Protokoll der Sitzung vom 19.05.2010

Erstens. Es wird keine Einsparungen im Bildungsbereich geben, so ist die klare Aussage unseres Ministerpräsidenten.

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Die ist jetzt schon falsch!)

Das ist auch die klare Aussage unseres Fraktionsvorsitzenden.

Zweitens. Wir werden die entsprechenden Festlegungen und Ziele im Koalitionsvertrag weiter angehen und umsetzen.

Drittens. Wir haben einen klaren Fahrplan. Diesen Fahrplan hat Kollege Finanzminister Fahrenschon heute schon deutlich unterstrichen. Wir werden vor der Sommerpause im Zusammenwirken der beiden Koalitionsfraktionen noch entsprechende Schwerpunkte setzen. Der Finanzminister hat die Philosophie des Haushalts genannt. Diese Strategie zahlt sich aus. Der Finanzminister konnte heute darlegen, welchen Entwicklungsgang es gegeben hat, und mitteilen, dass die Prognosen entsprechend, in diesem Fall zugunsten des Staatshaushalts, korrigiert wurden. Wir werden die Steuerschätzung im November, die konkret durchsetzbaren, harten und erwartbaren Zahlen, abwarten, um dann im Lichte dieser Zahlen die entsprechenden Beschlüsse zu fassen. Das ist die klare Strategie, mit der wir den Doppelhaushalt 2011/2012 unter Priorisierung des Feldes Bildung, für das ich die Verantwortung zu tragen habe, gestalten werden.

Herr Minister, es gibt eine weitere Zwischenbemerkung des Herrn Kollegen Pfaffmann.

Herr Staatsminister, wenn die Steuerschätzung, wie wir das erwarten, nicht so günstig ausgeht, werden Sie dann sagen, dass Ihr Ziel, 1.000 Lehrer einzustellen, gefährdet ist?

Der Herr Minister zur Antwort.

Dito. Ich kann gerne noch einmal auf die drei Punkte zu diesem Thema hinweisen. Um es einfacher zu machen, schlage ich vor, dass wir sie dem Protokoll entnehmen.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Dazu werden die Anträge wieder getrennt. Zu den Anträgen der SPD und der GRÜNEN sind namentliche Abstimmungen beantragt worden. Ich ziehe deshalb die Abstimmung über die Dringlichkeitsanträge der Freien Wähler sowie der CSU- und der FDP-Fraktion vor.

Ich komme zuerst zum Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 16/4862. Das ist der Antrag der Fraktion der Freien Wähler. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Kollegen der Freien Wähler, der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und Frau Kollegin Dr. Pauli. Gegenstimmen? - Das sind die Kolleginnen und Kollegen der CSU und der FDP. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 16/4867, das ist der interfraktionelle Antrag der CSU- und der FDP-Fraktion. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Kolleginnen und Kollegen der CSU, der FDP, der Freien Wähler und Frau Kollegin Dr. Pauli. Gegenstimmen? - Das sind die Kolleginnen und Kollegen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Enthaltungen? Keine. Damit ist der Antrag angenommen.

Wir kommen zur ersten namentlichen Abstimmung über den Antrag der SPD-Fraktion auf Drucksache 16/4840. An den bekannten Stellen befinden sich die gläsernen Urnen. Die Stimmabgabe ist eröffnet. Wir haben fünf Minuten Zeit für die Durchführung der Abstimmung.

(Namentliche Abstimmung von 18.32 bis 18.37 Uhr)

Die fünf Minuten sind um. Ich schließe die Abstimmung. Die Stimmkarten werden draußen ausgezählt.

Wir kommen zur namentlichen Abstimmung über den Dringlichkeitsantrag des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 16/4842. Die Urnen stehen bereit. Wir nehmen uns diesmal für die Abstimmung drei Minuten Zeit.

(Namentliche Abstimmung von 18.37 bis 18.40 Uhr)

Ich schließe die Abstimmung. Das Ergebnis werden wir Ihnen gleich bekannt geben.

Ich rufe zur gemeinsamen Beratung auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Tanja Schweiger, Florian Streibl u. a. und Fraktion (FW) Google Street View in die Schranken weisen! (Drs. 16/4841)

und

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Franz Schindler, Helga SchmittBussinger u. a. und Fraktion (SPD) Google Street View - Mit Nachdruck für die Einhaltung des Datenschutzes Sorge tragen! (Drs. 16/4864)

und

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Georg Schmid, Alexander König, Thomas Kreuzer u. a. und Fraktion (CSU), Dr. Andreas Fischer, Jörg Rohde, Dr. Otto Bertermann und Fraktion (FDP) Google Street View - Datenschutzrecht dem Internetzeitalter anpassen und für eine lückenlose Aufklärung der jüngsten Vorfälle sorgen! (Drs. 16/4868)

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Der erste Redner ist Herr Kollege Prof. Dr. Piazolo für die Freien Wähler.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir eine kleine Rückblende in das Jahr 1983. Die Juristen unter Ihnen werden wissen, was ich meine. Damals war geplant, von Staats wegen Daten zu sammeln. Vorgesehen war, von Haus zu Haus zu gehen und den Bürgern Deutschlands Fragen nach Alter, Geschlecht, Staatsangehörigkeit und Beruf zu stellen. Damals gab es einen Sturm der Entrüstung im Land. Kurz darauf bekamen wir ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das sogenannte Volkszählungsurteil, das heute noch die Basis für das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ist.

Wie sieht es heute aus? Heute ist es nicht der Staat, der Daten sammelt, sondern ein großes amerikanisches Unternehmen, das dies nicht auf gesetzlicher Grundlage macht. Es fährt durch die Straßen. Keiner weiß, wo und wann. Keiner weiß genau, was gesammelt wird. Es werden Bilder durch eine Kamera gemacht. Dabei wird der gesamte Bereich von 360 Winkelgraden genutzt. Dabei werden rein zufällig WLANDaten gespeichert. Das heißt, es wird illegal in private Datennetze eingedrungen. Das ist ein Straftatbestand.

Ich habe gerade herausgefunden: Heute, am 19. Mai, ermittelt die Staatsanwaltschaft seit 14.30 Uhr gegen Google. Das Verfahren ist damit eingeleitet.

Man muss sich einmal die Mission anschauen, der sich Google verschrieben hat; das ist die offizielle "mission" des Unternehmens. Sie lautet: die auf der Welt vorhandenen Informationen zu organisieren und zugänglich zu machen. Was bei Google passiert, wissen wahrscheinlich die meisten, die den einen oder anderen Begriff googeln. Alles, was sie googeln, ist dort gespeichert. Man weiß nur nicht genau, wo.

Neulich haben wir die Staatsbibliothek besucht. Auch dort sammelt Google Daten. Es werden also tatsächlich weltweit Daten gesammelt. Die "Süddeutsche" hat gestern geschrieben: Seit Google sind die Machtverhältnisse zwischen Mensch und Maschine verändert.

Es geht also um sehr intensive Eingriffe und um die Verletzung von Persönlichkeitsrechten, aber auch um die Gefährdung der öffentlichen Sicherheit, und zwar ganz konkret durch das Ausspionieren von Daten. Es geht somit um die Verletzung des Datenschutzes. Deshalb stellen wir unseren Dringlichkeitsantrag. Wir sind nicht überrascht, dass von den anderen Fraktionen Ähnliches kommt, wenn auch in abgeschwächter Form.

Ich will unseren Dringlichkeitsantrag nicht in allen Einzelheiten vorstellen, sondern auf die Punkte nur kurz eingehen. Es geht uns darum, die Sorgen der Bürger ernst zu nehmen. Ich glaube, alle Abgeordneten werden aus ihren Stimmkreisen angeschrieben, weil sich die Bürger Sorgen machen, was jetzt passiert. Deshalb fordern wir, dass die Staatsregierung versucht, "alle rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen", um einstweilen das weitere Erfassen von Daten mittels Street View zu stoppen.

Wir wissen - das sage ich ganz offen -, dass die Staatsregierung das Problem keineswegs verniedlicht. Herr Innenminister, es ist also keineswegs so, dass wir sagen müssten, es passiere gar nichts und es werde geschlafen. Vielmehr wissen wir, dass sich Frau Aigner als Bundesministerin um das Problem kümmert. Auch hier sitzt niemand, der Sicherheitsfragen gleich beiseiteschiebt.

In diesem Fall sollte aber noch schneller gehandelt werden, und zwar mindestens so lange, bis der Verdacht ausgeräumt ist. Es muss alles getan werden, um die Datenerhebung zu stoppen.

Der zweite Punkt betrifft das, was Google getan hat und tut und was durch eine "unabhängige Datenschutzbehörde" begutachtet werden sollte. Der Ham

burger Datenschutzbeauftragte ist beispielsweise besorgt, aber auch der bayerische.

Drittens geht es darum, dass, wenn es mit dem Sammeln weitergeht, die Gemeinden darauf hingewiesen werden, dass es die Möglichkeit des Widerspruchs gibt. Dazu ist vom Ministerium der Frau Aigner erfreulicherweise eine Homepage eingerichtet worden. Jeder Bürger kann sie herunterladen. Aber uns wäre es lieb, wenn die Bürger nicht unbedingt aktiv werden müssen, sondern man in den Gemeinden entsprechende Listen auflegt, in die sich die Bürger leicht eintragen und damit ihre Rechte geltend machen können. Des Weiteren sind wir dafür, dass die Kommunen in diesem Zusammenhang von allen finanziellen Verpflichtungen freigestellt werden.

Viertens geht es darum, dass dem Ausschuss für Verfassung, Recht, Parlamentsfragen und Verbraucherschutz berichtet wird. Das ist das Mindeste. Die Fragen, zu denen berichtet werden soll, sind im Antrag aufgeführt. Ich werde nicht im Einzelnen darauf eingehen.

Noch etwas zu den anderen Anträgen. Für den SPDAntrag wird federführend wohl Herr Schindler oder Herr Arnold zuständig sein. Dieser nachgeschobene Antrag ist unserem in den meisten Punkten ähnlich. In einiger Hinsicht ist er etwas milder. Der SPD-Redner wird sicher sagen, wo die Unterschiede liegen. Wir stehen zu unserem Antrag, werden aber auch Ihrem Antrag zustimmen.

Der Berichtsantrag, der von den Koalitionsfraktionen kommt, geht uns nicht weit genug, ist aber sicherlich kein Antrag, der abgelehnt werden wird. In unserem Verhalten unterscheiden wir uns ein bisschen. Wenn wir aber etwas für richtig halten, stimmen wir zu.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Als nächstem Redner erteile ich Herrn Kollegen Horst Arnold das Wort.

Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! "Wir haben gewaltig versagt. Wir werden aus den Fehlern lernen." Das sind nicht etwa die Worte eines Politikers, gar von der staatstragenden Mehrheit. Dies ist ausnahmsweise nicht der Fall. Vielmehr stammen die Worte von Alan Eustace, dem Verantwortlichen von Google. Er hat die Worte vor zwei Tagen anlässlich des Umstandes gesagt, dass Google bei den Aufzeichnungen WLAN-Verbindungen entsprechend festgestellt hat und dass dies einen massiven Eingriff in die Rechte darstellt, die wir schon seit Langem schützen wollen.

Nichtsdestotrotz wird immer weiter getoppt. In der "Hannoverschen Allgemeinen" war gestern zu lesen, dass die Firma Google nunmehr auch die Gebäude von öffentlichem Interesse - oder von Google-Interesse; da ist nahezu kein Unterschied mehr - mit Laserscannern abtasten möchte. Das ist eine ganz neue Technik, von der man nicht weiß, was dahintersteckt und was drinsteckt. Auf jeden Fall leben wir, liebe Kolleginnen und Kollegen, in einem Rechtsstaat und haben die Pflicht und die Schuldigkeit, diese Unrechtssituation zu regeln.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Deswegen ist es ganz richtig, dass der Hamburger Datenschutzbeauftragte, der federführend ist für alle anderen, der Firma Google bis zum 26. Mai ein Ultimatum gestellt hat, nunmehr endlich die Vorlage von Festplatten mit Daten zu bewirken. Ansonsten - und da kommen wir doch wieder zu der Macht, die die Öffentlichkeit hat - würde er den ganzen Laden vorübergehend schließen. Wenn er das tut, dann ist es gut so und findet die Unterstützung nicht nur von den Freien Wählern, von der SPD und von den GRÜNEN, sondern, denke ich, auch von den Kolleginnen und Kollegen von der FDP und der CSU.

Betrüblicher ist allerdings, wenn wir hören, was der Hamburger Datenschutzbeauftragte zu diesem ganzen Thema anführt: "Wir wissen nicht, in welchem Umfang welche Daten gespeichert werden" - und das alles, verehrte Kolleginnen und Kollegen, nachdem wir bereits seit dem 18. Juni letzten Jahres Diskussionen über die Rechtmäßigkeit der Vorgehensweise von Google geführt haben.

Wir haben eine Odyssee verschiedener Anträge, bei denen man sich gewundert hat, dass überhaupt eine Diskussion dahin gehend notwendig ist, Dissonanzen zu beseitigen. Ich habe bereits am 18. Juni gesagt, dass für den Juristen immer Anspruchsgrundlagen in diesem Staat notwendig sind. Der Herr Innenminister hat die damalige Einigung zwischen Google und dem Hamburger Datenschutzbeauftragten als einen positiven Schritt gewürdigt und hat auch zugesagt - und das glaube ich ihm auch -, zu überprüfen, was daraus geworden ist.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, mittlerweile sind elf Monate verstrichen. Wir müssen feststellen, dass ein datenrechtlicher Skandal den anderen jagt. Da ist dringender Handlungsbedarf. Ich kann die Kolleginnen und Kollegen nur auffordern, die einheitliche Stimmung in diesem Haus aufzunehmen und nicht wie die Kollegin Guttenberger zu verfahren - sie ist wohl heute im Fürther Stadtrat anderweitig beschäftigt -, die bei ihrer damaligen Rede gesagt hat, es sei

nicht nach Gutsherrenart möglich, gewisse Vorgehensweisen einfach zu untersagen. Wenn die Firma Google diese Daten und die entsprechenden Dateien nicht bis zum 26. Mai vorlegt, muss auch für eine solche Weltfirma Schluss sein, nämlich zur Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger und auch zu unserer öffentlichen Sicherheit.