Leider - da gebe ich Herrn Kollegen Felbinger recht - ist zu konstatieren, dass den Bewegungsbedürfnissen unserer Kinder und Jugendlichen insgesamt nicht ausreichend Rechnung getragen wird. Über den Schulsport und den ergänzenden Breitensport müssen immer wieder neue Initiativen entwickelt werden, um dem um sich greifenden Bewegungsmangel entgegenzuwirken. Ich sehe darin eine große und wichtige gesellschaftspolitische Herausforderung. Herr Kollege Güller, dieser Herausforderung kann nicht allein mit dem Schulsport begegnet werden.
Ich möchte Sie auf einen Spruch von Joachim Ringelnatz verweisen, den dieser schon vor 130 Jahren geprägt hat. Er hat auf die gesellschaftliche Symbiose zwischen dem Sport in der Schule und dem Sport im
Verein hingewiesen. Er sagte nämlich: "Sport stärkt Arme, Rumpf und Beine, kürzt die öde Zeit und er bewahrt uns durch Vereine vor der Einsamkeit."
Entgegen den Ausführungen von Herrn Felbinger möchte ich festhalten, dass die Entwicklung des Schulsports in Bayern in den vergangenen zehn Jahren durchaus positiv gewesen ist. Seit dem Tiefststand im Jahre 1999/2000 mit 2,37 Stunden in der Hauptschule konnte die Zahl der Sportstunden auf den heutigen Stand von 2,67 Stunden erhöht werden. Hier ist also eine sukzessive Verbesserung erfolgt.
Bei der Realschule sind die steigenden Schülerzahlen zu berücksichtigen. Dort konnte eine Steigerung der Sportstunden auf 2,28 Stunden erreicht werden. Beim neuen Stundenplan für das G 8 stellt sich die Frage der Rückgewinnung der dritten Sportstunde nicht mehr. In den Stundenplänen sind 15 Wochenstunden verankert worden. Ich möchte schon festhalten, dass die besondere Wertigkeit des Faches Sport durch Verhältniszahlen sehr deutlich zum Ausdruck kommt. Sport nimmt 15 Stunden in diesen Stundentafeln ein, Musik und Kunst belegen 9 Wochenstunden, Religionslehre und Ethik 12 Wochenstunden, und Sport rangiert am Gymnasium selbst vor der dritten Fremdsprache des sprachlichen Gymnasiums. Man kann also nicht behaupten, dass dem Sport nicht die nötige Wertigkeit gegeben wäre.
Für das Fach Sport gilt - das halte ich für ein ganz besonderes Zeichen -: Die Kürzung des Gesamtumfangs der Wochenstunden, die wegen der am Gymnasium befürchteten Überbelastungen der Schülerinnen und Schüler geschah, ging eben nicht zulasten des Sportes. Das war seinerzeit auch unsere klare Zielsetzung.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, selbst wenn klar ist, dass ein Mehr an Sportstunden besser wäre, muss man bei einer derartigen Diskussion doch festhalten, dass von der Elternschaft auf die Frage, welche Fächer am ehesten verzichtbar sind, immer die Fächer Religion und Sport genannt werden.
- Die Frage, ob Sport Vorrückungsfach sein soll, haben wir im letzten Jahr lang und breit diskutiert.
Ich halte davon deswegen nichts, weil man damit den Sport nur medial in den Vordergrund stellen will und
Wir sehen in diesem Beurteilungsszenario einen sehr breiten Spannungsbogen. Wir haben ein großes Handlungsfeld für die Schulpolitik, die Gesundheitspolitik und auch für die Gesellschaftspolitik. Wir sind guten Mutes, dass die vielen angestoßenen Konzepte, etwa der bewegten Grundschule bzw. der bewegten Schule an den weiterführenden Bildungseinrichtungen, fruchtbare Ansatzpunkte bieten. Damit kann das Modell "Sport nach 1" - ich glaube, man könnte es als ein erfolgreiches Modell bezeichnen - weiterhin sehr positive Impulse erfahren.
Es gilt auch, neue Konzeptionen für die steigende Zahl der Betreuungsmodelle an den Ganztageseinrichtungen zu erarbeiten. Der Sport darf in der Zeit der Betreuung natürlich nicht fehlen, im Gegenteil. Ich stimme Ihnen zu, Herr Felbinger, er ist besonders wichtig. Wir als CSU-Fraktion werden, wie wir das schon in unserem Antrag vom Juli 2008 dokumentiert haben, die sich gerade in diesen Schulformen abzeichnende rasante Entwicklung auch dazu nutzen, den Stellenwert des Sportes in der Freizeitgestaltung fest zu verankern.
Ich selbst betreue in Zusammenarbeit mit Übungsleitern aus dem Verein an einer Grundschule ein Sportprojekt, das ganz hervorragend funktioniert. Im Gegensatz zur früheren Einstellung, man könnte den Sportlehrer durch Übungsleiter aus den Sportvereinen ersetzen, bin ich gerade im Falle der Ganztagesklassen und Ganztagesschulen der Auffassung, dass sich gemeinsam mit den Übungsleitern aus den Vereinen Mechanismen der Symbiose erarbeiten lassen.
Wir haben also eine ganze Reihe von Anknüpfungspunkten, die dazu geeignet sind, bei Schülerinnen und Schülern und jungen Menschen im Allgemeinen - noch dazu, wenn man die breite, qualitative Arbeit der Vereine hinzunimmt -, für mehr Bewegung zu werben. Die Zielsetzung ist klar, über die Wege müssen wir diskutieren.
Kollege Felbinger, Sie haben umfangreiches Zahlenmaterial aus anderen Bundesländern vorgetragen. Ich bin nun schon im elften Jahr im Bildungsausschuss dieses Landtags und weiß, dass es bisher noch nicht gelungen ist, die Zahlen, Daten und Fakten der anderen Bundesländer so zusammenzutragen, dass ein sauberer, fairer Vergleich der Aktivitäten in den einzelnen Bundesländern möglich wäre.
Vor Kurzem habe ich die veröffentlichte Schulsportstudie "Sprint" gesehen, welche die Feststellung trifft - das
ist konträr zu dem, was Sie vorhin gesagt haben -, dass im Bundesdurchschnitt an den Hauptschulen 2,2 Stunden Sport pro Woche gegeben werden, während wir bei 2,67 Sportstunden sind.
Meine Damen und Herren, damit leite ich auf die Richtigkeit unseres in den letzten zehn Jahren beschrittenen Weges über. Ich hoffe, dass wir gemeinsam in konstruktiver Weise die neuen Wege gehen können. Auch die FDP hat im Koalitionsvertrag mit uns die Wertigkeit des Sportes unterstrichen. Ich bin sicher, dass wir diesen Weg gemeinsam und erfolgreich weitergehen werden.
Vielen Dank, Kollege Schmid. Nun darf ich Frau Kollegin Stachowitz das Wort für die SPD-Fraktion erteilen. Bitte schön.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Herr Felbinger, recht herzlichen Dank dafür, dass Sie dieses Thema heute zur Aktuellen Stunde angemeldet haben. Als Sportlehrer haben Sie mit Ihrem Fachwissen deutlich gemacht, welch essenzielle Bedeutung der Sport in der kindlichen Entwicklung hat. Endlich hat die SPD jemanden an ihrer Seite, der sie in den Belangen des Sports unterstützt.
Die SPD fordert seit fast einem Jahrzehnt die Erhöhung der Zahl der Sportstunden, die Erhöhung der Vereinsförderung und die Vermehrung von Sportstätten, um nur drei Punkte zu nennen. Die CSU-Mehrheit in diesem Landtag hat das immer abgelehnt. Herr Schmid, Sie sprechen heute davon, dass es viele Handlungsfelder gibt. Es war die SPD, die diese Handlungsfelder aufgezeigt hat, aber Sie haben unsere Anregungen nicht umgesetzt.
Die CSU und insbesondere die Staatsregierung haben die Bedeutung des Themas Sport erkannt. 2002 hat die Staatsregierung den Slogan geprägt "Schulsport tut Bayern gut". Ganz konsequent hat sie von 2002 auf 2005 25 Millionen Euro in der Sportförderung gestrichen. Die zweite Maßnahme war eine Kürzung um 33 %. So tut Sport Bayern nicht gut. Wir brauchen diese Gelder.
Nachdem das Geld gestrichen war, wurden aber viele Projekte eingesetzt. Wahrscheinlich wird anschließend das Kultusministerium hier darstellen, wie viele Projekte es gibt und wie gut sie alle sind. Dann werden die Studien genannt werden, die alle ganz deutlich machen, wie wichtig der Sport für Kinder, Erwachsene und für die ganze Entwicklung in Bayern ist. Die Hirnforschung macht es deutlich: Sport ist für die Bewegungsentwicklung essenziell, und die soziale Kompetenz wird dadurch gestärkt. Das alles beweisen die vorliegenden Studien.
Beim Stichwort der sozialen Kompetenz möchte ich an dieser Stelle allen ehrenamtlich Tätigen in den Sportvereinen danken. Jetzt ist nämlich die Woche des Ehrenamts, und da sollten wir ein Signal geben, dass wir den Vereinssport unterstützen, wie Herr Schmid das gefordert hat.
Herr Schmid, der Verein ist natürlich wichtig, auch mit Blick auf die Ganztagsschule. Wenn wir den Vereinen die Unterstützung streichen, können wir nicht damit rechnen, dass sie uns unterstützen.
Es gab viele Studien, und es wurde auch direkt gehandelt. "Voll in Form" wurde eingeführt. 20 Minuten sollen sich die Kinder jeden Tag in der Schule bewegen. Diese Zeit wird vom Unterricht abgezweigt. Herr Schmid, Sie haben zu Recht gesagt, die Eltern wollen auch, dass der Fachunterricht stattfindet. Ich kann aber den Fachunterricht nicht gegen den Sportunterricht aufwiegen. Wir meinen, eine Stunde qualitätvoller Sport am Tag ist das Minimum. In Baden-Württemberg gilt das schon.
Frau Kollegin, einen Augenblick bitte. Man kann noch so begeistert von einer Rede sein. Nach unserer Geschäftsordnung sind aber Beifallskundgebungen von der Besuchertribüne nicht erlaubt. Ich danke Ihnen für Ihr Verständnis.
Warum ist der Sport an der Schule so wichtig? 28,6 % der Sechsjährigen bewegen sich nur noch eine Stunde am Tag. Von den Zehnjährigen bewegen sich nur mehr 17,3 % eine Stunde am Tag. Das ist eindeutig zu wenig. Wir müssen mit einem vernünftigen Schulsport alle Kinder erreichen.
Bekundungen dazu gibt es viele. Auch die CSU hat heute dargestellt, was sie verpasst hat und wo sie Handlungsfelder sieht. Ich sage Ihnen das, was wahr ist und was bei den Schülern ankommt. Ein Vergleich der Studien soll nicht aufzeigen, was sein sollte, sondern er sollte aufzeigen, was bei den Schülern ankommt. An den bayerischen Hauptschulen sollen laut Lehrplan vier Stunden Sport gehalten werden. Angekommen sind bei den Schülern aber nur gute zwei Stunden. An den Realschulen sollen drei Stunden Sport gehalten werden. Bei den Schülern kommen aber nur zwei an. Das ist doch nicht die Politik, von der man sagen kann, dass damit die Zeit für den Sport erhöht wird. Dazu braucht es eine Stunde Sport am Tag.
Ich möchte Ihnen deutlich machen, dass die SPD auch noch weitergeht. Es geht nicht nur um die Schüler. Sport ist Bildung, und Bildung muss schon im Kindergarten beginnen. Die SPD sagt schon seit Langem: Auf den Anfang kommt es an. "Kinder bewegen" ist ein Projekt an einer Kindertagesstätte in München in der Schwanthaler Straße, die zu 90 % von Migrantenkindern besucht wird. Dort betreiben wir seit vier Jahren jeden Tag Sport und Bewegung. Diese Migrantenkinder werden zu 100 % rechtzeitig eingeschult werden. Das finden Sie in keinem anderen Bildungsbereich. Wenn Sie den Kindern Chancen geben wollen, dann ist es nur über den Sport möglich. Der Sport hat eine Schlüsselfunktion. Daher können wir nur sagen, Sport ist effizient.
Warum sind schon im Kindergarten die Schuleingangsuntersuchungen wichtig? Zwischen 1976 und 2003 hat sich die Zahl der Übergewichtigen bei der Einschulung verfünffacht. Die Zahl der Kinder mit motorischen Auffälligkeiten hat sich verdoppelt. 14 % der Kinder sind motorisch auffällig. Auch die Verhaltensauffälligkeiten haben sich verdoppelt. Daher fordere ich Sport an den Schulen.
Herr Schmid von der CSU, lassen Sie uns handeln. Lassen Sie uns die Zahl der Sportstunden erhöhen und die Vereine insbesondere mit Blick auf die Ganztagsschule unterstützen. Lassen Sie uns Sportstätten je nach Sportbedarf fördern. Das sind die Forderungen der SPD. Ich danke für jegliche Unterstützung und hoffe, dass wir heute einen Tag für den Sport haben.