Sehr verehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Was ich jetzt sage, sind nicht meine Worte; ich zitiere: "Es geht um den größten Gesetzentwurf in der Geschichte des Bayerischen Landtags bisher." Heißt auf Deutsch, und dem stimme ich zu: Wir stehen kurz vor der Vollendung eines wichtigen Reformpakets, und das ist auch ein wichtiges Signal an und für die Beamtinnen und Beamten, für den gesamten öffentlichen Dienst.
Das wurde letzte Woche aus haushaltspolitischen Gründen innerhalb der CSU-Fraktion infrage gestellt. War das ein Sturm im Wasserglas? Das war zunächst einmal nur innerhalb der CSU; wir haben nur das Ergebnis des Krachs miterlebt. Ich weiß nicht, ob das jetzt ein Sturm im Wasserglas war. Aber wir sind gewarnt, wir sind hellhörig.
Ich nehme positiv zur Kenntnis, dass der Herr Finanzminister und auch die Frau Ausschussvorsitzende letzte Woche vor dem Beamtenbund und auch gestern wieder im Ausschuss die Umsetzung nicht infrage gestellt und beteuert haben, dass sie nicht gefährdet ist.
Wie ernst das zu nehmen ist, weiß ich nicht. Ich zitiere den "Fränkischen Tag", und der "Fränkische Tag" in Bamberg ist ja nicht gerade als Hetzblatt gegen die CSU bekannt. Schlagzeile: "Seehofer - - "
- Wenn der "Fränkische Tag" die Worte "Freie Wähler" schreibt, zerbrechen bei denen immer die Stifte, Herr Kollege.
Jedenfalls lautet die Schlagzeile: "Seehofer verspricht jedem alles." Meine Damen und Herren, das langt uns natürlich in diesem Zusammenhang nicht.
Meine Damen und Herren, wir sind der Auffassung: Natürlich gibt es haushaltsrechtliche Risiken, aber wenn ein Zug einmal in Bewegung ist und man ihn mitten auf der Strecke anhält, dann wird beim Wiederanfahren wesentlich mehr Energie vergeudet, als wenn man ihn durchfahren lässt. Genauso ist es beim Hinausschieben dieser Reform. Wenn die Reform gestoppt oder hinausgezögert werden sollte, sehen wir die Attraktivität des öffentlichen Dienstes gefährdet. Wir wussten alle - unabhängig von der aktuellen Haushaltslage -, dass die Umsetzung der Reform sowieso mit Hindernissen verbunden sein würde; denn sie ist abhängig von der Zahl der Planstellen für den Aufstieg, vom Stellenplan und von der Leistungsfähigkeit des Dienstherrn. Diese Hürde haben wir sowieso, die brauchen wir durch ein Hinausschieben nicht noch künstlich zu verstärken.
Wenn wir das sozusagen on top noch infrage stellen, dann war nach unserer Auffassung die ganze Arbeit, die wir - Frau Kollegin Heckner, da stimme ich Ihnen voll zu - sehr kollegial gemacht haben, vergeblich. Wir haben gestritten, ich habe auch gern gestritten, weil Pluralismus dazugehört. Wir haben das sehr kollegial und intensiv beackert, die Verbände haben mitgemacht. All das wäre dann vergeblich gewesen.
Meine Damen und Herren, wenn wir das bis zur Sommerpause beschlossen haben werden, woran ich im Übrigen nicht zweifle, muss die Umsetzung des Gesetzes anlaufen, die Führungskräfteschulung muss beginnen, und die Personalämter müssen planen können. Wir wollen einen treuen und loyalen öffentlichen Dienst. Dieser treue und loyale öffentliche Dienst braucht auch einen verlässlichen Dienstherrn.
Vielen herzlichen Dank, Herr Kollege. - Für die CSU-Fraktion darf ich nun Kollegin Heckner ans Mikrofon bitten.
Sehr verehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Kollege Meyer, bei aller Kollegialität, die Sie gerade angesprochen haben, muss ich Ihnen doch ein wenig in die Parade fahren. Ich kann überhaupt nicht verstehen und
auch nicht nachvollziehen, wieso die Freien Wähler einen Dringlichkeitsantrag einbringen mit der Formulierung, dass die Umsetzung des Dienstrechts in Bayern unverzüglich und ohne weitere Verschiebungen durchzuführen ist. Ich kann mich an keine bisherige Verschiebung erinnern.
Lieber Kollege Meyer, innerhalb einer Fraktion haben Fachpolitiker, in dem Fall Haushaltspolitiker, einmal darüber nachgedacht, ob es vielleicht denkbar wäre, dass ein Gesetz zu einem späteren Zeitpunkt in Kraft tritt. Eine Stunde später hat die CSU-Fraktion in ihrer Gesamtheit gesagt, nein, dieses Jahrhundertwerk, das viel mehr als nur finanzielle Dinge umfasst, wird ohne Wenn und Aber in die Tat umgesetzt. Spätestens dann, aber auch nach den öffentlichen Äußerungen, die Sie hier angeführt haben, hätten Sie Ihren Antrag einpacken können.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir befinden uns im laufenden Gesetzgebungsverfahren. Auch Kollege Meyer sagt, er habe überhaupt keinen Zweifel daran, dass das zu Ende geführt werde. Wir haben gestern im federführenden Ausschuss die Zweitberatung durchgeführt, und wir werden das Gesetz in der letzten Plenarwoche in Zweiter Lesung beraten. Sie haben keinen Zweifel daran, Herr Meyer. Jetzt frage ich aber die Freien Wähler: Woran zweifeln Sie denn dann? Haben Sie den Verdacht, dass sich unsere Bayerische Staatsregierung gesetzeswidrig Beschlüssen des Bayerischen Landtags widersetzt? - Nichts anderes kann dieser Antrag heißen. Wir haben auch das Inkrafttreten in der Zweitberatung beschlossen. Es gibt also nicht den geringsten Anhaltspunkt dafür, dass es hier noch zu irgendwelchen Veränderungen kommen könnte, und wenn, dann nur mit dem Bayerischen Landtag.
Im zweiten Punkt Ihres Änderungsantrags, der sich auf die Rückführung der Wochenarbeitszeit bezieht, mahnen Sie an, dass dieses angekündigte Zweistufenverfahren auch wie angekündigt durchgeführt wird. Auch hierzu gibt es nicht die geringste Veranlassung, an irgendwelchen Umsetzungsdingen zu zweifeln; denn wir haben mit der Realisierung dieser Schritte bereits begonnen.
Wir haben im Jahr 2009 damit begonnen, dass wir nicht wir im Landtag, sondern die Staatsregierung die Arbeitszeitverordnung geändert haben und dass es eine Übergangsregelung bis 2012 gibt. Die Arbeitszeitverordnung enthält bereits die gekürzte Wochenarbeitszeit. Bereits im Haushaltsvollzug 2009 sind Stellen - das waren damals 50 Stellen - entsperrt worden. Es ist sofort mit dem Personalaufbau begonnen
worden, den wir ab 2012/2013 bei der Rückführung der Arbeitszeit brauchen. Auch das wurde gestartet.
Wir haben im Jahr 2010, also in diesem Jahr, 870 zusätzliche Stellen für Beamte und Beamtinnen auf Widerruf geschaffen, um den Personalbedarf in den Jahren 2012 und 2013 auffangen zu können. Wir werden es wie geplant durchführen. Auch das ist in allen öffentlichen Äußerungen sowohl der Staatsregierung als auch von uns verantwortlichen Politikern im Bayerischen Landtag immer wieder betont worden. Haushaltsmäßig ist es bereits in die Wege geleitet worden.
Lieber Kollege Meyer, ich kann den Freien Wählern hier nur bescheinigen: Für Schaufensteranträge ist mir in diesem Landtag die Zeit zu schade. Wir brauchen keine Presseschau, indem zitiert wird, was welche Zeitung geschrieben hat und worüber man sich hier im Landtag unterhalten müsste. Ich empfehle unserer Fraktion, diesen Schaufensterantrag abzulehnen, weil er völlig überflüssig ist.
Vielen Dank, Frau Kollegin. - Zu einer Zwischenbemerkung hat sich Kollege Peter Meyer gemeldet. Bitte schön.
Frau Kollegin Heckner, über eine Rangliste, wer die meisten Schaufensteranträge stellt, wollen wir jetzt nicht diskutieren. Aber dazu gehören wir von den Freien Wählern sicherlich nicht.
Ich hätte eine konkrete Nachfrage zum Stopp des Stellenabbaus im Hinblick auf die Verkürzung der Arbeitszeit. Wir haben ihn schon mehrfach angemahnt. Aber der Stellenabbau der inneren Verwaltung nach Artikel 6 b des Haushaltsgesetzes geht munter weiter. Warum wurde dieser bislang nicht gestoppt? Das passt auch nicht dazu.
Es wurden die Stelleneinziehungen im Zusammenhang mit der Arbeitszeitverlängerung nach Artikel 6 e gestoppt. Letztere wurde ausgesetzt. Aber die Stelleneinsparungen nach Artikel 6 b - das trifft insbesondere die innere Verwaltung - gehen munter weiter.
Kollege Meyer, ich bitte wirklich darum, dass wir haushaltstechnisch korrekt diskutieren. Artikel 6 e bzw. das, was Sie gerade formuliert haben, war der Stelleneinzug wegen der damaligen Arbeitszeitverlängerung. Im Umkehrschluss ist der Artikel 6 e jetzt ausgesetzt, weil wir im Vorfeld auf die
Parallel dazu haben wir in der letzten Legislaturperiode eine Verwaltungsreform durchgeführt mit dem Ziel, den Personalkostenblock in unserem Staatshaushalt langfristig zu reduzieren. Dieses Ziel haben wir nach wie vor, lieber Kollege Meyer.
Wir müssen nach wie vor schauen, dass wir Stellen abbauen, selbstverständlich verbunden - aber das ist eine völlig andere Diskussion - mit einer Aufgabenkritik und einer Straffung, damit es zu keiner Überbelastung kommt. Die Wochenarbeitszeit und den Artikel 6 b in einen Topf zu werfen und einmal umzurühren, macht noch keine Suppe.
Vielen herzlichen Dank, Frau Kollegin. - Weitere Zwischenbemerkungen liegen mir nicht vor. Deshalb fahre ich fort in der Rednerreihenfolge und darf das Wort an Frau Christa Naaß von der SPD-Fraktion geben.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, nach der Veranstaltung "Hauptausschuss-Beamtenbund" vom vergangenen Donnerstag müssten eigentlich alle Fraktionen hinter dem Antrag der Freien Wähler stehen und bekräftigen: Wir stehen zur Dienstrechtsreform und
dass das auch so passiert. Es gibt genügend Beispiele aus der Vergangenheit, Kolleginnen und Kollegen, dass Entscheidungen des Landtags durch Ministerien bzw. die Staatsregierung nicht umgesetzt wurden. Ich darf erinnern an die Versprechen vor der Landtagswahl, keine Arbeitszeitverlängerung herbeizuführen. Dann kam doch die Arbeitszeitverlängerung. Ich darf erinnern an den Pensionsfonds, der als Gesetz vom Bayerischen Landtag vor zwei Jahren beschlossen wurde. Die Beratungen zum Nachtragshaushalt 2010 wurden hergenommen, um den Pensionsfonds einzufrieren. Im Haushalt 2010 wurden eingeplante Stellenhebungen im Vorgriff auf die Dienstrechtsreform verschoben. Wir haben Gründe für unsere Sorge, dass das, was wir alle gemeinsam wollen, eventuell nicht so umgesetzt wird, wie wir uns das vorstellen. In der
heutigen Ausgabe des "Münchner Merkur", 23. Juni, hat Herr Finanzminister Fahrenschon ausgeführt, dass er alle in Bayern geplanten neuen Stellen einsparen will. Solche Aussagen bestärken unsere Sorgen. Deshalb ist es wichtig, dass wir heute im Bayerischen Landtag darüber reden.
Bei der Verwaltungsreform 2003 haben wir die Erfahrung gemacht, dass immer zuerst bei den Beschäftigten gespart worden ist, wenn gespart werden musste. Die Konsequenz ist, dass mittlerweile viele Bereiche der öffentlichen Verwaltung nicht mehr funktionsfähig sind. In Bayern ist auch keine Steuergerechtigkeit mehr vorhanden, weil das dazu erforderliche Personal fehlt.
Das alles hängt zusammen. Wenn wir die Leistungsbereitschaft im öffentlichen Dienst durch diese Dienstrechtsreform stärken und mehr Leistungsgerechtigkeit haben wollen, müssen wir dafür Sorge tragen, dass die dafür erforderlichen Planstellen und die entsprechenden Beförderungsstellen vorhanden sind. Bayern ist Weltmeister beim Beförderungsstau. Das wissen wir aus der Vergangenheit. Herr Fahrenschon hat angekündigt, dass alle geplanten neuen Stellen eingespart werden sollen. Davon sind genau diese Beförderungsstellen betroffen.
Vor einigen Wochen mussten wir darüber diskutieren, dass die angekündigten 1.000 zusätzlichen Lehrerstellen doch nicht kommen sollen. Das hat der Kultusminister angekündigt. Der Ministerpräsident hat darauf gesagt: Das stimmt doch gar nicht. Heute müssen wir lesen, dass der Finanzminister keine neuen Stellen ausbringen will. Kolleginnen und Kollegen, deshalb müssen wir heute im Landtag darüber reden.