Wenn eine Gesellschaft bejaht wird, möchte man in ihr leben. Wenn es aber kein inneres Ja gibt, und zwar auch bei denjenigen Menschen mit Migrationshinter grund - es reicht nicht, wenn nur wir das in uns tragen -, dann können wir noch so viele rote Teppiche ausle gen, Kolleginnen und Kollegen, dann ist das die Haupt integrationsbremse, Kolleginnen und Kollegen.
Ich möchte noch anmerken, dass aus meiner Sicht auch überkommene Rollenbilder dieses innere Ja, den Integrationswillen blockieren. Ich meine, wir müssen uns sehr viel stärker geschlechtsbezogen diejenigen anschauen, die es bisher trotz aller roter Teppiche, die wir ihnen ausrollen, nicht geschafft haben, sich zu in tegrieren. Aber bitte nicht alle über einen Kamm sche ren und nicht den Großteil der Menschen mit Migrati onshintergrund in einen Topf werfen mit denjenigen, die sich nicht integrieren wollen! Der Großteil ist nämlich bei uns hervorragend integriert. Das muss man immer wieder dazusagen.
Ich danke zum Schluss Martin Neumeyer, dem Integ rationsbeauftragten, dessen Aufgabe die Beratung der Staatsregierung ist. Ich möchte nur kurz auf das einge hen, weil danach gefragt worden ist, wo er am besten angesiedelt sei. Es gibt ja unterschiedliche Meinungen darüber, wo man besser arbeiten könne. Es gibt auch
durchaus die Meinung, dass man dazu nicht unbedingt an der Staatskanzlei angedockt sein muss, sondern dass die freie Entfaltung der geistigen Kreativität mög licherweise am Fachministerium mindestens genauso gut gelingt. Das ist jedenfalls mein Eindruck, lieber Mar tin. Und dass er kein Budget hat, stimmt auch nicht.
Ich meine, dass wir eine sehr gute Entscheidung ge troffen haben, die Arbeit des Ministeriums, der Staats regierung durch den Integrationsbeauftragten zu er gänzen. Ich möchte mich bei dir, lieber Martin, für die wunderbare Zusammenarbeit ganz herzlich bedanken.
Antrag der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Harald Güller, Inge Aures u. a. und Fraktion (SPD), Bernhard Pohl, Hubert Aiwanger u. a. und Fraktion (FW) , Margarete Bause, Sepp Daxenberger, Ulrike Gote u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Prüfung etwaigen Fehlverhaltens und möglicher Versäumnisse von Ministerpräsident Horst Seehofer, Staatsminister Georg Fahrenschon, Staatsminister Joachim Herrmann, Staatsministerin Emilia Müller, Staatsminister Martin Zeil, Ministerpräsident a. D. Dr. Edmund Stoiber, Ministerpräsident a. D. Dr. Günther Beckstein, Staatsminister a. D. Prof. Dr. Kurt Faltlhauser, Staatsminister a. D. Erwin Huber, Staatssekretär a. D. Georg Schmid, Staatssekretär a. D. Jürgen W. Heike in Zusammenhang mit dem Erwerb und dem Verkauf der Hypo Group Alpe Adria (HGAA) durch die Bayerische Landesbank Bayern (BayernLB) (Drs. 16/3168)
Änderungsantrag der Abgeordneten Dr. Gabriele Pauli (fraktionslos) zum Antrag betreffend die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses (Drs. 16/3168) (Drs. 16/3248)
Ich eröffne die Aussprache. Im Ältestenrat wurde hierfür eine Redezeit von 15 Minuten pro Fraktion vereinbart. Die fraktionslose Abgeordnete Dr. Pauli erhält, abwei chend von den Festlegungen des Ältestenrats, eine längere Redezeit von 7,5 Minuten. Ich eröffne die Aus sprache und erteile zunächst Herrn Kollegen Güller das Wort.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Schon heute ist dem Freistaat Bayern und damit allen seinen Bürgerinnen und Bürgern allein durch den Kauf der maroden Hypo Group Alpe Adria ein Schaden von 3.750 Millionen Euro entstanden. Die ser Schaden ist durch falsche Entscheidungen sowohl im Vorstand als auch im Verwaltungsrat der BayernLB entstanden. Erschwerend kommt hinzu, dass dies nicht der erste Fall ist: ABS-Papiere in Amerika, Betrug in Südostasien, die marode Rijeka-Bank und das geschei terte Bawag-Engagement. Eine ganze Reihe von Un tersuchungsausschüssen musste sich bereits mit die ser BayernLB und den politisch Verantwortlichen auseinandersetzen.
Neben diesen 3,75 Milliarden Euro stehen noch 10 Mil liarden Euro im Feuer, die in unserem Haushalt zur Unterstützung der BayernLB gegeben wurden.
Zu beachten ist: Das ist nicht irgendeine Bank. Es ist vielmehr eine Bank mit einem öffentlich-rechtlichen Auftrag, nämlich den Mittelstand zu fördern und zu un terstützen. Außerdem hatte sie den Auftrag, dem Spar kassenwesen Finanzen zur Verfügung zu stellen. Unter einer Mittelstandsförderung verstehe ich nicht Speku lationen mit ABS-Papieren. Schon gar nicht verstehe ich unter Mittelstandsförderung, die Wahlchancen von FPÖ, BZÖ und ÖVP in Kärnten und Österreich zu stär ken.
Im Verwaltungsrat dieser Bank tummeln sich die Grö ßen der CSU-Staatsregierung und des Sparkassenwe sens, ebenfalls Größen der CSU. Ob es ein Dr. Beck stein, ein Herr Huber, ein Herr Schmid, ein Herr Prof. Dr. Faltlhauser, ein Dr. Naser, der zeitweise immer wieder einmal Mitglied bei Ihnen ist, oder der Städte tagspräsident Schaidinger ist: Sie alle tragen in dieser
Bank Verantwortung und sind damit zum wiederholten Male Gegenstand eines Untersuchungsausschusses im Bayerischen Landtag.
Kolleginnen und Kollegen, was hätten wir uns für das Geld, das dort verbrannt wurde, für die Bürgerinnen und Bürger alles leisten können: mehr Lehrer, echte Mittel standsförderung, ein Studium ohne Studiengebühren, Ganztagsbetreuung mit freiem Mittagessen, Professo ren und gut ausgestattete Bibliotheken. Im Frühjahr hätten wir die Möglichkeit gehabt, die Löcher in den Staatsstraßen zu stopfen oder die Staatsstraßen ganz neu auszubauen. Herr Rinderspacher hat ausgerech net, dass wir mit diesem Geld 20.000 km Staatsstraßen sanieren könnten, obwohl wir in Bayern nur 13.000 km Staatsstraßen haben.
Kolleginnen und Kollegen, allein deshalb ist es Aufgabe dieses Untersuchungsausschusses, dies alles rück haltlos aufzuklären. Aufgabe dieses Untersuchungs ausschusses ist es, dieses Desaster mit Mitteln zu beleuchten, die dieser Landtag in seiner täglichen Ar beit sonst nicht hat. Diese Mittel sind Zeugenvorladun gen, strafbewehrte Befragungen und die Zuziehung von Akten und Material, zum Beispiel aus Staatskanz lei, Finanzministerium und Innenministerium, aber auch aus den laufenden Strafverfahren bei der Staatsanwalt schaft in München.
Dass eine weitere Aufklärung notwendig ist, zeigen die letzten Monate. Was ist denn trotz der vielen Details, die schon bekannt sind, bisher passiert? Es gab zwei kleine Entschuldigungen von Herrn Prof. Dr. Faltlhau ser und Herrn Dr. Beckstein nach dem Motto: Jetzt muss es aber gut sein. Es gab ein trotziges "Ich habe aber alles richtig gemacht!" von Herrn Huber, Herrn Schaidinger, Herrn Dr. Naser, Herrn Christmann und dem LB-Vorstand Herrn Dr. Schmidt. Außerdem gibt es noch ein trotziges und geradezu kindisches Schweigen nach dem Motto "Ich sage nichts mehr!" von Herrn Georg Schmid. Es wäre nett, wenn Sie mich anschauen würden. Ich habe etwas gesagt, Herr Kollege.
Passiert ist jedenfalls nichts. Einige der Kollegen kleben sogar noch an ihren Sesseln, zum Beispiel Herr Huber als Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses und Herr Georg Schmid als Fraktionsvorsitzender der CSU. Ich nenne außerdem den üppig mit Geld und Personal aus gestatteten ehemaligen Ministerpräsidenten Dr. Stoi ber, der für uns den Chef-Entbürokratisierer für Brüssel, aber nicht in Brüssel gibt.
Der Untersuchungsausschuss hat neben der Aufklä rung der Vorgänge beim Kauf 2006/2007 auch die Auf gabe, den Umgang der heute noch regierenden CSU FDP-Koalition mit Herrn Seehofer und Herrn Fahrenschon an der Spitze mit der Krise zu durchleuch ten. Ich höre in diesem Raume schon wieder das Wort "Vorverurteilung". Das ist doch keine Vorverurteilung. Wir sind doch heute nicht in der Stunde Null. Wir wissen schon sehr viel darüber, was damals in den Jah ren 2007, 2008 und 2009 passiert ist. Es geht darum, in einem Untersuchungsausschuss des Landtags fest zustellen, welche politische Verantwortung aus diesem Desaster entstanden ist und Fingerzeige auf die straf rechtliche und die zivilrechtliche Verantwortung zu geben.
Jeder, der schon heute genauer hinsieht, weiß: Der Kauf der Hypo Alpe Adria durch die Landesbank verlief nach dem Schema Tricksen, Tarnen und Täuschen. Am Ende wurde dann unter aktiver Beteiligung von Mit gliedern der CSU-Staatsregierung die Katze im Sack gekauft. Bei der Beschaffung und Verwertung von In formationen zum Kauf wurden viele Beteiligte ihrer Ver antwortung offensichtlich nicht gerecht.
Das Ergebnis ist bekannt, nämlich die größte Finanz affäre in Bayern in der Nachkriegszeit. Bei vielen Be teiligten stellt sich die Frage: Haben sie nur ohne Sachkenntnis entschieden, haben sie verantwortungs los entschieden oder/und war bei der Entscheidung auch noch kriminelle Energie im Spiel? Ich nenne drei Beispiele: Wer sich den Kaufvertrag über die Hypo Group Alpe Adria ansieht, weiß: Kein vernünftiger Bür ger Bayerns hätte dem damaligen Kärntner Landes hauptmann Haider auch nur einen Gebrauchtwagen oder ein Motorboot auf dem Wörthersee mit einem solch mistigen Vertrag abgekauft.
Ein zweites Beispiel: Sehen Sie sich einmal die BerlinGruppe an. Dort haben sich Millionäre nochmals mit Staatsgeld die Finger abgeputzt. Ich nenne Ingrid Flick, die Heinz Dürr GmbH und die Stärker-Brüder aus Augs burg, deren Vater ein einst florierendes Unternehmen verkauft hat, weil seine Kinder lieber Finanzspekulan ten geworden sind. Heute leiden der Betrieb und die Arbeitnehmer darunter. Ich nenne weiter die Piech-Ver mögensverwaltung und eine klassische Gesellschaft, die mitfinanziert und sich die Finger abgeputzt hat,
nämlich die Cheyne Special Situations Fund in Groß britannien. Wir wollen sehen, welche Millionäre aus Deutschland und Österreich hinter diesem Investor ste hen.
Ein weiterer Einflussnehmer war der frühere Minister präsident. Er hat angeblich von diesem Kauf nichts gewusst und war daran nicht beteiligt. Im Sommer 2007 fuhr er jedoch nach Kroatien und übte Druck auf die dortige Nationalbank aus, damit diese den Kauf nicht nachträglich zum Platzen bringt. Er hat der Öffentlich keit zunächst erklärt, er habe keinen Druck ausgeübt. Dann erfolgte eine entlarvende Veröffentlichung eines Interviews im kroatischen Fernsehen durch das ZDF vor einigen Wochen. Danach ging der frühere Minister präsident endgültig auf Tauchstation und sagte gar nichts mehr. Kolleginnen und Kollegen, da ist es doch klar, dass ein Untersuchungsausschuss dieses Baye rischen Landtags nur zu notwendig ist.
Auch die Schadensbegrenzung, sofern sie überhaupt geschehen ist, muss hinterfragt werden. Gibt es doch einen Bericht der Sachverständigen Linner, der zu nächst nicht vorgelegt werden sollte und bei dem sich dann herausgestellt hat, dass massiv Einfluss genom men worden ist, weil der Bericht nicht so aussehen sollte, wie er an die Öffentlichkeit gekommen ist.
Sehen wir uns den "Notverkauf" an die Republik Öster reich an. Einen Euro eingenommen, 825 Millionen Euro Ergänzungskapital gegeben, den Kaufpreis in den Sand gesetzt! Das nenne ich eine "clevere Aktion", eine Woche später zu sagen, nun werde die Rückabwick lung geprüft, weil man vielleicht getäuscht wurde, um einen Tag später, Herr Fahrenschon, festzustellen: Ent schuldigung, das geht gar nicht. - Ich glaube, auch hier muss der Untersuchungsausschuss nachsehen.
Kolleginnen und Kollegen, die einen sagen, das Geld sei weg, die anderen meinen, das Geld sei nicht ganz weg, das hätten nur andere. Wer heute die Internetad resse www.jugendstartgeld.at anklickt, findet den An trag für das Jugendstartgeld bis zu 1.000 Euro für 18 Jährige in Kärnten. Das würden wir uns für Bayern auch wünschen. Warum das Geld nicht bei uns ist, sondern in Kärnten, darüber muss der Untersuchungsaus schuss auch Aufschluss geben.
Der Untersuchungsausschuss hat keine leichte Aufga be zu bewältigen. Wenn aber alle an wirklicher Aufklä rung interessiert sind, wird ein erster Prüfstein sein, wie