Vielen Dank, Herr Staatsminister. - Als nächste Rednerin hat Frau Kollegin Bause für die GRÜNEN das Wort. Anschließend hat sich noch einmal Herr Kollege Maget gemeldet.
Erstens. Der Anlass für diese Debatte war der Antrag von CSU und FDP, in dem es nicht darum ging, eine ernsthafte Debatte über das Unrecht in der DDR zu führen, sondern in dem es ausschließlich darum ging, zu der Äußerung von Gesine Schwan nachzutreten.
Zweitens. Ich möchte Marianne Birthler ausdrücklich in Schutz nehmen gegen die Vereinnahmung von Ihrer Seite. Das hat Marianne Birthler nicht verdient.
- Sie waren in der Debatte nicht dabei. Sie waren in der Debatte in unserer Fraktion, als wir mit Gesine Schwan kritisch diskutiert haben, nicht dabei. Ich war dabei.
Drittens. Die Erwähnung von Franz Josef Strauß im Zusammenhang mit der Einfädelung des Milliardenkredits und dem DDR-Unrechtsstaat trifft Sie von der CSU ganz offensichtlich, und das war durchaus beabsichtigt.
Viertens. Unser Antrag stellt lediglich historische Tatsachen fest. Dass Sie sich damit so schwer tun, das zu akzeptieren, ist Ihr Problem.
Schließlich sind wir bereit, unseren Antrag zurückzuziehen, wenn Sie zunächst Ihren Antrag, den ich unsäglich finde, zurückziehen. Dann brauchen wir keine Abstimmung über diese Anträge.
Vielen Dank, Frau Kollegin Bause. - Herr Kollege Maget für die SPD-Fraktion. Bitte schön. - Frau Sandt, entscheiden Sie sich für die Zwischenbemerkung? - Dann, Frau Bause, bitte ich Sie noch einmal ans Rednerpult.
Hier wurde vorhin gesagt, dieser Antrag sei nicht so wichtig; wir hätten wichtigere politische Ziele und wichtigere politische Anliegen. Natürlich ist uns Bildung ein wichtiges Anliegen, und wir haben sehr viel zu den Bildungsstrukturen eingebracht. Aber wir müssen jetzt auch einmal auf Bildungsinhalte eingehen, und deshalb ist es nicht so, dass wir uns zu dem Antrag hergegeben haben, sondern ich bin davon überzeugt, dass wir an dem Thema dranbleiben sollten. Es geht jetzt zum einen ums Geschichtsbewusstsein und zum anderen um ein Thema, das uns auch in Zukunft weiter bewegen muss: Es geht nämlich um ein Bewusstsein für die Demokratie. Schließlich sind die Täter dieses Regimes alle noch unter uns, anders als beim Naziregime.
Nachdem es gerade um das Thema Satire ging: Realsatire ist für mich, wenn eine Fraktionsvorsitzende einerseits vollkommen richtigerweise sagt, es waren die Menschen in dem Staat, die zum Ende der Diktatur beigetragen haben, auf der anderen Seite aber einen Antrag einbringt, in dem sie die Lebenszeit der DDR auf einen Kredit reduziert. Das ist Realsatire, und ich wünsche mir viel mehr Ernsthaftigkeit bei diesem Thema.
Frau Kollegin Sandt, wenn es darum geht, das Geschichtsbewusstsein zu schärfen in Fragen Demokratie und Diktatur in Fragen wie: woran erkenne ich Entwicklungen zu Unrechtsverhältnissen, wo gibt es Schwierigkeiten in einem Rechtsstaat, wo muss ich gegen solche Tendenzen vorgehen, was tue ich für die Zukunft? - wenn es Ihnen um eine solche Sensibilität geht oder um eine Schärfung des Geschichtsbewusstseins, um auch für die Zukunft zu handeln, dann bin ich gern dabei, dann bin ich auf Ihrer Seite. Dann fordere ich Sie aber auf, zumindest in Ihrer Fraktion dazu beizutragen, dass geeignete Anträge gestellt werden, um dieses Ziel zu erreichen.
Wenn es Ihnen um Bildung geht, dann empfehle ich Ihnen, vielleicht doch einmal einen Kurs in besserem Leseverständnis zu belegen, dann könnten Sie unseren Antrag vielleicht auch entsprechend nachvollziehen.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, wir haben Glück im Unglück. Das Glück ist, dass eine in den letzten Minuten, wie ich es empfinde, unsägliche Diskussion und ein unsäglicher Antrag, den ich Ihnen gleich auch erläutern möchte, wenigstens keine Resonanz in der Öffentlichkeit haben werden. Darüber können wir uns glücklich schätzen. Denn beabsichtigt ist hier nicht, Herr Kollege Pohl, wie Sie in Ihrer Treuherzigkeit vermuten, darüber zu sprechen, wie man in unseren Schulen in ausreichendem Maße historische Kenntnisse auch über Recht und Unrecht in der deutschen Geschichte vermitteln soll. Das ist nicht der Hintergrund dieses Antrags. Der Hintergrund ist der Versuch, demokratische Kräfte in diesem Land auszugrenzen und zu diskreditieren. Zumindest empfinden wir das so vor dem Hintergrund unserer Geschichte.
Herr Kollege Schindler hat Ihnen die Einlassungen von Frau Schwan, um die es Ihnen ja eigentlich geht, im Wortlaut vorgetragen. Sie haben auf diesen Vorhalt nicht mehr reagiert, weil Sie bei genauerem Zuhören und Lesen der Textstelle erkennen müssen, dass nur Richtiges gesagt wurde.
Wir würden sofort einem Antrag zustimmen wie dem der GRÜNEN, in dem steht, die DDR sei ein Unrechtsstaat gewesen. Was war sie denn sonst? Natürlich gab es in der DDR keine Pressefreiheit, keine Meinungsfreiheit, keine unabhängige Justiz, keine Freizügigkeit der Menschen. Es war ein Unrechtsstaat.
Aber es geht Ihnen nicht darum, dies festzustellen, sondern um einen politischen Schaukampf. Es geht Ihnen darum, die Sozialdemokratie vorzuführen und an den Pranger zu stellen. Ich sage Ihnen - ich kann nur unterstreichen, was Franz Schindler hier gesagt hat -, wenn Sie diese Auseinandersetzung führen wollen, werden Sie sie verlieren. Die SPD in diesem Land hat es nicht nötig, sich von irgendjemandem in Sachen Freiheit und Demokratie belehren zu lassen. Sie muss sich von niemandem belehren lassen.
Sie sind eine politische Neugründung, meine Damen und Herren von der CSU. Dafür gibt es einen historischen Grund. Der sollte Sie in solchen Fragen immer zurückhaltend machen. Er sollte Sie veranlassen, sich davor zu hüten, mit ganz großer Scheinheiligkeit Fragen der Freiheit und des Rechtsstaates besetzen zu wollen.
Es gibt auch diese historische Dimension. Das sollten Sie gerade in Ihrer neuen Funktion, Herr Freller, besser wissen, als Sie hier zum Ausdruck gebracht haben.
Ich empfinde die Diskussion ganz im Gegensatz zu Ihnen, Herr Pohl, als beschämend genau für die Opfer von Unrecht in unserem Land.
Wir werden uns an der Abstimmung über diese Art von Anträgen schlichtweg nicht beteiligen, weil Sie das Haus gar nicht mit dem befassen wollen, was Sie vorgeben, sondern weil der Antrag einen ganz anderen Hintergrund hat. Wir lassen uns hier nicht für politische Schaukämpfe missbrauchen. Wir nehmen an der Abstimmung über Ihren Antrag nicht teil.
- Was wollen Sie mir damit sagen? Lieber Herr Kollege Kreuzer, Sie wollen mir mit Ihrer Einlassung - das ist der Tiefpunkt dieser Diskussion - signalisieren, dass die Mitglieder der SPD-Fraktion wissen müssen, dass sie dafür 40 Euro abgezogen bekommen.
- Ich habe Ihnen gesagt: Wir nehmen an der Abstimmung nicht teil. Was soll dann Ihr Hinweis, dass es sich aber um eine namentliche Abstimmung handelt. Meinen Sie denn, ich bin blöd? Natürlich wissen wir, dass es einen Abzug gibt. Wir nehmen an dieser Abstimmung nicht teil.
Wir stimmen auch nicht der Replik der GRÜNEN zu, weil sie aus meiner Sicht eine bloße Reaktion auf einen, wie ich finde, politisch verwerflichen Antrag ist. Das heißt nicht, dass der Antrag falsch wäre.
Ich war vor drei Wochen in Albanien. Da wurde ich von einem Kellner bedient, der mir ganz stolz erzählte, dass er schon Enver Hodscha und Franz Josef Strauß gemeinsam beim Abendessen bedient hat.
- Nein! - Keiner von uns hätte sich getraut, mit einem kommunistischen Diktator zu Abend zu essen. Franz Josef Strauß traute sich schon. Aber das wird nicht seine historische Leistung mindern. Das kann man sagen. Aber ich finde, es gehört nicht hierher.
Deswegen sollte man eine solche Diskussion vom Bayerischen Landtag fernhalten. Ich kann Sie nur davor warnen, die beschworene Gemeinsamkeit der Demokraten - das haben jetzt fünf Redner hier gesagt - mutwillig zu zerstören. Das tun Sie mit Ihrem Antrag ganz bewusst. Das enttäuscht mich in Bezug auf Sie, Herr Freller, in unglaublicher Art und Weise.