Protokoll der Sitzung vom 07.05.2009

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen, Herr Innenminister!

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Ich mache diese persönliche Erklärung, weil ich seit Langem Mitglied bei a.i.d.a. bin.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Ich bin bei a.i.d.a. Mitglied, weil ich die Arbeit von a.i.d.a. seit vielen Jahren kenne und sehr schätze. Es ist ein Defizit des Innenministeriums, nicht anzuerkennen, dass uns a.i.d.a. Informationen über die rechtsextremistische Szene liefert, die wir sonst nicht erhalten und die für jeden Demokraten wichtig sind, um Widerstand leisten zu können.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Unser aller Pflicht ist es, Nazis und Neonazis entschlossen entgegenzutreten. Dafür müssen wir umfassend informiert sein.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

a.i.d.a. hat nachweislich und von vielen Stellen ausdrücklich anerkannt hervorragende Arbeit geleistet.

Was Sie, Herr Innenminister, gemacht haben, war keine Rede, die sich ernsthaft mit a.i.d.a. befasst hat. Das war eine Rede, die damit gar nichts zu tun hatte.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Ich weiß nicht, wofür Sie diese Rede vorbereitet und warum Sie sie gehalten haben. Ich erwarte einen ernsthaften Umgang mit einer Organisation, die für unsere Demokratie ungeheuer viel leistet.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Ich fühle mich als Mitglied von a.i.d.a. von dieser Rede und der Erwähnung im Verfassungsschutzbericht sehr betroffen. Ich halte es für einen Skandal, sich nicht hinter all diejenigen zu stellen, die Nazis und Neonazis in unserem Land entschlossen bekämpfen.

(Lebhafter und anhaltender Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Deswegen schließe ich die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung. Dazu werden die Anträge wieder getrennt. Zu beiden vorliegenden Anträgen wurde namentliche Abstimmung beantragt, was bereits vor mehr als 15 Minuten geschehen ist, sodass die Fristen gewahrt sind.

Ich lasse zunächst über den Antrag der GRÜNEN auf Drucksache 16/1256 abstimmen. Wir haben an den Ausgängen des Saales und vorne am Stenografentisch die Urnen aufgestellt. Ich bitte Sie, Ihre Stimmkarten abzugeben. Sie haben fünf Minuten Zeit, um die Abstimmung durchzuführen. Die Abstimmung ist eröffnet.

(Namentliche Abstimmung von 14.49 bis 14.54 Uhr)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, in einer Minute schließe ich die erste Abstimmung. Noch eine Minute. Wo sind noch Stimmkarten zum Antrag auf Drucksache 16/1256 abzugeben? - So, meine Damen und Herren, ich sehe keinen Kollegen mehr durch die Gänge hetzen. Ich schließe die Abstimmung zum Antrag 16/1256. Das war der Antrag der Fraktion des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN.

Wir kommen nun zum nächsten Dringlichkeitsantrag.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Wir kommen zum Dringlichkeitsantrag der SPD-Fraktion zum gleichen Thema. Das ist der Antrag auf Drucksache 16/1267. Auch hierzu ist namentliche Abstimmung beantragt. Die Urnen wurden geleert und stehen wieder zur Abstimmung zur Verfügung. Sie haben drei Minuten Zeit, um die Abstimmung durchzuführen. Ich eröffne die Abstimmung und bitte Sie um die Abgabe Ihrer Stimme.

(Namentliche Abstimmung von 14.54 bis 14.57 Uhr)

Meine Damen und Herren, ich schließe die Abstimmung zu diesem Dringlichkeitsantrag. Wir werden die Ergebnisse der Auszählung so bald als möglich bekannt geben. Das Ergebnis wird von den Offizianten am Rande der Sitzung ermittelt.

Ich rufe auf:

Dringlichkeitsantrag der Abg. Thomas Hacker, Dr. Franz Xaver Kirschner, Thomas Dechant u. a. und Fraktion (FDP) Rückzug der Kreditversicherer verhindern (Drs. 16/1257)

Als erstem Redner erteile ich für die FDP-Fraktion Herrn Kollegen Dr. Franz Xaver Kirschner das Wort. Bitte schön.

Sehr geehrtes Präsidium, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich komme wieder mit einem Dringlichkeitsantrag, bei dem es um Finanzen geht. Am 16.04.2009 habe ich ein Fax bekommen, das ich in Auszügen vorlesen möchte. Wir haben am vergangenen Samstag eine richtige Welle von Faxen erhalten. Mit diesem Schreiben wurde bei einer großen Anzahl von Handwerksbetrieben die Kreditversicherungssumme herabgesetzt. Das führt automatisch zu einer Reduzierung der Linie der Warenkredite. An einem Beispiel verdeutlicht: Ein Kunde hat einen Warenkredit der Versicherung in Höhe von 100.000 Euro. Wir haben noch einmal 100.000 Euro Limit draufgegeben, sodass der Handwerksbetrieb ein Limit bis zu 200.000 Euro hatte. Aufgrund dieser Wa

renkreditversicherungsreduzierung reduziert sich diese Summe nun auf 10.000 Euro.

Ich habe hier eine ganze Liste. Ich möchte nun kurz erklären, was dies für einen Handwerksbetrieb und auch für die Bevölkerung vor Ort bedeutet. Der Handwerker, der Einzelhändler oder auch der Textilhändler kauft beim Großlieferanten ein, er bezieht von dem die Ware. In dem Augenblick, in dem bestellt wird, möchte der Großhändler eine Sicherheit haben, dass der Abnehmer auch bezahlen kann. Deshalb gibt es die Kreditversicherungen. Man hat das Risiko des Händlers auf 20, 30 % der Ratensumme reduziert. Nun schreiben die Kreditversicherer: "Anpassung aufgrund der konjunkturellen Situation. Die Reduzierung tritt einen Monat nach Erhalt der Kreditmitteilung in Kraft."

In Deutschland sind derzeit etwa 400.000 Unternehmen mit Versicherungspolicen versehen. Dabei handelt es sich überwiegend um Handwerksbetriebe und Einzelhändler. Es geht um ein Gesamtvolumen in Höhe von 280 Milliarden Euro.

Diese Reduzierung der Kreditlinie erfolgt ad hoc. Nicht, weil der Handwerker eine schlechte Bonität hätte, sondern weil die wirtschaftliche Situation schwierig ist. Was bedeutet das nun für den Einzelnen vor Ort? - Wir bekommen einen Rückgang des Warenaustausches, die Handwerker werden weitgehend gezwungen, Vorkasse zu bezahlen. Die Folge davon ist, dass die Handwerker künftig an den Auftraggeber, also an die Privatperson, herantreten müssen, um ebenfalls Vorkasse zu bekommen. Das wird vor allem für die Handwerksbetriebe zu heftigen Ausfällen führen, dabei sind es gerade die Handwerksbetriebe, die die Stabilität in unserer Wirtschaft darstellen. Gerade in schwierigen wirtschaftlichen Zeiten wollen sich Handwerksbetriebe mit Kreditversicherungen verstärken. Das hat auch Auswirkungen auf die Arbeitsplätze.

Man muss wissen, wer hinter diesen Kreditversicherern steckt. Es gibt keine große Palette von Kreditversicherern, sondern es handelt sich im Wesentlichen um drei, die sich den Markt in Deutschland teilen und die sich wohl auch absprechen. Zum ersten ist das Euler Hermes. Wer steckt dahinter? - Das ist die Allianz-Versicherung. Dann gibt es die Atradius-Kreditversicherung. Hinter ihr stecken die Schweizer Rückversicherung, die Deutsche Bank und Sal. Oppenheim. Schließlich gibt es noch Coface, das ist ein französisches Unternehmen. Diese drei Unternehmen zusammen decken 90 % des Marktes ab. Die Aussagen der Herren sind wie folgt: Man muss das Kreditrisiko an das derzeitige Risikoumfeld des allgemeinen Marktes anpassen. Deshalb würden diese Mitteilungen gemacht. Die Folge wird sein, dass wir Druck auf das Handwerk bekommen und damit erheblichen Druck auf die finanzielle Situati

on des Handwerks. Ich bitte Sie, dem Dringlichkeitsantrag zuzustimmen, dass die Staatsregierung aufgefordert wird, massiv hiergegen vorzugehen.

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Vielen Dank, Herr Kollege. Als nächstem Redner erteile ich für die CSU-Fraktion dem Kollegen Schöffel das Wort.

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Finanzmarktkrise bringt gerade kleine und mittelständische Unternehmen in Finanzierungsschwierigkeiten mit entsprechend gravierenden Auswirkungen auf ihre Innovationstätigkeit. Nach einer Umfrage der KfW-Bankengruppe spüren 62 % der Mittelständler Probleme bei der Finanzierung; 72 % der Mittelständler sehen dadurch ihre Innovationstätigkeit behindert. Das gefährdet die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit unseres Mittelstandes.

Wir müssen alles tun, um die Abwärtsspirale aus schlechterer Geschäftslage, mangelnder Finanzierung und unterlassener Innovation mit der Folge weiterer schlechterer Geschäftslage abzuwenden. Dabei sind alle Beteiligten gefragt. Wir appellieren an die Kreditversicherer und unterstützen den vorliegenden Antrag. Unser Bundeswirtschaftsminister zu Guttenberg hat das bereits mehrfach getan. Wir appellieren an die Kreditversicherer, sich in der aktuellen Krise nicht zurückzuziehen. Die zunehmenden Schwierigkeiten der Unternehmen, für ihre Lieferung eine Kreditversicherung zu erhalten, geben Anlass zur Sorge. Insbesondere im Fall von Firmenkonsolidierungen kommt es zu zusätzlichen Erschwernissen. Gerade in schwierigen Zeiten sind alle Teilnehmer des Wirtschaftskreislaufs aufgefordert, diesen Kreislauf auch am Laufen zu halten.

Natürlich ist auch die Wirtschaft selbst gefordert. Hier tut sich durchaus Positives. Beispielsweise geben die großen Hersteller in der Automobilindustrie Garantien für ihre Zulieferer bzw. finanzieren Investitionen der Zulieferer vor, um eine Kreditklemme abzuwenden.

Der Antrag richtet sich an den Bund. Der Bund hat entsprechende Kredit- und Bürgschaftsprogramme für die Wirtschaft und die Banken aufgelegt. Nach der Garantieübernahme für den Finanzsektor müssen die Banken nun als Erstes in vollem Umfang wieder ihre Geschäftstätigkeit aufnehmen und vor allem den Mittelstand mit Liquidität versorgen. Es hat den Anschein und es ist nicht zu akzeptieren, dass sich manche Banken in der Krise von bestimmten Branchen konsequent trennen und versuchen, die Sicherheiten zu erhöhen, was gerade bei Unternehmen, die überhaupt keine Krise zu beklagen haben, zu Verunsicherung und Verärgerung

führt. Wir halten nichts von einem Rating per EDV, sozusagen von der Stange.

Der Bund verstärkt derzeit seine Anstrengungen, den stockenden Geldfluss zwischen Finanz- und Realwirtschaft wieder in Gang zu bringen. Ging es bislang dabei um angeschlagene Kreditinstitute und um die reibungslose Kreditvergabe für die Firmen, rückt jetzt verstärkt auch die existenziell wichtige Absicherung von geschäftlichen Forderungen der Unternehmen ins Blickfeld der Regierungen. Bundeswirtschaftsminister zu Guttenberg hat die Problematik selbstverständlich bereits aufgegriffen. Die Bundesregierung führt angesichts der verschärften Situation seit geraumer Zeit Gespräche mit den Versicherungsgesellschaften. Das Bundeskabinett erteilte einen Prüfauftrag, der zur Entscheidung ansteht und in dem es auch darum geht, inwieweit der Bund mit eigenen Mitteln ins Risiko gehen muss, um die Liquidität der bayerischen und deutschen Wirtschaft aufrechtzuerhalten.

Dies wird von der FDP, Herr Dr. Kirschner, als Staatswirtschaft kritisiert. Wir sind aber der Meinung, dass wir alle Anstrengungen unternehmen müssen. Zusätzlich zu dem Kredit- und Bürgschaftsprogrammen auf Bundesebene hat der Freistaat zu Jahresbeginn einen Mittelstandsschirm aufgespannt. Um eine Kreditklemme zu verhindern, haben die Staatsregierung und die LfAFörderbank 200 Millionen Euro für Rückbürgschaften zur Verfügung gestellt. Beim Mittelstandskreditprogramm wurden die Haftungsfreistellungen von 50 auf 70 % erhöht; die Zinssätze wurden ein weiteres Mal gesenkt.

Der Antrag der FDP unterstützt alle Bemühungen, dem Rückzug der Kreditversicherer entgegenzuwirken. Das ist im Sinne der bayerischen Wirtschaft. Das unterstützt auch die Arbeit unseres Bundeswirtschaftsministers zu Guttenberg. Deswegen stimmen wir dem Antrag zu.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank, Herr Kollege. Für die SPD-Fraktion erteile ich dem Kollegen Dr. Paul Wengert das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrter Herr Ministerpräsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Die steigende Zahl der Insolvenzen und die zunehmenden Liquiditätsprobleme der Unternehmen infolge der Wirtschaftskrise haben zu einer deutlichen Erhöhung beim Schadensaufwand in der Warenkredit- und der Delkredereversicherung geführt. Das führt, wie versicherungsmathematisch nachzuvollziehen ist, zwangsläufig zu einer Erhöhung der Prämienzahlungen. In einigen besonders problematischen Bereichen und Branchen sind deutlich überdurchschnittliche Steigerungen zu verzeichnen, die

weit über 10, 20 oder 30 % hinausgehen. Das wächst sich vor allem für besonders von der Wirtschaftskrise betroffene Branchen - ich denke hier etwa an den Textilbereich, an die Spediteure und die Automobilzulieferer - neben der Zinspolitik der Banken und der Kreditklemme zu einem verstärkenden Faktor aus. Das Limitmanagement, also die Versicherung bis zu einem bestimmten Ausfallbetrag, und die Bonitätsprüfung führen für ein Unternehmen, das in Schwierigkeiten gekommen ist, dazu, dass es ohne Vorkasse - Kollege Kirschner hat schon darauf hingewiesen und hier gilt "Woher nehmen, wenn nicht stehlen?" - keine Lieferung oder Dienstleistung mehr erhält. So weit, so schlecht.

Dennoch wird die SPD-Fraktion Ihrem Antrag, werte Kolleginnen und Kollegen von der FDP, nicht zustimmen. Eigentlich, wenn Herr Kollege Schöffel folgerichtig zu Ende argumentiert hätte, dürfte auch die CSU-Fraktion diesem Antrag nicht zustimmen.

(Beifall bei der SPD)

Denn bei näherem Hinsehen entpuppt - oder besser gesagt: entlarvt - sich der vorliegende Antrag als reiner Schaufensterantrag