Protokoll der Sitzung vom 16.12.2009

Ich rufe Tagesordnungspunkt 3 f auf:

Gesetzentwurf der Staatsregierung eines Bayerischen Wassergesetzes (Drs. 16/2868) Erste Lesung

Der Gesetzentwurf wird vonseiten der Antragsteller begründet. Ich darf hierzu Herrn Staatsminister Dr. Söder das Wort erteilen. Bitte schön, Herr Staatsminister.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Anlass unseres Entwurfes ist, dass das Bayerische Wassergesetz wegen dem neuen Wasserhaushaltsgesetz des Bundes erlassen werden muss. Sie alle erinnern sich an die Debatten, die wir über die Teile eines möglichen einheitlichen Umweltgesetzbuches geführt haben. Dabei wurde vom Bund - auch mit Unterstützung Bayerns - ein Wasserhaushaltsgesetz auf den Weg gebracht. Dieses neue Wasserhaushaltsgesetz zwingt uns jetzt, einen eigenen Entwurf vorzulegen; denn damit werden die bisherigen Vorschriften des Wassergesetzes aufgehoben. Es werden Regelungsaufträge an den Landesgesetzgeber gegeben, und dies gibt uns die Chance - das war uns Bayern besonders wichtig -, abweichende Regelungen zu treffen. Unser Petitum in den Verhandlungen mit dem damaligen Bundesumweltminister war es, zu erreichen - und das konnten wir konsensual erreichen -, dass wir, weil wir das Land mit den meisten Gewässerrandstreifen und das Land sind, das insgesamt vielleicht das Wasserland schlechthin ist, für ganz Deutschland Besonderheiten zu erzielen, die für uns - auch in Bezug auf unsere Landwirtschaft - wichtig sind. Es geht nun darum, das Ganze umzusetzen, durchzusetzen und damit Eigenständigkeiten zu erreichen.

Die Sorge um Gewässer ist in Bayern eine besondere staatliche Verantwortung, denn Wasser ist Lebensgrundlage. Wasser ist übrigens auch der Bereich, der vom Klimawandel der nächsten Jahre am stärksten betroffen sein wird. Sie alle wissen, dass die Klimaveränderungen auch bei uns in Bayern stattfinden und dass sich deswegen eine unterschiedliche Verteilung des Wassers ergeben wird: Mehr Wasser im Süden, tendenziell weniger Wasser im Norden bedeutet insgesamt natürlich eine ganz besondere Verantwortung für den Schutz natürlicher Lebensgrundlagen, aber auch - und das ist wichtig - eine nachhaltige Entwicklung eines modernen Landeswasserrechts. Dies ist unser Ziel gewesen. Wir haben versucht, mit dem Entwurf, einen Streit aufzulösen, der in Bayern seit über zehn Jahren aus unterschiedlichen Interessen heraus geführt wird,

und einen vernünftigen Kompromiss zu entwickeln, der den Erfordernissen der Zukunft, der den Interessen des Schutzes der Umwelt, aber gleichzeitig auch der modernen Entwicklung der Landwirtschaft in Bayern gerecht wird.

Was sind unsere Ziele?

Erstens: Wir wollen natürlich bewährte Regelungen erhalten. Wir haben sehr viele bewährte bayerische Regelungen, die gerade auch von den Verbänden nachdrücklich begrüßt und für erhaltenswert erachtet werden. Dazu gehören die Regelungen zur Gewässerunterhaltung, die Regelungen zum Gewässerausbau oder beispielsweise zum Gemeingebrauch. All dies steht drinnen; diese Regelungen haben sich bewährt.

Zweitens: Ganz wichtig ist es uns, die bayerische Praxis bei den Gewässerrandstreifen fortzuführen. In diesem Fall nehmen wir ganz bewusst die Möglichkeit in Anspruch, eine eigenständige Regelung zu treffen - abweichend vom Bund -, denn der Bund setzt Gewässerrandstreifen Kraft Gesetzes eindeutig fest. Wir nehmen eine eigenständige Regelung in Anspruch und sagen, wir wollen die Randstreifen weiter durch freiwillige Vereinbarungen mit Grundstückseigentümern entsprechend gestalten und durch Fördermaßnahmen - zum Beispiel durch das KULAP - einrichten und damit fortführen.

(Zuruf der Abgeordneten Christa Naaß (SPD))

Diese bayerische Praxis, auf freiwilliger Basis Gewässerrandstreifen dort einzurichten, wo sie wirklich erforderlich sind, hat sich bewährt. Wir lehnen eine undifferenzierte Zwangseinführung von Gewässerrandstreifen ab. Insgesamt würde das in Bayern 88.000 Kilometer Gewässerrandstreifen bedeuten. Das wollen wir nicht.

(Beifall bei der CSU und der FDP - Zuruf der Ab- geordneten Christa Naaß (SPD))

Man muss vor allen Dingen wissen, dass sich diese Regelung auch deswegen bewährt hat, weil wir sonst bei der Förderung landwirtschaftlicher Grundstücke an Gewässern erhebliche Nachteile hätten. Wir haben in Bayern sehr gute Erfahrungen damit gemacht, dass unsere Landwirtschaft gerade durch die freiwilligen Vereinbarungen ein hohes Maß an Gewässerschutz und Gewässerrandstreifenschutz etabliert hat. Deswegen wollen wir unter keinen Umständen, dass diese Möglichkeiten verloren gehen. Übrigens werden in Bayern davon rund 100.000 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche und Fördermittel in einer Höhe bis zu 5 Mil lionen Euro - übrigens auch von europäischer Ebene - betroffen sein. Auch deswegen ist es so wichtig, dass die Gesetze bis zum 01.03. des nächsten Jahres in

Kraft treten, weil dann die entsprechenden Förderzeiträume beginnen.

Drittens, zum Thema "Ausgleichsleistungen", das viele bewegt hat: Der Fraktionsvorsitzende der CSU - andere auch - hat mich mehrfach auf dieses schwierige Thema angesprochen.

(Ludwig Wörner (SPD): "Ausgleichsleistung", das ist eine besondere Nummer!)

- Herr Wörner, "Ausgleichsleistung", das ist weniger lustig, als Ihr verschmitztes, charmantes - nein, das vielleicht nicht -, aber vielleicht Ihr verschmitztes Lachen deutlich macht.

(Ludwig Wörner (SPD): Das ist gar nicht mehr witzig, was Sie da machen!)

Denn an der Stelle geht es darum, einen Ausgleich zu finden. Wir haben fundamental unterschiedliche Positionen zwischen Wasserversorgern auf der einen Seite, der Landwirtschaft, aber auch anderen Grundstücksbesitzern auf der anderen Seite. Hier tobt seit zehn Jahren eine Meinungsauseinandersetzung. Die einen fordern einen umfassenden Ausgleich für potenzielle Nutzungen und für potenziellen Wertverlust, der sehr weitreichend ist. Dagegen sprechen sich die Wasserversorger gegen erhöhte Leistungen aus. Bislang gab es kaum eine Möglichkeit, einen Konsens zu finden. Wir haben jetzt einen entsprechenden Versuch unternommen, und ich glaube, mit einer guten Perspektive.

Der neue Artikel 32 des Bayerischen Wassergesetzes sieht vor, Ausgleichsansprüche maßvoll auszuweiten, und zwar einen Ausgleich für bauliche Mehraufwendungen an land- und forstwirtschaftlichen Betriebsanlagen in Wasserschutzgebieten zu geben, also dort, wo gebaut werden muss, um den ökologischen Standard zu halten. Das ist das Entscheidende. Es geht also darum, das ökologische Niveau zu halten und sogar auszuweiten. Und da sind Investitionen notwendig. Dafür bieten wir die Möglichkeit eines maßvollen Ausgleichsanspruchs. Übrigens sind von den Grundstückseigentümern in Wasserschutzgebieten 94 % aus der Land- und Forstwirtschaft. Das ist also die hauptsächlich betroffene Gruppe. Diese Gruppe bekommt hier eine Chance. Es ist eine vermittelnde Position zwischen Landwirtschaft und Kommunen einerseits und dem Wasserversorger andererseits. Diese Regelung kann aus finanziellen Gründen nur für die Zukunft gelten.

Ein Ausgleich für potenzielle Nutzungen - Sie kennen die Debatte der Experten über die Legaldefinition - ist übrigens im Bundesrecht abschließend geregelt. Insoweit ist hierfür keine eigene landesrechtliche Regelung erforderlich. Die Hauptstreitparteien - die Gemeinden

und die Landwirtschaft - haben hier Zustimmung signalisiert.

Viertens: Den Verwaltungsaufwand bei Abwasseranlagen wollen wir senken. Wir wollen künftig die Möglichkeit schaffen, in die Abwasseranlagenüberwachung mehr private Sachverständige einzubeziehen. Das ist eine Möglichkeit, die besteht; denn Sie wissen, dass wir bereits jetzt eine sehr intensive und gute Überwachung haben. Wir wollen aber die Chance geben, dass von den Wasserbehörden auch private Sachverständige als Verwaltungshelfer eingesetzt werden. Damit geben wir an der Stelle dem Wunsch nach, dass es Möglichkeiten geben soll, zusätzliche Optionen zu finden.

(Zuruf des Abgeordneten Ludwig Wörner (SPD))

Letzter Punkt: Insgesamt ist es ein engagierter und ambitionierter Prozess, den wir hier gemeinsam gehen, auch deshalb, weil wir hier natürlich unter einem gewissen Zeitdruck stehen. Der Zeitdruck ergibt sich aus der Bundessituation. Wenn wir bis zum 01.03. des nächsten Jahres kein abschließendes Gesetz haben, können wir keine abweichenden Regelungen manifestieren.

(Ludwig Wörner (SPD): Dagegen hätte ich nichts!)

Wir hätten dann die Situation, dass es eine Festsetzung bezüglich der Gewässerrandstreifen gäbe, was bedeutete, dass Förderprogramme nicht genutzt werden könnten und Nachteile für die bayerischen Bürgerinnen und Bürger entstehen könnten. Das müssen wir gemeinsam abwehren.

Unser Versuch, das Ganze durch Gespräche mit den einzelnen Vorständen der Vereinigungen und Verbände voranzubringen, war sehr konstruktiv. Ich bedanke mich bei allen, die dabei waren. Wir mussten schnell arbeiten, mit einer Verkürzung der Fristen, und wir mussten engagiert arbeiten. Ich bedanke mich bei allen, die bislang mit diskutiert haben und bitte das Parlament sehr herzlich, diesen Entwurf intensiv zu beraten und zügig zu verabschieden. Denn es geht tatsächlich darum, Schaden und Nachteile von der bayerischen Bevölkerung abzuwenden. Unser Ziel ist es, den Nutzen zu mehren und Schaden abzuwenden. Das versuchen wir hierbei.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank, Herr Staatsminister. Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Wörner.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister, die Zeitnot haben Sie erzeugt, nicht wir. Wir lassen uns in einer so existenziellen

Frage wie der des Wasserschutzes in Bayern von Ihnen nicht treiben.

(Beifall bei der SPD)

Wir werden eine Anhörung verlangen, denn das, was Sie da mit den Verbänden getrieben haben, müssen Sie und Ihr Haus selbst verantworten und bewerten. Wir nicht!

Lassen Sie mich Folgendes vorweg sagen: In welcher Welt leben wir eigentlich, dass wir über etwas reden müssen, was wir alle brauchen und was die UNO als Menschenrecht deklariert hat, nämlich das Recht auf hygienisch einwandfreies Trinkwasser, bzw. darüber, was der Schutz dieses Trinkwassers wert ist? Jeder müsste eigentlich selbst dafür Sorge tragen, dass mit diesem Wasser nichts passiert.

(Beifall bei der SPD)

Und damit hätten wir die leidigen Debatten um Schutz oder Nichtschutz, oder um Vergütung oder Nichtvergütung sofort beendet.

(Unruhe und Zurufe von der CSU)

Wenn man jemandem vorwirft, er sei ein Brunnenvergifter, dann ist derjenige zu Recht beleidigt. Denn jeder muss so viel Vernunft haben,

(Zuruf von der SPD: Müsste!)

dass er im eigenen Interesse Wasserschutz betreibt. Aber offensichtlich ist dem nicht so. Sonst müssten wir über den Wasserschutz nicht diskutieren.

Ich füge ausdrücklich hinzu: Die SPD hat immer die Richtung verfolgt, denjenigen, die durch Wasserschutzgebiete Nachteile erleiden, zu helfen, einen Ausgleich zu finden.

(Beifall bei der SPD)

Es kann doch nicht so sein, liebe Kolleginnen und Kollegen, wie es die Staatsregierung plant, einen freien Aushandlungsprozess zwischen Wasserlieferanten, also meist den Stadtwerken oder ähnlichen Einrichtungen, und den jeweiligen Grundbesitzern zu schaffen. Das führt zur Beliebigkeit des Preises beim Trinkwasser und wird letztlich vom Verbraucher bezahlt. Und Verbraucherschutz ist zumindest in Teilen auch bei Ihrem Ministerium angesiedelt, Herr Minister Söder.

(Beifall bei der SPD)

Deshalb ist es notwendig, mit Bodenwerten zu arbeiten - diese sind bekannt, Herr Miller, das müssten besonders Sie wissen - und diese Bodenwerte unter dem

Aspekt zu bepreisen, wer vom Wasserschutzgebiet betroffen ist.

Diese Ausgleichszahlungen müssen gesetzlich festgelegt werden, schon allein um sicherzustellen, dass allen Bürgerinnen und Bürgern, die das Wasser dann zahlen müssen, der gleiche Aufschlag zugeteilt wird.

(Beifall der Abgeordneten Johanna Werner-Mug- gendorfer (SPD))

Warum Sie sich um diese Überlegungen herumdrücken, verstehe ich nicht.

(Zurufe von der CSU)