Polizisten bekämpfen Terroristen von rechts und links, halten Demonstranten auseinander, versuchen wild gewordene Ehepaare zu besänftigen, sind bei Mord und Totschlag als Erste vor Ort. Polizisten werden mit Steinen beworfen, werden geschlagen, werden beschimpft und einige von ihnen leider Gottes auch im Dienst getötet. Sie müssen nicht selten den Kopf hinhalten für politische Entscheidungen, die von einer großen Anzahl von Bürgern nicht mitgetragen werden. Sie werden bei ihren Einsätzen oftmals verletzt, manchmal leider auch getötet - ich habe es gesagt -, und viele fühlen sich, Kolleginnen und Kollegen, nach einem pressewirksamen Auftritt des Ministers oder des Polizeipräsidenten im Krankenhaus dann oftmals allein gelassen. Aus diesem Grund verdienen sie nicht nur unsere Anerkennung, sondern sie brauchen unsere Unterstützung. Diese Unterstützung und Anerkennung dürfen sich nicht auf salbungsvolle Worte beschränken, die in diesem Haus bei Weihnachtsempfängen und ähnlichen Anlässen geäußert werden.
Herr Staatsminister, im Januar haben Sie schon angekündigt, dass sich etwas in Sachen Rechtsschutz tun muss. Als wir über den Fall Mannichl diskutierten,
Wir begrüßen dennoch die vorliegenden Anträge zum besseren Schutz der Polizeibeamten und werden diesen auch zustimmen. Aber da muss mehr Fleisch ran.
Es nützt uns nichts, wenn wir immer nur bloße Absichtserklärungen bekommen. Das Ganze muss endlich konkret werden.
Ich will nur zwei Beispiele aufführen, die beweisen, dass zwischen Anspruch und Wirklichkeit in Bayern leider eine riesige Lücke klafft. Am 17. Juni 2006 um 3.15 Uhr werden Beamte der Polizeiinspektion Dorfen zu einer Massenschlägerei nach Sankt Wolfgang geru fen. Die Polizei versucht, die Schläger zu trennen. Ein Beamter wird von hinten angesprungen und erleidet einen doppelten Unterschenkelbruch und einen dreifachen Bruch des Sprunggelenks. Er liegt mehrere Wochen im Krankenhaus und kann keinen Dienst verrichten. Während das Polizeipräsidium und die Landesanwaltschaft sofort einen Brief an den Schädiger schicken und Schadensersatz verlangen, weil der Kollege keinen Dienst verrichten kann, steht der Kollege mit seinen Schmerzensgeldforderungen alleine da. Bisher hatte er Prozesskosten in Höhe von 5.000 Euro, aber noch keinen einzigen Cent Schmerzensgeld erhalten. Vom Täter ist nichts zu holen. Dieser Kollege fühlt sich allein gelassen.
Nächstes Beispiel: Bei einer Auseinandersetzung am 12.05.2007 mit mehreren Personen wird in Unterfranken einem Polizeibeamten fast das Genick gebrochen. Die Beamten wollten eine aufgebrachte Menschenmenge beruhigen, als ein Täter von hinten dem Beamten mit Anlauf ins Genick sprang. Der Polizeibeamte, Jahrgang 1964, musste vorzeitig in den Ruhestand treten. Der Täter sitzt im Gefängnis. Es ist von ihm kein Cent zu holen, und der Polizist musste das Prozessrisiko völlig allein tragen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich glaube, wir sind uns alle einig, dass sich da etwas ändern muss.
Meines Erachtens verbietet sich auch eine Abgrenzung dahin gehend, ob es sich um Polizeibeamte oder Tarifbeschäftigte der Polizei handelt. Wir haben Beispiele,
dass Tarifbeschäftigte den Kollegen zu Hilfe geeilt sind, wenn Personen in der Haftzelle randalierten, dabei auch einen Schlag ins Gesicht bekommen haben und verletzt wurden. Diese Personen müssen auch unter diese Regelungen fallen.
Oder denken Sie an die Radarmessungen. Manche Betroffene, bei denen die Geschwindigkeit gemessen wurde, randalieren; einer ging mit der Axt auf das Radarmessgerät los und schlug dort das Glas ein und hat dabei eine Kollegin, eine Tarifbeschäftigte der Polizei, verletzt.
Es ist auch egal, ob die bei der Polizei beschäftigten Personen bei Auseinandersetzungen mit Hooligans im Rahmen von Sportveranstaltungen oder bei Demonstrationen oder Straftaten mit extremistischem Hintergrund verletzt werden.
Ich bin sicher, liebe Kolleginnen und Kollegen, auch Ihnen wäre es egal , ob es ein gewalttätiger Fußballfan, ein ausgerasteter Ehemann oder ein Demonstrant ist, wenn Sie einen Pflasterstein ins Genick geworfen bekommen. Die Wirkung ist jeweils die gleiche.
Dass es besser geht, beweisen andere Bundesländer. In Rheinland-Pfalz, in Nordrhein-Westfalen und beim Bund haben wir schon wesentlich bessere gesetzliche Regelungen, die es den Polizeibeschäftigten ermöglichen, Schadens- und Schmerzensgeldansprüche gegenüber den Straftätern oder Verursachern auf Kosten des Landes durchzusetzen. Nach unserem Selbstverständnis müsste es eine Selbstverständlichkeit sein, dass die Bürger, in oder ohne Uniform, die für uns den Kopf hinhalten, grundsätzlich Rechtsschutz in vollem Umfang erhalten.
Vielen Dank, Herr Kollege Schneider. Nächste Wortmeldung: Kollege Hanisch für die Fraktion der Freien Wähler.
(Vom Redner nicht autori- siert) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Situation der Polizei haben wir in den letzten Wochen und Monaten häufiger zu Recht diskutiert. Was den Zustand unserer Polizei anbelangt, können wir feststellen: Wir leben in Sicherheit und Freiheit. Wir haben eine Polizei mit einer hohen Qualifikation, mit Wissen und einem tollen Ausbildungsstandard. Wir haben in Bayern den höchsten Sicherheitsstandard bundesweit. Ich glaube, da sind sich alle einig. Das ist die Ausgangssituation für unsere Diskussion. Ich darf mich bei dieser Gelegenheit im Namen der Fraktion herzlich bei allen
Gleichwohl haben alle fünf in diesem Plenum vertretenen Fraktionen heute einen Antrag gestellt, der sich - zumindest zum Großteil - mit der Verbesserung der Situation der Polizei befasst. Das geschieht nach meiner Auffassung zu Recht, wenn man sich ansieht, wie die Gewalt gegen Polizeibeamte immer stärker zunimmt. Die Polizeigewerkschaft hat auf ihrer Tagung am 27. Oktober 2008 und in ihrem Programm "Gewalt gegen Polizeibeamte" darauf hingewiesen, dass die Aggression gegen Polizeibeamte in den letzten Jahren ständig zugenommen hat. Wenn ich nun sehe, wie schwierig die Rechtssituation der Polizeibeamten ist, die mein Vorredner bereits aufgezeigt hat, dass die Beamten also beispielsweise für die Prozesskosten teilweise selbst aufkommen müssen, fehlt mir für all diese Dinge das Verständnis. Diese Leute halten ihren Kopf für uns hin und werden hinterher allein gelassen, wenn es darum geht, ihre Ansprüche durchzusetzen. Das kann in Zukunft so nicht weitergehen.
Wir haben im Ausschuss des Öfteren darüber diskutiert, dass die Sicherheitsbestimmungen verbessert werden müssen. Darüber waren wir uns alle einig, ebenso wie über die Tatsache, dass die persönliche Ausstattung der Polizisten einer Verbesserung bedarf. Man darf nicht nur salopp ankündigen: Liebe Polizisten, ihr bekommt nun zweimal 500 zusätzliche Stellen; denn das ist im Prinzip nur ein Ausgleich für die Stellen, die in den letzten Jahren durch Pensionierungen abgebaut wurden.
Man kündigt an, die 42-Stunden-Woche auf 40 Stunden zu reduzieren, sagt aber niemals dazu, ab wann das geschehen soll. Wenn ich in den Doppelhaushalt hineinsehe, sehe ich da einfach nichts. Und auf den nächsten Haushaltsplan zu warten, fällt natürlich außerordentlich schwer, insbesondere da nie angekündigt wurde, ab wann die 40-Stunden-Woche kommen soll. Herr Minister, vielleicht können Sie heute etwas Konkretes dazu sagen. Denn das ist es, worauf die Leute an der Basis warten. Allerdings wird dann die Situation für Sie noch schwieriger; denn es müssten eine Menge Leute mehr eingestellt werden.
Im Übrigen brauchen wir eine persönliche Schutzausstattung, die den Waffen des Gegners angepasst ist. Und wir haben überhaupt kein Verständnis für die Liberalisierung des Vermummungsverbots. Das ist ein inakzeptables politisches Signal. Die Abstufung des Straftatbestandes der Vermummung zur Ordnungswidrigkeit erhöht deutlich die Gewaltbereitschaft der zur
Aggression neigenden Demonstranten. Das wurde im Gesetz, das wir vor Kurzem beraten haben, total ignoriert.
Schadensersatz, Fürsorgeleistungen, Aus- und Fortbildung, all das gehört verbessert. Da kann der Standard noch so gut sein, es muss etwas getan werden. Nur noch besser ausgebildete und vorbereitete Polizisten sind im Ernstfall den Bedrohungen gewachsen, die auf sie zukommen.
Meine Damen und Herren, wir werden den Anträgen der GRÜNEN und der SPD zustimmen, haben allerdings beim Antrag von CSU und FDP unsere Bedenken. Es finden sich in den vier Punkten Formulierungen wie "… weiterhin darauf hinzuwirken …", oder "… hat sich bewährt und ist auch künftig beizubehalten;" bzw. "… auch künftig sicherzustellen, …". Das heißt im Klartext: weiter so wie bisher. Wir aber wollen Verbesserungen in diesem Bereich. Deshalb unser Antrag. Wir bitten Sie, stimmen Sie unserem Antrag im Interesse unserer Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten zu.
Vielen Dank, Herr Kollege Hanisch. Nächste Wortmeldung für die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Frau Kollegin Tausendfreund.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Gewalt gegen Polizistinnen und Polizisten ist ein absolut ernstzunehmendes Problem. Angesichts unserer Fürsorgepflicht sind wir gefordert, uns wirklich ernsthaft mit den Ursachen, dem Ausmaß und den Lösungsmöglichkeiten auseinanderzusetzen. Das geht aber nicht mit Anträgen, wie sie hier von CSU und FDP gestellt worden sind, da diese keinerlei Wirkung zeigen. Der Kollege hat es gerade gesagt: Dieses "weiter so" bringt nichts.
Einen wichtigen Beitrag für eine fundierte Debatte hat die Deutsche Polizeigewerkschaft im letzten Herbst mit ihrer Expertenrunde geleistet sowie mit den Ergebnissen, die dort zusammengetragen wurden. Gleichwohl können diese Forderungen nicht so einfach eins zu eins übernommen werden, sondern müssen kritisch hinterfragt werden.
Die zunehmende Gewalt gegen die Polizistinnen und Polizisten ist ein sehr vielschichtiges Problem. Deswegen benötigen wir eine fundierte Basis an Informationen, um die richtigen Schlüsse ziehen zu können. Wir haben deshalb Anfang des Jahres einen Berichtsantrag gestellt, der hier im Hause im Mai einstimmig verabschiedet worden ist. Dieser Bericht hätte schon längst gegeben werden können. Er verlangt Auskunft darüber, wie der Freistaat seiner Fürsorgepflicht den Betroffe
nen gegenüber nachkommt, und zwar gegenüber allen Beamten; denn auch Lehrer können von Angriffen betroffen sein.
Wir haben außerdem am 7. Juli eine Anfrage gestellt, wie viele und welche Straftaten es gegenüber Polizisten in den letzten Jahren gegeben hat, welche Folgen diese für die Betroffenen hatten, mit welchen Instrumentarien wir adäquat reagieren können und welche Unterstützung der Freistaat den Betroffenen geben kann bzw. wie er sie verbessern kann. Außerdem wollten wir wissen, wie das Phänomen der Zunahme der Gewalt gegen Polizeibeamte besser untersucht werden kann, damit wir eine gute Basis haben.
Für die Diskussion wäre es gut gewesen, wenn wir den Bericht und die Beantwortung der umfassenden Anfrage abgewartet hätten, aber heute wurde nun einmal die Debatte von den Koalitionsfraktionen vom Zaun gebrochen. Wir haben darauf mit unserem Dringlichkeitsantrag auf sachlicher Basis reagiert und die wichtigsten Forderungen herausgegriffen, die, so denke ich, unstrittig sein müssten.
In unserem Antrag geht es zunächst einmal um die statistische Basis. Jetzt tauchen Angriffe auf Polizeibeamte nicht explizit in der Kriminalstatistik auf. Gerade die schwereren Körperverletzungsdelikte verschwinden unter den Körperverletzungsdelikten, es wird nicht dargestellt, wer jeweils die Opfer sind. Das sollte geändert werden, und das muss auf Bundesebene mit den anderen Ländern vereinbart werden.
Die nächste Forderung ist die verbesserte personelle Ausstattung. Die jetzige Einstellungspraxis reicht nicht aus. Es ist zu wenig, wenn dieses und nächstes Jahr zweimal 500 Anwärter eingestellt werden sollen. Wir benötigen eine verstetigte Einstellungspraxis. Nötig ist eine bessere Aus- und Fortbildung der Polizeibeamtinnen und -beamten und eine bessere Vorbereitung auf Ausnahmesituationen. Wir brauchen auch Beschäftigungsansprüche, wenn eine Erwerbsminderung aufgrund eines Dienstunfalls vorliegt.
Ein weiterer wichtiger Punkt: Der Freistaat muss bei Schadensersatzansprüchen einstehen, welche die Polizisten gegen die Schädiger haben, wenn diese nicht beizutreiben sind. Es kann nicht sein, dass die Polizisten auf den Kosten und ihren Ansprüchen sitzen bleiben. Diese müssen vom Freistaat übernommen werden.
Dem SPD-Antrag stimmen wir voll zu. Er fordert die Kostenerstattung schon im Vorfeld, wenn die Rechtsstreitigkeiten laufen. Die Beamten dürfen nicht mit dem Prozessrisiko allein gelassen werden, zum Beispiel
wenn sie Schmerzensgeldansprüche aufgrund von Verletzungen, die sie im Dienst erlitten haben, geltend machen wollen.
Dem Antrag der Freien Wähler können wir leider nicht zustimmen. Das liegt nicht am Antrag selbst, sondern an den Inhalten der Begründung. Die Begründung wurde eins zu eins von den Forderungen der Deutschen Polizeigewerkschaft übernommen. Darin sind einige Dinge enthalten, die so nicht stehen bleiben können. Wir halten die Anschaffung von Distanzwaffen für kritisch, ebenso die Position, das Versammlungsrecht gewissermaßen zu verschärfen. Wir können nicht mittragen, dass sich die Begründung gegen die Liberalisierung des Vermummungsverbotes wendet. Schon jetzt ist es so, dass es zum Teil bereits als Verstoß gegen das Vermummungsverbot gewertet wird, wenn jemand im Rucksack einen Schal dabei hat.
Ich schildere ein lustiges Beispiel. Bei einer Demonstration gegen rechtsradikale Umtriebe in Gräfenberg haben sich mehrere Bürgermeister der umliegenden Gemeinden abgesprochen und sind als Nikoläuse aufgetreten. Sie mussten dann den Nikolausbart herunterziehen, damit ihr Gesicht frei war, sonst wäre das als Verstoß gegen das Vermummungsverbot gewertet worden. Das ist wirklich lächerlich.
Bei der geforderten Verschärfung von § 113 des Straf gesetzbuches - Widerstand gegen Vollstreckungsbe amte - können wir auch nicht mitziehen; denn Widerstandshandlungen sind nicht immer mit Verletzungen der Beamten verbunden. Wenn Verletzungen vorliegen, dann gibt es bereits einen viel größeren Strafrahmen bei den Körperverletzungsdelikten, nämlich von fünf bis maximal zehn Jahren bei schweren Körperverletzungen, der dann greift. Eine Verschärfung des § 113 StGB können wir nicht mittragen.
Der CSU-Antrag ist ein Aufguss des damals zurückgezogenen Dringlichkeitsantrags. Sie müssen natürlich wieder Rechts- und Linksextremisten gleichsetzen. Bei der im Freistaat Bayern praktizierten Vorgehensweise "Deeskalation durch Stärke" wäre bei manchen Demonstrationen schon ein bisschen mehr Augenmaß angebracht. Sie reduzieren das Gewaltproblem auf Sportveranstaltungen und Demonstrationen. Das Gewaltproblem gibt es aber auch bei normalen Einsätzen, Stichwort Jugendgewalt oder betrunkene Randalierer etc. Sie nennen überhaupt keine konkreten Maßnahmen, sondern äußern nur vage Vorstellungen bei der Rechtsschutz- und Kostenübernahme. Das ist ein Schaufensterantrag. Wir haben auch kein Verständnis dafür, dass nach Ihrer Meinung bayerische Polizisten in