Protokoll der Sitzung vom 29.09.2010

etwas gemeinsam machen und wir sind der Retter der bayerischen Ärzte.

Sie haben die Bedarfsplanung angemahnt. Ich muss Ihnen vorhalten - Kollegin Sonnenholzner wird sicherlich auch noch etwas dazu sagen -, dass Sie genau diese Gelegenheit verpasst haben. Als der SPD-Antrag im Ausschuss des Bayerischen Landtags zur Verhandlung stand und eine kleinere Bedarfsplanung gefordert wurde, war man sich nicht einig. Deswegen haben wir den Antrag heute gestellt, um genau diesen Punkt noch einmal einzufordern.

Wenn man sich die Zahlen genau anschaut und mit den Kassen telefoniert, sieht es ein bisschen anders aus. Die AOK hat uns heute erzählt, dass die gesetzlichen Krankenversicherungen in Bayern 50 % mehr an Honorar für die ärztlichen Leistungen pro Mitglied als im Rest der Republik ausgeben. Ich halte die Struktur, die wir hier haben und die wir alle gemeinsam begrüßen, dass nämlich sehr viel ambulant erfolgt, auch sonst stationäre Behandlungen, aber von ambulant niedergelassenen Ärzten, für nicht ausgewogen. Ferner muss man zugegebenermaßen sagen: Die Belege werden ausbudgetiert und sind nicht in diesem Topf enthalten. Dann ist es auch ein Gebot der Ehrlichkeit, festzustellen - Kollegin Dittmar hat es bereits angesprochen -, im GKV-Finanzierungsgesetz ist von keiner geplanten Schlechterstellung die Rede. Wenn wir Ihrem Wunsch im Hinblick auf die Erhöhung der Honorare für die niedergelassene Ärzteschaft folgen, so würden es sicherlich wieder die Versicherten bezahlen müssen, und zwar über Zusatzbeiträge. Das ist der Punkt, auf den es hinauslaufen wird. Die AOK tut momentan alles, um diese Zusatzbeiträge nicht erhöhen zu müssen, um ihre Versicherten bei der Stange zu halten. Von daher sind Sie genau wieder zu dem Ansatz gelangt: am Besten dahin abladen, wo der Aufschrei am wenigsten zu erwarten ist. Der Versicherte wird schon zahlen.

Ferner müssen Sie sich auch einmal fragen lassen, ob man dem Ziel - das will ich betonen, sonst wird mir gleich wieder alles Mögliche unterstellt - einer wohnortnahen Versorgung gerecht wird, bei der auch weiterhin die Stärken des ambulanten Sektors genutzt werden. Das müssen Sie sich auch einmal fragen lassen. Sie singen das Hohelied auf die große Ambulanz und auf das, was wir im stationären Bereich leisten, indem wir ambulant operieren lassen.

Dann möchte ich Sie zu den Medizinischen Versorgungszentren - MVZ - etwas fragen, die Sie vollmundig im Koalitionsvertrag erwähnt haben; denn vieles, was Sie heute auf der ersten Geige spielen, wird zum Teil genau in diesen Versorgungszentren gemacht, die Sie ansonsten bei jeder Gelegenheit verteufeln,

wobei man immer wieder das Gefühl hat, da wird der Patient gerade zum Aushalten hergenommen.

Ich will es Ihnen noch einmal sagen: Wir stehen auch dafür, dass weiterhin eine ambulante und eine wohnortnahe Versorgung auf einem hohen Niveau stattfindet. Wir denken, es müsste mehr verzahnt werden. Aber wir brauchen kein Herumbasteln an einem Punkt, sondern insgesamt eine Reform, die dem gerecht wird. Wir sehen sie in Berlin momentan nicht. Bei der Abstimmung zum Antrag vom Kollegen Vetter, der nett ist, weil er so einen Ceterum-Censeo-Charakter hat, über die neue schöne Strukturreform werden wir uns aber enthalten. Besten Dank. - Herr Kollege Bertermann möchte sich jetzt dazu äußern.

Genau so ist es. Die gesundheitspolitische Debatte geht weiter, Herr Bertermann.

Ich habe eine bescheidene Frage zu dem Antrag. Darin geht es um eine Analyse der doppelten Facharztschiene und die Bündelung. Das habe ich nicht so ganz verstanden. Wollen Sie die Fachärzte in der Fläche als freie Berufe abschaffen, oder wollen Sie nur analysieren, wie viele es gibt? Was bedeutet Analyse und Bündelung?

Bitte sehr, Frau Schopper.

Das ist nichts Neues. Wir möchten, dass dort wirklich Gutes geleistet wird, dass dort vieles von dem, was den stationären Bereich anbelangt, im ambulanten Bereich gemacht werden kann. Von daher sind wir nicht für eine Abschaffung der Facharztschiene. Wir müssen aber trotzdem prüfen, wo wir sie besser miteinander verzahnen können. Das ist aber nichts, was ein neuer oder ungewöhnlicher Weg wäre.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön, Frau Kollegin Schopper. - Frau Sonnenholzner, endlich sind Sie dran.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Zu Beginn darf ich eine Klarstellung vornehmen. Frau Kollegin Stewens, Sie haben gesagt, ich würde den Antrag komisch finden. Das ist definitiv nicht der Fall. Komisch fand ich Ihre Herangehensweise, weil Sie gesagt haben, der Antrag der Freien Wähler wäre leichter als der Ihre. Das fand ich komisch.

Der Antrag als solcher ist in meinen Augen tief traurig und der Beitrag des Kollegen Bertermann hat diesen Eindruck noch verstärkt, weil er nicht einmal zum Antrag gesprochen hat, sondern nur die alten FDP-Parolen von Zentralismus und Ähnlichem aus der Schublade gepackt hat. Das wird dem schwierigen Thema Sicherung und nachhaltige Entwicklung der ärztlichen Versorgung in Bayern definitiv nicht gerecht.

(Beifall bei der SPD)

Ebenso wie Kollege Vetter wollen auch wir dieses.

In Ihrem Antrag stehen zwei Forderungen, die alles andere als konkret sind. Zum einen geht es um die Bedarfsplanung. Sie fordern eine haus- und fachärztliche Bedarfsplanung, die eine patientengerechte Versorgung ermöglicht. Na bravo, wer wollte das nicht? Die Frage ist doch vielmehr, wie wir die erreichen. Ich verweise auf unseren konkreten Antrag aus dem letzten Jahr, den Sie abgelehnt haben, der aber genau die zwei Problembereiche aufgreift, nämlich die Organisation der Planungsbezirke und die Differenzierung der Fachgruppenspezifizierung. Das sind die zwei Punkte. Wenn Sie dem nicht zustimmen, können wir Ihr Bestreben insgesamt nicht als ernsthafte Bereitschaft erkennen, in Bezug auf dieses Thema etwas zu tun. Vielmehr drängt sich der Eindruck auf, dass Sie mit diesem Antrag Ihrem Ministerpräsidenten und dem zuständigen Minister ein bisschen aus der derzeitigen Bredouille helfen wollen, dass sie mit riesigen Ankündigungen gegen dieses Gesetz gestartet sind, aber, wie wir jetzt wissen, damit in Berlin nichts, aber auch gar nichts erreicht haben.

(Beifall bei der SPD)

Ihre zweite Forderung, die Qualität der ärztlichen Versorgung in Bayern gesondert zu honorieren, findet ganz explizit unsere Zustimmung. Auch wir meinen, dass Unterschiede nur über die Qualität gemacht werden können und nicht über dieses Gießkannenprinzip in der Fläche. Ich weise darauf hin, dass es unterschiedliche Bezahlungen auch in anderen Bereichen nicht gibt. Das gibt es weder bei den Rechtsanwälten, noch in der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure - HOAI - und auch nicht bei den Apothekern. Sie werden mit mehr Geld in Bayern auch nicht dem Problem gerecht, dass es auch innerhalb Bayerns bezüglich der Ausgaben für Praxen und der Bedarfe Unterschiede gibt und sie dann auch unterschiedliche Honorarsysteme innerhalb eines Bundeslandes bräuchten. Deshalb noch einmal: Wir sind dafür, dass die Qualität honoriert wird. Nachdem wir in Bayern sehr viele Felder haben, in denen wir auf höherem Niveau als in anderen Bundesländern ärztlich arbeiten, wird das genau so passieren.

In Ihrem Antrag werden die eigentlichen Probleme des Finanzierungsgesetzes nicht erwähnt. Das bezieht sich auf die de facto erfolgende Abschaffung der Hausarztverträge. In § 73 b ist zwar keine Änderung enthalten; da die Hausarztverträge aber nicht verpflichtend sind, werden nach 2011 Krankenkassen wie die AOK sie sich de facto nicht mehr leisten können. Das wird negative Auswirkungen auf die Versorgung auf dem Lande haben. Sie sagen auch nichts zu dem nunmehr festgeschriebenen Finanzierungssystem, trotz aller Rufe wie: Die Kopfpauschale, mit mir nicht, Herr Dr. Söder; man könnte viele Zitate mit Datenquelle heraussuchen. Ich erinnere auch an die einschlägigen Bekundungen des Ministerpräsidenten.

Mit diesem Gesetz wird die Kopfpauschale durch die Hintertür über die ungedeckelten Zusatzbeiträge eingeführt. Dass die FDP das will, das wissen wir. Sie tun das angeblich wider Ihre innere Überzeugung, den Widerstand haben Sie aber offensichtlich aufgegeben. Sie belasten durch dieses Gesetz hinsichtlich der Finanzierung überproportional die Bezieher kleiner Einkommen. Menschen mit 1.500 Euro brutto zahlen in Zukunft 10,53 % ihres Einkommens für die Krankenversicherung, und zwar ohne Zusatzbeiträge. Menschen mit einem Einkommen von 5.000 Euro zahlen nur 6,5 % ihres Einkommens. Das ist soziale Gerechtigkeit à la CSU. Kein Wort davon steht in Ihrem Antrag. Das wäre tatsächlich sehr aktuell hinsichtlich Ihrer sündhaft teuren Geschenke an die Pharmaindustrie.

Gestern hat der Vorsitzende des gemeinsamen Bundesausschusses die neue Regelung, dass der Nutzen eines Medikaments schon durch Zulassung bewiesen ist, kritisiert, und zwar zu Recht kritisiert, weil uns das Hunderte von Millionen kosten wird, die Sie, Herr Kollege Bertermann, an die Pharmaindustrie ausreichen.

Kein Wort auch zu dem großen Engpass im stationären Bereich hinsichtlich der Ärzte. Auch darüber war gestern und heute in der Presse zu lesen. Demnach sind wir zwar in Bayern und Baden-Württemberg nicht so betroffen, aber die negative Entwicklung wird sich fortsetzen. Kein Wort zu den Maßnahmen in Bayern und kein Wort zu Zulassungsanreizen und entsprechenden Unterstützungen und kein Wort zur allgemeinen Infrastruktur und der Entwicklung im ländlichen Raum. All das wäre Ihre Aufgabe gewesen. Dieser Antrag ist ein Armutszeugnis. Nur weil wir bei der Honorierung der Qualität an Ihrer Seite sind, werden wir ihn nicht ablehnen, sondern uns enthalten. Wir werden in Zukunft gerne ernstgemeinte Initiativen Ihrerseits mit Zustimmung begleiten, an dieser Stelle geht das nicht.

Mit dem Antrag der Freien Wähler bin ich auch schnell fertig, da der Antrag noch nicht einmal deren Finanzierungssystem beinhaltet. Der Antrag ist eine Blankovollmacht für Strukturreformen im Gesundheitssystem. Eine solche geben wir nicht, insofern lehnen wir das ab. Ich schätze Sie sehr, Herr Kollege Vetter, aber Blankovollmachten bekommt von mir noch nicht einmal mein Ehemann.

Zum Antrag der GRÜNEN - Frau Kollegin Stewens hat es schon gesagt -: Einer der Knackpunkte ist die Pauschale mit Einbeziehung der nichtärztlichen Heilberufe in die Bedarfsplanung. Ich denke, darüber müsste man vorab diskutieren und sich überlegen, wie das ausschauen könnte. Deswegen an dieser Stelle: Enthaltung.

Einen Moment bitte, Frau Kollegin. Es gibt eine Zwischenintervention von Herrn Kollegen Bertermann.

Liebe Frau Kollegin Sonnenholzner, vielen Dank für Ihre Tour d’Horizon über die Gesundheitspolitik an sich, wie sie von sozialdemokratischer Seite gesehen werden kann und gesehen wird. Wir müssen zu den Fakten zurückkommen. Fakt ist, dass Bayern in der Gesamtvergütung zulasten jedes bayerischen Arztes benachteiligt ist. In Bayern haben wir ein Minus 1,68 % an Honorarumsatz pro Arzt. In Mecklenburg-Vorpommern oder Brandenburg haben sie 9 % oder sogar 15 % oder 20 %. Das sind Zunahmen. Da stimmt doch etwas im System nicht. Meine Frage ist: Woran liegt es denn, dass so unterschiedliche Mittel in die Länder fließen? Liegt es vielleicht am Gesundheitsfonds oder an Ulla Schmidt?

Frau Kollegin Sonnenholzner, bitte.

Zu meinem eigenen Erstaunen, Herr Kollege Bertermann, bin ich Ihnen richtig dankbar für diese Zwischenfrage, weil ich hinsichtlich der ärztlichen Honorierung vergessen habe zu erwähnen, dass es zwar stimmt, dass die Honorarzuwächse in Bayern geringer waren als in anderen Bundesländern, aber dass es ebenso stimmt, dass das Honorarniveau im bundesweiten Vergleich in Bayern immer noch spitze ist. Auch das gehört zu einer ehrlichen Diskussion. Sie muten uns einen Antrag zu, in dem Sie Änderungen an dem GKV-Finanzierungsgesetz auf dem Wege der Bemühungen der Staatsregierung an uns herantragen. Hinsichtlich der von mir erwähnten Punkte bestünde wirklich Handlungsbedarf, auf diesen Feldern brennt die Hütte. Deswegen habe ich das, was Sie Tour d’Horizon ge

nannt haben, an dieser Stelle vorgenommen, und dazu stehe ich auch.

Der Gesundheitsfonds ist mit Sicherheit schuld daran. Wenn Sie sich die Protokolle der Sitzungen des Bayerischen Landtags durchlesen, dann wissen Sie, dass die SPD-Landtagsfraktion mit aller Kraft versucht hat, das zu verhindern. Frau Stewens wiederum hat ihn unterschrieben.

(Beifall bei der SPD)

Bislang letzter Redner: Herr Staatsminister Söder.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich halte die heutige Debatte für wichtig und ich meine, dass die eingebrachten Anträge, gerade die von der Regierungsmehrheit, deshalb entscheidend sind, weil sich hinsichtlich der asymmetrischen Verteilung genau die Fragen entscheiden werden, die Sie andeuten und die Frau Kollegin Schopper angesprochen hat. Gesundheit wird teurer werden - das wissen Sie -, das ist aber auch nichts sensationell Neues. Die Menschen werden älter, und es gibt technischen und medizinischen Fortschritt. Die Frage ist, wie das in der Zukunft finanziert werden kann. Der Bund hat einen Vorschlag auf Regierungsebene eingebracht, zu dem es noch Diskussionsbedarf im Parlament und Bundesrat gibt. Ich sage hier offen, dass ich gegenüber manchen Ansätzen skeptisch bin. So bin ich zum Beispiel auch nicht hundertprozentig überzeugt, lieber Kollege Bertermann, ob dem gemeinsamen Wunsch nach Entbürokratisierung, dem auch im Bundeswirtschaftsministerium ein großer Stellenwert eingeräumt wird, das Modell mit unterschiedlichen Konstellationen im Sozialausgleich wirklich so hundertprozentig entspricht. Wir werden das sehen.

Ich bin auch noch nicht sicher, ob es auf Dauer reichen wird, die Entkoppelung des Beitrags von Arbeitgeber und Arbeitnehmer als grundlegendes Solidarprinzip in der Form stehen zu lassen. Über eines bin ich mir jedoch klar: Die Zusatzbeiträge hat Ulla Schmidt eingeführt, keiner käme aber auf die Idee, sie als Mutter der Kopfpauschale zu bezeichnen. Deswegen kann man die Zusatzbeiträge auch nicht als Kopfpauschale definieren.

Unsere gemeinsame Sorge ist folgende: Wir haben bereits jetzt eine Art Länderfinanzausgleich in der Gesundheit. Im letzten Jahr wurden 1,7 Milliarden Euro umverteilt, das heißt, die bayerischen Patienten zahlen Beiträge, bekommen aber nicht das volle Äquivalent dafür, weil ein Teil des Geldes quasi in andere Bundesländer umverteilt wird. Unsere tiefe Sorge,

Frau Sonnenholzner, ist, dass das gemeinsam erbrachte Solidaropfer noch einmal um einiges erhöht wird und sich damit die Situation in Bayern verschlechtert. Die Patienten zahlen noch einmal höhere Beiträge, um Defizite zu decken und möchten dafür äquivalente Leistungen haben.

Die asymmetrische Verteilung, Frau Kollegin Dittmar, ist problematisch. Es stimmt, dass die Ärzte in Bayern im letzten Jahr etwas bekommen haben, und zwar im Schnitt um ungefähr 3 % mehr. Die anderen haben aber 11, 12, 13 oder 14 % mehr bekommen. Das hat nicht nur etwas damit zu tun, dass der Stand sehr hoch ist. Die Ärzte in Bayern leisten für die Patienten auch etwas. Die Patienten in Bayern zahlen mehr und bekommen auch etwas dafür. Wussten Sie, dass die durchschnittliche Behandlungszeit in Bayern um 25 % länger ist, weil sich die Ärzte in Bayern mehr Zeit für ihre Patienten nehmen? Sie bevorzugen nicht die anonyme Medizin, sondern eine menschliche und patientenorientierte. Wussten Sie, dass in Bayern manches teurer ist, weil wir ambulant mehr Leistungen anbieten, die aber an sich betrachtet günstiger sind, als wenn sie stationär erbracht würden? Unsere Fachärzte in Bayern bieten zum Beispiel bei Leistenbrüchen eine ambulante Behandlung an, eine stationäre Versorgung wäre um 110 % teurer.

All das wirft die Frage auf: Wollen wir das erhalten? Ich bin sehr für eine kleinere Bedarfsplanung. Diese kann aber nur dann funktionieren, wenn Geld vorhanden ist, um Ärzte in Bayern zu halten. Frau Dittmar, das Problem der asymmetrischen Verteilung besteht nicht in der Einmalzahlung. Es gibt zwei grundlegende Probleme.

Erstens soll die Honorarverteilung künftig nicht mehr linear, also nach der Zahl der Versicherten verlaufen, was eigentlich selbstverständlich wäre. Nach unserer Auffassung sollte die Honorarverteilung danach erfolgen, wie viele Versicherte wir haben. Das soll jetzt im Bund geändert werden. Die Entscheidung darüber trifft nicht ein Gremium, welches sich an den Patienten orientiert, sondern ein gemeinsames Bundesgremium, in dem es Ländermehrheiten gibt, die am Ende gegen die süddeutschen Länder entscheiden werden.

Das zweite Problem macht mir am meisten Sorge. Die Paragraphen, die man genau lesen muss, bedeuten, dass es bei der Honorarverteilung künftig nicht mehr auf den gewachsenen Versorgungsbestand ankommt, also auf das, was wir jetzt haben, sondern auf den durchschnittlichen nationalen Behandlungsbedarf. Der durchschnittliche nationale Behandlungsbedarf orientiert sich überall an der Anzahl der Ärzte. In den neuen Bundesländern haben wir traditionell Polikliniken und medizinische Versorgungszentren, die die

Fachärzte ersetzen. Darum ist es eine große Gefahr, Frau Schopper, wenn Sie über die doppelte Facharztschiene so diskutieren, wie Sie es vielleicht gar nicht meinen, weil auf Bundesebene immer wieder gesagt wird: Streicht doch einfach die Ärzte. Hier nützt auch die Kleinräumigkeit nichts mehr, wenn ich keine Ärzte mehr habe. Das ist die Hauptgefahr, die bei der asymmetrischen Verteilung besteht. An dieser Stelle müssen wir gemeinsam etwas ändern, weil sonst alle Folgemaßnahmen, die wir noch treffen wollen, nicht mehr möglich sind.

Zu den Hausärzten. Ich bin der festen Überzeugung, dass die Hausärzte für die Versorgung im ländlichen Raum und auch für die Antwort auf die demografische Entwicklung in der Medizin eine zentrale Rolle spielen. Ich sehe es als notwendig an, dass der Bestandsschutz, der bis 2012 gilt, darüber hinaus verlängert wird. Das substanzielle Recht der Hausarztverträge muss erhalten bleiben. Dies hat Ministerpräsident Seehofer ausdrücklich versprochen. Er hat uns dazu sein Wort gegeben, und daran werden wir uns auch halten.

(Kathrin Sonnenholzner (SPD): Das macht uns ganz zuversichtlich!)

Ein Letztes noch. Bei dem Antrag der Freien Wähler bin ich ein wenig skeptisch. Heilsversprechen in der Gesundheitspolitik, dass wir mit einem Antrag oder einem Konzept alle Probleme lösen könnten, halte ich für nicht substanziell. Das Thema wird uns in den nächsten Jahren immer wieder beschäftigen. Das ist in der Medizin so. Im Moment nehmen wir immer nur Reparaturen am System vor oder versuchen, es anders zu steuern. Ich glaube nicht, dass es möglich sein wird, eine tolle Idee zu haben, die alles komplett ändert und die Welt neu erfindet. Weder die, die glauben, mit reiner Marktwirtschaft alles zu schaffen, noch die, die glauben, mit einem sozialistisch-kubanischen Modell Gesundheitspolitik machen zu können, werden etwas ändern. Letztlich kommt es darauf an, dass wir die soziale Daseinsvorsorge - das ist für mich Gesundheitspolitik - für ein Land wie Bayern erhalten.

Ich plädiere aber auch für nationale Gerechtigkeit. Mir wird immer wieder vorgeworfen, dass wir miteinander streiten. Ich streite nicht mit jemandem, sondern ich trete für etwas ein, nämlich wie alle hier im Haus für Bayern. Unsere bayerischen Bürger haben auch das Recht, für das, was sie leisten, eine angemessene Versorgung zu bekommen. Ich finde es richtig, dass Bayern solidarisch ist. Es gibt aber auch Grenzen. FDP und CSU sind sich auch gegenüber dem Bund darin einig - das ist in der Gesundheitspolitik ein wichtiges Signal von Bayern nach Berlin -, dass die Gesundheitsreform nicht dazu führen darf, dass die ba

yerischen Patienten am Ende mehr bezahlen und weniger dafür bekommen. Dies eint uns. Deswegen halte ich die Anträge der Regierungsmehrheit für ein richtungsweisendes Signal gegenüber Berlin.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Es liegen keine Wortmeldungen mehr vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Wir befinden über drei Anträge.

Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 16/5779 - das ist der Antrag der CSU- und der FDPFraktion - seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrag mit den Stimmen von CSU und FDP gegen die Stimmen der GRÜNEN bei Enthaltung vonseiten der SPD, der Freien Wähler und Frau Pauli angenommen.