Aus unserer Sicht ist eine kontinuierliche Erwachsenenbildung auch zur Absicherung der Funktionsfähigkeit der freiheitlich demokratischen Gesellschaft wichtig, und zwar nicht nur in wirtschaftlicher Hinsicht, sonder auch im Hinblick auf die Möglichkeit demokratischer Teilhabe. Es geht deshalb nicht nur um die berufsbegleitende Weiterbildung, sondern auch um die allgemeine und die politische Bildung. Weiterbildung kann aber nur erfolgreich sein, wenn es auf ein aktives Mitwirken der Betroffenen stößt. In der Einschätzung der Situation sind wir in diesem Hohen Hause sicher alle einig. Wie so oft, und das habe ich vorher schon gesagt, unterscheiden uns aber die Wege. Wir erachten den Weg, die Betriebe zu einer bezahlten Bildungsfreistellung zu verpflichten als in dieser Situation nicht für geeignet. In diesen schwierigen Zeiten haben die Betriebe wirklich Probleme. Ich bin der festen Überzeugung, jede Firma hat ein eigenes Interesse daran, ihre Mitarbeiter, wenn möglich, kontinuierlich weiterzubilden. Arbeitgebern nützt der Antrag, so haben Sie gesagt, Frau Pranghofer. Ich weiß nicht, ob es den Arbeitgebern nützt, wenn ihnen die Freistellung verpflichtend vorgeschrieben wird. Ich denke, wir brauchen kreative, neue Wege. Wir sollten beispielsweise einmal darüber nachdenken, ob man im Rahmen von Tarifvereinbarungen Lernzeitkonten einrichten kann oder, ob man freiwillige Zusatzversicherungen einführen will oder Bildungsgutscheine. Diese Dinge sollte man in die Überlegungen einbeziehen.
- Ich bin gleich fertig. Man sollte auch über einen sozialverträglichen Eigenanteil bei den Kosten und über nachträglich zu tilgende Bildungsdarlehen nachdenken. Wie gesagt, die Wege trennen uns. Wir halten den Weg des staatlichen Eingriffs in die Wirtschaft nicht für den richtigen Weg. Wir von der FDP werden den Antrag deshalb ablehnen.
Frau Kollegin Meyer, bleiben Sie bitte noch am Rednerpult. Herr Kollege Wörner hat sich zu einer Zwischenbemerkung gemeldet. Bitte schön, Herr Kollege.
Frau Kollegin, Sie beklagen die schlimme Situation für die Wirtschaft. Ist Ihnen dabei entgangen, dass die noch viel schlimmere Situation der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer darin besteht, dass ihre Existenzen gefährdeter sind als die Wirtschaft. Die Existenz hängt in erster Linie von der Bildung ab. Auf der einen Seite behaupten Sie, der Staat sei für Bildung zuständig, auf der anderen Seite verweigern Sie die Bildung für Erwachsene. Das müssen Sie mir näher erklären.
Ich sehe sowohl die Probleme der Arbeitnehmer als auch die Probleme der kleinen Firmen. Das darf man nicht außer Acht lassen. Aus diesem Grund müssen wir nach Möglichkeiten suchen, neue kreative Wege zu gehen.
Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Der federführende Ausschuss für Soziales, Familie und Arbeit empfiehlt die Ablehnung des Antrags. Wer entgegen dem Votum des Ausschusses dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Fraktionen der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Freien Wähler.
Wer den Antrag ablehnen will, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Fraktionen der CSU und der FDP. Das ist eindeutig die Mehrheit. Damit ist der Antrag abgelehnt.
Zur Beruhigung der Gegner: Wir haben vorher richtig durchgezählt, da wir einen Einwand von Ihnen erwartet haben.
Ich rufe erneut Tagesordnungspunkt 5 auf: Offen ist hier noch der in der Anlage zur Tagesordnungspunkt als Nummer 6 aufgeführte Antrag, zu dem Einzelberatung beantragt worden ist. Es handelt sich um den
Antrag der Abgeordneten Tobias Thalhammer, Thomas Hacker, Dr. Otto Bertermann u. a. (FDP), Dr. Otto Hünnerkopf, Markus Blume, Albert Füracker u. a. (CSU) Aufhebung des Moratoriums über das Endlager Gorleben (Drs. 16/1628)
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei dem vorliegenden Antrag über die Aufhebung des Moratoriums über das Endlager Gorleben geht es nicht um die Frage, ob man für oder gegen die Kernenergie ist. Ebenfalls geht es nicht um die Frage der unakzeptablen Vorgänge in der Asse. Außerdem geht es nicht um die Frage der Sicherheit unserer Kernkraftwerke. Es geht um die wichtige Frage, wie wir mit dem Müll aus der Kernenergie weiter verfahren. Den Müll haben wir seit Jahren angehäuft. Mir ist es ein wichtiges Anliegen, dass wir uns dieser Thematik und dieser Herausforderung nun endlich annehmen.
Damals wurde unter Rot-Grün ein Beschluss über das Moratorium gefasst. Das bedeutet, dass man die Forschung für die Endlagerung einfach auf den SanktNimmerleins-Tag verschiebt. In der Großen Koalition konnten wir bei diesem Punkt ebenfalls nicht weiterkommen. Nun soll ein entsprechender Impuls aus Bayern dafür sorgen, dass wir uns dieser entscheidenden und wichtigen Frage widmen werden. Das ist eine Frage der Generationengerechtigkeit. Ich bin der Meinung, jede Generation ist für den Abfall, den sie selbst verursacht hat, in gewisser Weise verantwortlich. Wir benötigen eine möglichst zeitnahe Lösung. Deswegen ist es von Vorteil, in Bezug auf Gorleben ergebnisoffen weiterzuforschen. Für die Forschung sind bereits sehr viele Jahre investiert worden, sodass hier ein jahrzehntelanger Vorsprung besteht.
Ein weiterer Standortvergleich würde weitere Kosten für den Steuerzahler bedeuten. Ich plädiere dafür, dass wir fraktionsübergreifend eine Lösung suchen und einen Appell nach draußen senden. Vor der Frage der Endlagerung unseres Mülls aus Atomkraftwerken dürfen wir nicht weiter davonlaufen. Wir müssen bewusst hier und da unpopuläre Entscheidungen treffen. Wir wollen das Problem jetzt lösen und nicht unbestimmt auf den Sankt-Nimmerleins-Tag und auf nachfolgende Generationen schieben. Ich bitte um Zustimmung.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Thalhammer, ich stimme Ihnen in einem Punkt zu. Wir wollen uns vor diesem Thema nicht drücken. Das ist der Grund, warum wir diesen Antrag heute ins Plenum hochgezogen haben. Das Thema ist uns zu wichtig, um in der Masse von Anträgen unterzugehen. In diesem Punkt sind wir sicher einer Meinung. Einige Punkte dieses Antrags erstaunen mich. In dieser Debatte geht es
um ein sehr komplexes Thema. Ein Thema, das nicht nur in Deutschland diskutiert wird, sondern seit Jahrzehnten auf der ganzen Welt. Welche ist die bestmögliche Endlagerstätte? Der Antrag der Fraktionen der CSU und der FDP versucht, mithilfe eines einfachen Antrags das Problem einfach zu lösen, obwohl man es gar nicht einfach lösen kann. Der Antrag zielt auf die Aufhebung des Moratoriums über das Endlager Gorleben ab. Hierzu muss offen gesagt werden, dass es sich dabei um das Verstecken des Problems handelt. Das muss man ganz offen sagen. Der Antrag ist ein Schritt zu einer zügigen - da gebe ich Ihnen recht -, aber höchstwahrscheinlich unsicheren Endlagerlösung.
Drei Punkte sind mir in der Debatte des Umweltausschusses und in der heutigen Diskussion aufgefallen. Der erste Punkt betrifft die Überschrift Ihres Antrages. Die Überschrift benennt das Endlager Gorleben. Gorleben ist nach wie vor ein Erkundungsbergwerk. Gorleben ist kein Endlager. Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich hoffe, Sie begreifen das endlich. Gorleben ist kein Endlager, sondern ein Erkundungsbergwerk.
Die Debatte über die Endlagerung des Atommülls in Deutschland wird seit 1973 geführt. Damals hat die Bundesregierung die Firma KEWK damit beauftragt, nach möglichen Standorten zu suchen. Dabei kamen drei Standorte in die engere Wahl. Erstaunlicherweise war Gorleben damals nicht dabei. In den Debatten der Jahre 1976 und 1977 wurde faktisch über Nacht der Standort Gorleben als möglicher Standort für die ersten Erkundungen aus dem Hut gezaubert. Ein Rückblick in der Geschichte zeigt, dass in Brokdorf in Bezug auf die Auseinandersetzung mit der Kernkraft bürgerkriegsähnliche Zustände existierten. Damals war die Entscheidung für den Standort Gorleben ein ganz anderer. Damals war Gorleben zu zwei Drittel von der innerdeutschen Grenze mit Stacheldraht umgeben gewesen. Gorleben gehörte zu dem Landkreis, der zu dieser Zeit am dünnsten in ganz Deutschland besiedelt war. Deshalb ist die Entscheidung mit Sicherheit aus diesen Gründen auf Gorleben gefallen.
Vor Kurzem ist bekannt gegeben worden, dass der Salzstock eine Reihe von Mängeln aufweist. Die Gutachten wurden schöngeschrieben und teilweise manipuliert. Eine ganze Reihe kritischer Gutachten sind ignoriert worden.
Erstaunlich ist auch, dass Ihr Antrag gar nicht auf die internationale Debatte eingeht. Vor allem unsere europäischen Nachbarn diskutieren über andere Gesteinsformen wie Ton und Granit. Dort geht es gar nicht mehr um Salz. Mit Gorleben würde man sich klipp und klar
Ich möchte mich nun zu Ihren moralischen Anmerkungen, die auch im Antrag angedeutet worden sind, äußern. Sicher klingt es schön - das ist auch schon im Umweltausschuss gesagt worden -, dass jede Generation für ihren eigenen Müll verantwortlich ist. Obwohl dieser Satz sehr schön klingt, benötigt er eine Reihe von Klarstellungen. Diese Generation ist nicht für den Atommüll verantwortlich. Verantwortlich ist die Generation um Franz Josef Strauß, um Helmut Schmidt und um Helmut Kohl. Diese Generation sind verantwortlich für den Atommüll. Diese Generation hat in den 70erJahren mit dem massiven Ausbau der Kernkraft angefangen. Diese Generation hat sich einfach aus der Verantwortung gestohlen. Das Desaster, das diese Politik und die Wissenschaft in Asse angerichtet hat, ist erstaunlich. Sie haben selbst gesagt, dass Sie dieses Vorgehen nicht schönreden möchten. Eigentlich müsste die weitergehende Frage gestellt werden: Warum läuft der ehemalige Asse-Chef, Professor Dr. Klaus Kühn, unbehelligt weiter durch das Land, ohne Strafverfahren und ohne Schadensersatzforderungen? Wieso ist das so?
Ihr Antrag möchte eine zeitnahe und kostengünstige Lösung. So ist das immer wieder im Umweltausschuss berichtet worden. Das haben Sie gerade selber gesagt. Für uns hat die sicherste Lösung die höchste Priorität, nicht die kostengünstigste.
Wir stehen gerne für eine ehrliche Debatte über ein möglichst sicheres Endlager zur Verfügung. Der Antrag verkürzt jedoch die Debatte und ist populistisch. Da der Antrag nur auf die Endlagerung in Gorleben setzt, ist er gefährlich. Das kann nicht die Lösung sein. Es muss um die sicherste Lösung gehen. Es kann nicht die billigste und politisch am schnellsten durchsetzbare Lösung sein. Sonst wäre es die Debatte wirklich nicht wert.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich wusste gar nicht, Herr Kollege Hartmann, dass Sie als Verschwörungstheoretiker unterwegs sind. Obwohl wir die Dinge im Umweltausschuss schon öfter diskutiert haben, entwickeln Sie immer wieder einen besonderen Ehrgeiz, Dinge zu the
matisieren und zu skandalisieren, die sich einfach nicht skandalisieren lassen. Wie Kollege Thalhammer schon ausgeführt hat, geht es hier um einen Vorgang, bei dem ein Problem gelöst werden muss, das uns schon seit Langem beschäftigt und schon längst gelöst sein könnte.
Ich schicke vorweg, dass heute ein guter Tag in der Atommüllendlagerdebatte ist, nicht nur weil wir nachher unseren Antrag beschließen werden, sondern weil der Umbau von Schacht Konrad heute endgültig auf den Weg gebracht wurde, nachdem das Bundesverfassungsgericht eine entsprechende Klage nicht angenommen hat. Dies ist auch für die heutige Debatte, wie ich meine, ein gutes und wichtiges Signal, weil damit zumindest der schwach- und mittelradioaktive Atommüll einer Lösung zugeführt wurde.
Aus den Leitsätzen der heutigen Entscheidung möchte ich Ihnen einen mitgeben, Herr Hartmann. Sie sagen ja: Wir brauchen eine Lösung, die die größtmögliche Sicherheit bietet. Ich frage Sie, wo Sie diese Lösung finden wollen. Diese Lösung wird es wahrscheinlich gar nicht geben. Das Verfassungsgericht hat gesagt, dass insbesondere die Hinnahme eines nach den Maßstäben praktischer Vernunft nicht mehr in Rechnung zu stellendem Restrisikos auch mit den Grundrechten vereinbar ist.
Diese Maßstäbe praktischer Vernunft täten in der Atommüllendlagerdebatte tatsächlich gut. Denn es gibt in der Debatte keine neuen Erkenntnisse. Die Zweifelsfragen, die der Grund waren, warum man das Moratorium überhaupt auf den Weg gebracht hat, sind ausgeräumt, und zwar seit 2005 durch den veröffentlichten Synthesebericht des Bundesamts für Strahlenschutz.
Umgekehrt, Herr Kollege Hartmann, gibt es auch eine Verpflichtung zur Fortsetzung der Erkundungen. Dieser Frage müssen Sie sich stellen. Das ist im Atomgesetz verankert.
Ich möchte Sie auch darauf hinweisen, dass "Moratorium" nicht Abbruch der Erkundungen bedeutet, sondern es hier um eine Unterbrechung geht. Für die Unterbrechung war von vornherein ein Zeitraum von maximal zehn Jahren vorgesehen.
Seitdem die Zweifel ausgeräumt sind, gibt es überhaupt keinen Grund mehr, die Unterbrechung weiterhin auf
Schließlich - damit knüpfe ich an Herrn Kollegen Thalhammer an - gibt es in der Tat auch eine moralische Verpflichtung, dieses Problem in unserer Generation zu lösen. Genau dieses Ziel verfolgt der Antrag, den Sie vorliegen haben, nämlich zur Sicherheit künftiger Generationen die Tiefenerkundungen in Gorleben zum Abschluss zu bringen, also in unserer Generation.
An die Opposition gerichtet, insbesondere an Sie, Herr Hartmann, sage ich: Dass Sie in der Vergangenheit alles darangesetzt haben, die Endlagersuche ad infinitum zu verschieben, hatte nur ein Ziel, nämlich die Endlagerfrage offenzuhalten. Denn Sie haben Sorge, dass die Atomenergie, wenn die Endlagerfrage gelöst ist, möglicherweise ein Revival erlebt. Das ist das, was Sie bewegt. Aber das müssen Sie den Menschen sagen. Sie instrumentalisieren die Frage und wollen das Ganze auf dem Rücken der künftigen Generationen austragen.
Es war in diesem Zusammenhang fahrlässig, dass die 1983 begonnene Tiefenerkundung in Gorleben unter Rot-Grün wider besseres Wissen gestoppt wurde. Denn ohne das Moratorium wären die Erkundungen heute längst abgeschlossen. Wir müssten diesen Antrag dann nicht debattieren und wüssten, dass Gorleben als Endlager für radioaktive Abfälle geeignet ist.