Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 16/5779 - das ist der Antrag der CSU- und der FDPFraktion - seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrag mit den Stimmen von CSU und FDP gegen die Stimmen der GRÜNEN bei Enthaltung vonseiten der SPD, der Freien Wähler und Frau Pauli angenommen.
Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 16/5791 - das ist der Antrag der Fraktion der Freien Wähler - seine Zustimmung geben will, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. - Das sind die Freien Wähler und Frau Pauli. Gegenstimmen? - Das sind die CSU, die FDP und die SPD. Enthaltungen? - Die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.
Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 16/5792 - das ist der Antrag der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN - seine Zustimmung geben will, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. - Das ist die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Wer stimmt dagegen? - Die CSU, die FDP, die Freien Wähler und Frau Pauli. Stimmenthaltungen? - Die SPD-Fraktion. Damit ist auch dieser Dringlichkeitsantrag abgelehnt.
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Franz Schindler, Horst Arnold u. a. und Fraktion (SPD) Konsequenzen aus der Resonanzstudie der Staatskanzlei 2008/2009 (Drs. 16/5780)
Ich eröffne die Aussprache. Als erster Redner hat sich Herr Kollege Rinderspacher für die SPD-Fraktion gemeldet.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Hat der Ministerpräsident des Freistaates Bayern wissentlich, vorsätzlich oder zumindest fahrlässig öffentliche Steuergelder für Parteizwecke der CSU missbraucht? Hatte der Ministerpräsident des Frei
staates Bayern keine Scheu, die Staatskasse zu belasten, um seine Parteikasse zu entlasten? Missbraucht der CSU-Parteichef die Staatskanzlei als verdeckte strategische Parteizentrale zulasten des bayerischen Staatshaushalts? Das sind im Kern die zentralen Fragen der Umfrageaffäre, die die bayerische Öffentlichkeit in den letzten acht Wochen bewegt hat.
Worum geht es? Die Bayerische Staatsregierung hat über Jahre hinweg sogenannte Resonanzstudien, also Meinungsumfragen, in Auftrag gegeben, die sich offensichtlich streng am Parteiinteresse der CSU orientiert haben. Abgefragt wurden nicht etwa landesspezifische Themen, Probleme oder Projekte. Das wollte uns jedenfalls Staatsminister Schneider in den Antworten auf unsere Anfragen weismachen. Er hat damit die bayerische Öffentlichkeit unter Vorspiegelung falscher Tatsachen in die Irre geführt. Das ist noch eine höfliche Formulierung.
Es ging nicht um landesspezifische Themen, sondern es ging um eine Analyse der Landtagswahl 2008, um Wählerabsichten, allgemeine Stimmungsindikatoren, Zufriedenheit mit Regierung und Politikern und um Lösungskompetenzen im Parteienvergleich. Es ging um Sympathiewerte von CSU-Chef Horst Seehofer und CDU-Parteichefin Angela Merkel. Insgesamt haben drei Studien rund 108.000 Euro gekostet. Abgegeben wurden auch Handlungsempfehlungen und Strategietipps.
Beispielsweise sei der CSU empfohlen worden, von Zeit zu Zeit immer wieder einmal Front gegen Berlin zu machen und die Kanzlerin oder Herrn Westerwelle zu kritisieren. In Bayern - man höre und staune - solle die CSU die politische Auseinandersetzung nicht nur auf die SPD und die GRÜNEN fokussieren und die Freien Wähler ignorieren, sondern sie solle prinzipiell auch einen mehr oder weniger aggressiven Umgang mit der FDP pflegen. Immerhin ist die FDP Teil der Staatsregierung, die diese Umfrage in Auftrag gegeben hatte. An diese Empfehlung hat sich die CSU offensichtlich über einen sehr langen Zeitraum gehalten. Wir verstehen heute besser, warum sich die FDP von der CSU als Gurkentruppe verhöhnen und beschimpfen lassen musste.
Interessant ist, dass die FDP als Teil der Staatsregierung satte eineinhalb Jahre lang keine Kenntnis von diesen Studien hatte. Sie hatte keine Ahnung.
Die Umfrageergebnisse wurden nicht etwa im Kabinett erörtert, wie uns der Staatsminister in seiner Antwort auf unsere Anfrage mitgeteilt hat. Sie wurden auch nicht den Ministerien zur Beratung zugeleitet. Alles das macht deutlich, dass diese Studien nicht der Planung der Regierungsarbeit dienten. Sie waren nicht dazu gedacht, das Land nach vorne zu bringen, sondern sie sollten die Partei, die CSU, voranbringen. Die Staatskanzlei war Wahlkampfzentrale der CSU. Wir sagen: Der Staatshaushalt ist nicht der Selbstbedienungsladen der CSU.
Doch diesmal geht es um weit mehr als um den Begriff "Filz". Der im Raum stehende Vorwurf ist kein geringer: Staatskasse belasten, Parteikasse entlasten. Der renommierte Staatsrechtler Hans Herbert von Arnim sagte gegenüber dem "Münchner Merkur". Ich zitiere:
Es spricht vieles dafür, dass es sich hier um einen Fall strafbarer Untreue handelt, weil Steuergelder zum Nachteil des Staates missbraucht wurden.
Das ist keine Bagatelle, das ist kein Kavaliersdelikt, meine Damen und Herren. Wir wissen auch, wer derjenige ist, der die Verantwortung dafür trägt. Er selbst hat sich in einer Vielzahl von Interviews im Sommer geoutet: Horst Seehofer. Er sagte, er trage die volle Verantwortung für diese Studie. Er persönlich war der Auftraggeber dieser Studie. Er persönlich kannte die Fragen. Er selbst hat veranlasst, dass die FDP im Vorfeld nicht eingebunden war. Er selbst war derjenige, der veranlasst hat, dass der Koalitionspartner FDP auch im Nachgang, als die Ergebnisse vorlagen, nicht über diese Studie informiert wurde. Das sagt ziemlich viel über den Zustand der schwarz-gelben Koalition in Bayern aus. Das alleine kann es aber nicht sein.
Das Land hatte keinen Nutzen. Nutznießer war nur die CSU. Horst Seehofer war der doppelte Nutznießer dieser Umfragen; denn er hat sich wertvolle Tipps zum Machterhalt geben lassen, und seine Parteikasse wurde dabei nicht belastet. Wir sagen, dass das in jedem Fall eine verdeckte Parteienfinanzierung ist, was im Übrigen strafbewehrt ist.
Der Vorteil, der der CSU entstanden ist, wurde nicht im Rechenschaftsbericht der Partei angegeben. Deshalb haben wir den Bundestagspräsidenten gebeten, die notwendigen Ermittlungen einzuleiten, und wir
haben die Sache auch dem Bayerischen Obersten Rechnungshof zur Prüfung übermittelt. Ich sage, die Fakten und die Beweislage sind geradezu erdrückend. Der konservative Münchner Strafrechtler Peter Badura sagt - ich zitiere wörtlich:
Die Frage nach den Wahlabsichten der Bürger, die sogenannte Sonntagsfrage, darf von der Regierung nicht in Auftrag gegeben werden.
Die Ermittlungen dauern mittlerweile seit einigen Wochen an. Sie werden offensichtlich sehr gewissenhaft durchgeführt, sonst hätten wir bereits eine Antwort. Deshalb ist es umso überraschender, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, dass Sie zum Wies’nBeginn diese Affäre plötzlich für beendet erklärt haben. Offensichtlich gab es dafür nur einen Grund. Sie wollten den Koalitionsfrieden wieder herstellen. Dabei haben doch Sie, Herr Hacker, gemeinsam mit dem stellvertretenden Ministerpräsidenten einen offenen Brief geschrieben. Herr Zeil hat die Medien noch im August wissen lassen, ich zitiere wörtlich:
Was hat sich an diesem Vorgang in der Zwischenzeit denn verändert, dass Sie ihn plötzlich ins Gegenteil interpretieren? Sie, Herr Hacker, haben damals sekundiert: Es sind schon Leute wegen weniger zurückgetreten. Lieber Kollege Hacker, ging es Ihnen denn wirklich nur darum, dass das Gesicht der FDP wieder gewahrt ist? Ging es Ihnen tatsächlich nur darum, dass Sie sich geärgert haben, von der CSU wieder einmal mit dem Nasenring durch die Manege geführt zu werden? - Es geht doch nach wie vor um den im Raum stehenden Missbrauch von Steuergeldern zugunsten der CSU im Wissen und im Auftrag des Ministerpräsidenten. Konnte der Vorwurf denn mittlerweile entkräftet werden? Sind Sie deshalb eingeknickt?
Herr Hacker, leider Sind Sie eingeknickt. Zwar sagt die FDP, sie sei das Korrektiv für die Staatsregierung in Bayern. Nein, Sie lassen sich permanent von der CSU korrigieren. Die liberale Handschrift ist nicht mehr erkennbar. Heute Abend haben wir den Grandseigneur der FDP, Hans-Dietrich Genscher, zu Gast. Ich bin sehr gespannt, wie Sie mit unserem Berichtsantrag umgehen werden. An einem solchen Tag sollten Sie nicht umfallen und nicht einknicken.
Das eigentliche Problem besteht darin: Wenn die FDP bei dem Antrag nicht mitmacht, wenn sie plötzlich die Aufklärung einstellt, stellt sich die Frage, inwieweit die FDP schon Teil des Filzes in Bayern ist. Mittlerweile hat der stellvertretende Ministerpräsident angekündigt, er werde, drei, vier oder fünf neue Stellen in seinem Ministerium schaffen - ein Austragsstüberl für ausgediente "Focus"-Redakteure, um sein Image aufzubessern. Bei den Lehrkräften wird der Rotstift angesetzt. Wir haben den allgemeinen Sparzwang, aber dort wird Bürokratie aufgebaut. Das ist die FDP. Sie sind längst angekommen. Sie sind Teil des Systems
Meine Damen und Herren, die Aufklärungsarbeit wird in den nächsten Wochen auch ohne die FDP fortzusetzen sein. Die Staatsregierung ist uns eine Antwort darauf schuldig, welche Inhalte die Resonanzstudien von 2001 bis 2005 hatten. Hier drängt sich geradezu der Verdacht auf, dass auch in der Ära Edmund Stoiber mit öffentlichen Geldern zugunsten der CSU Schindluder getrieben wurde.
Der Verdacht liegt nahe, dass sich die CSU über viele Jahre hinweg wertvolle Zielgruppen-Matrixen ihrer Kerngruppenwählerschaft hat erstellen lassen - bezahlt vom bayerischen Steuerzahler. Dahinter steckt offensichtlich System. Wir werden es nicht weiter zulassen, dass Sie sich den Staat zur Beute machen.
Deshalb bitte ich Sie - auch die FDP - um Zustimmung zu unserem Berichtsantrag. Ich freue mich auf die Zwischenintervention des Kollegen Markus Blume.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Schriftliche Anfragen zu stellen, ist ein wichtiges Recht der Parlamentarier. Man ermittelt so Grundlagen für die weitere parlamentarische Arbeit. Man bekommt Antworten auf seine Fragen und hat somit eine Basis, auf der man weiteragieren kann.