Protokoll der Sitzung vom 15.07.2009

Wir stehen zu den Beamtinnen und Beamten in unserem Land. Sie leisten hervorragende Arbeit. Völlig zu Recht gelten sie als die Besten in der Republik. Fakt ist aber, dass Beamte und Angestellte im öffentlichen Dienst ungleich behandelt werden. Es gibt Fälle - die habe ich in meinem eigenen Umfeld als Referatsleiter selbst erlebt -, dass zwei Personen im selben Raum mit ein und derselben Aufgabe unterschiedlich lang arbeiten müssen, die eine Person als Angestellte rund 40 Stunden, die andere als Beamtin rund 42 Stunden.

(Christa Naaß (SPD): Das hat die CSU gemacht!)

Diese Ungleichbehandlung ist ungerecht. Bayern ist, anders als Hessen, nicht den Weg gegangen, aus der Tarifgemeinschaft der Länder auszusteigen und auf diesem Wege eine Gleichbehandlung von Angestellten und Beamten herbeizuführen. Deshalb ist es nur folgerichtig, jetzt von der 42-Stunden-Woche für Beamte wegzukommen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Das hat die Staatsregierung nach intensiven Gesprächen mit der CSU-Fraktion, den Verbänden und den Gewerkschaften im März dieses Jahres angekündigt. Das wurde in einer Sitzung des Ministerrats am 24. März beraten, an der auch der Chef des Beamtenbundes teilnahm.

(Zuruf der Abgeordneten Christa Naaß (SPD))

Am Konzept zur Rückkehr zur 40-Stunden-Woche wird derzeit gefeilt.

(Christa Naaß (SPD): Vier Monate ist das her! Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Da ist die Feile jetzt schon sehr stumpf!)

Darüber werden konkrete Gespräche geführt. Mit einem Fingerschnippen, wie Ihr Antrag das glauben machen möchte, ist es nicht getan. So einfach und holzschnittartig ist die Sache nicht. Immerhin fehlen dann knapp 5 % der Arbeitskraft der Beamtinnen und Beamten in Bayern, was insbesondere in den beiden Bereichen Probleme macht, die besonders intensiv mit Beamten besetzt sind, nämlich in den Schulen und bei der Polizei.

(Christa Naaß (SPD): Das ist doch für die CSU nichts Neues!)

Hier müssen aufgrund der Kürzung der Wochenarbeitszeit mehr Stellen geschaffen werden. Bei der Polizei kommt die Schwierigkeit hinzu - das wissen Sie auch -, dass man die Leute mindestens zwei Jahre ausbilden muss, bevor man sie auf ihren Dienstposten einsetzen kann. Das alles wollen wir aber tun.

Außerdem ist die Einführung der 42-Stunden-Woche seinerzeit mit einer Verpflichtung zum Personalabbau verbunden gewesen, die derzeit noch nicht überall vollzogen ist. Aus meiner Sicht ist es ein sinnvoller Weg, schon jetzt diese Abbauverpflichtung auszusetzen, wo sie noch nicht vollzogen ist.

(Christa Naaß (SPD): Dann lassen wir getrennt abstimmen, dann passt das!)

Über all das wird intern gerade intensiv diskutiert. Es wird überlegt, wie die genauen Konditionen der Rückkehr zur 40-Stunden-Woche sein werden. In wenigen Wochen wird es Ergebnisse geben; dann wird ein exakter Zeitplan vorgestellt werden.

Alle Maßnahmen, die Sie in Ihrem "Hallo-uns-gibt’sauch-noch"-Antrag fordern, sind am Laufen; das ist auch öffentlich angekündigt worden. Die Koalitionsfraktionen und die Staatsregierung machen derzeit Nägel mit Köpfen. Die Rückkehr zur 40-Stunden-Woche wird kommen. Dazu bedarf es Ihres Antrags nicht, der nur ein Schaufensterantrag ist. Ich möchte es mit einem Bild ausdrücken: Sie wollen mit Ihrem Antrag nur einen Zug anschieben, der längst volle Fahrt aufgenommen hat.

(Lachen bei der SPD)

Kurzum: Dieses Antrags bedarf es nicht. Wir werden ihn deshalb ablehnen.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Danke. Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Felbinger.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Kollege Seidenath, es ist schon ein bisschen befremdend, wie Sie den durchaus ernsten Dringlichkeitsantrag der SPD hier als halbseidenen Antrag hinstellen und wie Sie die ernsthaften Anliegen der Beamten durch den Kakao ziehen.

(Beifall bei den Freien Wählern und Abgeordneten der SPD)

Es war doch Ihr Ministerpräsident, der mit diesem populären Thema vor den Europawahlen Wahlkampf gemacht hat, um die CSU nach Europa zu retten.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Wir Freie Wähler können das Anliegen der Rückkehr zur 40-Stunden-Woche bei den Beamten nur begrüßen; denn die seit 2004 existierende Ungleichheit von Beamten und Angestellten war nie nachvollziehbar und vor allem ungerecht.

(Beifall bei den Freien Wählern und Abgeordneten der SPD)

Wir möchten den Ministerpräsidenten beim Wort nehmen und legen Wert darauf, dass es nicht bei Lippenbekenntnissen vor anstehenden Wahlen bleibt, sondern dass diese Ankündigungen auch realisiert werden, und zwar sofort und mit allen haushaltsrechtlichen Konsequenzen.

(Beifall bei den Freien Wählern und Abgeordneten der SPD)

Damit würde dann ein weiterer Mosaikstein vom ausgeglichenen Haushalt wegbrechen. Die Rückführung der Arbeitszeit, deren Kosten zwischen 200 und 330 Millionen taxiert werden, muss irgendwie finanziert werden. Damit sind wir schon bei einer Kernfrage, nämlich beim Wie und Wann der Finanzierung der teueren Seehofer’schen Versprechungen. Wie aus der CSU verlautet, soll am vergangenen Wochenende schon die Entscheidung gefallen sein, dass man in den Jahren 2012 und 2013 mit je einer Stunde Arbeitszeitverkürzung hantieren will. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das wäre erneut eine Verprellung der Beamten.

(Zurufe von der CSU: Warum?)

Kollegin Heckner hat in der "Augsburger Allgemeinen" bekundet, dass man den Beamten nicht erneut ein Hü heute und ein Hott morgen zumuten will.

Was ist denn das für ein Herumgeeiere? So ein vollmundiges Versprechen ist eben nicht einzulösen, ohne Schulden zu machen.

Kollege Schuster hat schon die verschiedenen Skeptiker in Ihren Reihen zitiert, zum Beispiel den Fraktionsvize König. Bei der Umsetzung tauchen bei den Lehrern die größten Probleme auf, weil der Zugewinn an Qualität durch die Neueinstellungen mit 130 Stunden gleich wieder entfallen würde. Wir brauchen für die Lehrer intelligente und pragmatische Lösungen, wie das der Kultusminister immer propagiert. Beispielsweise könnte man ein Arbeitszeitkonto schaffen und den Lehrern nach einer gewissen Zeit ein Sabbatjahr gönnen. Man könnte die Bedingungen für die Pensionäre flexibler machen, etwa dergestalt, dass sie nach der vierten Stunde weiter bezahlt werden. Man könnte auch die Grundschullehrer - ich glaube, es sind 800, die nicht in den Dienst können - universeller einsetzen.

Kollege Schuster hat schon darüber gesprochen, wie es bei der Polizei und bei den Hochschulen aussieht. Das Finanzministerium ist um seine Aufgabe nicht zu beneiden und, wenn man den Pressemeldungen Glauben schenken darf, ziemlich ratlos. Vielleicht überrascht aber der Ministerpräsident - darauf hoffen wir alle - eines Morgens die Beamten im Finanzministerium mit einer Lösung.

Wir von den Freien Wählern fordern deshalb endlich ein Konzept zur Umsetzung, das Sie uns schon seit Monaten versprochen haben. Wir wollen den Beamten helfen und sie nicht an der Nase herumführen.

(Beifall bei den Freien Wählern, der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank. Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Sprinkart.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Um es vorweg zu sagen: Wir unterstützen ausdrücklich die Ankündigung des Ministerpräsidenten, die 42-Stunden-Woche für Beamtinnen und Beamte zurückzunehmen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Allerdings haben solch einsame Entscheidungen des Ministerpräsidenten ihre Tücken, stellen sie doch die Verwaltung vor Probleme, die diese nicht ohne weiteres lösen kann. Pfeifen Sie Parteifreunde zurück, die noch vor Kurzem in diesem Hause sehr ausführlich begründet haben, warum eine Zurücknahme der 42-Stunden

Woche überhaupt nicht möglich ist. Herr Seidenath, wenn ich bei Ihrem Bild bleiben darf, wonach die Opposition auf einen Zug aufspringen wolle, der bereits voll im Laufen sei, dann muss ich Ihnen sagen: Ich sehe das überhaupt nicht so. Der Zug ist bis zur Ankündigung des Ministerpräsidenten in eine vollkommen andere Richtung gefahren. Wir sind im Augenblick noch damit beschäftigt, zu bremsen, die Fahrt in die neue Richtung haben wir noch lange nicht aufgenommen. Das ist die Realität.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Die Probleme sind angesprochen: Bei der Polizei werden wir bis zum Jahre 2013 definitiv einen Personalabbau haben. Von daher wird mir niemand erklären können, wie wir dort eine Reduzierung der Wochenarbeitszeit praktisch umsetzen können. Ähnliches gilt für Lehrer. Wenn die Umsetzung der Kürzung der Wochenarbeitszeit in der allgemeinen Verwaltung und der Finanzverwaltung bedeutet, dass einfach die Akten länger liegen bleiben, bis sie bearbeitet werden, dann stellt das keine Umsetzung in dem Sinne dar, wie wir uns das vorstellen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Erster Schritt müsste sein, wenn wir die Zurücknahme der 42-Stunden-Woche ernst nehmen, den Stellenabbau zu stoppen. Allein im Jahre 2009 werden 525 Stellen eingezogen. Wer beklagt, wir hätten zu wenig Personal, gleichzeitig aber die Wochenarbeitszeit zurücknehmen will, kann schlecht Stellen streichen. Das sind zwei Maßnahmen, die nicht zusammenpassen. Um bei dem Bild des Zuges zu bleiben: Bei den von mir aufgezählten Aspekten müssten die Weichen richtig gestellt werden, damit der Zug in die andere Richtung fahren kann.

Der Antrag der SPD ist nicht zeitlich befristet, sondern er will nichts anderes, als dass die Abgeordneten des Bayerischen Landtags an der Entscheidungsfindung teilhaben. Sie sollen teilhaben an dem Weg, den wir alle konstruktiv unterstützen. Ich kenne niemanden, der nicht die Rücknahme der Wochenarbeitszeit will. Wir möchten aber nicht irgendwann vor vollendete Tatsachen gestellt werden.

(Zurufe von der SPD)

- Die trauen sich das jetzt nicht mehr zu sagen, wenn der Chef etwas anderes will. Wir wissen ja, wie die Strukturen hier sind.

Wir möchten an der Entscheidungsfindung beteiligt werden. Solange man uns nicht sagt, wohin die Reise in etwa gehen sollte, werden wir uns erlauben, die Ernsthaftigkeit bei der Umsetzung anzuzweifeln.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Danke schön. Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Klein.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich darf ganz kurz aus einem Leitmedium aus Unterfranken, dem "Main-Echo" vom Dienstag, dem 14. Juli, zitieren: