Protokoll der Sitzung vom 01.12.2009

Sie haben einen politischen Antrag vorgelegt. Dieser Antrag ist nach meiner Einschätzung forschungsfeindlich, weil bei seiner Annahme die Gentechnik und das Klonen nicht weiter ausgebaut würden.

(Ulrike Gote (GRÜNE): Sie wollten es doch gerade verbieten!)

- Wir wollen es nicht verbieten. Ich bin aber der Meinung: Wenn Sie das Fleisch verbieten, müssen Sie auch das Klonen verbieten. Wenn Sie das Klonen verbieten, verbieten Sie damit gleichzeitig die Chancen, die die Gentechnik bietet.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Um Lebensmittel geht es!)

- Für Lebensmittel wollen wir uns die Chance nicht verbieten lassen.

Deshalb müssen wir zwei Dinge abwägen. Zum einen die ethische Dimension des Klonfleisches und zum anderen die Freiheit des mündigen Bürgers. Die Freiheit und die Ethik müssen Sie ins Verhältnis setzen. Wir sind der Meinung, dass Freiheit und Verantwortung wichtiger als ein Verbot des Klonfleisches sind. Der mündige Bürger muss handeln können. Eingriffe in die soziale Marktwirtschaft und Verbote führen zu einer Radikalisierung.

Ihre Anträge sind forschungsfeindlich. Wir brauchen nicht weniger, sondern mehr Genforschung. Deshalb lehnen wir Ihre Anträge ab.

(Beifall bei der FDP)

Herr Kollege Dr. Bertermann, bleiben Sie bitte am Rednerpult. Es gibt eine Zwischenintervention von Herrn Kollegen Dr. Goppel.

Herr Kollege Dr. Bertermann, darf ich die herzliche Bitte äußern, dass Sie Ihren Wortbeitrag um die Erklärung ergänzen, worum es eigentlich heute in dieser Diskussion geht? Ich wiederhole ganz bewusst, was Herr Kollege Kreuzer dazu angemahnt hat. Beschlusslage des Landtags ist ein gewisses Maß an Offenheit für Diskussionen im Sinne der Verbreiterung von Forschung und Forschungsfreiheit. Diese Beschlusslage stammt aus dem letzten Jahr, vor der Landtagswahl - einheitlich!

Durch Ihren Antrag ist die Notwendigkeit entstanden, von dieser Diskussion aus Seiten zu öffnen, die außerordentlich problematisch wären. Wenn wir an der Beschlusslage des letzten Jahres nichts ändern, wäre alles klar. Wenn wir heute aber einen neuen Beschluss fassen, weil zwei Fraktionen diesen Antrag gestellt haben, würde das die Veränderung mit sich bringen. Wir würden damit zwar die Erweiterung der Forschung nicht ausschließen. Wir müssen aber sicherstellen, dass an unserem Anti-Beschluss zur Klonfleischfreigabe nichts geändert wird. Wenn Sie uns zwingen, diese beiden Beschlüsse nebeneinander zu fassen, sind Sie für die dann problematischen Folgen selbst verantwortlich.

(Margarete Bause (GRÜNE): Herr Dr. Goppel, für Ihre Abstimmung sind Sie verantwortlich!)

Das Wort zur Erwiderung hat Herr Kollege Dr. Bertermann.

Ich denke, ich brauche hier nichts zu ergänzen. Ich stimme Ihnen zu.

(Sepp Daxenberger (GRÜNE): Haben Sie es auch nicht verstanden? - Heiterkeit bei den GRÜNEN und der SPD)

Wir fahren mit der Debatte fort. Die nächste Wortmeldung stammt von Frau Noichl von der SPD.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte abwesende Staatsregierung! Sehr geehrter Herr Dr. Söder in Abwesenheit! Sehr geehrter Herr Brunner in Abwesenheit! Anscheinend ist dieses Thema nicht wichtig genug, um bei dieser Debatte anwesend zu sein.

(Beifall bei der SPD)

Wenn wir heute über das Verbot des Handels von Fleisch und Milch mit Klontieren noch einmal zu einem Beschluss kommen wollen, liegt das daran, dass sich die Lage verändert hat. Die Situation ist nicht mehr so wie bei der Abstimmung vor einem halben Jahr.

(Beifall bei der SPD)

Die Lage im Ministerrat und in Bayern hat sich verändert. Ich halte es für außerordentlich feige von der CSU, sich auf den alten Beschluss zurückzuziehen und nicht gewillt zu sein, heute erneut die Hand zu heben.

(Beifall bei der SPD)

Da vorhin die "moralische Karte" angesprochen wurde, habe ich mir überlegt, welche Farbe diese Karte bei der Abstimmung hat. In meinem Mäppchen ist keine Karte für moralische Abstimmungen enthalten. Vielleicht haben Sie eine solche Karte. Ich kenne nur die klare Abstimmung Ja oder Nein. Zwei Drittel der Bevölkerung lehnen das Klonen von Tieren grundsätzlich ab. Sie halten es für verwerflich und für ethisch falsch. Das sind die Verbraucher und die Verbraucherinnen. Darauf möchte ich nicht erneut eingehen. Das haben bereits Frau Sabine Dittmar von der SPD und viele Vorredner getan.

Als agrarpolitische Sprecherin der SPD möchte ich auf die Landwirte eingehen. Ich sage: 100 % der Landwirte lehnen das Klonen von Nutztieren ab. Das muss die CSU zur Kenntnis nehmen.

(Beifall bei der SPD)

Die Landwirte haben neben den Bedenken aufgrund ihrer christlichen Grundeinstellung und der Tatsache, dass sie selbst Verbraucher sind und Kinder haben, zu Recht Angst um ihre Existenz, Angst um ihren Bauernhof und Angst um ihre Landwirtschaft. In diesem Hause hört man immer wieder: Wir stehen hinter der bäuerlichen Landwirtschaft. Leider ist Herr Brunner nicht da, sonst würde er es selbst sagen. Wer bei der Ernährung in diesem Hause für das Klonen stimmt, steht nicht hinter der bäuerlichen Landwirtschaft. Diesen Vorwurf müssen Sie sich gefallen lassen.

(Beifall bei der SPD)

Zu Herrn Kollegen Dr. Hünnerkopf möchte ich Folgendes sagen: Sie haben den Sachverhalt sehr genau aufgedröselt, inhaltlich Stellung genommen und wissen, worum es geht. Wenn Sie trotzdem dagegen stimmen, machen Sie sich schuldig. Wenn man aus Dummheit gegen etwas stimmt, ist das etwas anderes. Herr Kollege Dr. Hünnerkopf, wenn Sie jedoch wohl wissend dagegen stimmen, können Sie sich morgen nicht mehr im Spiegel ansehen. Da bin ich mir sicher.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Dann muss er beichten!)

- Da hilft auch das Beichten nichts mehr.

Wer für die bäuerliche Landwirtschaft eintritt, muss für eine freie Zucht und Nachzucht auf den Bauernhöfen eintreten. Wer zur bäuerlichen Landwirtschaft steht, muss dafür sorgen, dass sie unabhängig von patentrechtlichen Besitzansprüchen arbeiten kann. Wir wollen eine genetische Vielfalt und kein Klonfleisch. Wir alle wissen, dass sich der Rückgang der genetischen Vielfalt in Krankheiten widerspiegeln würde.

Die FDP hat argumentiert, das Klonen wäre eine Chance für die Dritte Welt. Diese Argumentation ist zynisch; denn in der Dritten Welt gibt es ebenfalls eine bäuerliche Landwirtschaft. Die bäuerliche Landwirtschaft in der Dritten Welt würde zerstört, wenn große Konzerne das Sagen hätten. Das wissen Sie ganz genau.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Die CSU in diesem Hause ist sich nicht zu schade, eine Milchkampagne mit vielen Plakaten zu starten. Diese Plakate sollen das Image der Landwirtschaft und das Image der Milch hochhalten. Zwei Millionen Euro haben wir zur Verfügung gestellt.

(Thomas Kreuzer (CSU): Das ist eine Minute Redezeit drüber!)

Zwei Millionen Euro haben wir dafür zur Verfügung gestellt. Was Sie mit der heutigen Abstimmung am Image der Landwirtschaft kaputt machen, muss Ihnen klar sein. Zu Frau Biechl, die Landesbäuerin ist, will ich Folgendes sagen: Frau Biechl, Sie haben - -

Frau Noichl, kommen Sie bitte zum Schluss.

Frau Biechl, Sie haben die Schuldigkeit und die Pflicht als Landesbäuerin, sich dagegen zu wehren und mit Ihrer Gruppe dementsprechend abzustimmen. Ein letzter Satz:

Frau Noichl, Ihre Zeit ist vorbei. Wir haben eine Zwischenintervention vorliegen.

Um ein tadelloses Mitglied einer Schafherde sein zu können, muss man vor allem ein Schaf sein.

Frau Noichl, bleiben Sie bitte hier.

Immer wenn es Unruhe gibt, versuchen wir, die Redezeit gerecht zu verteilen, weil alle Fraktionen überziehen. Ich bitte, dies zu bedenken. Trotzdem ist "Ende der Redezeit" das Ende der Redezeit.

Frau Stewens hat sich zu einer Zwischenintervention gemeldet.

Frau Kollegin Noichl, ist Ihnen bekannt, dass Sie mit Ihrem Antrag die Beschlusslage des Bayerischen Landtags ändern? Damit sind Sie offensichtlich nicht mehr dem Wohle des Volkes verpflichtet, sondern letztendlich geben Sie sich kühler Parteitaktik hin, unabhängig davon,

(Markus Rinderspacher (SPD): Was ist das für ein Parlamentsverständnis?)

was die Beschlusslage

(Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

des Bayerischen Landtags bedeutet.

(Weitere Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

Ich meine, hier wird von drei Parteien ein Stück Scheinheiligkeit praktiziert.