Protokoll der Sitzung vom 12.05.2009

Zur Historie dieses Antrags: Der Vorschlag, den Steigerwald als Nationalpark auszuweisen, stammt von zwei Landräten, nämlich von Landrat Denzler und von Landrat Handwerker.

(Gerhard Eck (CSU): Der ist zwischenzeitlich dagegen!)

- Das mag schon sein. Mir liegt aber noch sein Brief vor, und den werde ich zitieren.

Es gab im Umweltministerium einen Minister namens Schnappauf, der am 23. September 2007 signalisiert hat, dass der Freistaat Bayern die Machbarkeitsstudie finanziert. Es gab also auch aus dem Ministerium wohlwollende Signale für die Machbarkeitsstudie. Das Ministerium wollte sie sogar finanzieren. Nachdem nichts weiter vorangegangen ist, haben wir uns erlaubt, nach einer Besichtigung des Gebiets die Machbarkeitsstudie zu beantragen. Bei dieser Besichtigung haben wir uns von zwei unterschiedlichen Leuten, nämlich von einem Mitarbeiter der Staatsforsten und von einem Mitglied des Bund Naturschutz führen lassen. Wir haben beide Seiten angehört und haben dann diesen Antrag gestellt, damit diese Untersuchung durchgeführt wird. Die Untersuchung ist ergebnisoffen und neutral zu gestalten. Es soll wirklich nur die Machbarkeit untersucht werden. Mit dem Auftrag für die Untersuchung wird nichts vorgegeben und nichts präjudiziert.

Es gibt zwei Schreiben der örtlich zuständigen Landräte, der Herren Handwerker und Denzler, in denen ausdrücklich gefordert wird, dass ihr Anliegen vom Landtag unterstützt werden soll. Diese beiden Herren gehören nicht unserer Partei, sondern einer anderen Partei an. Hier schreibt Herr Handwerker klar und deutlich:

Diese Studie ist tatsächlich sinnvoll und wichtig. Die Diskussion über den Nationalpark beschäftigt uns seit Anfang 2007. Sie wird mit großer Heftigkeit geführt und war eines der zentralen Themen im Kommunal- und Landtagswahlkampf. Sie läuft fast ausschließlich negativ und auf einem so hohen Grad der Emotionalisierung, dass im betroffenen Kernbereich - das sind die Gemeinden Rauhenebrach und Oberaurach - bei einem großen Teil der Bevölkerung noch nicht einmal die Bereitschaft da ist, sich sachlich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Bisher wurde eine Studie, die das Für und Wider objektiv analysiert, abgelehnt. Andererseits hat sich gezeigt, dass das Thema so nicht vom Tisch kommt.

Deshalb fordert Herr Handwerker die Studie. Das Gleiche fordert Landrat Dr. Günther Denzler, der schreibt:

Ich bitte Sie, diesen unseren Antrag zu unterstützen. Die Diskussion um einen möglichen National

park zum Schutz unseres Buchenwalderbes wird in unserer Region sehr kontrovers geführt. Über die Auseinandersetzungen haben auch bereits überörtliche Medien berichtet. Ein Teil der Bevölkerung lehnt ein solches Projekt vehement ab. Ein anderer, darunter auch ich,

- also Landrat Denzler

sieht in der Ausweisung eines Nationalparks neben dem Naturschutzaspekt Entwicklungschancen für den strukturschwachen Steigerwald. Nun gilt es, Chancen und Risiken genauer auszuloten. Eine sachliche Diskussion darüber ist jedoch kaum noch möglich. So verhärtet sind die Fronten.

Deshalb kommen beide Landräte zu dem Entschluss, dass wir nur dann die Kuh vom Eis bringen, wenn eine Machbarkeitsstudie durchgeführt wird, die alle Aspekte und damit auch die sozialen Fragen vor Ort berücksichtigt. Wir waren nicht die ersten, die diesen Nationalpark gefordert haben. Die Kommunalpolitiker vor Ort waren es. Wir greifen die Anregung, eine Machbarkeitsstudie durchzuführen, nur auf und bitten Sie alle, unserem Antrag zuzustimmen. Es macht Sinn, diese Studie jetzt in Auftrag zu geben, um am Schluss ein Ergebnis zu haben, über das wir breit diskutieren können.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Als nächster auf der Rednerliste erteile ich für die SPD-Fraktion das Wort der Frau Kollegin Biedefeld.

Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Wir stimmen mit der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN völlig überein, sowohl was die Zielsetzung des Antrags als auch die Ansicht betrifft, wie wertvoll eine Machbarkeitsstudie für die Region, die betroffenen Bürgerinnen und Bürger und alle Beteiligten ist.

Wir fordern die Machbarkeitsstudie ein. Umweltminister Dr. Schnappauf hat nicht nur angedeutet und angezeigt, sondern sehr wohl deutlich gesagt, er wolle die Studie mitfinanzieren. Wir erwarten nichts anderes, als dass das, was ein Umweltminister versprochen hat, umgesetzt wird.

Die Diskussion wird sehr emotional geführt. Wir wollen die Versachlichung der Diskussion und eine sichere Diskussionsgrundlage, um mit fachlichen Argumenten das Pro und Kontra abwägen und Sorgen und Ängste mildern zu können. In der Begründung zum Antrag ist dezidiert aufgezeigt, dass das Ziel der Studie ist, nicht nur die naturschutzfachlichen Aspekte abzuwägen, sondern auch andere Bereiche, wenn es um die Vorund Nachteile der heimischen Wirtschaft oder für den

Tourismus geht. Das soll mit dieser Studie herausgearbeitet werden.

Heute geht es nicht darum, einen Nationalpark zu beschließen, sondern es geht ausschließlich um die Machbarkeitsstudie - um nichts anderes. Die Machbarkeitsstudie endlich auf den Weg zu bringen, ist unsere Zielsetzung. Das ist unseren Pressemitteilungen zu entnehmen.

Wir waren vor Ort. Ich erinnere an einen Besuch des Bundesumweltministers Gabriel im vergangenen Jahr. Auch er hat mit den Befürworten und Gegnern gesprochen. Wir haben uns das Gebiet angesehen. Wir wollen im Hinblick auf die Machbarkeitsstudie alle Betroffenen und Beteiligten in den Prozess einbeziehen. Wir wollen keine fertige Studie vorlegen, sondern die Betroffenen vorweg einbeziehen. Wir wollen das Pro und Kontra, Argumente aber auch Sorgen und Ängste aufnehmen, die vor Ort gegeben sind. Wir wollen diese Sorgen und Ängste ernst nehmen. Alles andere weise ich zurück. Es geht lediglich um die Machbarkeitsstudie.

(Beifall bei der SPD)

Ich sage das insbesondere in die Ecke des CSU-Kollegen Eck. Ich habe das Gefühl, dass Sie ganz bewusst diese Diskussion emotionalisieren und schüren. Lassen Sie uns dazu kommen, auf der Grundlage einer Machbarkeitsstudie das Pro und Kontra abzuwägen und Dialogfähigkeit und Dialogbereitschaft zu zeigen.

(Gerhard Eck (CSU): Die Menschen wollen das nicht!)

Es geht um die Menschen. Wir haben zwei Nationalparks in Bayern, nämlich Berchtesgaden und Bayerischer Wald. Wir haben die Verfahren mehrmals durchgemacht. Ich war lange Mitglied des Umweltausschusses. Wir haben immer wieder diskutiert. Es ging immer wieder um die Bürgerinnen und Bürger. Wir haben beim Verfahren Fehler gemacht. Aus Fehlern muss man lernen im Interesse der Betroffenen und Beteiligten.

(Zuruf des Abgeordneten Gerhard Eck (CSU))

Wir haben entsprechende Defizite. Dazu könnte ich lange reden, aber die Redezeit ist knapp. Mit einem Nationalpark könnte man die Defizite, die es im Waldnaturschutz gibt, aufarbeiten. Aber zunächst geht es um die Prüfung, die für die Diskussion sehr hilfreich wäre.

Herr Kollege Eck, wir kennen die Sorgen und Ängste der Betroffenen, die da wären: Die Holzwirtschaft solle eingestellt werden. Die Auswirkungen hinsichtlich des Klimaschutzes wären negativ. Die Versorgung mit

Brennholz wäre nicht gewährleistet. Sägewerke würden in Konkurs gehen. Waldbesitzer würden enteignet. Landwirte müssten mit höheren Auflagen rechnen. Einheimische würden ausgesperrt. Die Jagd würde gänzlich verboten. Verbissschäden im Wald werden ebenso befürchtet wie immense Schäden auf den Feldern durch die Wildschweine. Schädlinge würden sich ausbreiten. Die angrenzenden Wälder wären bedroht, etc. Das sind Sorgen und Ängste und Argumente, mit denen wir uns auseinandersetzen.

(Gerhard Eck (CSU): Wo?)

- In der Diskussion.

Mit der Machbarkeitsstudie könnte man die Vor- und Nachteile aufzeigen. Deshalb plädiere ich noch einmal dafür, dem Antrag zuzustimmen. Wir werden dem Antrag der GRÜNEN zustimmen. Den Antrag der Freien Wähler lehnen wir ab, weil das nicht Hü und nicht Hott ist.

(Zuruf des Abgeordneten Gerhard Eck (CSU))

Wir wissen nicht, was die Freien Wähler wollen. Wir werden uns bei der Abstimmung zum Antrag der CSU der Stimme enthalten, weil es eine Verzögerungsstrategie ist, wenn man das Pro und Kontra für das Biosphärenreservat prüfen will. Warum nicht auch für einen Nationalpark Steigerwald?

(Beifall bei der SPD)

Ich weise darauf hin, dass wir uns im Ältestenrat auf fünf Minuten Redezeit pro Fraktion - nicht etwas mehr - verständigt haben. Nächster Redner: Dr. Hans Jürgen Fahn für die Freien Wähler.

(Zurufe)

- Sonst schaffen wir die Abstimmung nicht. Das ist in Ihrem Sinne.

Meine Damen und Herren, die GRÜNEN und die SPD sprechen von der Machbarkeitsstudie für einen Nationalpark. Ich füge hinzu, dass es auch Machbarkeitsstudien für andere Schutzkategorien wie Biosphärenreservate gibt. Wenn man sich auf den Begriff "Nationalpark" verlegt, wird das zum Problem.

Wir wissen, dass kaum ein Thema so im Steigerwald polarisiert wie der Nationalpark. Wir wissen, dass es die Studie der Bundesregierung gibt, die den einzigartigen Rang der Buchenwälder im nördlichen Steigerwald belegt.

(Gerhard Eck (CSU): Der ist nicht einzigartig, den haben wir in ganz Bayern und der Bundesrepublik!)

Darin wird die Botschaft ausgesandt: Mit einem Nationalpark hätte der Steigerwald Chancen, ein Weltkulturerbe zu werden. Das klingt zunächst alles sehr logisch. Entscheidend ist, wie die Bevölkerung dazu steht. Wer so vorgeht, kennt die Situation vor Ort nicht. Wenn man nahe am Menschen sein will, muss man zu den Menschen fahren und ihre Argumente abwägen. Die Freien Wähler haben es sich nicht einfach gemacht. Wir haben im Februar 2009 beide Seiten in den Landtag eingeladen und das Pro und Kontra gehört.

(Gerhard Eck (CSU): Wir waren schon dort, bevor Sie wussten, dass es den Steigerwald gibt! - Eva Gottstein (FW): Er wohnt dort!)

- Es ist okay, dass Sie schon dort waren.

Ende April 2009 konnte sich die Fraktion der Freien Wähler dort informieren. Wir spürten die Emotionen hautnah. Um die Konfrontation zu vermeiden, haben wir beide Seiten an einem Tag gehört. Der Fairness halber haben wir Beobachter der anderen Seite zugelassen. Die Lage ist wirklich schwierig, weil sich beide Seiten unversöhnlich gegenüberstehen. Man kann leicht 20 Wissenschaftler oder Verbände finden, die für den Nationalpark sind und 20 dagegen.

Es gibt viele stichhaltige Argumente gegen einen Nationalpark. Der Verein "Unser Steigerwald" wurde gegründet, der laut Bürgermeister Oskar Ebert die Grundidee hat: "Wir leben vom Wald". Der Steigerwald ist eine Symbiose von Mensch und Natur. Viele Bürger befürchten Einschränkungen. Wir hören immer wieder, dass die Holznutzung eingeschränkt würde und Wildschäden befürchtet werden.

Wir haben mitbekommen, dass die Mehrheit der Bevölkerung im Steigerwald gegen den Nationalpark ist. Das ist Fakt. Ebenso ist Fakt - dem können Sie sich nicht verschließen - dass die Mehrheit der Gemeinde- und Kreisräte Beschlüsse gegen den Nationalpark gefasst habt. Die Beschlüsse von Gemeinderäten und Kreistagen dürfen nicht ignoriert werden. Wir müssen sie ernst nehmen. Prof. Dr. Job aus Würzburg spricht sich zwar grundsätzlich für den Nationalpark aus, meint aber, solange es eine emotionale Blockade gegen den Nationalpark gibt, werde es schwierig sein, diesen durchzusetzen. Eine Idee müsse von denen getragen werden, die dort leben. Anders gesagt: Wir müssen die Bevölkerung mit ins Boot nehmen und mit ihr ein Konzept machen. Das muss von unten nach oben und nicht von oben nach unten gehen. Dieses Problem stört die Bevölkerung momentan. Sie meinen, dass andere ihnen ein Konzept überstülpen wollen. Das will niemand. Wir

müssen von unten nach oben ergebnisoffen arbeiten. Wir könnten das mit Hilfe eines Moderators machen.

Ich glaube, alle wollen eine Aufwertung des Steigerwaldes und mehr Schutz der Natur, aber auch Stärkung der regionalen Wirtschaft. Wir haben beispielsweise auch Konzepte gehört, die es vor Ort gibt. Da wäre beispielsweise das Konzept des Forstamtes Ebrach, das sogenannte Trittstein-Konzept. Dieses Konzept hat das Ziel: Schutz trotz Nutzung. Es ist ein integratives Konzept, das ein Nebeneinander von Artenschutz und Holznutzung auf der gesamten Waldfläche des Forstbetriebes anstrebt. Auch bei diesem Konzept würden Flächen stillgelegt, ca. 1.000 Hektar, das sind 6 % der Waldfläche. Dieses Konzept wurde vorgelegt, es sollte im Dialog von Befürwortern und Gegner diskutiert werden. Wir haben das Gefühl, dass dieses Konzept des Forstamtes Ebrach von beiden Seiten akzeptiert wird. Warum soll man nicht mit diesem Konzept beginnen und anschließend sehen, wie man in der Sache weiterkommt? Man sollte nicht vorn vornherein nur vom Nationalpark sprechen. Die GRÜNEN sprechen in ihrem Antrag ganz richtig davon, dass man es mit der Bevölkerung machen muss. Im Moment fällt bei der Bevölkerung aber die Klappe herunter, wenn die Stichworte Nationalpark und Machbarkeitsstudie fallen. Das ist eben so. Dem müssen wir uns stellen.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Christian Magerl (GRÜNE))

Wir haben deswegen in unserem Antrag diese Frage auch offengelassen. Wir sagen, es muss etwas untersucht werden. Wir sprechen bewusst nicht von einem Nationalpark. Es gibt auch Möglichkeiten, die darunter liegen. Beim Antrag der CSU und der FDP handelt es sich um einen Berichtsantrag. Er enthält auch Elemente, die vor Ort auch auf Widerstand stoßen können, wie beispielsweise das Biosphärenreservat. Wir haben vor Ort auch gehört, dass dieses Thema noch nicht ganz ausdiskutiert ist. Andere Punkte dieses Antrags sind aber akzeptabel, denn aufgrund des Berichts, den die CSU und die FDP mit ihrem Antrag fordern, wird Bewegung in die Diskussion kommen.

Ich komme nun zum Ende. Die Freien Wähler werden sich - das haben wir uns vorgenommen - Zeit für den Dialog nehmen und ihn mit der Bevölkerung weiter führen. Wir wollen das mit Hilfe eines professionellen Moderators tun. Ziel muss es sein, von unten nach oben und ich sage es noch einmal: nicht von oben nach unten - ein von allen getragenes Leitbild für den Steigerwald zu erarbeiten. Dieses Leitbild muss ergebnisoffen erarbeitet werden und wird zur nachhaltigen Verbesserung des Steigerwaldes führen. Nur so bringen wir, lieber Christian Magerl, die Kuh vom Eis.