Protokoll der Sitzung vom 15.07.2009

Was Sie, Ihre Partei und die CSU, insbesondere der Ministerpräsident, den Menschen angesichts des 27. September an Wolkenkuckucksheimen versprechen, ist nicht mehr akzeptabel.

(Beifall bei der SPD)

Wer gleichzeitig Schulden abbauen möchte, mehr Investitionen und darüber hinaus auch noch Steuersenkungen fordert, hat nicht nur das kleine Einmaleins verlernt, sondern täuscht bewusst Wählerinnen und Wähler über die gegebenen Möglichkeiten hinweg. Da sind sich nahezu alle Medien, auch die großen Wirtschaftsblätter einig.

So war in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" vom 29. Juni unter der Überschrift "Aus einer anderen Welt" zu lesen:

Irgendwo muss die Union einen Goldschatz horten. Anders ist es nicht zu verstehen, mit welchen haarsträubenden finanziellen Versprechen sie in den Wahlkampf zieht.

Das "Handelsblatt", bestimmt nicht verdächtig, linke Ideologien zu verbreiten, schrieb am 30. Juni unter dem Titel "Wünsch dir was":

Ein Mitwirkender fehlt im Autorenverzeichnis des gemeinsamen Wahlversprechens von CDU und CSU: Baron Münchhausen.

Die "Süddeutsche Zeitung" titelte am selben Tag ihren Beitrag zu diesem Thema - ich will es bei drei Beispielen von vielen belassen - mit zwei ganz einfachen Worten: "Die Steuerlüge".

Herr Staatsminister, wir hätten letztlich gern auch noch gewusst, was denn an Essenz und Effekten im Mittelstandspakt geschrieben steht. Pakte und Bündnisse hatten wir schon zuhauf. Es ist ja in Ordnung, sich mit namhaften Verbänden und Unternehmen zu verbünden. Es ist anerkennenswert, wie sich Verbände, Initiativen und Unternehmen bemühen, aus der Krise herauszukommen. Aber auf politischer Seite wurde daraus viel Wind gemacht. Wir wüssten zu gern, wohin das Schiff mit diesem Wind segeln soll, und vor allem, wie Sie den Wind in die Segel blasen wollen.

Es ist jedenfalls deutlich zu wenig, wenn Sie auf bayerische Selbstheilungskräfte allein vertrauen und uns auffordern, uns auf die große Kraft unseres wunderbaren Landes und seiner Menschen zu besinnen. Wir sind stolz vor allem auf die Menschen in diesem Land. Aber es muss nicht immer und immer wieder der Eindruck erweckt werden, als ob die CSU den Chiemsee ausgehoben und damit die Alpen erschaffen hätte.

Die Menschen, die Sie in diesem wunderbaren Land ansprechen, erwarten von Ihnen, dass Sie mit überzeugenden Ideen und Maßnahmen vorangehen. Nach dieser Regierungserklärung schwindet allerdings meine Hoffnung eher dahin.

Ich bin versucht, Shakespeare aus seinem "Sommernachtstraum" zu zitieren:

Eine gute Lehre, gnädiger Herr: Es ist nicht genug, dass man redet, man muss auch richtig reden.

Und ich füge hinzu: Man muss auch zur richtigen Zeit das Richtige tun.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Dr. Wengert. Nächster Redner für die CSU-Fraktion: Kollege Huber. Bitte schön.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Wengert, die SPD hat jetzt mit einer solchen Inbrunst gegen Steuersenkungen gesprochen, dass ich fragen muss: Wo ist denn die SPD als Arbeitnehmerpartei geblieben?

(Zuruf des Abgeordneten Hans Joachim Werner (SPD))

Wir sind auf die Leistungsträger ausgerichtet. Wir wollen eine Entlastung derer, die jeden Tag eine gute Leistung erbringen. Wir werden die wirtschaftlichen Schwierigkeiten nur mit Wachstum meistern, und für das Wachstum braucht es Anreize, und das sind Steuersenkungen für die Normalverdiener.

(Beifall bei der CSU - Zuruf der Abgeordneten Maria Scharfenberg (GRÜNE))

Man muss wissen, dass sich die SPD in ihrem Wahlprogramm für Steuererhöhungen ausspricht. Sie wollen den Spitzensteuersatz erhöhen und eine neue Steuer die Börsenumsatzsteuer - einführen. Eines weiß ich ganz gewiss: Eine wirtschaftliche Krise meistert man nicht durch Steuererhöhungen und nicht, indem man die Leistungsträger schröpft. Da sind Sie auf einem völlig falschen Weg, meine Damen und Herren von der SPD.

(Beifall bei der CSU und Abgeordneten der FDP - Zuruf des Abgeordneten Ludwig Wörner (SPD))

Insgesamt stimmt die CSU der Lagebeurteilung des Wirtschaftsministers zu. Wir befinden uns in einer der schwierigsten Krisen seit 100 Jahren.

(Zuruf von der SPD: Vor der Wahl haben Sie etwas anderes gesagt!)

Diese Krise entstand in erster Linie durch die Fehlentwicklungen in den Vereinigten Staaten von Amerika

(Zurufe von der SPD und den GRÜNEN: Ja, klar doch!)

und in anderen Ländern, aber sie ist nicht in Deutschland hausgemacht. Wir sind in der globalisierten Welt mit betroffen. 50 % unserer Industrieprodukte gehen in den Export, und deshalb wirkt sich das auf die Beschäftigung, die Produktion, die wirtschaftliche Entwicklung und das Wachstum bei uns aus. Das ist die eine Seite.

Wir dürfen den Menschen nichts vormachen. Es wird noch längere Zeit dauern, bis wir aus der Krise herauskommen. Wichtige Entscheidungen sind gefallen, zum Beispiel die Kontrolle der Finanzmärkte, das Konjunkturprogramm, die abgestimmten Konjunkturprogramme vieler Länder. Das ist auch der Unterschied zur Zeit um 1929/30. Jetzt handeln die Staaten koordiniert. Sie geben zusätzliches Geld in den Kreislauf und stabilisieren damit die Beschäftigung.

Auf der anderen Seite - das ist für Bayern sehr bedeutsam - haben wir die geringste Arbeitslosigkeit in Deutschland. Wir haben die höchste Frauenerwerbsquote, die geringste Kinderarmut, die geringste Jugendarbeitslosigkeit und die meisten Lehrstellen. Wir können also der bayerischen Wirtschaft bestätigen, dass sie bisher mit großem Geschick mit diesen wirtschaftlichen Schwierigkeiten aufgrund der Globalisierung umgegangen ist.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Herr Kollege Zeil, mich freut es sehr, dass Sie sagen, die Marke Bayern habe einen guten Klang in der Welt. Das stimmt sehr wohl. Diesen guten Klang hat sie nicht erst seit wenigen Monaten, sondern er ist das Ergebnis einer jahrzehntelangen guten Leistung der Wirtschaft und auch einer richtigen Wirtschafts- und Landespolitik, die in Bayern betrieben wurde.

(Beifall bei der CSU)

Wir bekennen uns ausdrücklich zu einer aktiven Wirtschaftspolitik. Der Nachtwächterstaat, der den Markt ganz alleine lässt und nur zusieht, war nie die Philosophie der Politik in Bayern. Ich darf daran erinnern, dass es gerade Franz Josef Strauß war, der mit dem Airbus eine Industrieentwicklung auf den Weg gebracht hat, ohne die es heute überhaupt keine europäische Flugzeugproduktion gäbe. Wir haben uns immer dazu bekannt, dass wir Regionalpolitik betreiben. Die Investitionsförderung in den schwächeren Räumen hat dazu geführt, dass wir heute ein sehr viel geringeres Gefälle zwischen den Ballungsräumen und dem ländlichen Raum haben. Ein Wirtschaftswunder der Nachkriegszeit ist gerade auch die wirtschaftliche Entwicklung der ländlichen Räume im Osten Bayerns, in Niederbayern, in der Oberpfalz und in Oberfranken.

Wir haben Forschungsförderung betrieben und eine moderne Infrastruktur geschaffen, zum Beispiel den

Flughafen München oder den Main-Donau-Kanal sowie Straßen und Schienen. All dies macht den Standort Bayern aus, der heute mit die beste technologische Situation in ganz Europa hat. Das gibt uns auch die Aussicht, dass wir aus dieser wirtschaftlichen Krise schneller und besser herauskommen als andere Räume in Europa. Das ist unser erklärtes Ziel, meine Damen und Herren.

Was die Arbeitnehmer angeht, möchte ich herausstellen, dass das Kurzarbeitergeld die wirksamste Hilfe im Konjunkturprogramm ist. Viele Betriebe nehmen zusätzliches Geld in die Hand, um auf diese Weise Fachkräfte im Betrieb zu halten, damit sie gewappnet sind, wenn die Wachstumsphase wieder beginnt. Ich möchte deutlich machen, dass wir diese Zeit auch für die Qualifizierung nutzen. Keinesfalls bezahlen jene, die außerhalb des Erwerbslebens stehen, heute die Zeche. Gerade der Sozialstaat sichert über Hartz-IV-Leistungen diesen Menschen ein zuverlässiges Einkommen. Diese Sozialleistung des Sozialstaats ist ein wesentliches Element der sozialen Marktwirtschaft.

Die Menschen haben auch deshalb Angst, weil sie sich fragen, ob sich der Staat übernommen hat, ob er möglicherweise durch die Verschuldung, die bei zwei Billionen, also 2.000 Milliarden im Gesamtstaat liegt, die Zukunft des Landes verfrühstückt oder ob sie eine Quelle für eine Inflation in der Zukunft ist. Die Risiken bestehen zwar, aber eines ist auch klar: Die Notenbanken haben die Möglichkeit, jeder inflationären Tendenz entgegenzuwirken. Wir als Staat werden solchen Bestrebungen der Notenbanken nicht in den Arm fallen; denn wir wissen, dass eine Inflation gerade die Ärmeren und die Arbeitnehmer trifft. Deshalb werden wir genau darauf achten, dass aus den gegenwärtigen wirtschaftlichen Problemen kein Schub an Inflation zulasten der Menschen in Bayern entsteht. Der Dreiklang von investieren, Schulden abbauen und Steuern senken ist in der Tat ein Modell und eine Zukunftsstrategie für die nächsten Jahre in Deutschland und auch in Bayern.

(Zurufe des Abgeordneten Dr. Martin Runge (GRÜNE))

Ich konnte gerade lesen, dass BMW die Kurzarbeit für September und Oktober aussetzen kann, weil man dort beginnt, neue Modelle zu bauen. Innovation und neue Modelle bergen Chancen, um Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. Deshalb brauchen wir Investitionen, auch der öffentlichen Hand, in Modernisierung der Infrastruktur und in die Forschungsförderung. Ohne solche Wachstumsanreize werden wir auf den Weltmärkten der Zukunft nicht erfolgreich sein.

Eines ist auch klar - da haben Sie völlig recht, Herr Zeil -, dass die Märkte der Zukunft anders sein werden. Die

USA werden ihre Funktion als Lokomotive für längere Zeit verlieren. Wir müssen den europäischen Binnenmarkt gut bedienen, und wir müssen auf den asiatischen Märkten präsent sein. Es gilt, dort mit Qualität in der Erzeugung und Qualität des Produkts Marktanteile zu sichern und auszubauen. Zu einer solchen Strategie gibt es keine sinnvolle Alternative.

Herr Ministerpräsident, wir begrüßen sehr, dass Bayern maßgeblich daran beteiligt war, die Schuldenbremse im Grundgesetz zu verankern. Damit ist sichergestellt, dass die Schuldenaufnahme bis zum Jahr 2020 reduziert wird und es zu ausgeglichenen Haushalten kommt, wie es Bayern Gott sei Dank realisiert hat. Wir wollen die Steuersenkung als Leistungsanreiz. Die CSU spricht sich dafür aus, die Einkommensteuer im Jahr 2011 und 2012 in zwei Schritten abzusenken. Das macht für den Freistaat Bayern im Jahr schätzungsweise 300 Millionen aus. Ich bin der Überzeugung, dass der Freistaat Bayern das bei seinem Haushaltsvolumen von mehr als 40 Milliarden auch finanzieren kann. Meine Damen und Herren, das wird sich zum Teil von selbst finanzieren. Das ist ein notwendiger Wachstumsimpuls und Leistungsanreiz. Wenn wir das nicht machen, wird dem Arbeitnehmer über die kalte Progression immer mehr weggenommen. Damit geht die Steuerpolitik genau in die falsche Richtung, und diese Entwicklung müssen wir umkehren.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Wir wollen neben diesen Korrekturen bei der Einkommensteuer auch im Zuge einer Unternehmensteuerreform Korrekturen herbeiführen. In diesem Zusammenhang hat uns Herr Steinbrück einige Kröten in die Gegenfinanzierung hineingelegt. Dabei spreche ich von der Zinsschranke, der Frage des Verlustabzugs, aber auch der Frage einer verbesserten Abzugsfähigkeit von geringwertigen Wirtschaftsgütern. Für uns steht auch die Überlegung im Vordergrund, ob man Bilanzierungsvorschriften ändern sollte, um eine pro-zyklische Wirkung von internationalen Bilanzierungsvorschriften zu reduzieren.

Wir von der CSU sind auch der Meinung, weitere Korrekturen auf dem Rechtsgebiet zu benötigen, das leider in der Großen Koalition nicht anders geregelt werden konnte, nämlich bei der Erbschaftsteuer. Es muss möglich sein, ohne Überforderung durch bürokratische Lasten einen mittelständischen Betrieb erbschaftsteuerfrei erben zu können. Das ist für uns eine wesentliche Voraussetzung dafür, den Mittelstand zu mobilisieren.

Ich sage für die CSU deutlich: Wir geben auch eine Garantie der Gewerbesteuer ab. Die Kommunen brauchen verlässliche Finanzierungsgrundlagen und im Übrigen hat die Gewerbesteuer für die Wirtschaft den

Schrecken verloren. Bei den Körperschaften liegt die Gesamtsteuerbelastung bei unter 30 %, bei den Einzelunternehmen wird sie auf die Einkommensteuerschuld angerechnet. Es sollte niemand durch solche Wunschvorstellungen in Bezug auf die Gewerbesteuer die kommunale Investitionsbasis schmälern und reduzieren. Die Kommunen können sich bei uns auf die Gewerbesteuer verlassen.

(Beifall bei der CSU)

Ich stimme hinsichtlich der Kreditklemme den Aussagen zu. Ich möchte dabei ausdrücklich unsere Sparkassen und Genossenschaftsbanken loben. Ich bin davon überzeugt, es wäre für den Mittelstand bedeutend schlimmer, wenn wir nicht in den Sparkassen und Genossenschaftsbanken entsprechende Mittelstandsbanken hätten. Deshalb werden wir auch gegenüber Brüssel deutlich machen: Hände weg von dieser bewährten Form der Sparkassenorganisation, die vor Ort die beste Versorgung für den Mittelstand gewährleisten kann. Bundesfinanzminister Steinbrück sollte, statt große Worte zu schwingen, dafür sorgen, dass beispielsweise die Abwicklung von Bürgschaften über die KfW nicht Monate dauert. Das wäre ein wichtiger Beitrag für die Liquiditätsversorgung unserer Wirtschaft.

Noch eines muss ich sagen - dies fällt in den Zuständigkeitsbereich von Herrn Steinbrück -: Die BaFin, die Bankenaufsicht, hat sich in den letzten Jahren darauf konzentriert, kleine Kredite an den Mittelstand massivst zu kontrollieren und Bankenverantwortlichen Angst zu machen. Bei den großen Anlagen hat man alles übersehen, und beim Kleinkredit ist man massiv darangegangen. Ich meine, wir brauchen auch hier vernünftige und mittelstandsfreundliche Regelungen der Bankenaufsicht.

(Beifall bei der CSU)