Protokoll der Sitzung vom 19.05.2010

nicht nach Gutsherrenart möglich, gewisse Vorgehensweisen einfach zu untersagen. Wenn die Firma Google diese Daten und die entsprechenden Dateien nicht bis zum 26. Mai vorlegt, muss auch für eine solche Weltfirma Schluss sein, nämlich zur Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger und auch zu unserer öffentlichen Sicherheit.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der Freien Wähler und des Abgeordneten Dr. Sepp Dürr (GRÜNE))

Die Chronologie unserer Anträge zu schildern, würde den Rahmen sprengen. Vom 18. Juni bis zum 15. Dezember 2009 wollten wir haben, dass der Freistaat Bayern der Aufzeichnung seines Eigentums widerspricht. Dann wollten wir die Informationen durch eine entsprechende Belehrung verbessern. Das alles ist von der Mehrheit in diesem Haus abgelehnt worden. Derzeit wird geprüft, ob das eine wegerechtliche Sondernutzung ist. Hätten Sie, liebe Kollegen von der FDP und auch von der CSU, bereits am 18. Juni mit uns ins Horn gestoßen, müssten wir nicht jetzt, elf Monate später, genau dasselbe thematisieren.

In diesem Sinne ist, wenn eine Gemeinsamkeit festzustellen ist, jeder dieser Anträge zu unterstützen, was wir von der SPD auch tun werden. Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Bevor ich dem Kollegen König das Wort erteile, darf ich Ihnen kurz das Ergebnis der namentlichen Abstimmungen zu den beiden Dringlichkeitsanträge vortragen, zunächst zum Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Natascha Kohnen, Hans Ulrich Pfaffmann und Fraktion SPD, betreffend "Versprechen einhalten - Glaubwürdigkeit beweisen - große Klassen verkleinern", Drucksache 16/4840. Mit Ja haben 63 Kollegen gestimmt, mit Nein 90 Kolleginnen und Kollegen, Stimmenthaltungen gab es keine. Damit ist der Dringlichkeitsantrag abgelehnt.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 3)

Ich gebe das Ergebnis der namentlichen Abstimmung zum Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Margarete Bause, Sepp Daxenberger, Ulrike Gote und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, betreffend "Nicht bei der Bildung sparen: Lehrerinnen- bzw. Lehrerstellenzuwachs muss Priorität haben!", Drucksache 16/4842, bekannt. Mit Ja haben 64 Abgeordnete gestimmt, mit Nein 86 Abgeordnete, es gab keine Stimmenthaltung. Damit ist auch dieser Antrag abgelehnt.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 4)

Wir fahren in der Debatte fort. Ich erteile für die CSUFraktion dem Kollegen König das Wort.

(Vom Redner nicht autori- siert) Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Viele Menschen landauf, landab sind verunsichert durch die Kamerafahrzeuge der Firma Google, die unsere Städte, Gemeinden und unser Land flächendeckend abfahren und alle Hausgrundstücke in digitalisierter Form aufnehmen, wohl mit der Absicht, diese detaillierten Bilder von Hausgrundstücken, von Gärten, von ganzen Straßenzügen im Internet zu veröffentlichen.

Die Menschen fragen sich: Dürfen die das eigentlich? Habe ich nicht ein Recht darauf, zu verhindern, dass mein Hausgrundstück, mein Garten für jedermann im Internet einsehbar wird? Wie kann ich mich dagegen wehren, und wirkt das gegebenenfalls? Vor allem fragen sich die Menschen: Wo bleibt hier eigentlich der Datenschutz? Die CSU nimmt diese Sorgen sehr ernst. Ich für meine Person - das darf ich sagen habe bereits vor einigen Tagen Einspruch an die bekannte E-Mail-Adresse eingelegt und meine Erfahrung mit der automatisierten Rück-E-Mail gemacht. Andererseits - der Kollege Arnold hat gerade den Rechtsstaat angesprochen - müssen wir in einem Rechtsstaat und auch in einer Marktwirtschaft anerkennen, dass eine Firma ein Geschäftsmodell im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten - da bin ich völlig bei Ihnen - verfolgt. Von daher liegt es an uns bzw. am Gesetzgeber in Berlin, die entsprechenden Regelungen zu schaffen.

Insgesamt rate ich uns aber aufgrund dieses Spannungsverhältnisses in dieser Angelegenheit, bei allen Emotionen, die auch bei mir hochkommen, einen kühlen Kopf zu bewahren, zu handeln, aber nicht überzureagieren.

Wenn ich die zum Teil detaillierten Anträge, namentlich der Freien Wähler anschaue, Herr Kollege Piazolo, dann habe ich den Eindruck, dass zumindest ein Teil der von Ihnen aufgeführten Ansätze, tätig zu werden, rechtlich nicht möglich ist, tatsächlich nicht möglich ist bzw. die Zuständigkeit des Freistaats Bayern nicht wirklich gegeben ist.

(Prof. Dr. Michael Piazolo (FW): Doch!)

Ich erwähne das Thema Listen in Gemeinden. Natürlich ist es eine gute Idee, in Gemeinden Listen aufzulegen. Aber ich glaube ganz ehrlich, dass es nicht nötig sein wird, dass der Freistaat Bayern das organisiert und zahlt. Jeder Bürgermeister, jede Gemeinde ist sicher selber in der Lage, diesen kleinen Schritt zu tun und solche Listen aufzulegen. Dabei muss auch hier der Datenschutz eine Rolle spielen, denn dabei

wird offenkundig, wer Eigentümer von Grundstücken ist und wer nicht. Das sage ich nur einmal. Wenn wir von Datenschutz reden, müssen wir insgesamt von Datenschutz reden.

Deshalb haben wir ein Problem, diesen Anträgen zuzustimmen, und haben einen eigenen Antrag eingebracht der die drei Punkte umfasst: erstens einen umfassenden, möglichst auch umgehenden Bericht vor dem Hohen Haus zur Rechtslage allgemein, aber speziell natürlich zu der Frage, ob die vorhandenen datenschutzrechtlichen Instrumentarien angesichts der neuen technischen Möglichkeiten und der Aktivitäten, die sich auf dem Markt abspielen, ausreichend sind; zweitens, wenn sich herausstellt, dass die Regelungen unzureichend sind, wirksamere gesetzliche Regelungen herbeizuführen, die Staatsregierung aufzufordern, tätig zu werden, auch auf Bundesebene, damit der Bundesgesetzgeber tätig wird; drittens - da sind wir wieder völlig beieinander, Kolleginnen und Kollegen -, alles in unserer Macht Stehende zu tun, um den örtlich zuständigen Datenschutzbeauftragten in Hamburg entsprechend zu unterstützen.

(Horst Arnold (SPD): Stimmen Sie jetzt unseren Anträgen zu?)

Herr Kollege, bitte verbleiben Sie noch kurz. Herr Kollege Sinner aus Ihrer Fraktion hat sich zu einer Zwischenbemerkung gemeldet.

Herr Kollege König, wir haben in einem Antrag den Datenschutz in den Mittelpunkt gestellt. An die Kollegen von den Freien Wählern gewandt: Was Google kann, können andere auch. Das heißt, hier passieren Dinge, die nicht allein die Firma Google macht, sondern diese Lücken sind natürlich für jeden da, der sie ausfüllen kann.

Ich möchte einen ganz speziellen Punkt ansprechen. Wir alle arbeiten hier, Frau Kollegin Zacharias, im Augenblick mit WLAN.

(Isabell Zacharias (SPD): Das geht gut!)

- Ja, das geht gut. Wenn Sie Ihren Laptop hochfahren, dann werden Sie sehen, dass Sie auch in verschiedene andere Netze hineinkommen können. Manche Netze sind geschützt und andere nicht. Genau das ist der Punkt, weswegen wir uns jetzt mit Google auseinandersetzen.

Herr Kollege König, wir sollten die Kollegen vielleicht darauf hinweisen, dass es ein Urteil des Bundesgerichtshofs aus den letzten Tagen gibt, das sich mit genau diesem Punkt befasst und ausführt, dass derjenige, der ein ungeschütztes WLAN-Netz betreibt,

massiv gegen den Datenschutz verstößt. Denn das macht es erst möglich, dass jemand in diesen Bereich hinein kann. Das heißt, wir müssten unsere Bemühungen hinsichtlich des Datenschutzes auch daraufhin ausrichten, dass WLAN-Netze geschützt betrieben werden. Das wäre ein Punkt, der über das, was wir in Bezug auf Google diskutieren, hinausgehend beachtet werden muss. Wir hätten ein Problem, wenn jemand plötzlich in unserem Landtagsnetz wäre. Das Netz ist geschützt. Und die Landtagsverwaltung hätte ein Problem, wenn wir so etwas plötzlich feststellen würden. Also sollte unser Bestreben in Richtung Datenschutz gehen, dass das Urteil des BGH einbezogen wird und generell der Fall eines ungeschützten WLAN-Netzes nicht mehr vorkommt.

Vielen Dank, Herr Kollege. - Möchten Sie erwidern, Herr König?

Herr Kollege Sinner, ich stimme mit Ihnen überein. Selbstverständlich ist die Aufklärung ein ganz wichtiger Punkt, der nottut. Man muss die Menschen aufklären, dass sie die gegebenen Möglichkeiten nutzen sollten, um ihre eigenen WLAN-Netze zu schützen.

Unabhängig davon stimme ich mit den Vorrednern darin überein, dass das Ausspähen dieser Netze durch die Firma Google ein Skandal ist, der selbstverständlich rechtlich zu verfolgen ist. Das ist überhaupt keine Frage.

Herr Kollege Piazolo zu einer Zwischenbemerkung, bitte.

Ich bin ein bisschen verwirrt, weil Herr Sinner uns angesprochen hat, aber eigentlich Herrn König meinte. Nur so viel: Wir sollten in dem Fall Opfer und Täter nicht verwechseln. Wir sollten ein bisschen aufpassen.

(Beifall bei den Freien Wählern und Abgeordne- ten der GRÜNEN)

Das ging aber auch in unsere Richtung, Herr König. Ich glaube, Sie haben das richtig verstanden. Unser Ziel ist nicht, das für immer und ewig zu verbieten, sondern Folgendes: Es ist eine Rechtsverletzung durch Google begangen worden, durch die Sicherheit und Ordnung gefährdet worden sind. Es geht uns darum, die Sachlage erst einmal zu klären. Wir dürfen, solange der Sachverhalt noch nicht geklärt ist, nicht abwarten, bis vielleicht noch mehr passiert.

Die zweite Bemerkung: Sie sprachen von den Kommunen. Ich glaube, dass das bei einer größeren Kommune schon Geld kostet und dass es hilfreich wäre, wenn der Freistaat Bayern den klammen Kommunen

unter die Arme greifen würde. Ich wollte Sie nur daran erinnern, dass die Anregung von Frau Aigner, also aus einem von Ihrer Partei geführten Ministerium, kommt. Insofern sollte man auf sie einwirken, dass sie so etwas von ihrer Homepage nimmt - was ich aber nicht will.

Herr Kollege Piazolo, ich meine, dass wir über Parteigrenzen hinweg bei diesem Fragenkomplex ganz nah beieinander sind und dass es keine nennenswerten Differenzpunkte gibt. Es stellt sich nur die Frage nach der Vorgehensweise. Sie haben einen sehr detaillierten Antrag gestellt und haben diesen Weg gewählt. Wir sehen in einzelnen dieser Punkte Probleme - ich habe das angesprochen - und fragen, ob das alles rechtlich so umsetzbar ist. Genauso ist es in Bezug auf den Antrag der SPDFraktion. Deswegen wird das eine ganz einfache Geschichte: Wir stimmen über die einzelnen Anträge ab. Wir stimmen unserem zu, mit dem wir unsere Richtung verfolgen. Ich bitte um Verständnis, dass wir Ihre Anträge ablehnen werden. Wir werden uns danach im Hohen Haus treffen und alle diese Fragen, die für die Menschen in unserem Land wesentlich sind, miteinander diskutieren. Wir werden den Sachverstand zu den entsprechenden Veranstaltungen einladen, um alle diese Fragen, die in der Abwägung jetzt noch unsicher sind, endgültig abwägen zu können, und wir werden zu entsprechenden Schlüssen kommen, wie weiter vorgegangen werden soll.

Herr Kollege König, es gibt eine weitere Zwischenbemerkung. Herr Kollege Arnold möchte das Wort haben. Bitte schön.

Herr Kollege König, Sie sagten, es gehe darum, wie man an die Sache herangeht. Sie kennen unseren Antrag. Wir verlangen unter Punkt 1, "dass die in dem Beschluss des Landtags vom 18. Juni 2009 (Drs. 16/1555) enthaltenen Forderungen erfüllt werden" und dass die Firma Google darum gebeten werden soll. Was kann man konkret dagegen haben? Sind es Gründe nach dem gesunden Menschenverstand oder geht es um parteipolitische Gesichtspunkte?

Im nächsten Punkt wollen wir die Firma Google verpflichten, "die Gemeinden in Bayern, in denen Street View-Aufnahmen stattfinden werden", hinreichend zu unterrichten. Wie kann man dagegen sein? Hat es tatsächliche Gründe, oder hat es etwas Parteipolitisches zum Inhalt?

Der nächste Punkt ist ganz wichtig und wird von allen Datenschützern ganz klar gefordert, nämlich die "Rohdaten" zu löschen, nicht das Gepixelte. Kann man aus

tatsächlichen Gesichtspunkten heraus dagegen sein, oder hat es einen parteipolitischen Grund?

Den nächsten Punkt in Bezug auf WLAN-Netze hat auch der Kollege angesprochen. Kann man dagegen sein, oder hat es den Hintergrund, dass der Punkt nicht auf Ihrer Agenda steht? Könnten wir unsere Ziele nicht auf einen Punkt bringen? Vielleicht wird die einstweilige Stilllegung schon lange erledigt sein, wenn der Datenschutzbeauftragte von Hamburg entscheidet, dass wir das Ultimatum bis zum 26. Mai nicht eingehalten haben. Dann ist die Verwaltung mal wieder schneller als das Parlament, und das empfände ich als eine Schande.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und den Frei- en Wählern)

Herr Kollege König zur Erwiderung, bitte.

(Vom Redner nicht autori- siert) Zusammengefasst: Das hat überhaupt keine parteipolitische Motivation, sondern das ist eine unterschiedliche Einschätzung bezüglich einzelner Punkte. Dem ersten Punkt könnten wir zustimmen. Dem Punkt Veröffentlichung wird nach unseren Kenntnissen Rechnung getragen. Frau Bundesministerin Aigner sagt, die Firma Google habe erklärt, sie werde vorher bekannt geben, wo sie jeweils Aufnahmen machen werde. Von daher haben wir zu den einzelnen Punkten Ihres Antrages zum Teil eine andere Sichtweise. Aber dem Grunde nach werden wir bei der Erörterung des gesamten Problems im Hohen Haus eng beieinander sein. Dann werden wir unter Abwägung aller rechtlichen Gesichtspunkte miteinander prüfen, inwieweit der Freistaat Bayern etwas dazu beitragen kann, dieses bestehende Problem zu lösen.

(Zuruf der Abgeordneten Ulrike Gote (GRÜNE))

- Sie sind eine ganz freundliche Person, Frau Gote. Das wollte ich schon lange einmal sagen. Ihr Charme ist so bezaubernd, dass man nicht umhin kommt, das im Parlament einmal auszusprechen. Herzlichen Glückwunsch, Frau Gote!

(Beifall bei der CSU - Ulrike Gote (GRÜNE): Was für eine billige Tour, Herr Kollege!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es erfreut mich, die hohe Form der Höflichkeit hier im Hause genießen zu dürfen. - Als nächstem Redner darf ich dem Kollegen Dr. Andreas Fischer für die FDP-Fraktion das Wort erteilen.

(Vom Redner nicht auto- risiert) Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und

Kollegen! Google Street View kommt nicht erst jetzt in die Schlagzeilen, und wenn man das aktuelle Datendebakel bei Google sieht, dann kann man nur sagen: zu Recht. Wie kann es passieren, dass man versehentlich sogenannte Nutzdaten aus offen zugänglichen WLAN-Funknetzen speichert? Nicht drei Tage lang, wie man hört, nicht drei Wochen lang, auch nicht drei Monate lang, sondern drei Jahre lang. Das Argument, das sei nicht vorsätzlich geschehen, ist keine Rechtfertigung; denn die Schlamperei, die dahintersteckt, ist mindestens ebenso erschreckend.