Protokoll der Sitzung vom 07.05.2009

Zum Dringlichkeitsantrag der SPD möchte ich sagen: Ich fände es irgendwie lustig, wenn wir ihn umsetzen würden, weil es schön wäre, wenn unser Bayern bunter werden und es dann überall blinken würde, wenn wir überall Netze hätten und es aufgrund der akustischen und optischen Warneinrichtungen überall piepsen und pfeifen würde. Aber damit werden wir nicht weiterkommen.

Herr Kollege Steiner hat es eben gesagt: Wir haben ein Problem, das nicht nur die Fischereiwirtschaft betrifft. Wir haben bei uns in Bayern nicht nur wirtschaftliche Schäden, sondern es geht auch darum, dass das, was wir betreiben, auch Artenschutz ist. Wir haben in Fließgewässern Fische, die vom Aussterben bedroht sind. Wir haben hier einen dringenden Handlungsbedarf. Es kann schon sein, dass das jedes Jahr diskutiert wird. Wir sind hier, und wir müssen jetzt handeln, um dort eine Besserung zu erreichen. Wir müssen dort ökologisch handeln und unsere bedrohten Fischarten entsprechend schützen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CSU)

Es gilt, alle Tiere gleichwertig zu schützen. Wir haben nicht nur die Aufgabe, die Vögel, sondern auch die Fischarten zu schützen.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Da muss man zum Beispiel die Donau frei fließen lassen!)

- Wir reden hier über den Kormoran. Das ist ein anderes Thema.

Des Weiteren ist es hier auch so, dass mit unseren Maßnahmen ein Stück weit auch Bürokratieabbau einhergeht. Wir alle reden über Bürokratieabbau. Auch dort gehen wir ein Stück weit in diese Richtung.

Was den Antrag der Freien Wähler betrifft, wurde, wie gesagt, das Problem erkannt; wunderbar. Sie bekommen von mir dafür ein dickes Lob. Aber wir müssen uns auf Lösungen und auf Maßnahmen konzentrieren, die wir in Bayern direkt beschließen und auch umsetzen können. Das Problem ist dringend. Deshalb werden wir unserem Antrag logischerweise zustimmen und Ihren Antrag sowie den Antrag der SPD ablehnen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CSU)

Für die Fraktion der GRÜNEN hat Herr Dr. Magerl das Wort, bitte schön.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Es ist weiß Gott nicht die erste Debatte zu diesem Thema. Ich bin kein Prophet. Trotzdem sage ich Ihnen, es wird sicherlich nicht die letzte Debatte darüber sein, dass es so ist, wie die Kollegin vorhin gemeint hat. Es wird nicht der Fall sein, dass wir damit das Problem lösen.

Ich möchte aus meiner Sicht als gelernter Ornithologe und Inhaber eines Fischereischeins auf Lebenszeit einiges von dem, was hier gesagt worden ist, zurechtrücken. Ich kenne beide Seiten. Ich bin an Projekten in München beteiligt, bei denen Karpfenteiche bewirtschaftet werden und wo wir acht Tonnen Ertrag im letzten Jahr hatten und das neben der größten Kormorankolonie in Bayern; das nur als Vorrede.

Hier wurde die Zahl von 500 Tonnen täglich genannt. Das ist eine Zahl aus dem Märchenland, die wir völlig vergessen können. Seit Erlass der Kormoranverordnung Mitte der 90er-Jahre sind in Bayern nach offiziellen Zahlen des Landwirtschaftsministeriums respektive des Umweltministeriums 59.094 Kormorane geschossen worden, davon 2.736 Exemplare in Schutzgebieten, die eigentlich von der Verordnung ausgenommen

worden sind. In die Bestände der Kormorane wurde also schon in der Vergangenheit in ganz erheblichem Umfang eingegriffen. Es handelt sich dabei durchaus um 4.000 bis 7.000 offiziell geschossene Kormorane pro Winter. Wer sich die Mittwinterbestandserfassungen - das sind auch wieder Zahlen des Umwelt- und des Landwirtschaftsministeriums - anschaut und die Anzahl der geschossenen Tiere, wird feststellen, dass die Werte teilweise bei über 100 % liegen. Die Tiere werden also geschossen, von außen kommen Zuwanderer, und der Effekt ist eher gering. Die Mittwinterzahlen schwanken zwischen 6.000 und 8.000 Stück. In den letzten fünf Jahren sind diese Bestände von 8.000 auf 6.000 zurückgegangen, also deutlich nach unten gegangen.

Wir wissen in der Tat nicht, was in den natürlichen Gewässern alles unter Wasser geschieht; ich wüsste gerne mehr. Da gibt es große Wissenslücken. Nicht nur der Kormoran ernährt sich unter Wasser, sondern auch etliche Fischarten leben unter Wasser von anderen Fischarten. Da gibt es noch große Dunkelziffern. Aus den Angaben des Bayerischen Agrarberichts zur Seenfischerei - das ist sehr interessant - geht hervor, dass wir im Jahr 2000 jährlich einen Ertrag von 250 Tonnen hatten. Laut Agrarbericht 2008 ist der Ertrag auf 400 Tonnen angestiegen. So dramatisch kann also die Entwicklung nicht sein.

Die Zahlen für die Karpfenwirtschaft ergeben für 2000 einen Ertrag von 5.700 Tonnen in Bayern, für 2008 einen Ertrag von 6.000 Tonnen. Die Zahlen ergeben also auch keinen Rückgang, sondern einen leichten Anstieg. Hier wird leichtfertig behauptet, Schäden würden im großen Umfang auftreten. Sie können aber nicht so gigantisch sein, wie das manchmal in Kampagnen vorgetragen wird. Wir müssen uns gewiss bei einigen Fischarten, die auf der Roten Liste stehen, Gedanken machen, zum Beispiel über die Äsche, aber wir können nicht so monokausal argumentieren, wie Sie das hier tun.

Es gibt verschiedene Ursachen. Wir müssten zum Beispiel mit Hilfe der Wasserrahmenrichtlinie an die Wiederherstellung des guten Gewässerzustandes mit entsprechenden Schutzprogrammen herangehen. Das aber, was Sie hier vorhaben, nämlich fast eine Bejagung von Kormoranen rund um die Uhr, kann’s nicht sein. Sie wollen bei den Jungvögeln eine ganzjährige Abschussmöglichkeit. Wie wollen sie denn da eine Unterscheidung treffen? Das frage ich Sie als Ornithologe und nicht als Fischereiberechtigter. Weiter wollen Sie in Ihrem Antrag eine verlängerte Abschussmöglichkeit für nichtbrütende Altvögel bis zum 30. April. Die Brutzeit beginnt im März. Wie wollen Sie denn im April entscheiden, ob ein Altvogel ein Nichtbrüter oder ein Brüter ist? Wie wollen Sie das in der Praxis machen? Was Sie hier

vorschlagen, ist völlig hanebüchen. Was Sie hier tun, ist Wahlkampf vor der Europawahl, und Sie schielen dabei auf die rund 200.000 Angelfischer in Bayern. Das tun sowohl die Freien Wähler als auch die CSU und die FDP. Das ist ein billiges Manöver. Wir werden beide Anträge ablehnen; dem SPD-Antrag werden wir zustimmen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Magerl. Meine Damen und Herren, ich darf Ehrengäste auf der Tribüne begrüßen. Ich heiße den Präsidenten des Parlaments der Republik Kroatien, Herrn Luca Bebic, und seine Delegation sehr herzlich willkommen.

(Allgemeiner Beifall)

Verehrte Gäste, über Ihren Besuch freuen wir uns sehr. Sie besuchen in diesen Tagen den Freistaat Bayern und führen Informationsgespräche mit Vertretern des Landtags, der Staatsregierung und der Bayerischen Wirtschaft. Dazu wünsche ich Ihnen einen angenehmen und interessanten Aufenthalt in München und alles Gute für Sie persönlich und die Republik Kroatien.

(Allgemeiner Beifall)

Meine Damen und Herren, ich darf bekannt geben, dass die Fraktion der Freien Wähler eine namentliche Abstimmung über ihren Dringlichkeitsantrag beantragt hat.

Dann können wir mit dem nächsten Redner fortfahren. Das ist Kollege Steiner für die CSU.

Sehr verehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Zahl der Kormorane nimmt an den Fließgewässern, den Seen und Teichen in Bayern deutlich zu. Ich will jetzt weniger auf die wirtschaftlichen Probleme eingehen. Es wurde übrigens nicht erwähnt, dass auch viele größere Fische von den Kormoranen verletzt werden, die dann verenden und unbrauchbar sind. Mit geht es vielmehr um den ökologischen Aspekt. Lieber Kollege Magerl, ich nehme an, dass Sie schon die fachliche Qualifikation der Fischereifachberatung des Bezirks Oberbayern kennen. Als langjähriger Bezirksrat war ich auch mit diesen Themen intensiv befasst. Es geht nicht nur um ein bisschen Gefahr für die Fischfauna in unseren Gewässern, sondern es gibt Gewässer, die von Fischen völlig leer sind. Es geht um die Äschenbestände und auch um kleine Fischarten, die kein Mensch kennt und die keinen Menschen interessieren.

In anderen Bereichen fordern wir Schutzmaßnahmen. So fordern wir zu Recht, zum Schutz des Bergwaldes

die Abschusszahlen von Schalenwild, Rehwild und Rotwild zu erhöhen. Die Fischfauna unter Wasser ist aber von wenig Interesse. Das kritisiere ich scharf. Wir können nicht einfach zusehen, wie unsere Gewässer fischleer werden, und unsere Gewässer ökologisch aufgeben.

Ich bitte nochmals um Zustimmung zum Antrag der CSU. Der Antrag der Freien Wähler übersieht genau diesen ökologischen Aspekt. Meine Damen und Herren Kollegen der Freien Wähler, es gibt sehr wohl Gewässer, die fischleer sind, und zwar nicht wegen irgendwelcher anderer Einflüsse; das sind saubere Gewässer. Ich bitte, das zur Kenntnis zu nehmen. Den Ausführungen zum Antrag der SPD ist nichts hinzuzufügen. Man kann nicht sämtliche Weiher und Fließgewässer überdachen. Man muss auf die Situation der Berufsfischer am Chiemsee hinweisen, die beträchtliche Einbußen haben. Herr Wörner, es ist eben nicht so, wie Sie sagen, dass von den Kormoranen nur ein bisschen Weißfisch gefressen wird, sondern es werden auch hochwertige Fische gefressen. Es stimmt, was Frau Kollegin Brendel-Fischer gesagt hat, dass nämlich der Kormoran ungefähr ein Pfund Fisch am Tag braucht und darüber hinaus noch viele Fische verletzt und tötet. Ich bitte Sie, dem Antrag der CSU zuzustimmen.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank, Herr Kollege Steiner. Nun folgt die Stellungnahme der Staatsregierung, Herr Staatsminister Dr. Söder, bitte.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Tat diskutieren wir jetzt über ein sehr wichtiges Thema, das sehr viele Menschen bewegt. Die entscheidende Frage ist - das hat man aus den vielen Beiträgen auch ersehen -, wie weit es in der praktischen Umsetzung gelingt, eine ökologische Balance zu halten und ein Gleichgewicht von unterschiedlichen Zielsetzungen im Naturschutz zu erreichen. Auf der einen Seite haben wir eine immer stärker wachsende Kormoranpopulation - das ist unbestritten, Herr Kollege Magerl - trotz aller Maßnahmen, die über die letzten Jahre hinweg ergriffen wurden. Herr Kollege Wörner, das waren Maßnahmen unterschiedlichster Natur. Man hat zu Maßnahmen ohne Abschuss gegriffen, es wurde aber auch mit Möglichkeiten des Abschusses gearbeitet. Obwohl wir in Bayern höhere Abschusszahlen haben, ist der Zuzug enorm. Auswirkungen nicht nur auf die Teichwirtschaft, sondern auf die Flussstruktur und die gesamte ökologische Balance sind unbestritten.

Herr Dr. Magerl hat selbst zugegeben, dass wir deshalb bei bestimmten Fischarten erhebliche Probleme haben und uns daher überlegen müssen, wie wir den Schutz

voranbringen. Das hat nichts mit der Wasserrahmenrichtlinie zu tun. Wenn Fische mit entsprechenden Malen gefunden werden, liegt das nicht an der Wasserrahmenrichtlinie, sondern am Kormoran.

Lieber Herr Kollege Glauber, Sie sind neu im Landtag. Deshalb ist es völlig in Ordnung, wenn Sie glauben, alles hätte mit Ihrem Einzug in den Landtag begonnen. Ich muss Ihnen aber - wie Herr Kollege Dr. Magerl sagen, dass dieses Thema einen längeren Vorlauf hat und bereits seit Jahren diskutiert wird. Die CSU-Fraktion hat sich mit dieser Frage sehr intensiv beschäftigt und überlegt, wie eine effektive, auf den bisherigen Erfahrungen beruhende, sinnvolle, vernünftige und dem Naturschutz entsprechende Regelung gefunden werden könnte. Das ist nicht ganz einfach, weil es unterschiedliche Zielfragen gibt. Was jetzt gemacht wird, ist keine Aufweichung, sondern eine Weiterentwicklung aufgrund der Erfahrungen der letzten Jahre. Verschiedene Maßnahmen wurden ergriffen. Einige haben sich nicht als nützlich erwiesen. Deswegen müssen wir überlegen, was wir machen.

Lieber Herr Kollege Glauber, entscheidend ist, dass wir von einer sehr bürokratischen und im Endeffekt für die Natur nicht effizienten Form zu einer unbürokratischen und das Problem regulierenden und kontrollierenden Form kommen. Das ist die Allgemeinverfügung. Wir haben in den letzten Wochen begonnen, die Allgemeinverfügung zu entwickeln, unter anderem im Aischgrund. Diese findet übrigens auch die Zustimmung der Betroffenen, zum Beispiel der Teichwirte, die der Auffassung sind, dass ihnen dieses Instrument in ihrer dramatischen Situation weiterhelfen könnte. Hier geht es nicht darum - woran man bei Ihrem Antrag denken könnte, ich will das aber nicht unterstellen -, dass quer durch die Vogelschutzgebiete gezogen und damit nicht nur der Kormoran, sondern auch andere bedrohte Vogelarten in Mitleidenschaft gezogen werden sollen. Wir dürfen nicht vergessen, dass dies eine mögliche Folge sein könnte. Bei einem Abschuss brütender Vögel könnte es sein, dass Jungvögel qualvoll verenden. Ich glaube, diese Folgen will niemand verantworten.

Lieber Herr Kollege Dr. Magerl, eigentlich dachte ich immer, ein Ornithologe wäre fit. Ich habe mich noch einmal informiert. Der Altvogel trägt ein schwarzes Brustkleid, der junge Vogel hat ein helles. Sie als Ornithologe hätten das wissen müssen.

(Beifall bei der CSU)

Das ist so. Ich würde mich nicht trauen, einem gelernten Ornithologen zu widersprechen, wenn ich keine Belegquelle hätte.

Vor diesem Hintergrund sind die bisherigen Strukturen auf den Weg gebracht und Allgemeinverfügungen er

lassen worden. Diese haben das Ziel, einen angemessenen Ausgleich zu erreichen. Lieber Herr Kollege Wörner, ich möchte noch einmal auf Ihre Vorschläge eingehen: Der Vorschlag, alle Teiche und Flüsse zu vernetzen, würde sicherlich nicht funktionieren. In einigen Fällen könnte man das versuchen, allerdings würde dadurch das Problem nicht gelöst. Dieses Problem gibt es nicht nur bei der Teichwirtschaft, sondern überall. Mit dem Vorschlag, einen kompletten finanziellen Ausgleich zu leisten, würden wir das Pferd von der falschen Seite aufzäumen. Ich glaube, der jetzige Weg ist vernünftig.

Ich stimme aber ausdrücklich einem umfassenden EUManagement zu; denn alle Maßnahmen, die wir einleiten, machen keinen Sinn, wenn auf europäischer Ebene nicht ähnlich vernünftig gedacht wird. Auch das wird in den Anträgen erwogen. Ich glaube, dies ist eine vernünftige, die ökologische Balance haltende und den Interessen der Teichwirtschaft entgegenkommende Regelung. Ich hoffe, dass wir damit die wünschenswerten Ziele in Einklang bringen können.

(Beifall bei der CSU)

Herr Minister, bleiben Sie bitte noch kurz am Rednerpult. Ich erteile Herrn Kollegen Dr. Magerl zu einer Zwischenbemerkung das Wort.

Herr Staatsminister, Sie haben mich direkt angesprochen. Natürlich ist es im Idealfall möglich, den Jungvogel vom Altvogel durch seine helle Brust zu unterscheiden. In der Färbung gibt es aber Nuancen. In der Regel ist es nicht so, dass der Jungvogel schön vor Ihnen sitzt und sich bestimmen lässt, sondern der haut in der Regel frühzeitig ab, fliegt über Sie drüber oder ist im Schwarm. Hier einen Altvogel von einem Jungvogel auf die Schnelle auseinanderzuhalten, möglicherweise noch in der Dämmerung, ist schwierig.

Eines sollten Sie dem Hohen Haus noch einmal auseinanderklamüsern: Wie wollen Sie im April die nicht brütenden Altvögel von den Brutvögeln unterscheiden?

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Ich möchte noch eine zweite Frage stellen: Was sagt denn der Naturschutzbeirat in Ihrem Haus zu dem Vorgehen, dass Sie in internationalen Schutzgebieten die Verfolgung einer Art und damit die Störung, die für andere Arten wesentlich schlimmer ist, ermöglichen?

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Herr Kollege Dr. Magerl, erstens wird in den

Schutzgebieten sehr sensibel vorgegangen. Das ist genau der Punkt, um den es geht. In diesem Punkt unterscheiden wir uns auch von dem Antrag der Freien Wähler, mit dem eine querschnittsmäßige Vorgehensweise gefordert wird. Genau dadurch würden die Folgen entstehen, die Herr Kollege Dr. Magerl befürchtet. Genau das tun wir nicht. Wir nehmen Güterabwägungen vor, die jedoch vertretbar sind.