationslinie bestellt? Denn Sie verweisen auch auf die Auslobung des europäischen Preises für "Die beste Idee zum Bürokratieabbau". Das kennen wir alle. Da gab es die Überschrift: "StoiberGruppe lanciert den Preis für die beste Idee zum Bürokratieabbau". Wenn Sie diese Seite anklicken und herunterladen, werden Sie feststellen, unten bei den Kriterien für die Preisverleihung heißt es: "Die Einsendungen werden von der Jury unter anderem anhand von Originalität und Innovationsgrad, Machbarkeit, Einsparungspotenzial und Übertragbarkeit von Lösungskonzepten auf andere Bereiche oder andere Mitgliedstaaten beurteilt." Da müssen wir sagen: Wenn jetzt dieses genannte Instrument und Beispiel besonders preiswürdig sein soll, muss es um die anderen Vorschläge zum Bürokratieabbau tatsächlich schlecht bestellt sein. Was eigentlich Bürokratieabbau sein sollte, ist, dass Unternehmen von Zweifach- oder Dreifacharbeiten befreit werden, die durchaus durch zahlreiche Vorschriften auch auf Landesebene immer noch gegeben sind. Schutzstandards dürfen nicht abgebaut werden.
Frau Kollegin Schweiger, Ihre Ausführungen dazu haben tatsächlich ihre Berechtigung. Allerdings müssen wir differenzieren und uns das Ganze genau anschauen, denn wenn ein Handwerker acht oder neun Stunden am Bau arbeitet und dann mit einem Siebentonner nochmals 120 oder 130 Kilometer heimfahren darf, geht es tatsächlich auch um Schutzstandards und um die Verkehrssicherheit, nicht nur um den Arbeitsschutz. Das heißt, man muss tatsächlich genau hinschauen, was die Tonnage anbelangt und wie groß die Entfernungen sind. Sie haben gesagt, Sie wollen den im Antrag vorgeschlagenen Deckel von 150 Kilometern noch einmal aufbohren.
Wenn Sie sich die Presseerklärung, die Stellungnahmen und Briefe der Handwerksbetriebe ansehen, werden Sie feststellen, die Lenk- und Ruhezeiten und die Arbeitschutzbestimmungen sind nicht das Problem, sondern die Erfassung, die Dokumentation und vor allem das Nicht-Wissen; denn es wird immer gespielt, dass viele in eine Kontrolle fahren und die Regelung nicht kennen. Da gibt es dann diverse Antworten der Ministerien. Ich kann in den Briefen der Bayerischen Staatsregierung lesen, dass hier eine äußerst große Kulanz gegeben ist, dass also das Problem an sich entschärft worden ist, wenn die Bayerische Staatsregierung sagt, ja, die Behörden sind äußert kulant, wenn ein Handwerker mit Lkw einmal eine zu lange Strecke gefahren sein sollte und man ihm nachweisen kann, dass er keine entsprechenden Erfassungsgeräte hat.
Ich könnte reihenweise Beispiele bringen, wo man in Bayern die Bürokratie tatsächlich abbauen könnte. Ich blättere aber auf dem Pult wie auch gedanklich weiter. Ich nenne Ihnen einen Grund, warum wir den vorliegenden Antrag dezidiert nicht zustimmen können. Wir werden uns, weil wir freundlich sind, bei der Abstimmung enthalten; denn glaubt man der Bayerischen Staatsregierung, ist es eine absolut sinnlose Arbeitsbeschaffungsmaßnahme. Ich darf aus einem Brief des damals zuständigen Ministeriums für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz von Ende Oktober 2008 zitieren. Herr Kollege Wengert, mein Zitat ist also aktueller als Ihres, bezogen auf die Staatsregierung. Die Staatsregierung schreibt an den Hauptgeschäftsführer des Landesinnungsverbandes des Bayerischen Zimmerhandwerkes in diesem Kontext:
Im Augenblick besteht keine realistische Chance, eine Änderung der EU-Verordnung 561/2006 zu erwirken mit dem Ziel, den Nahzonenbereich auf 150 Kilometer zu erweitern. Da die novellierten Lenk- und Ruhezeitvorschriften sowie die überarbeiteten Ausnahmevorschriften nach langjährigem Rechtssetzungsverfahren zum 11. April 2007 endlich in Kraft getreten sind, ist mit erneuten Änderungsbestrebungen der EU nicht zu rechnen. Eine dahingehende Initiative Deutschlands wird daher kaum Aussicht auf Erfolg haben.
Das heißt, das Ministerium sagt selber, es würde sich bei diesem Antrag um eine sinnlose Arbeitsbeschaffungsmaßnahme handeln. Das wäre also nach Wertung der Bayerischen Staatsregierung ein reiner Schaufensterantrag. Wir folgen hier einmal der Staatsregierung und werden deshalb Ihrem Antrag nicht zustimmen, sondern uns enthalten.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Um gleich an Herrn Dr. Runge anzuschließen: Eine Initiative, die man versucht, ist besser als eine Initiative, die man nicht versucht, auch wenn die Aussicht auf Erfolg in Brüssel vielleicht ein bisschen schwierig ist; aber immerhin, man versucht es.
Die FDP ist bei diesem Thema seit Jahren aktiv. Ein erster Redner sprach zu diesem Thema, wenn ich mich recht erinnere - bitte korrigieren Sie mich - im April 2007. Damals war die Handwerkskammer Mittelfrankens gefordert. Ich bin also schon seit 2006 an dem Thema Fahrpersonalverordnung dran. Die FDP hat im Deutschen Bundestag bisher als einzige Fraktion beim
Fahrpersonalrecht für den Bürokratieabbau gekämpft. Ich nenne für das Protokoll folgende Bundestagsdrucksachen: 16/7565, 16/7840, 16/7844. Das Letzte waren dann die Antworten der Bundesregierung; alles aus dem Jahr 2007. Ich habe damals bezüglich der Handwerkskammer Mittelfrankens mitgewirkt; die waren ein paar Monate vor den Unterfranken dran. CSU, CDU und SPD haben unsere Vorschläge und Vorstöße abgelehnt. Die GRÜNEN haben sich auch damals enthalten; sie haben zumindest nicht dagegen gestimmt. Aber wir waren schon enttäuscht, beim Bürokratieabbau so alleine gelassen zu werden.
- Doch, das war sehr bitter. Aber immerhin konnten wir für das Handwerk einige Verbesserungen im Bereich zwischen 2,8 und 3,5 Tonnen erreichen.
Manche Forderungen muss man wie bei einer Gebetsmühle immer wieder vortragen. Die Opposition kennt das beim Thema Studiengebühren; das ist ein ähnliches Thema. Die FDP macht das beim Bürokratieabbau.
Ein Wunder: Auf Anfrage des FDP-Bundestagsabgeordneten Burgbacher antwortet die Bundesregierung am 10. März 2009, dass sie den Vorschlag, die Umkreisbegrenzung von 50 auf 150 Kilometer auszuweiten, positiv bewertet. Darüber war man sehr überrascht. Aber wir freuen uns, dass sich die Bundesregierung einigen Argumenten der FDP angeschlossen hat; da ist auch die CSU einbezogen. Deswegen ist auch die CSU schon bei diesem Thema in Berlin aktiv geworden. Wenn wir jetzt mit Unterstützung des Bayerischen Landtags und der Staatsregierung im Bundesrat aktiv werden und die Bundesregierung schon aktiv ist, dann ist das in Deutschland schon mal kein Problem. Die Frage ist, wie sich dann die europäischen Partner verhalten. Dieser Vorschlag ist einer von dreien für den europäischen Antibürokratiepreis. Ich teile die Einschätzung, wie mögen dann die anderen 497 ausgesehen haben, aber immerhin, es ist einer von dreien. Man sollte alle drei umsetzen, mindestens. Wer den Preis bekommt, ist schon fast egal. Je mehr Bürokratie abbauen, umso besser ist es.
Aber dann haben wir eine Chance, dass das Thema auch in Brüssel vorankommt, wenn wir sagen, das war jetzt unsere Kommission mit allen Vorschlägen, das ist einer von den wichtigen. Dann lasst uns das doch einmal umsetzen. Da hätte man ja vielleicht eine Abkürzung wählen können. Wenn man als Politiker aktiv ist, kann man die Abkürzung auch nehmen. Das Mindeste,
was man tun kann, ist es, Briefe zu schreiben. Ich habe also persönlich EU-Kommissar Verheugen Anfang 2007 angeschrieben und ihn auf das Thema Fahrpersonalrecht aufmerksam gemacht. Ich habe dann - Poststempel 28. März 2007 - eine Antwort aus Brüssel bekommen: Herr Rohde, danke, wir werden uns um das Thema kümmern, wir teilen Ihnen mit, wenn es neue Informationen gibt. Das war vor zwei Jahren. Ich warte noch heute.
Jedenfalls war das kein Ruhmesblatt. In Brüssel gibt es eine große Mühle der Bürokratie. Wir müssen im Landtag gemeinsam dafür kämpfen, dass es da vorangeht, und müssen jede Chance nutzen.
Wie schon anklang, ist die Forderung, die heute zur Abstimmung steht, natürlich nur eine von mehreren Forderungen. Es gibt noch viele andere Forderungen. Manchmal wiehert der Amtsschimmel. Da gibt es Artikel 13 (1d) VO(EG) 561/2006. Das muss ich ablesen:
Die bestehende Freistellungsmöglichkeit für die Fahrten im Umkreis von 50 Kilometer mit Fahrzeugen bis 7,5 Tonnen, die dem Transport von Materialien, Maschinen und Gütern, die der Fahrer zur Ausübung seines Berufes benötigt, dienen,…..
Diese Regelung ist nicht praxisgerecht. Das muss man sich einmal vorstellen: Der Metzger fährt zum Hof des Bauern und holt ein Schwein. Das darf er ohne Tacho tun. Dann fährt er zurück und macht eine Wurst daraus. Wenn er die Würste ausliefert, muss er den Tacho nehmen, weil das schon das Endprodukt ist; er braucht die Fahrt nicht mehr für seine Arbeit. Der Bäcker holt das Mehl ab; das geht in Ordnung. Wenn er die Brötchen ausliefert, braucht er einen Tacho. Das ist doch nicht praxisgerecht! Daran muss man arbeiten können. Da werden wir sicherlich noch nachlegen können, meine Damen und Herren.
Fahrzeuge oder Fahrzeugkombinationen, die zur Beförderung von Gütern dienen, die im Betrieb, dem der Fahrer angehört, in handwerklicher Fertigung hergestellt wurden oder deren Reparatur und Weitergabe im Betrieb vorgesehen ist und dort durchgeführt wurden…
Wenn man will, kann man mit den Vorschriften wirklich etwas machen, sodass sie praxisgerecht sind. Da gibt es noch viele weitere Vorschläge.
Da gibt es die Grenze von 7,5 Tonnen. Warum wird denn da, bitte, der Anhänger mitgezählt? Der Anhänger ist ein extra Gefährt. Da sollte man eine Ausnahme machen. Wenn das Fahrzeug einen Anhänger hat und deswegen das Gewicht überschreitet, kann man doch eine Ausnahme machen; da muss kein Tacho her, meine Damen und Herren
Weitere Punkte sind die Nachweispflicht und die technische Ausrüstung. Dann gibt es eine Erklärung der Handwerker zur Transporttätigkeit.
Das Handwerk hat in Briefen an den Bundesverkehrsminister und die EU-Kommission detailliert dargelegt, was man zum Bürokratieabbau beitragen kann. Die Vorschläge liegen auf dem Tisch. Der FDP wird sozusagen als Speerspitze für den Bürokratieabbau kämpfen. Heute werden wir natürlich dem Antrag unseres Koalitionspartners zustimmen.
Wir werden weitere Vorschläge zum Thema Personalrecht vorlegen, und zur Diskussion sind Sie herzlich eingeladen. Wir müssen gemeinsam aktiv werden, damit wir beim Bürokratieabbau noch mehr erreichen können. Selbst wenn das zunächst einmal vergebliche Liebesmühe ist, weil wir nicht gleich eine offene Tür in Brüssel finden, müssen wir doch einen Versuch unternehmen. An jeder Stelle, wo wir Bürokratie begegnen, muss sie bekämpft werden.
Danke schön, Herr Kollege Rohde. Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Dringlichkeitsantrag der CSU auf Drucksache 16/1144 seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Fraktionen der CSU, der FDP, der Freien Wähler und der SPD. Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Das ist die Fraktion des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN.
- Herr Kollege Wörner, ich bitte um Nachsicht: Und die Stimme des Kollegen Wörner. Damit ist dieser Dringlichkeitsantrag mit großer Mehrheit angenommen.