Suchtexperten begrüßen im Übrigen eine Verkürzung der Verkaufszeit für Alkohol ausdrücklich. Sie sagen, dieses Verkaufsverbot habe gerade für junge Menschen eine wichtige Bremsfunktion. Das Verbot schränke Spontaneinkäufe ein. Das ist gerade das, was junge Menschen nachts tun; sie kommen spontan auf die Idee, jetzt noch einmal einzukaufen und nachzutanken. Das ist mit diesem Gesetzentwurf zu unterbinden.
Der zweite Gesetzentwurf betrifft die Flatrate-Angebote. Durch Vermarktungskonzepte von Gaststätten oder Diskotheken werden die geschilderten Gefahren, die aus dem Alkoholmissbrauch resultieren, gesteigert. In jüngster Zeit wird immer häufiger mit Pauschal- und Billigstangeboten, sogenannten Flatrate-Angeboten, geworben, bei denen alkoholische Getränke zu sehr niedrigen Preisen oder zum Pauschalpreis abgegeben werden. Sie heißen zum Beispiel "50-Cent-Party" und versprechen Absturzgarantie. Alkoholexzessen wird damit verstärkt Vorschub geleistet.
Durch diesen zweiten Gesetzentwurf würde das geltende Gaststättengesetz des Bundes in Landesrecht überführt und durch ein Verbot der Preisgestaltung von Angeboten, die den Alkoholmissbrauch fördern, ergänzt.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, nun gibt es gerade in der FDP Abgeordnete, die ein Verbot für den falschen Weg halten. Wir werden das von Ihnen noch hören. Natürlich reichen Verbote alleine nicht aus, aber wenn sie notwendig sind, müssen sie auch ausgesprochen werden.
Ich gebe Ihnen ein Beispiel dazu, gegen das Sie sicherlich nichts einzuwenden haben. Im Bericht des Statistischen Bundesamtes über die Unfallentwicklung auf deutschen Straßen wird ganz deutlich ausgeführt, dass Verbote bzw. Erweiterungen von bestehenden Verboten, zum Beispiel durch die Einführung der 0,5-Promille-Grenze im Straßenverkehr und das Alkoholverbot für Fahranfängerinnen und Fahranfänger, zu einer weit überproportionalen Reduzierung der Zahl der alkoholbedingten Verkehrsunfälle und der Zahl der Getöteten bei Unfällen unter Alkoholeinfluss geführt haben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, hier hat sich die Notwendigkeit eines Verbotes eindeutig bestätigt. Ähnlich
sehen wir von der SPD-Fraktion dies auch beim Thema Alkoholmissbrauch. Wir sind davon überzeugt, dass sowohl das Verbot des nächtlichen Alkoholverkaufs als auch das Verbot Alkoholmissbrauch fördernder Angebote dazu beitragen werden, dass sich Ausmaß und Anzahl alkoholbedingter Gesundheitsgefahren gerade bei Jugendlichen bei Unfällen oder auch bei Straftaten und Ordnungswidrigkeiten reduzieren werden.
Nebenbei - das ist uns auch sehr wichtig - werden wir unseren Polizistinnen und Polizisten nicht nur ihre Arbeit erleichtern, sondern auch dazu beitragen, ihre körperliche Unversehrtheit zu schützen. Wir sollten gerade auch bei diesem Problem "Gewalt gegen Polizisten", das wir aktuell diskutieren, nicht nur schöne Reden halten, sondern auch konkrete Handlungsmöglichkeiten aufzeigen.
Im Übrigen belegen nationale wie internationale Studien, dass gesetzliche Reglementierungen des Zugangs und der Verfügbarkeit von Alkohol ein effektives Mittel - ich wiederhole: ein effektives Mittel - zu einer Reduzierung des Alkoholkonsums sein können. Mehrfach konnte nachgewiesen werden, dass der Konsum lediglich durch drei Maßnahmen effektiv reduziert wird: Das ist erstens ein Werbeverbot, zweitens sind es hohe Preise und drittens und nicht zuletzt ist es die Verkaufsbeschränkung sowohl zeitlicher als auch räumlicher Art.
Eine Reihe weiterer Studien stützt den Befund, dass durch die Änderung von Alkoholverkaufszeiten eine Verringerung der alkoholbedingten Probleme insgesamt bewirkt werden kann. Die Festlegung von zeitlich beschränkten Alkoholverkaufsverboten an Tankstellen und weiteren Verkaufsstellen trägt somit nach wissenschaftlichen Erkenntnissen zu einer effektiven Eindämmung eines übermäßigen Alkoholkonsums bei.
Im Übrigen gibt es dieses nächtliche Verkaufsverbot in unseren Nachbarländern Schweiz und Österreich bereits seit vielen Jahren genau aus den Gründen, die wir heute diskutieren.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich habe aufgezeigt, dass dringender Handlungsbedarf besteht. Ich habe auch aufgezeigt, dass es einen nachgewiesenen Zusammenhang zwischen Alkohol und Aggression gibt. Die Bayerische Polizei erwartet hier Unterstützung. Anwohner von Diskotheken und Bewohner von Innenstädten werden immer häufiger nachts belästigt. Auch diese erwarten von uns, dass wir gegensteuern.
- Er kündigt Maßnahmen an. Vielleicht soll sogar - so konnte gelesen werden - die Sperrstunde wieder verlängert werden. Vielleicht! Und wenn, dann im Herbst. Bis zum Herbst kann man ja mal was ausarbeiten, und dann schaun wir mal.
Lieber Herr Innenminister Herrmann, das ist nicht das, was die Bürgerinnen und Bürger und die Polizei hören wollen. Im Nachbarland Baden-Württemberg ist man nicht so behäbig. Bekanntermaßen regieren im Nachbarland Baden-Württemberg Union und FDP gemeinsam. Dort schaffen sie es, eine Lösung zu finden, die mit diesen Problemen angemessen umgeht. Sie schieben die Problematik nicht auf. Dort wurde bereits im Herbst 2009 ein Gesetz beschlossen, das den Alkoholmissbrauch eindämmen soll. Ein nächtliches Alkoholverkaufsverbot und darüber hinaus ein Verbot von Flatrate-Party-Angeboten wurden beschlossen.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen von Union und FDP, nehmen Sie sich ein Beispiel an Ihren Kollegen in Baden-Württemberg. Die haben etwas zustande gebracht, allen voran der baden-württembergische Innenminister.
Auch die SPD im Bayerischen Landtag hat bereits im November vergangenen Jahres ein Antragspaket eingebracht, das heute zur Abstimmung gestellt wird. Wir werden bei den namentlichen Abstimmungen sehen, inwieweit Sie hier nur schöne Reden halten bzw. inwieweit Sie tatsächlich handeln wollen.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich glaube, die Art und Weise, wie Sie als Koalition im Bayerischen Landtag Politik machen, ist nicht akzeptabel. Sie sitzen offensichtlich Probleme, die Sie erkannt haben, lediglich aus. Anders ist Ihre Übereinkunft aus dem Koalitionsausschuss vom vergangenen Wochenende nicht zu interpretieren. Die CSU und der Innenminister wollen handeln, die FDP will es nicht. Fazit: Man tut nichts. Man wartet Erfahrungen aus Baden-Württemberg ab und verschiebt das Problem auf den Herbst.
Was ist dann im Herbst? Was ist da anders? Was soll die halbjährige Erfahrung aus Baden-Württemberg bringen? Wir haben europaweite Erfahrungen - ich habe es schon gesagt - aus der Schweiz, aus Frankreich und aus vielen anderen Ländern. Was werden Sie nun im Herbst tun? Wollen Sie noch länger warten, wenn die FDP dann auch noch nicht will? Verehrte Kolleginnen und Kollegen der CSU, lassen Sie das mit sich machen? Herr Innenminister Herrmann, Sie lassen sich doch sonst nicht hinhalten und nicht so vorführen! Können Sie sich denn nicht durchsetzen? Lassen Sie lieber Polizisten vor Ort mit ihren Problemen alleine? Lassen Sie die Bürgerinnen und Bürger, die von nächt
lichen Ruhestörungen, Belästigungen, Vandalismus geplagt sind, alleine? - So darf und kann Politik nicht verstanden werden, auch nicht in Bayern.
Verehrtes Hohes Haus, verehrte Kolleginnen und Kollegen von CSU und FDP, wir erwarten von Ihnen, dass Sie hier handeln. Was Sie zeigen, ist ein Armutszeugnis für bayerische Politik, vor allem für die Innenpolitik. Dass bayerische Innenpolitik früher einmal Hüter von Recht und Gesetz war, dass sie als Maßstab für Innenpolitik in Deutschland galt, das gilt offensichtlich nicht mehr. Falsch verstandene Liberalität aufseiten der FDP, falsch verstandene Rücksichtnahme auf den Koalitionspartner aufseiten der CSU, Machterhalt um jeden Preis haben Priorität. Ich kann nur sagen: Gute Nacht, Bayern!
Vielen Dank, Frau Kollegin. - Ich darf jetzt Herrn Kollegen Oliver Jörg das Wort erteilen. Bitte schön.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, Herr Ministerpräsident, Kolleginnen und Kollegen! Wir sitzen die Probleme nicht aus, wir sitzen die Probleme überhaupt nicht aus, wir sitzen die Probleme gar nicht aus, sondern gehen sie an!
Und wir gehen sie zügig an, wir gehen sie seriös an, und wir gehen sie nachhaltig an. Wir gehen sie nicht so an, wie Sie sie angehen, mit einem Schnellschuss, der viel zu kurz reicht.
(Markus Rinderspacher (SPD): Seit Monaten wird das von der Staatsregierung so angekündigt, da können Sie nicht von Schnellschuss reden!)
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, der CSU und der FDP sind die Probleme der Alkoholexzesse von Jugendlichen und Kindern sehr wohl bewusst. Eine gesellschaftliche Entwicklung hin zu Komasaufen und zu Flatrate-Partys kann nicht länger von unserer Politik getragen werden. Unser Ziel muss sein, hier gemeinsam Lösungsmöglichkeiten zu suchen.
Ein Problem sind die Beschaffungsmöglichkeiten für die Jugendlichen und jungen Menschen. Das sind unter anderem die von Ihnen, Frau Kollegin, angesprochenen Tankstellen. Ihr Vorschlag, dies über das Ladenschlussgesetz zu regeln, greift zu kurz.
Sie wissen ganz genau, dass die Tankstellen gaststättenrechtliche Gestattungen besitzen und den Alkohol ohne Probleme veräußern können.
Sie haben es selber angesprochen: Bei der Lösung, die die Baden-Württemberger angegangen sind, gibt es die ersten Tendenzen, dass der Alkohol zum einen - völlig legal, weil gaststättenrechtliche Gestattungen vorliegen - selbstverständlich weiter veräußert wird und zum anderen diejenigen Tankstellen, die bisher keine derartigen gaststättenrechtlichen Gestattungen haben, sich um solche extensiv bemühen.
Deswegen werden wir die Problemstellungen in einem umfassenden Paket, auch mit unserem Dringlichkeitsantrag vom gestrigen Tage, lösen, und zwar zügig, aber seriös und fundiert. Deswegen wollen wir - dazu wird der Herr Staatsminister nachher sicherlich einige Ausführungen machen - auch in einem ausführlichen Bericht über Ausmaß und Anstieg des Missbrauchs von Alkohol unter Jugendlichen Auskunft haben.
(Zuruf von der SPD: Den Bericht hat es bereits ge- geben, es fehlen die Maßnahmen! - Gegenruf des Abgeordneten Georg Schmid (CSU))
Wir werden vor allem auch überlegen - das vermisse ich in Ihren Ausführungen -, wie wir all die guten Präventionsprojekte, die wir in Bayern bereits haben, weiter stärken und ausbauen. Ich darf nur an "HaLT" - Hart am Limit - oder "NA TOLL!" erinnern.
Wir wollen ein Gesamtkonzept, wir wollen einen Präventionspakt Bayern, und wir wollen vor allem auch das müssen Sie ebenfalls zur Kenntnis nehmen -, dass diejenigen Möglichkeiten, die wir heute schon haben, stärker genutzt werden. Es ist nämlich so, dass an Tankstellen kleine Mengen an Alkohol ausgegeben werden dürfen, aber große für den Reisebedarf nicht. Hier versuchen wir, mit wirklich systematischen Kontrollen dem Problem Einhalt zu gebieten. Das sind viele,
Sie können dann nicht mit einem Verbot kommen, das an den Tankstellen noch nicht einmal greift, weil es umgangen werden kann.
Vielleicht noch eines zum Nachdenken: Aral versucht in Baden-Württemberg bereits, Umgehungstatbestände nach dem Motto "Tags einkaufen und nachts abholen" zu schaffen. Lassen Sie uns doch gemeinsam etwas unternehmen, was dann wirklich Hand und Fuß hat und auch praktisch umgesetzt werden kann.
Eines darf ich Ihnen zum Abschluss als Sozialpolitiker sagen: Der Alkoholkonsum hat zugenommen und die Gewaltbereitschaft der Jugendlichen und jungen Menschen unter Alkoholeinfluss ebenso. Aber was der Alkohol hier zutage bringt, dieses Aggressionspotenzial, ist ein gesamtgesellschaftliches Problem. Mir persönlich ist es wichtig, dass wir in den kommenden Wochen über die Wurzeln dieses Problems in diesem Hohen Haus gemeinsam diskutieren.