Abstimmung über Anträge etc., die gemäß § 59 Abs. 7 der Geschäftsordnung nicht einzeln beraten werden (s. Anlage 3)
Ausgenommen von der Abstimmung ist die Listennummer 10, die auf Antrag der Fraktion der Freien Wähler zusammen mit dem bereits auf der Tagesordnung stehenden Antragspaket zum Alkoholmissbrauch und zur Suchtprävention beraten werden soll. Das sind die Tagesordnungspunkte 22 bis 32.
- Ich bitte, die allgemeine Unterhaltung zu beenden und die Plätze einzunehmen, damit wir mit Anstand in der Tagesordnung fortfahren können.
Außerdem ist auch die Listennummer 8 betreffend "Gewässerqualität im Fränkischen Seenland nachhaltig sichern - Umweltschutz der Landwirte honorieren" auf Drucksache 16/2670 von der Abstimmung ausgenommen. Hierzu hat die Fraktion der Freien Wähler Einzelberatung beantragt.
Hinsichtlich der jeweiligen Abstimmungsgrundlagen mit den einzelnen Voten der Fraktionen zu den übrigen Anträgen verweise ich auf die Ihnen vorliegende Liste.
Wer mit der Übernahme seines Abstimmungsverhaltens bzw. dem jeweiligen Abstimmungsverhalten seiner Fraktion entsprechend der aufgelegten Liste einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Dann ist einstimmig so beschlossen. Der Landtag übernimmt damit diese Voten.
Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Bayerischen Wohnungsbindungsgesetzes und des Bayerischen Wohnraumförderungsgesetzes (Drs. 16/2815) - Zweite Lesung
Änderungsantrag der Abgeordneten Joachim Unterländer, Eberhard Rotter, Angelika Schorer u. a. (CSU), Dr. Andreas Fischer, Jörg Rohde (FDP) zum Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Bayerischen Wohnungsbindungsgesetzes und des Bayerischen
Ich eröffne die Aussprache. Im Ältestenrat wurde hierzu eine Redezeit von fünf Minuten pro Fraktion vereinbart. Die fraktionslose Abgeordnete Dr. Pauli kann bis zu zwei Minuten sprechen. Ich sage das, weil sie hier anwesend ist. Erster Redner ist Herr Kollege Rotter. Bitte schön, Herr Kollege Rotter.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, bereits bei der Ersten Lesung dieses Gesetzentwurfs der Staatsregierung habe ich darauf hingewiesen, dass sich der Wohnungsbau, insbesondere der Mietwohnungsbau, seit gut zehn Jahren auf Talfahrt befindet. In den vergangenen Jahren wurden in Bayern nur noch etwa 36.000 Wohnungen fertiggestellt. Ohne staatliche Förderung wäre die Situation aber noch deutlich kritischer.
Allerdings müssen daneben zusätzliche Impulse wie die Wiedereinführung einer degressiven Abschreibung im Mietwohnungsbau oder steuerliche Anreize etwa zur Förderung der Klimaschutzziele dabei helfen, zusätzliches Anlagekapital freizusetzen; denn nur wenn Privatleute wieder in den Wohnungsbau investieren, werden wir die Wohnungen, die wir zur Deckung des Bedarfs dringend benötigen, bekommen.
Eine Nachfolgeregelung für die frühere Eigenheimzulage ist nach meiner Überzeugung ebenso überfällig. Wir brauchen dringend eine bundesweite Fördermöglichkeit gerade für Familien mit Kindern, um die Schaffung von Eigenwohnraum zu erleichtern.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Wohnungsmarkt in den bayerischen Ballungsräumen, vor allem in München, ist aufgrund des geringen Neubauvolumens äußerst angespannt. Daher ist es dringend erforderlich, die Einkommensgrenzen für die Berechtigung zum Bezug einer Sozialwohnung zu erhöhen, damit auch Normalverdiener, die sich eine Wohnung auf dem freien Markt im Raum München häufig nicht leisten können, eine Chance auf eine öffentlich geförderte Sozialwohnung haben.
Mit dem Gesetzentwurf werden die seit dem Jahr 2002 unveränderten Einkommensgrenzen für die Erteilung eines Wohnberechtigungsscheins als Voraussetzung für die Überlassung einer Sozialwohnung an das seit 2002 gestiegene allgemeine Einkommensniveau und die gewandelten Haushaltsstrukturen angepasst. So werden die Einkommensgrenzen bei Ein-PersonenHaushalten um 16,66 % und bei Zwei-Personen-Haushalten um 22,22 % erhöht.
Was macht das in etwa für ein Bruttoeinkommen aus? - Bei einer dreiköpfigen Familie - zwei Erwachsene, ein
Kind - bedeutet das ein Einkommen von 27.000 Euro. Das entspricht bei einem alleinverdienenden Arbeitnehmer einem Bruttojahreseinkommen von etwa 39.000 Euro. Für eine vierköpfige Familie - zwei Erwachsene, zwei Kinder - wäre ein Bruttojahreseinkommen von etwa 46.000 Euro möglich, wenn wir die Einkommensgrenzen entsprechend anheben. Hinzu kommt, dass in Gebieten mit erhöhtem Wohnungsbedarf - München, Rosenheim, Starnberg - ein bis zu 60 % höheres Einkommen unschädlich ist. Damit kann relativ flexibel auf den Einzelfall eingegangen werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, bei der Abweichungsmöglichkeit von den Einkommensgrenzen durch die zuständigen Stellen bei Gebieten mit erhöhtem Wohnungsbedarf erfolgt durch dieses Gesetz eine Entfristung. Bislang gilt die Vorschrift nur bis 30.04.2010.
Im Übrigen werden die Voraussetzungen für die Anwendung dieses Gesetzes in den Gebieten mit erhöhtem Wohnungsbedarf klargestellt. Es geht darum, dass ansonsten die belegungsrechtlichen Instrumentarien nicht ausreichen und dass es zulässige Gründe für höhere Einkommensgrenzen sein müssen wie die Berücksichtigung von Haushalten mit Schwierigkeiten bei der Wohnungsversorgung und die Schaffung sowie der Erhalt stabiler Bewohnerstrukturen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Fraktionen von CSU und FDP haben im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens einen Änderungsantrag eingebracht, der die Berechtigung zur Inanspruchnahme von Eigenwohnraumförderung betrifft. Es geht darum, dass der Zeitraum, in dem das maßgebliche Gesamteinkommen, das ein Ehepaar haben darf, um die Berechtigung zur Förderung von Eigenwohnraum zu erhalten, um einen Freibetrag von 5.000 Euro vermindert wird, von fünf auf zehn Jahre ab Eheschließung erhöht wird. Bei der Eigenwohnraumförderung kann das Gesamteinkommen eines Ehepaares um 5.000 Euro gemindert werden, solange es nur bis zu fünf Jahre lang verheiratet ist. Dieser Zeitraum ist gerade für junge Ehepaare zu kurz. Daher soll dieser Zeitraum nach unserem Änderungsantrag auf zehn Jahre angehoben werden. Gerade Ehepaare, die jünger als 40 Jahre sind, brauchen einen längeren Zeitraum, um sich eine Eigentumswohnung oder ein Einfamilienhaus leisten zu können. Genau diese Paare machen aber wiederum eine Mietwohnung frei, sodass davon die Mieter profitieren können. Ich bitte um Zustimmung zum Gesetzentwurf.
Bevor ich in den Wortmeldungen fortfahre, gebe ich das Ergebnis der namentlichen Abstimmung zum Nachtragshaushaltsgesetz 2010 auf Drucksache 16/3082 bekannt. Mit
Damit ist der Gesetzentwurf in der Fassung der Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses für Staatshaushalt und Finanzfragen angenommen. Das Gesetz hat den Titel: "Gesetz zur Änderung des Haushaltsgesetzes 2009/2010 (Nachtragshaushalts- gesetz 2010)".
Mit der Annahme des Gesetzentwurfs in der beschlossenen Fassung hat der interfraktionelle Änderungsantrag auf Drucksache 16/4007 seine Erledigung gefunden. Das Hohe Haus nimmt davon Kenntnis. Das parlamentarische Verfahren zum Nachtragshaushalt 2010 ist damit abgeschlossen.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Wir werden uns bei diesem Gesetzentwurf der Stimme enthalten. Ich will die Gründe dafür darlegen. Der Herr Minister der Finanzen ist leider nicht mehr da, damit ich ihm etwas mitteilen könnte. Herr Kollege Rotter, über Ihre Klagen bin ich etwas überrascht. Sie klagen darüber, dass wir immer weniger preiswerten Wohnraum haben und dass der soziale Wohnraum immer weniger wird. Darüber bin ich deswegen überrascht, weil wir eine Reihe von Anträgen zum Haushalt gestellt haben. Warum haben Sie diesen Anträgen nicht zugestimmt? Sie wissen genauso wie Herr Herrmann, dass uns Wohnungsnot droht. Das sind nicht meine Worte, das sind die Worte von Herrn Staatsminister Herrmann. Zeitgleich sagt er aber voller Stolz, dass er den Haushalt nicht erhöht habe, weil die Mittel ausreichen. Was stimmt jetzt?
Vorhin sagte der Herr Finanzminister, dieser Haushalt sei für die Menschen. In drei Teufels Namen, ist preiswerter Wohnraum nichts für die Menschen? Ist es nicht für die Menschen, wenn sie mehr Geld in der Tasche haben, um es auszugeben, zu konsumieren und damit die Wirtschaft anzuheizen, weil sie weniger Miete zahlen und preiswerten Wohnraum haben? Genau das haben Sie in Ihrem unsäglichen Haushalt übersehen.
Zurück zu diesem Gesetzentwurf. Liebe Kolleginnen und Kollegen, natürlich kann man die Zugangsgrenzen zu Sozialwohnungen moderat erhöhen. Dann hat man immer eine schöne Statistik, in der gar nicht so viele auf der Liste stehen, die auf Wohnraum warten. Man könnte die Grenzen aber auch erhöhen. Damit würden Segregation und Gettobildung vermieden werden und es gäbe ein breiteres Spektrum an Mietern. München macht das teilweise mit dem 60-Prozent-Zuschlag. Das
reicht aber nicht aus. Deswegen wäre es richtig und wichtig gewesen, diese Beträge um mehr als 16 % zu erhöhen. 16 % hört sich zwar gut an, in Wirklichkeit ist es aber nicht viel. Sie können aber auch der Philosophie von FDP und CSU folgen, die sagen, die Löhne könnten ruhig fallen und einen Mindestlohn bräuchte man auch nicht, denn dann müssten sie die Zugangsgrenzen für Sozialwohnungen nicht mehr erhöhen. Die Grenzen sind mittlerweile so niedrig, dass selbst der gelernte Facharbeiter wieder eine Sozialwohnung bekommt. So weit sind die Löhne nämlich schon gesunken.
Das müssen Sie jetzt auf die Reihe bekommen, entweder das eine oder das andere. Beides wird nicht funktionieren. Ich sage Ihnen, wir hätten eine stärkere Erhöhung gebraucht, um Segregation zu verhindern und sicherzustellen, dass sich keine Slums bilden, wie es heute teilweise der Fall ist. Das kann man nicht hinwegdiskutieren. Sie müssten dann wieder Mittel für die soziale Stadt einsetzen. Das macht aber auch keinen Sinn. Wir wollten präventiv arbeiten, das können Sie mit dem, was Sie hier machen, nicht. Wir meinen, dass nur preiswerter Neubau auf vorhandenen Grundstücken der richtige Weg ist.
Deshalb müssen Sie auch weg von der unsäglichen Verkaufspolitik, die gerade noch den Staatshaushalt rettet. Stattdessen müssen Sie für Wohnungsunternehmen Grund und Boden zu erträglichen Erbpachtzinsen zur Verfügung stellen. Wenn ich für Grund und Boden erst einmal nichts bezahlen muss, kommt im Ergebnis eine preiswerte Miete heraus. Vielleicht sollten Sie sich darüber Gedanken machen, bevor Sie alles, was nicht niet- und nagelfest ist, verkaufen. Ich bin manchmal fasziniert davon, mit welchem Recht Politiker überhaupt etwas verkaufen. Wir müssen mit dem Wohnungsraum vor allem in den Ballungsräumen dafür Sorge tragen, dass Menschen, die die Städte und Regionen am Laufen halten, nämlich die Dienstleister, die großenteils erbärmlich schlecht bezahlt werden, wenigstens dadurch überleben können, dass sie preiswert wohnen können. Dazu bedarf es größerer Anstrengungen als derer, die mit diesem Gesetz unternommen wurden, und dessen, was in diesem Haushalt gemacht wurde. Lassen Sie uns über dieses Problem gemeinsam ernsthaft nachdenken. Das, was Sie machen, ist zu kurz gegriffen. Deswegen werden wir dem Gesetzentwurf nicht zustimmen. Wir werden uns enthalten.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf reagiert die Staatsregierung endlich auf die veränderten Einkommensverhältnisse. Es ist höchste Zeit, dass die Einkommensgrenzen angepasst werden. Die Anhebung der Einkommensgrenzen muss allerdings gut austariert sein. Dabei nehme ich das auf, was Kollege Wörner gerade gesagt hat. Dazu ist eine regelmäßige Überprüfung der Einkommensgrenzen notwendig. Einerseits steigt mit der Erhöhung der Einkommensgrenzen die Anzahl der Berechtigten, andererseits besteht aber die Gefahr, dass bei einer zu weit gehenden Ausweitung besonders unterstützungsbedürftige Personengruppen nur schwer eine Sozialwohnung finden. Deshalb hat die Anhebung der Einkommensgrenzen immer moderat zu erfolgen und muss in den Folgejahren immer wieder nachgebessert werden.
Darüber hinaus ist es aber wichtig, dass immer genügend sozialer Wohnraum zur Verfügung steht. In Bayern ist das in den Ballungsgebieten leider nicht der Fall. Herr Kollege Rotter und Herr Kollege Wörner haben es schon erwähnt. Aufgrund des Landesbankdesasters besteht zudem die Gefahr, dass weitere Sozialwohnungen wegfallen. Wir haben schon darüber gesprochen. 100.000 Mieter der Landesbanktochter GBW bangen um ihre Wohnungen. Ihre Mietverhältnisse stehen auf der Kippe. Die Devise muss hier ganz klar lauten: Die finanziellen Probleme der Landesbank dürfen nicht auf dem Rücken der Mieter ausgetragen werden.
Herr Fraktionsvorsitzender Schmid, an Sie darf ich auch das Wort richten. Der Herr Ministerpräsident ist nicht mehr da. Ich bin Mitglied im Landesbank-Untersuchungsausschuss. Ich bin der einzige Sozialpolitiker in diesem Untersuchungsausschuss. Ich appelliere an Sie und bitte Sie darum, dass Sie diesen Untersuchungsausschuss nicht zu einem reinen politischen Abwicklungs- oder juristischen Aufarbeitungsausschuss verkommen lassen. Von diesem Untersuchungsausschuss muss auch auf die soziale Bedeutung dieses Desasters hingewiesen werden. Dafür bitte ich Sie um Ihre Unterstützung. Es ist wichtig, dass wir damit ein Zeichen setzen für unsere sozial Bedürftigen, die unsere Unterstützung notwendig haben.
Der zweite Kernpunkt des Gesetzentwurfs ist die Beibehaltung der Abweichungsmöglichkeit in Artikel 4 Absatz 2 des Bayerischen Wohnungsbindungsgesetzes für Gebiete mit erhöhtem Wohnungsbedarf. Die Aufhebung der Befristung ist auch schon erwähnt worden.
Auch das ist genauso wie die regionale Unterschiedlichkeit ein wichtiger Punkt. Die Einkommensgrenzen sind flexibel, und das muss erhalten werden, wenn man nur an Städte wie München, Rosenheim oder Starnberg denkt. Die Flexibilität bei örtlichen Besonderheiten muss gewährleistet sein. Darauf muss eingegangen werden. Das oben Gesagte zu den Einkommensgrenzen muss auch für besonders Bedürftige gelten. Zudem bleibt die Regelung bestehen, dass in Gebieten mit erhöhtem Wohnbedarf die Kreisverwaltungsbehörde grundsätzlich das Recht hat, dem Vermieter fünf Haushalte vorzuschlagen, von denen der Vermieter einen Mieter aufnehmen muss. Den Änderungsantrag halten die Freien Wähler für sinnvoll. Die Fördermöglichkeiten für junge Paare sollte von fünf auf zehn Jahre nach der Eheschließung ausgedehnt werden. Auch hier kann ich Herrn Rotter voll zustimmen.
Der Gesetzentwurf löst aber leider nicht das Problem der sogenannten Gettoisierung innerhalb der großen Städte. Um die Gettoisierung zu verhindern, sind andere Steuerungsinstrumente nötig. In diesem Zusammenhang wäre deshalb zu diskutieren, ob die Objektförderung, zum Beispiel eine Art reformiertes Wohngeld, dem entgegenwirken könnte. Es bleibt festzuhalten, dass lediglich die Ausweitung des Kreises der Berechtigten nicht genügt, während gleichzeitig der Wohnraum schwindet. In diesem Sinne hoffen wir auf die entsprechende Ausweitung der Wohnraumförderung. Mit welchen Mitteln dies am besten zu erreichen ist, bleibt zu diskutieren. Auch viele Durchschnittsverdiener mit Familie haben in Großstädten inzwischen Probleme, auf dem freien Markt eine bezahlbare Mietwohnung zu finden.
Ich fasse zusammen: Der Gesetzentwurf ist ein Schritt in die richtige Richtung. Die Freien Wähler befürworten diesen Gesetzentwurf und werden auch dem Änderungsantrag zustimmen.