Protokoll der Sitzung vom 22.10.2009

Sie haben mir sehr freundlich geantwortet und schreiben, alle Ihre Ministerien - es ging auch noch darum, dass Sie die Kräfte innerhalb der Staatsregierung bündeln und gemeinsam für das Unternehmen wirken arbeiteten zusammen und es gebe selbstverständlich wörtlich - einen engen Austausch zwischen Insolvenzverwaltung und Ihrem Haus.

Jetzt möchten wir, Kolleginnen und Kollegen aus dem Parlament, schon wissen - und dazu sollten wir uns Zeit nehmen, nicht heute vorschnell, sondern ich verweise auf die Ausschusssitzung im November in Nürnberg, die gerade angekündigt wurde -, was Sie in Ihrem Haus getan haben.

(Beifall bei der SPD)

Wie eng waren Sie mit dem Insolvenzverwalter in Verbindung? Wie konnte es sein, dass es erst 40 Investoren gab, dann 12, dann vier, dann null? Und wie ist dieser Prozess passiert? Selbst Ihre Arbeitsministerin, Frau Haderthauer, schreibt in der heutigen Zeitung, sie sei von diesem Ergebnis überrascht und könne es nicht nachvollziehen. Wie kann das sein, wenn Sie immer und ständig zusammengearbeitet haben, dass keiner vom anderen weiß und letztlich alle überrascht sind?

(Beifall bei der SPD)

Im Übrigen hat auch der Insolvenzverwalter in der heutigen Presse geschrieben, dass er Sie wenige Tage vorher informiert habe. Auch darüber sollten Sie dieses Parlament entsprechend unterrichten.

Es muss aber, wann immer diese Sitzung ist, darum gehen: Wie geht es weiter? Ich nenne das Stichwort Transfergesellschaft. Frau Haderthauer, auch Sie waren im Sommer oder jetzt im Herbst bei den Beschäftigten zu vernehmen, wo Sie sich wohlgemerkt für eine bayerische Transfergesellschaft stark gemacht haben. Sie haben gesagt: Wir warten nicht auf die anderen Länder und auf die Bundesregierung, wir Bayern handeln sofort. Was ist jetzt? Besteht diese Transfergesellschaft weiter? Sind Sie jetzt noch bereit, einen eigenen bayerischen Beitrag dazu zu leisten und Ihre Versprechen wenigstens ein bisschen einzulösen? Auch diese Fragen möchten wir beantwortet haben.

Und es geht uns natürlich um die Zukunft der Region. Selbstverständlich werden wir uns genauso wie Sie im Haus dafür einsetzen, dass es entsprechende strukturelle Maßnahmen in der Region geben wird. Es gibt schon Gesprächsverabredungen zwischen Herrn Dr. Maly und Herrn Seehofer. Wir werden dies konstruktiv, aber auch kritisch begleiten. Wir werden sehr genau hinschauen: Was tun Sie genau, wo stellen Sie Geld dafür in den Haushalt ein, wie ist der Zeitplan? Wir werden dies ganz genau beobachten.

Ich denke, wir sind uns alle hier im Haus einig, dass die Region Hilfe braucht. Dafür sagen wir Ihnen Unterstützung zu. Allerdings können wir die Erklärung in dem von Ihnen gestellten Antrag, es sei alles irgendwo ganz weit weg von der Verantwortung der Staatsregierung, nicht abgeben; diesen Freibrief können wir Ihnen nicht aus

stellen. Kolleginnen und Kollegen, das werden wir in dem besagten Wirtschaftsausschuss noch aufarbeiten.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön, Frau Kollegin Weikert. Als Nächster hat das Wort Herr Kollege Muthmann. Bitte schön, Herr Kollege Muthmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich zitiere:

Das Aus kam nicht völlig überraschend. Wir haben schon vorher Strategien für den Ernstfall entwickelt.

Das ist leider kein Zitat aus den Reihen der Staatsregierung, sondern von der Agentur für Arbeit in Nürnberg/Fürth.

(Dr. Thomas Beyer (SPD): Die hat mehr Sachverstand als die Regierung!)

Das ist das, was wir jetzt in erster Linie auch mit unserem Dringlichkeitsantrag anmahnen: Einen Bericht darüber, wie die Mitarbeiter, wie die gesamte Region jetzt Perspektiven, auch politische Perspektiven erhalten.

Ich darf noch einmal an die Einschätzungen und Äußerungen von Herrn Ministerpräsident Seehofer vom 18.06. dieses Jahres erinnern. Damals hat er auch dargelegt, dass bei einem weiteren Einbruch von Arbeitsplätzen in der Region Nürnberg eine zweistellige Arbeitslosenzahl denkbar und möglich wäre. Er sagt: Dann müssten wir zwangsläufig Überlegungen nach Regional- und Strukturprogrammen für diese Region anstellen. Natürlich hätten wir uns allerdings gewünscht - das fordern wir jetzt ein -, dass diese Überlegungen nicht an dieser Stelle und jetzt erst beginnen, sondern dass das, was an konzeptionellen Dingen schon möglich war, jetzt auf den Tisch gelegt wird, um schnell wirksam zu werden und zu greifen.

Wir wollen auch mit unserem Berichtsantrag abfragen, was seitdem geschehen ist, inwieweit die Staatsregierung Vorbereitungen getroffen hat. Wenn Kollege Huber ankündigt, dass jetzt alles an Möglichem mobilisiert wird, dann ist das freilich auch eine Ankündigung, die zu erwarten ist. Da ist es nur selbstverständlich, dass wir alle zusammen auch das, was an politischer Unterstützung möglich ist, zusagen, um dieser Region die möglichen Hilfen zu gewähren und Perspektiven zu entwickeln.

In dem Dringlichkeitsantrag der CSU ist gleich zu Beginn natürlich auch der Hinweis enthalten, dass der Landtag seine Auffassung bekräftigen solle, dass die

Gewährung des Massekredits richtig war. Wir haben in der damaligen Debatte - auch wir, die Fraktion der Freien Wähler - durchaus bekräftigt, dass die Staatsregierung alles Mögliche tun soll, um eine Insolvenz und weitere negative Entwicklung bei Quelle abzuwenden und die Sanierung des Unternehmens weitestmöglich zu unterstützen. Ob und welche Instrumente sachgerecht sind, war in dieser Runde hier im Plenum nie zu diskutieren, weil die Daten, die Zahlen, die Fakten nicht vorlagen, um die mögliche Fortführungsprognose zu bewerten. Denn es war auch immer klar, dass bei allen staatlichen Hilfen gleichzeitig auch die Überzeugung bestehen muss, dass für die Zukunft ein tragfähiges Betriebskonzept vorliegt.

Aus heutiger Sicht ist natürlich die Frage noch einmal zu stellen, auf welcher Grundlage, aufgrund welcher Zahlen und Fakten die damalige positive Fortführungsprognose abgegeben wurde. Denn alle interessierten Investoren sind offenbar bei näherer Bewertung der Situation des Betriebs des Unternehmens und aufgrund der Zahlen und Daten leider zu einem anderen Ergebnis gekommen. Deswegen tun wir uns an dieser Stelle mit dieser Passage, die in der Frage, ob das ohne Kenntnis der zugrunde liegenden Daten richtig war, eine gewisse Exkulpation umfassen soll, sehr schwer. In der Zielsetzung, jetzt alle Instrumentarien einzusetzen, sind wir uns natürlich einig. Das ist unser Antrag, und das ist insoweit auch der Antrag der CSU, jedenfalls in wesentlichen Teilen. Darüber, ob er weit genug geht, könnte man noch nachdenken. Aber an dieser Stelle tragen wir natürlich auch die Aufforderung an die Staatsregierung mit, all die dort genannten Maßnahmen zu ergreifen.

Auch zu den Kollegen der SPD sage ich, dass wir die Stoßrichtung ihres Antrags natürlich teilen, wie könnte es auch anders sein. Aber der Hinweis, dass die bayerische Wirtschaftspolitik für den Niedergang von Quelle verantwortlich oder mitverantwortlich sei, ist eigentlich unzutreffend. Ich glaube auch, dass wir uns in der politischen Diskussion allesamt keinen Gefallen tun, wenn wir uns angesichts der Notlage der Region und vor allem der Menschen mit Schuldzuweisungen aufhalten, die offenkundig nicht aufrechterhalten werden können. Ich glaube, dass unser bewusst sehr sachlich und zurückhaltend formulierter Antrag der Aufgabe viel gerechter wird, jetzt den gesamten Fokus auf die Menschen und die Region zu richten, ohne uns mit Schuldzuweisungen aufzuhalten, die anderen natürlich zu weit gehen und unserem wirtschaftspolitischem Verständnis und der gesamten Konstruktion unseres Staatswesens nicht gerecht werden. Wir wollen an der grundsätzlichen Haltung und Bewertung, dass die Unternehmer für Erfolg und Misserfolg verantwortlich und gegebenenfalls auch verantwortlich zu machen sind, festhalten und das nicht verkehren.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Thomas Beyer (SPD))

In diesem Sinne sind uns die Inhalte und Zielsetzungen aller Anträge natürlich gemein. Sie unterstützen wir natürlich auch. Allerdings finden sich zum einen im Antrag der CSU, zum anderen im Antrag der SPD zwei Passagen, die uns da wie dort nicht gefallen und deswegen bei einzelnen Kollegen zur Enthaltung führen werden. Ich bitte dafür um Verständnis. Aber klar ist: Wir alle auch die Fraktion der Freien Wähler - werden die wichtige Aufgabe, im Raum Nürnberg wirtschaftspolitische Impulse zu unterstützen, natürlich mittragen. Dieses deutlich zu machen, ist der Anlass unseres Dringlichkeitsantrags gewesen.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Als Nächster hat Herr Kollege Dr. Runge das Wort.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Das endgültige Aus für Quelle war eine schlimme Meldung. Es ist für die betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, für deren Familienangehörige, für die Zulieferer wie für die ganze Region ein schlimmes Ereignis. Selbstverständlich fordern wir als Landtag von der Arbeitsverwaltung und der Staatsregierung, alles zu unternehmen, was in ihren Kräften steht, um die Not- und Schieflagen abzupuffern. Ich denke, das ist klar. Deshalb sind die meisten Forderungen in den vorliegenden Anträgen richtig. Gleichzeitig sind diese Forderungen aber auch nicht mehr und nicht weniger als Selbstverständlichkeiten.

Ich habe die Worte des geschätzten Kollegen Kirschner, der sicher nach mir reden wird, sehr wohl in Erinnerung, die Sie, Herr Kollege Kirschner, schon mehrmals, selbst an dieser Stelle, gesagt haben: Sie weigerten sich künftig, solchen Anträgen, in denen nur Selbstverständlichkeiten gefordert würden, zuzustimmen. Heute stehen Sie wieder einmal mit drauf.

Für mich war es auch bezeichnend, dass zu Anfang der Debatte die Fraktion, die keinen Antrag dahin gehend gestellt hat, wir sind betroffen und fordern auf, etwas zu tun, was ohnehin getan wird, die Fraktion war, die mit Abstand die größte Präsenz gezeigt hat, bevor dann der Weckruf über die namentliche Abstimmung wieder ergangen ist.

Es ist schon von einigen Vorrednern wohltuenderweise gesagt worden, dass dies eben nicht der Zeitpunkt für gegenseitige Schuldzuweisungen und Vorwürfe ist. Vor allem sollte dieses nicht vor Ort passieren. Aber dies ist bedauerlicherweise schon geschehen, wie wir feststellen, wenn wir uns Pressemitteilungen anschauen und sonstige Statements betrachten: Gewerkschaften und

Teile von SPD sind gegen Bundesregierung und Teile der Staatsregierung, die Staatsregierung ist gegen die Bundesregierung. Ich erinnere mich an das immer wieder vorgetragene Zitat des erbärmlichen Vorganges in Berlin.

Jetzt gilt es zu überlegen und zu beschließen, wie es weitergeht, wie den Menschen vor Ort geholfen und künftig versucht werden kann, derartige durchschlagende, dramatische Ereignisse zu verhindern. Selbstverständlich gilt es auch, die letzten politischen Aktionen auch deshalb aufzuarbeiten, weil wir alle lernen und miteinander besser werden wollen.

Die ganz klare Ansage von uns lautet: Nicht die Politik, nicht die Staatsregierung hat diesen Niedergang zu verantworten.

(Georg Schmid (CSU): Was?)

Die ganz klare Ansage von uns war, dass es eben nicht die Staatsregierung war, die diesen Niedergang zu verantworten hat.

Herr Schmid, Sie haben trotz oder vielleicht wegen Ihrer Zahnschmerzen etwas zeitversetzt zugehört.

(Georg Schmid (CSU): Ich bin hoch konzentriert, nur dauert es ein bisserl länger!)

- Wunderbar, Sie passen jetzt hoch konzentriert auf.

(Zuruf von den GRÜNEN)

Man muss feststellen, dass es die Unternehmensführung war, die über viele Jahre hinweg massive Fehler begangen hat. Quelle ist eben nicht erst seit heute oder gestern notleidend, sondern Quelle war schon seit vielen Jahren notleidend, also auch zum Zeitpunkt der Fusion mit Karstadt. Dann kam das Jahr der Umbenennung.

(Angelika Weikert (SPD): Woher wollen Sie das wissen? Das stimmt überhaupt nicht!)

- Frau Kollegin, ich habe mir die Zahlen angesehen. Vielleicht setzen Sie sich einmal mit dem einen oder anderen Faktum auseinander.

Gleichzeitig ist eines festzuhalten: Der Versandhandel hat bundesweit gerade in den letzten Monaten zugelegt. Es war also nicht zwangsweise so, dass all diejenigen, die im Versandhandel tätig sind, Schiffbruch erleiden mussten.

Frau Kollegin Weikert, Sie haben mich jetzt herausgefordert. Im Aufsichtsrat sitzen doch beispielsweise Vertreter der Belegschaft. Da sitzen Leute aus den

Gewerkschaften. Daher sollte man gerade aus dieser Richtung mit seinen Vorwürfen etwas leiser sein.

(Beifall des Abgeordneten Dr. Franz Xaver Kirsch- ner (FDP) - Angelika Weikert (SPD): Die saßen nicht im Aufsichtrat!)

- Ich habe Sie nicht persönlich gemeint. Ich habe die Fakultät angesprochen, die besonders laut geworden ist.

Frau Kollegin Weikert, wir waren, was die Zukunft des Unternehmens betrifft, schon immer skeptisch. Sie erinnern sich an unseren Antrag von Ende Juni: keine weiteren Finanzzusagen. Aber - das möchte ich für uns schon reklamieren - wir haben unsere Skepsis nicht laut hinausgetragen, wie es bedauerlicherweise andere schon getan haben, und da sind wir wieder bei Ihnen. Das war mit Sicherheit nicht hilfreich.

Zum aktuellen Umgang der Politik, vor allem jetzt der Staatsregierung mit der Meldung vom endgültigen Aus kann ich mir einen Kommentar nicht verkneifen: Die jetzt kundgetane Überraschung überrascht uns doch sehr, weil Sie uns immer klar gemacht haben, Sie sind bei den Entwicklungen nicht nur tagesaktuell, sondern stundenaktuell dabei.

(Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN)