Protokoll der Sitzung vom 04.02.2010

Schon im letzten Jahr sollte ein Teil des Vorstands aus getauscht werden. Auch damals, in der Sitzung am 15. Dezember 2008, stand die Neubesetzung nicht auf der Tagesordnung. Unter Tagesordnungspunkt "Ver

schiedenes" informierte der Vorsitzende den Stiftungs rat, dass das Benehmen hinsichtlich der Neubestellung herbeigeführt werden solle. Das Kabinett wolle am Tag darauf die Mitgliedschaft der bisherigen Vorstandsmit glieder um ein Jahr bzw. um fünf Jahre verlängern. Herr Kollege Böhm - das wurde schon angesprochen wurde davon genauso überrascht wie die Mitglieder des Stiftungsrats. Natürlich gab es Kritik aller Fraktionen. Herr Kollege Strehle weiß es. Selbst auf Nachfrage wurden keine Gründe für die Umbesetzung genannt. Daraufhin hat sich ein Kollege für die Verlängerung des Vertrags von Herrn Böhm um ein Jahr eingesetzt. Re sultat war, dass der Vorsitzende erklärte, er werde die Vorschläge der Stiftungsratmitglieder aufnehmen und dem Herrn Ministerpräsidenten mitteilen. Er erklärte das Benehmen aufgrund der Debatte für hergestellt.

Ein Jahr später ging die Staatskanzlei wieder genauso handstreichartig vor. Sie agiert offenbar unter Seehofer mit den gleichen Alleinherrscherallüren wie unter Stoi ber und ist genauso unbelehrbar.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Darüber hinaus gibt es offensichtlich unterschiedliche Auffassungen darüber, für welche Zeit die Verträge im Dezember 2008 verlängert wurden. Wie ich vorhin vor getragen habe, wären die Verträge von Maurer und Böhm im Dezember ausgelaufen; aber nach dem, was der Stiftungsrat mitgeteilt bekommen hat, hätte der Ver trag für Frau Stein eigentlich noch vier Jahre laufen müssen.

Die Staatskanzlei vertritt jetzt überraschend eine ande re Auffassung. In der Antwort auf meine Anfrage von Mitte Dezember 2009 behauptet sie auf einmal, es sei nicht zutreffend, dass eine noch vier Jahre laufende Bestellung eines Vorstandsmitglieds gekürzt worden sei. Wenn die Staatsregierung jetzt andere Vertrags laufzeiten zugrunde legt als dem Stiftungsrat im De zember 2008 mitgeteilt wurden, so ist das Benehmen damals nicht hergestellt worden. Dies ist ein krasser Verstoß gegen Satzung und Stiftungsgesetz. Anderer seits heißt es in Artikel 7 Absatz 2 des Gesetzes über die Errichtung der Bayerischen Landesstiftung, dass die Staatsregierung ein Mitglied des Stiftungsvorstands nur auf dessen Antrag oder aus dienstlichen Gründen abberufen kann. Wer überrascht ist, dass er abberufen wird, hat sicherlich keinen Antrag gestellt. Dienstliche Gründe, die eine Abberufung rechtfertigen würden, sind auch nicht ersichtlich. Auch insofern wäre eine Abbe rufung vor Ablauf der vorgesehenen Bestellungsdauer rechtswidrig. Das heißt, die Staatsregierung hat in jedem Fall gegen das Stiftungsgesetz verstoßen.

Das, Kolleginnen und Kollegen, können wir auf keinen Fall hinnehmen. Ich fordere Sie deshalb auf, die Ver

stöße gegen Stiftungsgesetz, Satzung und Anstand nicht einfach zu akzeptieren. Denn damit werden auch Ihre Rechte, die Rechte des Parlaments, verletzt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Der Gesetzentwurf der SPD ist ein möglicher Weg; das, was die CSU vorschlägt, ist ein anderer möglicher Weg. Wir werden darüber beraten, was der beste Weg ist, um die aus dem Ruder laufende Zentralbürokratie wieder einzufangen. Auf jeden Fall, Kolleginnen und Kollegen, müssen wir der Staatskanzlei klare Schranken setzen. Denn so geht es wirklich nicht.

(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank. Jetzt darf ich noch Herrn Kollegen Rohde das Wort erteilen.

Frau Präsidentin, verehrte Kolle ginnen und Kollegen! Ich habe mich im Vorfeld der Debatte intensiv über den Stiftungsvorstand, den Stif tungsrat, die Regularien und das Gesetz informiert.

(Zuruf von der SPD: Das hoffen wir!)

Herr Dürr, ich habe auch Ihre Anfrage und die Antwort der Staatskanzlei gefunden. Ich habe gefragt und ge fragt, aber ich kann Ihren Vortrag nicht nachvollziehen. Es tut mir leid.

(Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Sie können das Protokoll gerne von mir haben!)

Sie haben vorgetragen, es sei gegen das Stiftungsge setz verstoßen worden. Sie kennen das Gesetz über die Errichtung der Stiftung auch. In Artikel 7 geht es um den Stiftungsvorstand. Danach besteht der Stiftungs vorstand aus einem Vorsitzenden und zwei weiteren Mitgliedern; die Mitglieder des Vorstands werden von der Staatsregierung im Benehmen mit dem Stiftungsrat bestellt.

Das war zweimal in Folge der Fall, im Jahr 2008 und im Jahr 2009. Im Jahr 2008 wurde aufgrund des Regie rungswechsels, der von Schwarz zu Schwarz-Gelb führte, vereinbart, dass man die Verträge der Mitglieder des Stiftungsrats um ein Jahr verlängert.

(Zuruf von der SPD: Nein!)

Das gilt natürlich für alle Mitglieder des Stiftungsrats. Mir liegen keine weiteren Informationen vor. Ich weiß nicht, ob dabei ein Fehler unterlaufen ist; aber die Re cherchen, die ich anstellen konnte, haben mich zu dem Ergebnis geführt - die Antwort der Staatskanzlei habe ich zunächst nicht anzuzweifeln -, dass alle Verträge

des Stiftungsvorstands im Jahr 2008 auf ein Jahr be fristet ausgestellt wurden.

Artikel 7 Absatz 1 Satz 3 des Gesetzes besagt, die Be stellung erfolge auf höchstens fünf Jahre, und eine wiederholte Bestellung sei zulässig. Im Jahr 2008 wurde also der Stiftungsvorstand auf ein Jahr bestellt, und im Jahr 2009 wurde er auf vier Jahre bestellt. Das macht zusammen fünf Jahre und eine Legislaturperio de. Der nächste Landtag und die nächste Staatsregie rung haben dann wieder alle Möglichkeiten, den Stiftungsvorstand zu besetzen. Ich sehe das also nicht.

Ich habe das Wort "Benehmen" einmal nachgeschla gen. Wenn Sie bei Wikipedia googlen, dann sehen Sie, dass "Benehmen" in der Rechtswissenschaft eine Form der Mitwirkung bei einem Rechtsakt ist. Während "Ein vernehmen" bedeutet, dass vor einem Rechtsakt das Einverständnis einer anderen Stelle vorliegen muss, ist eine Entscheidung, die nur im Benehmen mit einer an deren Stelle zu treffen ist, nicht unbedingt mit dem Einverständnis der anderen Stelle zu fällen. - Soweit Wikipedia. - Das bedeutet, dass dieser Stelle lediglich Gelegenheit zu einer Stellungnahme zu geben ist. Vom Stiftungsrat, der eine Sitzung abgehalten hat, ist nicht einmal eine negative Stellungnahme bekannt. Es gab unterschiedliche Stimmen, es wurden soeben Eindrü cke von der Sitzung geschildert. Das ist alles unbe nommen. Aber - es tut mir leid - ich sehe nicht den Verstoß, den Sie, Herr Dürr, skizziert haben, und ich habe wirklich sehr intensiv recherchiert. Ich bin ge spannt, ob jetzt noch etwas kommt, was Substanz hat.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Sepp Dürr (GRÜNE))

Ich bin froh, dass es jetzt zu einer Gesetzesinitiative kommt, damit das für die Zukunft ein bisschen besser geregelt ist. Ich denke, wenn man statt des Benehmens das Einvernehmen des Stiftungsrats, in dem die ge wählten Vertreter des Landtags Sitz und Stimme haben, herstellt, ist der Demokratie Genüge getan. Sie wissen doch auch, dass, selbst wenn der Landtag ent schiede, was die SPD vorschlägt, hier im Landtag keine Debatte stattfände. Dann würde ein Vorschlag der die Mehrheit des Hauses stellenden Fraktionen unterbrei tet, wer auch immer das zu irgendeiner Zeit sein mag, und dann würde der Vorschlag, der ja durch den Stif tungsrat, die Staatsregierung etc. vorbereitet worden wäre, durch den Landtag bestätigt. Davon würde ich bei einem normalen demokratischen Vorgang ausgehen. Dies werden Sie nicht bestreiten können.

Deswegen ist es nicht notwendig, so weit zu gehen, wie das die SPD vorschlägt. Die CSU und die FDP werden einen anderen Gesetzentwurf einbringen, der etwas an der herrschenden Gesetzeslage ändern wird. Das Wort "Benehmen" soll durch das Wort "Einvernehmen" er

setzt werden, sodass in Zukunft etwas besser mit dem Stiftungsvorstand umgegangen werden sollte.

Meine Damen und Herren, wir lehnen den heute vor liegenden Gesetzentwurf ab und freuen uns auf die Zukunft.

(Beifall bei der FDP)

Wir lehnen heute nicht ab. Es ist ja erst die Erste Lesung. Herr Kollege Dr. Dürr, Sie haben sich noch einmal zu Wort gemeldet. Bitte sehr.

Herr Kollege Rohde, dafür, dass Sie nicht in der Lage sind, sich die erforderlichen Kenntnisse zu verschaffen, kann der Kollege Böhm wirklich nichts. Sie haben, falls Sie sich erinnern, inzwi schen auch jemanden im Stiftungsrat, und der kann vielleicht einmal im Protokoll nachschauen. Es gibt ein Protokoll. Daraus kann ich jetzt nicht vorlesen, weil es ja eine nicht öffentliche Sitzung war. Aber wenn Sie im Protokoll nachgeschaut und sich informiert hätten, dann wüssten Sie, dass die Verträge, so wie ich das vorhin vorgetragen habe, um ein Jahr bzw. um fünf Jahre verlängert werden sollten. Wenn ich ins Beneh men gesetzt werden und Stellung nehmen soll, so wie Sie das gesagt haben, dann muss ich wissen, wozu. Der Kenntnisstand des Stiftungsrats lautete: Die zwei Verträge Maurer und Böhm laufen in einem Jahr aus, aber Frau Stein hat noch vier Jahre. Jetzt erklärt die Staatsregierung, dem sei nicht so. Da möchte ich wis sen, wann ich ins Benehmen gesetzt wurde. Dass ich jetzt bald mein Benehmen verliere, werden Sie viel leicht verstehen.

(Beifall bei den GRÜNEN - Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

Auch der Herr Kollege Wörner hat nochmals um das Wort gebeten. Bitte schön, Herr Kollege.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Was der Herr Kollege Dr. Dürr gerade beschreibt, entspricht dem, was die, die dürfen, im Pro tokoll nachlesen können.

Herr Kollege Pohl, ich bin jetzt wirklich überrascht; denn Sie halten den Parlamentarismus doch eigentlich hoch. Sie tragen die Freiheit und sonst noch was wie eine Fahne vor sich her - mit Recht, mit Recht! Aber dann pflegen Sie sie bitte auch.

(Beifall bei der SPD)

Wie kommen Sie eigentlich dazu, dieses Recht sich selbst und uns abzusprechen, wenn es hier um unseren

Vorschlag, um Vorschläge des Personals geht? Woher wollen Sie wissen, dass wir die hier drinnen nicht dis kutieren wollen? Oder dass diese Vorschläge zumin dest nicht in den Parlamenten oder in den Fraktionen diskutiert werden? Woher wollen Sie das wissen? Wir würden das natürlich diskutieren, und zwar mit Recht. Ob wir dann hier nochmals eine Debatte brauchen, ist wieder eine ganz andere Frage.

Noch einmal: Es stellt sich schon die Frage, welches Bewusstsein wir selber haben. Welche Anforderungen stellen wir an uns selber? Ich meine, dass es notwendig wäre, diese Vorschläge zu diskutieren. Ich will jetzt bei der Staatsregierung gar nicht nachfragen, ob sie sich wenigstens bei den Dreien für das, was da vorgefallen ist, entschuldigt hat. Das wäre das Mindeste. Aber das ist ihre Sache. Wir können Sie nur auffordern, das zu tun, weil es notwendig wäre, darüber ein paar Worte zu verlieren. Noch einmal: Man ist es in der Politik ge wöhnt, kalte Duschen zu kriegen - jeder von uns. Aber das war mehr als eine kalte Dusche; denn es waren nicht irgendwelche Leute, sondern es waren Leute, vor die Sie sich ob ihrer Verdienste jahrelang schützend gestellt haben. Mit denen dann so umzugehen - - Wir wollen dieses Gesetz nicht aus Jux und Tollerei so ver ändern, dass so etwas nicht mehr passieren kann.

Frau Kollegin, mit dem Einvernehmen ist es da nicht getan, sondern uns geht es schon um klare öffentliche Spielregeln, die wir alle nutzen und gebrauchen kön nen. Ich verstehe das nicht ganz. Es ist schön, dass sich zumindest ein bisserl etwas bewegt, aber mutig ist es noch nicht. Mutig wäre es gewesen zu sagen, okay, was die SPD hier will, ist richtig. Wir helfen mit, im Par lamentarismus für mehr Klarheit und Offenheit zu sor gen. - Das machen Sie nicht; schade drum. Darüber, dass sich die FDP dafür hergibt, ist man immer wieder überrascht. Noch einmal: Freiheit ist das Fähnchen. Aber wenn es dann darauf ankommt, dann rollen wir es ganz schnell wieder ein und kuschen.

(Zuruf von den GRÜNEN)

Ich bin gespannt, wie lange Sie das noch durchhalten. Die Wählerinnen und Wähler haben längst kapiert, was da abgeht. Sie kriegen für solche Dinge einen Denk zettel - zu Recht. Sie graben das Grab der Demokratie - ausgerechnet Sie, von denen man erwartet hat, dass Sie die CSU ein bisserl in die richtige Richtung zurück bewegen. "Irrtum" kann man den Wählern nur sagen; Irrtum!

(Thomas Hacker (FDP): An Denkzettel haben Sie sich schon gewöhnt!)

Überlegen Sie sich noch einmal gut, was Sie da tun. Es stünde uns allen gut an, dem Gesetzentwurf, den wir gemacht haben, zuzustimmen, weil an dem Gesetz

sachlich, fachlich und inhaltlich so, wie wir es vorlegen, nichts auszusetzen ist. Das wissen Sie ganz genau. Aber Sie schwächen das Ganze wieder ab und machen daraus ein Ergebnis.

Frau Kollegin Guttenberger, die Zeitnot, die Sie anspre chen, existiert doch gar nicht. Das wissen Sie ebenso gut wie ich. Diese Zeitnot, die Sie da als - - aufbauen nein, ich sage es nicht -, ist falsch. Angenommen, da würde wer erkranken oder etwas noch viel Schlimme res passieren, dann bestünde innerhalb der Fristen, in denen die Landesstiftung tagt, jederzeit die Möglichkeit. Drinnen aber vergehen vier bis fünf Sitzungen. In dieser Zeit hätte auch ein Ministerpräsident, der vieles andere Wichtige zu tun hat - sonst wäre er nämlich bei dem Thema da -, Zeit und Gelegenheit, Vorschläge zu un terbreiten, die wir im Parlament als richtig oder falsch befinden und über die wir abstimmen könnten. Das wäre Aufgabe des Parlaments. Im Übrigen hat dieses Parlament auch die Entscheidung getroffen, dass es überhaupt eine Stiftung und Stiftungsgelder gibt. Dann wäre es die nobelste Aufgabe des Parlaments, auch darüber zu entscheiden, wer als Vorstand in diese Stif tung entsandt wird. Denken Sie also bitte nochmals darüber nach.

(Beifall bei der SPD)

Mir liegen keine weite ren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aussprache ge schlossen. Im Einvernehmen mit dem Ältestenrat schlage ich vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Verfassung, Recht, Parlamentsfragen und Verbrau cherschutz als federführendem Ausschuss zu überwei sen. Besteht damit Einverständnis? - Das ist der Fall. Dann ist das so beschlossen.

Ich will hier, was Handys betrifft, noch einmal etwas zur Aufklärung beitragen: Ich habe vorhin ganz bewusst von Privathandys gesprochen, die im Plenarsaal nicht benutzt werden sollen. Die Fraktionshandys, die hier vorne installiert sind, stehen den Fraktionsvorsitzen den, ihren Stellvertretern und denjenigen, die hier dienstlich telefonieren müssen, selbstverständlich zur Verfügung. Sie sollten hier also nicht Dinge anmahnen, sondern sich erst einmal vergewissern, worum es über haupt geht.

(Alexander König (CSU): Das sollte eigentlich be kannt sein!)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 2 d auf: