Wenn ein Politiker weiß, dass eine riesige Bedrohung da ist, und eine Entscheidung des Bundesverfassungs gerichts vorliegt, die ihm die Möglichkeit zum Eingreifen eröffnet, ist es die Aufgabe dieses Politikers, auszulo ten, wie weit er gehen kann. Wir haben damals die Praktiker angehört, kontrovers diskutiert und uns dann entschlossen, den Rahmen, den uns das Bundesver fassungsgericht vorgegeben hat, voll auszuschöpfen. Wir haben dies einerseits wegen der riesigen Bedro hung für unsere Bürger getan und andererseits des halb, weil wir wissen, dass diese Möglichkeiten, die wir der Polizei und dem Verfassungsschutz gewähren, an Organisationen gegeben werden, die sich an das Ge setz halten und für die der Grundsatz der Verhältnis mäßigkeit gilt.
Frau Kollegin Tausendfreund, ich habe immer den Ein druck, dass Sie diese Behörden für Räuberbanden hal ten, denen man nicht vertrauen kann. Sie glauben offenbar, diesen Organisationen dürften keine Eingriffs rechte übertragen werden, weil sie diese Rechte missbrauchen würden. Ich habe Vertrauen in die Poli zei. Ich habe Vertrauen in den Verfassungsschutz. Ich kenne die Leute, die diese Gesetze anwenden. Ich glaube, dass sie dies stets nach bestem Wissen und Gewissen tun. An dieser Stelle möchte ich ein Danke schön an all diejenigen sagen, die sich für unsere Si cherheit einsetzen und die von der Opposition manch mal ungerechtfertigterweise in Misskredit gebracht werden.
Wir haben am 8. Juli ein Gesetz geschaffen, das nach meiner Überzeugung der Verfassung entspricht und das praktikabel ist. Natürlich findet bei Sicherheitsfra gen immer eine Abwägung statt. Wenn ich mich für die Sicherheit einsetze, kann es zu einer Einschränkung
der persönlichen Freiheit kommen. Unser Koalitions partner sieht die Grenze etwas anders, als wir sie ge sehen haben. Es fand demzufolge eine Abwägung statt, in der etwas mehr Freiheit gewährt wird, bei der ich aber die Sorge habe, dass die Möglichkeiten zum Schutze unserer Bürger zurückgedrängt werden.
Was sind die wesentlichen Änderungen? Es wird kein verdecktes Betreten von Wohnungen geben, um direkt auf einen Computer Einfluss zu nehmen. Unser Koali tionspartner sieht hier verfassungsrechtliche Probleme. Ich sehe diese Probleme nicht. Ich weiß allerdings in zwischen aus der Praxis, dass wir dieses ganze Gesetz vergessen können, wenn die Sicherheitskräfte nicht in die Wohnungen hinein dürfen. Die Möglichkeit des Auf spielens von Trojanern klingt theoretisch hervorragend, ist aber in der Praxis nicht durchführbar. Wenn der Be sitzer des Computers einigermaßen clever vorgeht, werden wir hier nichts bewirken.
Der Zugriff von außen ist unheimlich schwierig. Ich habe die Hoffnung, dass sich die Technik weiterent wickeln wird und wir dieses wichtige Instrument doch noch nutzen können, um auf Computer zuzugreifen, auf denen Anleitungen zum Bombenbau gespeichert wer den, mit denen Einsatzbefehle gegeben werden und auf denen Informationen ausgetauscht werden. Ich hoffe, dass wir dadurch doch noch die Erkenntnisse, die wir zum Schutz unserer Bürger brauchen, gewinnen können.
Unser Gesetzentwurf enthält das Verbot der automati schen Aufzeichnung von Wohnräumen und Räumlich keiten von Geheimnisträgern. Es ist nachvollziehbar, dass hier nicht mehr die Gefahr eines ungewollten Ab hörens oder Eindringens in den Kernbereich stattfinden kann. Allerdings möchte ich doch eines deutlich sagen: Schon bisher war geregelt, dass ein Gespräch, bei dem sich herausgestellt hat, dass es nicht abgehört werden durfte, wieder gelöscht werden muss. Ich vertraue dar auf, dass dies auch so geschehen wäre.
Kurzum: Wir müssen damit leben, obwohl es eine er hebliche zusätzliche Belastung für die Polizei und Ver fassungsschutzbehörden ist, wenn sie bei jedem Ge spräch nun direkt mithören müssen.
Im Gesetz werden die richterliche Anordnung sowie die Überprüfungskompetenz bei OnlineDurchsuchungen auf ein Kollegialgericht übertragen. Früher hat das der Einzelrichter gemacht. Der Koalitionspartner wollte der Schwere des Eingriffs gerecht werden. Während der Diskussion sind aber auch, so glaube ich, dem Koaliti onspartner gewisse Zweifel gekommen, ob das die ideale Lösung ist. Bisher konnte man für einen Eingriff einen Einzelrichter hinzuziehen. Jetzt braucht man ein Kollegialgericht. Man muss also eine Kammer zusam
menbringen. Es könnte durchaus sein, dass öfters der Spruchkörper nicht erreichbar ist und wir dadurch eine größere Anzahl von Eilfällen haben werden, die von der Verwaltung zu entscheiden sind. Das ist für mich keine Glaubensfrage. Wir sollten die Regelung anhand der Praxis überprüfen. Sollte sich nach einer gewissen Zeit herausstellen, dass die Regelung nicht optimal ist, soll ten wir ich gehe davon aus, dass unser Koalitions partner das auch so sehen wird wieder zum Einzel richter zurückkehren. Im Moment haben wir die andere Regelung. Ich kann sie auch mit vertreten.
In unserem Gesetzentwurf wird die Speicherfrist für Bild und Tonaufnahmen von zwei Monaten auf drei Wochen verkürzt. Ich habe das Vertrauen, dass die Be hörden mit dem gespeicherten Material rechtmäßig um gehen. Ich weiß nicht, ob der Gewinn so viel größer sein wird, wenn man die Informationen früher löscht. Ich be fürchte keinen Missbrauch. Wir werden das aber ent sprechend beschließen.
Die Berichtspflicht an den Landtag wird wesentlich er weitert. Ich leite ein Gremium, dem zu berichten ist. Bisher musste sehr wenig berichtet werden, weil es na hezu keine Eingriffe gegeben hat. Wenn es aber keine Eingriffe gegeben hat, ist der Umfang der Berichterstat tung von geringerer Bedeutung. Darüber muss man gar nicht diskutieren.
Angesprochen wurde auch, dass Polizei und Verfas sungsschutz in gewissen Bereichen parallel arbeiten. Anscheinend müssen wir die Diskussion wiederholen, die wir schon ein paar Mal in den Ausschüssen geführt haben. Es ist selbstverständlich, dass der Verfassungs schutz die Angelegenheit an die Polizei gibt, wenn er seine Ermittlungen abgeschlossen hat. Es gibt aber auch Situationen, zu denen Quellenschutz besteht oder Informationen von befreundeten Diensten vorliegen, die nicht an die Polizei weitergegeben werden können. Deshalb ist es sinnvoll, dass die Verfassungsschutzbe hörden diese Verfahren noch eine gewisse Zeit weiter betreiben.
Sie vonseiten der GRÜNEN haben das KfzKennzei chenscanning angesprochen. Sie mussten feststellen, dass Sie in dieser Sache hier alleine auf weiter Flur sind, weil Ihnen jeder Praktiker sagt, dass die gesetzli chen Vorgaben so eng sind, dass kein Missbrauch getrieben wird. Die beiden Entscheidungen des Bun desverfassungsgerichts betrafen andere Bundeslän der. Unsere Regelung entspricht dem, was das Bun desverfassungsgericht gefordert hat. Und zur Beruhigung für alle, die Angst haben, dass große Men gen Daten gespeichert werden könnten: Es werden Treffer gespeichert. Wenn jemand zur Festnahme oder Aufenthaltsermittlung ausgeschrieben ist und der Ab gleich ergibt einen Treffer, wird das gespeichert. Dage
gen kann man sicherlich nichts sagen. Ergibt es keinen Treffer, werden die Daten in derselben Sekunde ge löscht. Dieses Problem haben wir also auch nicht.
Zu dem gemeinsamen Gesetzentwurf der CSU und der FDP kann ich sagen, dass dieser ein Kompromiss ist. Meine Begeisterung ist nicht so groß wie die des Kol legen Dr. Fischer, der später reden wird. Ich glaube aber, dass wir mit diesen Regelungen leben können. Ich hoffe, dass die Praktiker der Verfassungsschutz und Polizeibehörden damit zurechtkommen.
Wir sollten den Teufel nicht an die Wand malen. Aber wir haben eine ernste Bedrohung, und unsere Aufgabe als Politiker ist es, zur Sicherheit der Bürger alles zu tun, damit keines der Drohpotenziale verwirklicht werden kann. Ich bitte Sie also, den Antrag der GRÜNEN ab zulehnen und dem Antrag von CSU und FDP zuzustim men.
Herr Präsident, werte Kollegin nen und Kollegen! Wir sprechen über ein Gesetz, das gerade einmal ein Jahr alt ist und das mit Pauken und Trompeten als der Meilenstein zur Terrorismusabwehr gefeiert wurde. Es wurde kein einziges Mal wegen einer immensen Gefahrenlage angewandt. Mir kommt es so vor, als wäre dieser Änderungsantrag von einer Truppe eingereicht, die sich vorgenommen hat, den Gipfel zu stürmen, aber schon in der ersten Bergstation einkehrt und nicht mehr weitermacht.
Will man Grundrechtsschutz im Sinne des Bundesver fassungsgerichts betreiben, muss man auf das achten, was die Sachverständigen sagen, wie der Datenschutz beauftragte des Freistaates Bayern, der dankenswer terweise seit dem 1. Juli 2009 seinen Dienst tut. Die SPDFraktion hat das getan und deshalb in den Ände rungsanträgen einiges eingebaut. Darauf komme ich später zu sprechen.
Herr Dr. Weiß, Sie haben von "Vertrauen" gesprochen. Dieses Vertrauen haben wir in Hinsicht auf die gesetz geberische Qualität nicht mehr. Deshalb hat meine Fraktion bereits Ende September des letzten Jahres gegen dieses Gesetz, obwohl es noch nicht geändert ist, Verfassungsbeschwerde eingelegt. Es wäre wich tig, das Ergebnis der Verfassungsbeschwerde abzu warten. Uns ist auch im Hinblick auf die Änderungen, die CSU und FDP einführen wollen, nicht um das Schicksal unserer Verfassungsbeschwerde bange, denn unserer Ansicht nach sind wesentliche Bereiche nicht so stark berücksichtigt, sodass die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts mit an Sicherheit gren
zender Wahrscheinlichkeit das Gesetz, zumindest den Kernbereich des Gesetzes, wieder in die Luft fliegen lässt.
Bei der OnlineDurchsuchung handelt es sich generell um einen schweren Eingriff in hohe Grundrechte wie Vertraulichkeit, Integrität und Information. Dies ver schafft den staatlichen Behörden die Möglichkeit, na hezu ein komplettes Bild einer Person zu bekommen; denn das Internet hat mittlerweile eine hohe Bedeutung im sozialen Zusammenleben unserer Gesellschaft ge wonnen. Deshalb ist eine hohe Eingriffsschwelle erfor derlich, wenn die entsprechenden Maßnahmen ge macht werden. Einigkeit besteht darüber, dass die Verhältnismäßigkeit immer gewahrt werden muss. Wir müssen von dringenden Gefahren für hochwertige Schutzgüter ausgehen. Das können nur Leib und Leben sein. Die innere Sicherheit als solche erscheint mir begrifflich in diesem Zusammenhang zu mau.
Sie haben von Abwehr der Terrorgefahren gesprochen. Als Strafrechtler bin ich der Ansicht, dass die Vorberei tung eines Sprengstoffanschlags oder die Anschaffung von 5.000 Litern Wasserstoffperoxid durchaus strafba re Vorbereitungshandlungen sind, sodass eine Einlei tungsmaßnahme der Staatsanwaltschaft gegeben sein wird. Damit sind wir im Bereich der Strafprozessord nung, die vor der Gefahrenabwehr geht.
Eine Parallelität zwischen Strafprozessordnung und Gefahrenabwehr darf es aus unserer Sicht nicht geben, weil wir rechtsstaatlich handeln und transparent bleiben wollen. Es drängt sich der Verdacht auf, dass Sie mit dem Gesetz die Strafprozessordnung umgehen wollen, weil sie diese die Möglichkeiten an sich nicht vorsieht. Sie wollen sie umgehen und das Ganze auf sicher heitsrechtliche Belange im Freistaat Bayern gründen. Der "Bayerntrojaner", ein Trojanisches Pferd, das in sich die List und Tücke birgt, strafprozessuale Maß nahmen nicht durchzuführen, weil es sie nicht gibt. Zu Recht fordert die Justizministerin aus dieser Konse quenz heraus, die OnlineDurchsuchungsbefugnisse in die Strafprozessordnung einzubauen. Das geht poli tisch aber nicht. Dagegen gibt es erhebliche Bedenken, sodass die Änderung eindeutig als Versuch zu kenn zeichnen ist, die Strafprozessordnung auszuhebeln.
Es stellt sich die Frage, ob die OnlineDurchsuchung tatsächlich das geeignete Mittel ist. Sicherlich, die Lage ist angespannt. Der jüngste Bericht des Verfassungs schutzpräsidenten besagt aber, dass man die Situation auch ohne OnlineDurchsuchung im Griff habe. In einem Artikel eines TerrorismusExperten war zu lesen, dass die OnlineDurchsuchung nur ein Mittel sei, um dumme Terroristen von ihrem Treiben abzubringen; denn die alQaida sei bekanntermaßen schon seit fünf Jahren vom Netz weg. Wenn die OnlineDurchsuchung
mit großem Brimborium eingeführt wird, ist für die Täter und die Gefährder klar, dass sie sich entsprechend ver halten werden. Wir können dann mit der OnlineDurch suchung nicht anders verfahren, als das Papier weg zuschmeißen, auf das die Berichte gedruckt werden. Das muss man deutlich sehen.
Gleichwohl muss ich darauf hinweisen: Wenn so hohe Schwellen da sind, und wenn die Verhältnismäßigkeit zu wahren ist, wenn das nur zur Abwehr von Gefahren dienen kann, dann darf die OnlineDurchsuchung nach unserer Auffassung nicht dem Verfassungsschutz an die Hand gegeben werden.
Es steht in Ihrem eigenen Verfassungsschutzbericht, warum das so ist. Dem Verfassungsschutz stehen keine polizeilichen Befugnisse zu. Polizeibehörden und Verfassungsschutz sind voneinander getrennt. Des halb dürfen die Mitarbeiter des Verfassungsschutzes keinerlei Zwangsmaßnahmen wie Festnahmen, Durch suchungen oder Beschlagnahmungen durchführen. Verfassungsschutzbehörden dürfen auch keiner poli zeilichen Dienststelle angegliedert werden. Das ist der Grund. Wenn jemand keine Gefahren abwehren darf und sich selbst dazu bekennt, warum sollte er dann im Internet irgendwelche Rechner anbohren können? Das leuchtet uns nicht ein.
In diesem Zusammenhang haben wir das nicht als Ein zelmeinung zu sehen, sondern der Datenschutzbeauf tragte des Freistaats Bayern vertritt dieselbe Ansicht. Wenn man seinen Bericht nachliest, dann vertritt er diese Auffassung auch sehr fundiert. In diesem Zusam menhang möchte ich nicht weiter darauf eingehen.
Dankenswerterweise ist in dieser Vorschrift für beide ein sogenannter Richtervorbehalt vorgesehen. Herr Kollege Weiß hat über das Kollegialgericht bereits ge redet. Man muss sich aber einmal vorstellen: Wenn die Gefahr brennt, wenn Not am Manne ist, und dann ein Kollegialgericht zusammentreten muss, dann dauert das schon eine gewisse Zeit. Das dauert auch dann, wenn schon alle im Dienst sein sollten. Darüber hinaus, und auch das muss man sehen, ist der Rechtsweg ver kürzt. Gegen die Beschlüsse gibt es keine weitere Be schwerde, wie das normalerweise der Fall wäre. Sie mussten das Gesetz ändern. Wenn das Gericht einen Beschluss gefasst hat, ist keine Rechtsbeschwerde mehr möglich, weil das OLG bereits die zweite Instanz, die Beschwerdeinstanz, ist. Mit der Verkürzung des Rechtsweges schaffen Sie ein virulentes Problem. Nur weil eine Kollegialgericht entscheidet, weshalb sollte der BGH dann nicht mehr darüber entscheiden? So ist
Das Problem der Erreichbarkeit ist in Bereitschaftsdien sten zu klären. Dieses Gesetz ist gar nicht anwendbar, weil Sie das Gerichtsverfassungsgesetz ändern müs sten, das Ausführungsgesetz im Freistaat Bayern, wel ches die Zuständigkeit einer Kammer des Landgerichts vorsieht. Das ist schon heute nicht anwendbar. Das brauche ich Ihnen wohl nicht zu sagen.
Ein weiteres Problem ist das Löschen von Daten. Der entsprechende Überwacher verfügt über die Befugnis, Daten zu löschen. So eine Löschung ist ein massiver Eingriff. Wir haben uns darüber unterhalten, wann das überhaupt sein darf. Das geht nur bei allergrößter Ge fahr für Leib und Leben. Wir haben lange darüber nach gedacht, wie ein solcher Fall überhaupt aussehen würde. Herr Kollege Dr. Fischer von der FDP hat mir beigepflichtet und pflichtet mir wohl auch noch bei, wenn er seiner Linie treu bleibt: So ein Fall ist gesetzlich eigentlich undenkbar. Eine gesetzliche Regelung zu schaffen für eine abstrakte Gefahr, die nicht im Raum steht, ist so überflüssig wie ein Kropf. Wenn wir uns Gedanken darüber machen, Leute zu finden, die Poli zistinnen und Polizisten schlagen und diese Leute nicht finden, das aber ein solches Gesetz in Wort und Form gießen, muss ich schon fragen, was das soll. Hier schießt das Ziel über den Täter hinaus und nicht um gekehrt.
In diesem Fragenbereich ist auch noch die Tatsache wichtig, dass die Polizei Bericht erstatten muss, wenn ein derartiger Eingriff stattfindet. Das befürworten wir. Aus der Praxis heraus ist aber auf Artikel 36 des Poli zeiaufgabengesetzes zu verweisen. Wir haben die Sorge, dass das nicht geschieht, wenn irgendwelche Interessen von weiteren Ermittlungen gefährdet sein sollten. Ich sage Ihnen eines: Wenn die Polizei am Rechner war und die Gefahr ist vorüber, dann ist das insoweit mitzuteilen. So viel Respekt muss man diesem Grundrecht zollen.
Einen weiteren Aspekt, der mit unseren Änderungen einhergeht, haben wir tatsächlich eingebracht. Wir wol len die Berufsgeheimnisträger auch als solche bezeich nen. Sie hingegen schaffen mit Ihrem Gesetzentwurf eine Zweiklassengesellschaft von Berufsgeheimnisträ gern. Das muss abgeschafft werden. Das hat die FDP auch schon wiederholt verkündet. Wie gesagt, wenn man den Gipfel erreichen will, darf man nicht in der Bergstation hängen bleiben.
Folgendes ist uns auch noch wichtig, wenn wir das Grundrecht und diese Situation angemessen würdigen wollen. Eine Aufzeichnung kann nicht automatisch
stattfinden. Man kann nicht automatisch eine Mail nach der anderen empfangen, und irgendwann setzt sich je mand hin, um die Mails auszuwerten. Aus unserer Sicht ist das eine unmögliche Vorgehensweise. Deshalb sind wir dafür, und das ist im Hinblick auf diesen gravieren den Grundrechtseingriff auch notwendig, dass die Po lizei tatsächlich dabeisitzt, wenn der EMailVerkehr überwacht wird. Die Polizei entscheidet dann von Fall zu Fall.
Der Schutz des persönlichen Kernbereichs ist ganz wichtig; hier kann ich auch den Datenschutzbeauftrag ten zitieren. Wir haben die Pflicht, bestimmte Gesetze zu machen. Jeder muss wissen, was sich der Gesetz geber in diesem Zusammenhang vorstellt und woran er ist. Wenn aber der Kernbereich sich unmittelbar im privaten Gespräch zu äußern, im Verwandtenkreis, Freunden gegenüber, beruflich nicht geschützt ist, weil man ihn gar nicht erst definiert, dann ist das ver fassungstechnisch grob falsch.
Dieser Kernbereich soll nachträglich durch das Gericht überwacht werden. Wenn eine solche Maßnahme ein geleitet werden sollte, was hat dann ein Kollegialgericht in diesem Zusammenhang zu tun? Wenn diese Leute wirklich gefährlich sind, dann müsste man hunderte, tausende EMails lesen und danach bewerten, ob sie den Kernbereich oder den Nichtkernbereich treffen. Das ist vollkommen überflüssig, und es ist auch nicht tauglich. Wir müssen diesen Kernbereich, wenn wir ihn tatsächlich im Gesetz haben wollen, insoweit definie ren, als es heißt, Aufzeichnungen, so wie das in unse rem Antrag steht, sind unzulässig, wenn sie den persönlichen, den privaten Kernbereich, die private Le bensgestaltung betreffen. Von konkreten Anhaltspunk ten ist dann auszugehen, wenn die Kommunikation mit engsten Familienangehörigen geführt wird oder mit Personen, mit denen man in gleicher Weise vertraut ist. Das ist unser Vorschlag, in dem wir den Kernbereich sozusagen festzurren, damit der Richter Möglichkeiten hat, zu entscheiden. Das ist im Gesetzentwurf der Staatsregierung nicht geschehen. Aus unserer Sicht ist die Norm zu unbestimmt. Ich bin deshalb davon über zeugt, dass Ihnen das Bundesverfassungsgericht auf unseren Antrag hin das Gleiche sagen wird.
An die Adresse der FDP muss ich sagen: Sie lehnen eigentlich die OnlineDurchsuchung ab, wenn ich das richtig sehe. Sie erachten die Eingriffe als gravierend, aber Sie machen mit, damit sie auch weiterhin Teil der Regierung sein dürfen.
Sie tun das unter dem Gesichtspunkt: Hauptsache ich bin dabei. Gleichzeitig aber sagen Sie: Wir schützen die Grundrecht, wir sind liberal. Wenn das Ihre Liberalität ist, um dabei zu sein, dann haben Sie recht. Das ent spricht aber nicht unserem Verständnis von Liberalität.
Als weitere Bemerkung in diesem Zusammenhang muss ich sagen, ich verstehe auch nicht, warum Sie nicht gleich Nägel mit Köpfen machen und den Bericht des Datenschutzbeauftragten in den Gesetzentwurf einarbeiten. Sie haben doch festgestellt, dass es beim Kernschutz deutliche Mängel gibt. Sie warten es aber lieber ab. Der Gipfel an Frivolität wäre es aber, wenn Sie unsere Verfassungsbeschwerde abwarten würden, um hinterher die Gründe einzuarbeiten und dann zu sagen: Wir haben es geschafft, jetzt ist das Gesetz ver fassungskonform. Wir sind nicht Ihre Seilbahn, damit Sie auf den Gipfel kommen. So geht das nicht.