Protokoll der Sitzung vom 22.04.2010

Diese Enzyme sind von der EU zugelassen. Es besteht keine Kennzeichnungspflicht, weil das Enzym im Fertigprodukt einfach nicht mehr nachweisbar ist.

Kollegin Stamm hat es schon erwähnt: Diese Enzyme, die man zusetzen kann, gibt es auch im menschlichen Organismus. Wichtig ist, dass die Hausfrauen wissen, was sie kaufen.

(Zurufe von der SPD und den GRÜNEN: Buh, buh! - Isabell Zacharias (SPD): Und was ist mit dem Hausmann? - Weitere Zurufe von der SPD - Große Unruhe)

Herr Kollege Pachner, Ihr Rollenverständnis wird in Zweifel gezogen.

(Anhaltende Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Entschuldigung, meine sehr verehrten Damen und Herren, in meinem hohen Alter ist es natürlich so, dass bei mir daheim schon noch die Frau zum Einkaufen geht,

(Zurufe von der SPD und den GRÜNEN - Unruhe)

weil ich keine Zeit habe.

Spaß beiseite: Wir sind schon der Meinung, dass die Hausfrau - oder der Einkäufer

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN - Zurufe von der SPD: Jawohl, so ist es richtig!)

schon wissen muss, was er sich aus der Ladentheke holt. Es ist wichtig, dass es eine klare Kennzeichnung und eine klare Deklaration gibt. Transparenz ist wichtig, und das Endprodukt darf keiner Verwechslung unterliegen. Kollegin Stamm hat schon das Produkt Nussschinken angesprochen, der mit dem Enzym zusammengepresst ist.

(Zurufe von den GRÜNEN)

- Hören Sie zu! Eigentlich müsste draufstehen: Schweinefleischschnitten aus Schweinefleischteilen zusammengefügt. Das müsste draufstehen, damit die Hausfrau weiß, was sie kauft.

(Allgemeine Heiterkeit - Zuruf von der SPD: Der lernt es nicht mehr!)

Jetzt zur Beruhigung - Frau Stamm, Sie haben es bereits angeschnitten -: Das LGL - das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit - hat im letzten Jahr - und macht das fast jährlich - ungefähr 200 Proben von Rohpökelwaren auf ihre chemische Beschaffenheit und Zusammensetzung hin untersucht. Dabei hat sich herausgestellt, dass es keine Unterschiede gibt. Von bayerischen Herstellern ist keine Beanstandung bekannt.

Wir schließen daraus, dass es wichtig ist, wieder vernünftig einzukaufen. Ich gehe zu meinem Metzger an die Ladentheke oder gehe in den Hofladen, wo ich eine vernünftige Beratung habe. Dort kann ich auch fragen, wie der Schinken gemacht wurde. Unser nachgezogener Dringlichkeitsantrag ist daher wichtig, in dem wir mehr Transparenz und eine klare Kennzeichnung fordern; die Staatsregierung soll sich im Bundesrat für mehr Transparenz einsetzen. Ich habe mich über die Berichterstattung über den Analogkäse geärgert. Das ist kein Käse, sondern dieses Produkt ist aus Palmöl hergestellt. Das kleine Mutterl sagt dann: Jetzt habe ich schon den Emmentaler kennengelernt, jetzt habe ich schon den Edamer kennengelernt, jetzt habe ich schon den Romadur kennengelernt, jetzt nehme ich den Analogkäse auch einmal.

(Heiterkeit bei der SPD und den GRÜNEN - Zurufe)

Wie soll sie wissen, dass das ein Käseersatz ist? Die Bürger sollen wissen, was beim Fleisch gemacht wird, und deshalb kämpfen wir für mehr Transparenz. Diese Deklarationen sollen gemacht werden.

Wir lehnen den SPD-Antrag ab, der ist mir zu martialisch. Darin wird keine Deklaration gefordert.

(Zurufe von der SPD - Unruhe)

Wir werden sogar dem Antrag der GRÜNEN zustimmen. Unser Antrag geht zwar weiter, denn wir wollen das Endprodukt gekennzeichnet haben. Wir wollen, dass klargemacht wird, dass das Endprodukt aus zusammengefügtem Schweinefleisch besteht. Wir wollen nicht, dass irgendwie deklariert wird, dass Transglutaminase enthalten ist, und gesagt wird, das sei ein Enzym. Mir ist die Deklaration des Endprodukts wichtig,

damit die Hausfrau weiß, was sie an der Ladentheke kauft.

(Heiterkeit bei der SPD und den GRÜNEN)

- Lacht doch nicht immer. Einmal lachen reicht schon.

(Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

Die Hausfrau soll wissen, welches Fleisch sie in der Hand hält. Das ist uns wichtig. Deshalb werden wir notgedrungen dem Antrag der GRÜNEN zustimmen. Seine Begründung ist fast die gleiche wie die Begründung unseres Antrags. Ich will eine Deklaration, alles andere ist Augenwischerei.

(Beifall bei der CSU und Abgeordneten der FDP)

Danke, Herr Kollege Pachner. Wir haben noch eine Zwischenbemerkung von Frau Sonnenholzner, bitte.

Herr Kollege Pachner, würden Sie mir darin zustimmen, dass der Begriff Schinken, insbesondere im Fall von Rohschinken, bei den Verbrauchern den Eindruck erweckt, es handle sich um ein ganzes Stück aus einem hochwertigen Teil des Schweins? Wenn wir uns darauf verständigen können - ich glaube, das können wir, weil das bisher so war -, würden Sie mir vielleicht weiterhin darin zustimmen, dass deswegen die Hausfrau oder der Hausmann - oder wer auch immer vor dem Regal steht - gar nicht auf die Idee kommt, hinten auf der Packung nachzuschauen, was da deklariert sein könnte, weil bisher in einem Schinken nur Schweinefleisch - oder Rindfleisch, wenn das ein Rinderschinken war -, Salz und Gewürze drin sein konnten? Deswegen sind wir der Meinung, dass eine Deklaration nicht reicht, weil der Begriff Schinken bei den Verbrauchern den Eindruck erweckt, etwas ganz anderes zu sein als das, was im Endprodukt drin ist.

Herr Kollege, würden Sie mir weiterhin darin zustimmen, dass es nicht reicht, wenn viele Menschen einmal im Jahr beim örtlichen Metzger oder im Hofladen einen Osterschinken, ein Weihnachtsfleisch oder eine Gans kaufen, sondern dass diese Läden nur dann leben können, wenn dort viele Leute einkaufen?

(Zuruf von der CSU: Wie lange ist diese Interven- tion denn noch?)

Würden Sie mir auch darin zustimmen, dass es eine Wettbewerbsverzerrung ist, wenn Industriebetriebe Schinken aus kleinen Stücken Fleisch zusammenkleben? Die Industriebetriebe tun das nicht deswegen, weil es ihnen Spaß macht, ganze Schinken erst kleinzuschneiden und dann zusammenzukleben - ein

fleischverarbeitender Betrieb ist schließlich kein beschäftigungstherapeutisches Unternehmen -, sondern weil sie für diese Art von Schinken eine preiswertere oder billiger zu erwerbende Art von Fleisch verwenden können und deswegen das Endprodukt billiger verkauft werden kann. Deswegen wollen wir nicht nur den Schutz des Verbrauchers und der Verbraucherin vor Lebensmitteln, die nicht so sind, wie sie diese eigentlich wollen, weil sie gar nicht auf die Deklaration sehen, sondern wir wollen auch den Schutz von Herstellern derjenigen Lebensmittel, die wir alle hoffentlich auch weiterhin essen können und essen wollen.

Danke schön. Herr Pachner, bitte.

Frau Kollegin Sonnenholzner, wir müssten dann theoretisch auch zwischen Hinterschinken und Vorderschinken unterscheiden.

(Zurufe von der SPD)

- Ich rede auch von Rohschinken. Wenn draufstünde "Fleischscheiben aus zusammengesetzten Fleischstücken", dann käme das Wort "Schinken" gar nicht vor. So will ich die Deklaration eigentlich haben. Ein Schinken ist etwas ganz anderes. Natürlich könnte es dann zu Problemen kommen, weil viele auch minderwertigeres Fleisch - ich sage nicht einmal "minderwertiges Fleisch" - beimischen könnten; dem wäre dann Tür und Tor geöffnet, das ist mir völlig klar. Wenn das Produkt aus Fleischstücken vom Schinken zusammengefügt ist, habe ich damit keine Probleme.

(Beifall bei der CSU - Dr. Thomas Beyer (SPD): Und bei der Weißwurst?)

Nächster Redner ist Herr Kollege Dr. Herz. Danach kommt Herr Dechant.

Herr Präsident, Herr Ministerpräsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Besucher! Es ist immer wieder hochinteressant; je weniger Kolleginnen und Kollegen hier sind, umso lauter ist es hier. Ich hoffe, es sind nicht die letzten Lebenszeichen.

(Heiterkeit)

Damit sind wir auch schon beim Thema. Zunächst kommt ein Dank an die Fraktion der SPD dafür, dass sie dieses Thema auf die Tagesordnung gebracht hat.

(Beifall bei Abgeordneten der Freien Wähler und der SPD)

Dieses Thema ist nicht unwichtig. Zum Thema Transglutaminase möchte ich auch nicht mehr allzu viel sagen. Es ist schon mehrfach erwähnt worden. Nur so viel: Es ist ein Enzym, das in den Organismen vorkommt. Für die Herstellung von Fleisch und für das Inverkehrbringen von Fleisch ist es sicher nicht geeignet. Damit findet eindeutig eine Verbrauchertäuschung statt. Das zeigt auch wieder einmal - damit sind wir beim großen Thema der Urproduktion - dass nicht in, sondern an der Landwirtschaft verdient wird, dies aber mit höchst zweifelhaften Methoden.

(Beifall bei den Freien Wählern und Abgeordneten der SPD)

Ich darf das Beispiel des Kollegen Pachner aufgreifen, der auf den Analogkäse hingewiesen hat. Das ist eine ähnlich große Verbrauchertäuschung. Hier liegen Grundstoffe vor, die aus lebensmittelhygienischer Sicht nicht schädlich und nach den rechtlichen Vorschriften auch verwertbar sind. Wir haben aber so viele gute Käseprodukte in Bayern, dass wir nicht noch Analogkäse brauchen. Das Gleiche gilt auch für dieses Klebefleisch, damit wir wieder zum Thema zurückkommen.

Natürlich ist auch bekannt, dass viele kleine Dorfmetzger mit traditionellen Methoden unter dem Begriff "tumbeln" arbeiten. Unter einem bestimmten Druck werden dabei Wurst- und Fleischstücke zusammengepresst. Das wird gemacht, und das ist so weit auch in Ordnung. Dagegen ist nichts einzuwenden. Bedenklich ist nur, was mit dem Enzym Transglutaminase gemacht wird. Hier komme ich gleichzeitig auch zum Begriff der Geschmackstäuschung. In der Ernährungswirtschaft ist es vielfach Mode geworden, dass man fettreduzierte Produkte mit gleichem Geschmack anbietet. Das gelingt mit diesem Verfahren.

Zu den verschiedenen Anträgen, die uns vorliegen: CSU und FDP haben ebenso wie die GRÜNEN einen Antrag nachgeschoben. Die Deklaration ist wichtig. Wir könnten uns öfter ein Beispiel an der Schweiz nehmen, wo das Bundesamt für Gesundheit eingeschaltet wird, welches häufig deutlichere Deklarationen und Kennzeichnungen verlangt. Das müssen wir auch verlangen. Das zeigt auch das Beispiel des von einigen schon wieder vergessenen Hormonfleisches. Wir müssen hier etwas deutlicher vorgehen. Daher kommen wir zu der Einschätzung, dass wir in dem Fall ein Verbot aussprechen müssen.

Wir werden uns beim Antrag der GRÜNEN enthalten. Er geht uns genauso wie der Antrag der CSU und der FDP zu wenig weit. Wir werden dem Antrag der SPD zustimmen. Ich glaube, wir sollten ein eindeutiges Zeichen setzen und ein Verbot aussprechen; denn wir haben auf unserem Markt in Bayern beim Fleisch einen

Selbstversorgungsgrad, der weit über hundert Prozent hinausgeht. Deswegen müssen wir nicht noch mit bestimmten Tricks Fleisch- und Wurstteile zusammenfügen. Es würde völlig ausreichen, das auf dem Markt vorhandene gute Fleisch in den Verkehr zu bringen. Wir müssen hier nicht noch mit Tricks nachhelfen, um auf die Profitlinie einschwenken zu können. Wir werden deshalb dem Antrag der SPD zustimmen. Ludwig Wörner wollte sich dazu jetzt noch äußern.

(Beifall bei den Freien Wählern)