Abschließend möchte ich Herrn Kollegen Schuster fragen, warum er dem Gesetzentwurf der GRÜNEN "natürlich" zustimmt, wenn er ihn für überzogen hält. Das müssen Sie uns erklären.
(Beifall bei der CSU - Stefan Schuster (SPD): Teilweise für überzogen! - Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Das muss er mit seinem Gewissen ausmachen!)
Sehr geehrter Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Wir Freien Wähler haben selbstverständlich ein schier grenzenloses Vertrauen in unser Landesamt für Verfassungsschutz. Das Zitat mit dem Vertrauen und der Kontrolle wurde bereits genannt. Nach meiner Meinung ist die Kontrolle letztlich keine Frage des Vertrauens, sondern eine Frage der Legitimation. Wenn wir das Ganze auf das Grundsätzliche zurückführen, muss man sagen: Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. So steht es in Artikel 20 Absatz 2 Grundgesetz.
In diesem Artikel haben wir den elementarsten Grundgedanken einer jeden Demokratie formuliert, nämlich die freie Selbstbestimmung aller Bürgerinnen und Bürger. Nur von den Bürgerinnen und Bürgern darf die Staatsgewalt ausgehen. Die Staatsgewalt hat keine andere Legitimationsquelle in der Demokratie. Dieser Satz, wonach alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht, gilt auch für Bayern, obwohl Bayern das Grundgesetz nie anerkannt hat. Aber auch in der Bayerischen Verfassung heißt es in Artikel 4: "Die Staatsgewalt wird ausgeübt durch die stimmberechtigten Staatsbürger selbst, durch die von ihnen gewählte Volksvertretung …" Sie geht also auch wieder vom Volk aus. Und wenn in einer parlamentarischen Demokratie alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht und die Parlamentarier die Vertreter des Volkssouveräns sind, dann muss das Parlament auch die Kontrolle gegenüber denen haben, welche in der Exekutive die Staatsgewalt ausüben. Hierzu gehört in ganz vornehmer Weise auch das Parlamentarische Kontrollgremium. Hier geht es um geheimdienstliche Tätigkeiten, und da muss ein Parlament das Recht haben, doppelt und dreifach genau hinzuschauen.
Uns liegen jetzt zwei Gesetzesvorschläge vor. Beide Gesetzesvorschläge, der der SPD- und der der GRÜNEN-Fraktion, orientieren sich in Besonderem an dem Kontrollgremiumsgesetz des Bundestages vom 29. Juli 2009. In diesem Gesetz werden die Möglichkeiten der parlamentarischen Kontrolle weit über das hinaus erweitert, was hier in Bayern möglich ist. Ich muss ganz ehrlich sagen: Ich finde den Gesetzentwurf der SPD da etwas sympathischer, weil er etwas kürzer und prägnanter gefasst ist und somit vielleicht für die Praxis auch
etwas tauglicher ist. Allerdings stehen auch im Gesetzentwurf der GRÜNEN praktikable Wahrheiten, die dem Entwurf des Deutschen Bundestages nicht weit nachstehen. Von daher können wir mit beiden Entwürfen leben und beide unterstützen.
Der zentrale Punkt in diesen Gesetzentwürfen ist die Ausdehnung der Befugnisse des Kontrollgremiums. Hier soll beispielsweise ein Akteneinsichtsrecht gewährt werden, man soll Mitarbeiter anhören können und Besuche beim Landesamt vornehmen können.
Sicher war die Kontrolle bis jetzt auch gut, und das Kontrollgremium war sicherlich bestens informiert. Hier sind sicherlich auch Informationen geflossen, aber es wäre schön, wenn man hier auch als Parlament ein neues Selbstbewusstsein hätte und sagen würde: Wir sind die Vertreter des Volks und wir wollen selber nicht nur ein Informationsrecht, sondern wir wollen selbst Zugang zu den Informationen haben und uns die Informationen auch nehmen können. Wenn wir die parlamentarische Demokratie ernst nehmen und das Volk durch die Staatsorgane herrscht und nicht die Staatsorgane aus eigener Macht das Volk beherrschen, dann ist es wichtig, dass wir diese Kontrolle ausüben. Denn für uns als Freie Wähler, das muss ich sagen, ist Demokratie nicht nur ein höchst aufwendiger Wahl-Event, sondern eine Daueraufgabe für das Volk. Dieses Volk muss ernst genommen werden. Deswegen muss auch eine dauernde Kontrolle möglich sein.
Denn denjenigen, die gegen eine Gesetzesänderung votieren, muss klar sein, dass sie sich dem Anschein aussetzen, nicht zu wollen, dass irgendwelche Institutionen durch das Parlament, und somit durch den Volkssouverän kontrolliert werden. Daran schließt sich natürlich die logische Frage an: Gibt es irgendetwas zu verbergen? - Ich hoffe: Nein. Als weitere Frage schließt sich an, ob solche Parteien, die die Kontrolle durch das Parlament ablehnen, es überhaupt noch als wichtige Aufgabe sehen, das Parlament als demokratische Institution zu stärken und überhaupt hier vertreten zu sein. Hier muss man wirklich fragen: Was will man dann hier? - Von daher ist es in einer wahren und gesunden Demokratie absolut notwendig, dass das Volk die öffentliche Macht kontrolliert und steuern kann. Das Landesamt für Verfassungsschutz hat die zentrale Aufgabe, unsere freiheitlich-demokratische, rechtsstaatliche Grundordnung zu sichern. Diese Grundordnung, unsere Verfassung muss geschützt werden. Aber das Wesen dieser Verfassung ist auch die Kontrolle durch das Parlament, durch den Volkssouverän. Insofern ist es auch logisch, dass dieser Volkssouverän die Organe kontrollieren kann, die die Verfassung schützen. Insofern können wir noch schöne Diskussionen in den Aus
schüssen führen, aber ich würde mich freuen, wenn auch hier ein breiter Konsens gefunden werden könnte, der die parlamentarische Demokratie in Bayern weiterentwickelt und stärkt.
Danke schön, Herr Kollege Streibl. Ich wollte Sie nur auf Folgendes hinweisen: Der Bayerische Landtag hat zwar das Grundgesetz mit Mehrheit abgelehnt, aber gleichzeitig beschlossen, dass es natürlich auch für Bayern gelten soll, wenn die Parlamente der anderen deutschen Länder das Grundgesetz akzeptieren. - Das nur zur Klarstellung.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Wer kontrolliert die Exekutive? - Natürlich das Parlament. Das ist eine der wichtigsten und vornehmsten Aufgaben, die wir in diesem Haus haben. Diese Aufgabe ist gerade dort besonders wichtig, wo im Geheimen gearbeitet wird, weil dort eine andere Kontrolle fehlt, jedenfalls weitgehend, nämlich die Kontrolle durch die Medien. Deswegen sind alle Anträge, die die parlamentarische Kontrolle in diesem Bereich stärken, grundsätzlich zu begrüßen.
Was mir an den Anträgen nicht so gefällt, ist, dass aus beiden Anträgen der Eindruck spricht, eine effektive Kontrolle sei, so wörtlich im SPD-Antrag, mit den eingeschränkten Informationsmöglichkeiten der Mitglieder des Parlamentarischen Kontrollgremiums nicht möglich, oder, wie es in der Begründung der GRÜNEN heißt, die Kontrolle sei völlig wirkungslos.
Kolleginnen und Kollegen, aufgrund der Erfahrungen nach einem Jahr im Parlamentarischen Kontrollgremium kann ich diesen Eindruck so nicht teilen. Als Mitglied des Parlamentarischen Kontrollgremiums, das nicht immer die Meinung des Ministeriums teilt, fühle ich mich durchaus gut informiert. Aber auch wenn etwas gut ist, spricht nichts dagegen, es noch zu verbessern. Insoweit schließe ich mich Ihnen an.
Um das Bild des zahnlosen Tigers aufzugreifen: Ich möchte auch nicht gern als Tiger vom Ministerium mit Brei gefüttert werden; ich möchte mir vielmehr meine Beute ganz gern selber suchen.
Es gibt deswegen einige gute Gründe. Ein Grund ist bereits genannt worden: Das Homogenitätsprinzip. Zunächst einmal gibt es keinen sachlichen Grund, das Parlamentarische Kontrollgremium in Bayern anders zu behandeln und mit weniger Handlungsmöglichkeiten auszustatten als im Bund. Im Bund ist das Gesetz in einem Konsens zwischen vielen Fraktionen eingeführt worden, und deswegen ist der erste Eindruck: Man kann vieles genauso machen. Allerdings wird man natürlich auch in Rechnung stellen müssen, dass die Aufgabenstellung in den Ländern und im Bund nicht immer die gleiche ist. Deswegen ist auch der Blick in andere Bundesländer, der ja auch schon angesprochen wurde, durchaus sinnvoll.
Wenn man sich die Vorschläge im Detail anschaut, so ist zu sagen, dass sich der Antrag der SPD-Fraktion weitergehend an dem Entwurf des Bundes orientiert als der Antrag der GRÜNEN, der in einigen Punkten darüber hinausgeht. Ich verhehle nicht, dass ich in manchen Punkten schon Zweifel habe, ob es sinnvoll ist, wenn zum Beispiel im Entwurf der GRÜNEN steht, auch ein einzelnes Mitglied soll einen Bericht anfordern können, oder auch, dass die Fraktionsvorsitzenden von den PKG-Mitgliedern informiert werden dürfen. Ich weiß nicht, ob all das zwingend notwendig ist und ob wir so weit gehen sollen. Auch, was die Angleichung an die Situation im Bund betrifft, wird vieles keine Änderung bringen. So heißt es zum Beispiel in einem der Entwürfe, das Mindesttagungsintervall des Parlamentarischen Kontrollgremiums wird von einem Jahr auf ein Vierteljahr verkürzt. Es ist ja schon gesagt worden, dass wir ohnehin alle vier bis sechs Wochen tagen. Hier würde sich überhaupt nichts ändern.
Nichtsdestotrotz möchte ich als Fazit festhalten: Die Anträge gehen in die richtige Richtung. Sie stärken die Kontrolle des Parlaments. Das wird die FDP im Grundsatz mittragen. Auch ich freue mich auf eine spannende Diskussion im zuständigen Ausschuss.
Danke schön, Herr Kollege Dr. Fischer. Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Im Einvernehmen mit dem Ältestenrat schlage ich vor, beide Gesetzentwürfe dem Ausschuss für Kommunale Fragen und Innere Sicherheit als federführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht damit
Gesetzentwurf der Abgeordneten Franz Maget, Helga Schmitt-Bussinger, Isabell Zacharias u. a. und Fraktion (SPD) zur Verbesserung der Integration von ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern und der Mitwirkungsrechte von Jugendlichen in den Kommunen (Drs. 16/2307) - Erste Lesung
- Entschuldigung. Diese Wortmeldung lag mir vor. Dann darf ich Ihnen, Frau Zacharias, zur Begründung des Gesetzentwurfs das Wort erteilen.
Sehr geehrter Herr Präsident, vielen Dank, dass Sie so flexibel mit mir umgehen. Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir behandeln heute in Erster Lesung einen Gesetzentwurf der SPD-Fraktion zur Verbesserung der Integration von ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern und der Mitwirkungsrechte von Jungendlichen in den Kommunen. Das ist ein wichtiges Thema. Ich sehe gerade den Innenminister nicht. Es ist aber ein ganz wichtiges, ein wirklich wichtiges gesellschaftliches Thema. Ich bin deshalb erstaunt, dass der Herr Innenminister heute nicht mit mir dieses Gefecht wagt. Vielleicht spaziert er aber gleich noch herein.
- Ja, wo ist er denn? Genau! - Es geht uns in diesem Gesetzentwurf um eine Änderung der Gemeindeordnung und um eine Änderung des Gemeinde- und Landkreiswahlgesetzes, und zwar im Sinne einer Verbesserung der Mitsprachemöglichkeit von Ausländerinnen und Ausländern in Bürgerversammlungen, die nicht die Staatsangehörigkeit eines EU-Mitgliedstaates besitzen. Uns ist des Weiteren die Mitsprachemöglichkeit von Jugendlichen sehr wichtig, die Mitsprachemöglichkeit von deutschen und von ausländischen Jugendlichen in den eben genannten Bürgerversammlungen. Es geht uns auch um die Aufhebung der Einschränkung des passiven Wahlrechts von EU-Ausländern bei der Wählbarkeit zum Ersten Bürgermeister und zum Landrat. Es geht uns des Weiteren um die Herabsetzung -
- Herzlichen Dank. Es geht uns um die Herabsetzung des Wählbarkeitsalters zum Ersten Bürgermeister und zum Landrat auf 18 Jahre. Sie werden jetzt vielleicht einwenden - und ich höre Sie schon flüstern -: Das haben wir hier alles schon verhandelt. In jeder Legislaturperiode gibt es von der SPD oder den GRÜNEN mindestens einen Gesetzentwurf mit diesen Forderungen. - Richtig.
- Und jedes Mal ist er richtig, ich danke Dir, Herr Kollege Güller. Wenn die SPD-Fraktion diese Forderung heute wieder auf die Tagesordnung setzt, dann hängt das damit zusammen, dass Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, diesem Gesetzentwurf nie zugestimmt haben. Deshalb lege ich den Gesetzentwurf einfach noch einmal vor. Ablehnen werden Sie dieses Mal nicht können.
Unsere Forderungen bekommen nämlich einen neuen Impuls. Liebe Kolleginnen und Kollegen auf der rechten Seite dieses Hauses, nun hören Sie einmal ganz aufmerksam zu. Ein Impuls durch eine Änderung des Kommunalrechts in Thüringen, und das ist das Spannende: Die CDU hat noch vor der Landtagswahl in Thüringen, also noch ohne jeglichen Koalitionszwang, allein aus sich heraus - man könnte fast sagen: intrinsisch - beschlossen, das Recht zu ändern. Die CDU in Thüringen hat das getan, nehmen Sie sich daran ein Beispiel.
Was die Verbesserung des kommunalen Wahlrechts für Ausländer angeht, ist eine Kampagne der Arbeitsgemeinschaft der Ausländerbeiräte in Bayern gerade angelaufen. Es geht dabei um die Einführung des kommunalen Wahlrechts für alle Nicht-EU-Bürgerinnen und Nicht-EG-Bürger.
Bitte machen Sie diese Aktion mit. Sie können sich online einschreiben. Sie können eintreten für die Idee "Demokratie braucht jede Stimme". Diese Stimme brauchen Sie genauso wie wir, die brauchen wir alle. Die Demokratie lebt von Teilhabe. Sie können diese Aktion unterstützen - schauen Sie mich ruhig auch weiterhin so freundlich an. Das ist eine Aktion der Ausländerbeiräte, die genau wissen, dass jetzt der richtige Zeitpunkt hierfür ist. Ich denke, Sie sind alle internetfähig. Wir haben heute schon über Internetkompetenz gesprochen. Das schaffen Sie.