Protokoll der Sitzung vom 29.09.2010

Die Kürzungen - ich sage das bewusst als ein Vertreter Oberfrankens, einer Region im ländlichen Raum treffen unsere fränkischen Kommunen, das heißt die Kommunen im ländlichen Raum ins Mark. Wir werden mit diesen Kürzungen enorme Probleme bekommen. Sowohl die Regierungen vor Ort als auch die Ämter für Ländliche Entwicklung verstehen dieses Vorgehen in gar keiner Weise. Erst stockt man die Mittel enorm auf, dann werden die Ämter für Ländliche Entwicklung ausgebaut. Danach weisen die Städte und Kommunen Sanierungsgebiete aus. Jetzt stehen keine Mittel mehr zur Verfügung, um die entsprechenden Sanierungsziele umsetzen zu können. Wenn Sie mit Vertretern der Ämter sprechen, dann fordern diese Kontinuität und nicht ein Hinaus und Hinein. Was ist in diesem Punkt noch zu machen?

Lassen Sie mich ein Beispiel aus Oberfranken bringen: Wenn wir hinsichtlich der Städtebaufördermittel des Bundes von ursprünglich 51 Millionen auf 8 Millionen herabfallen, dann hat das für Oberfranken dramatische Auswirkungen: Wir haben in Oberfranken bisher 10 Millionen Euro vom Bund erhalten, zusätzlich 8 Millionen von der EU und 8 Millionen aus Bayern, also insgesamt 26 Millionen. Jeder investierte Euro hat weitere 7 bis 8 Euro an Investitionen ausgelöst. Wenn Herr Rohde davon spricht, das sei für ihn nicht verständlich, so muss ich sagen: Ein besseres Wirtschaftprogramm gab es doch überhaupt nicht. Jeder Euro, den wir für die Städtebauförderung ausgegeben

haben, hat sich allein aus Steuereinnahmen refinanziert. Insofern verstehe ich die Problematik nicht.

Herr Kollege, entschuldigen Sie bitte. Darf ich um etwas mehr Aufmerksamkeit für dieses Thema bitten. Das wäre sehr nett. Danke schön.

Es war ein ideales Wirtschaftsprogramm, denn diese Mittel haben sich durch Mehrinvestitionen rentiert. Es ist für die Kommunen und für den ländlichen Raum auch deshalb wichtig, weil diese Aufträge bei den lokalen Unternehmern geblieben sind und damit eine Stärkung der Region bewirkt haben. Wenn wir heute lesen, dass in Oberfranken aufgrund des demografischen Wandels davon gesprochen wird, dass vielleicht ein Stimmkreis wegfällt, dann muss ich sagen: Wir fördern das auch noch, indem wir die Mittel, zum Beispiel die Städtebaufördermittel, nicht zurück in den ländlichen Raum geben. Wir müssen als Abgeordnete dafür sorgen, diesem demografischen Wandel entgegenzutreten, und unseren ländlichen Raum stärken. Deshalb die Bitte: Stimmen Sie unseren Anträgen zu.

Jetzt gebe ich für eine Zwischenintervention Herrn Kollegen Rohde das Wort.

Es sollte eine Zwischenfrage werden, aber Intervention ist auch in Ordnung.

Entschuldigung, Herr Kollege, ich habe nicht verstanden, was ich nicht verstanden haben sollte. Wenn Sie vielleicht darauf noch eine Minute verwenden. Wir sind uns völlig einig, dass jeder in die Städtebauförderung investierte Euro zurückkommt und Steuereinnahmen generiert werden. Das ist unbestritten. Ich konnte Ihnen aber nicht folgen, wo ich Ihnen nicht gefolgt sein sollte. Wir haben doch bei diesem Thema große Einigkeit.

Aus unserer Sicht dürfen wir nicht heraus. Sie haben gesagt, wir wüssten nicht, wie es ausgehen werde. Ich verstehe das nicht, da Sie an der Regierung sind und damit entscheiden. Wieso reden Sie um den heißen Brei herum, da Sie es doch einfach entscheiden können?

(Beifall bei den Freien Wählern)

Ich bitte zuletzt Herrn Staatsminister Herrmann an das Redepult.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn ich es richtig verstanden habe, ist sich das Hohe Haus völlig einig darin, dass die Städtebauför

derung für unser Land von eminenter Bedeutung ist und dass wir gemeinsam alles dafür tun wollen, das auf einem höchstmöglichen Niveau zu erhalten. Deshalb habe ich von Anfang an keinerlei Zweifel daran gelassen, dass die Überlegungen hinsichtlich der Kürzungen vonseiten des Bundes aus unserer Sicht klar abzulehnen sind. Der Bundesverkehrs- und der Bundesbauminister haben erstmals am 9. Juni den zuständigen Ausschuss des Bundestages darüber informiert, dass beabsichtigt ist, den Bundesanteil zu halbieren, und zwar de facto von einem Niveau von rund 600 Millionen Euro in diesem Jahr auf rund 300 Millionen Euro im nächsten Jahr. Wir haben in diesem Jahr rund 50 Millionen Euro an Städtebaufördermitteln in Bayern kreieren können.

Ich habe mich daraufhin sofort am 16. Juni an Bundesminister Ramsauer gewandt und darauf hingewiesen, dass das für Bayern von fataler Bedeutung wäre. Unser Ministerpräsident hat sich am 26. Juli an den zuständigen Bundesminister gewandt. Das Thema ist in der Bauministerkonferenz durch Herrn Staatssekretär Eck zur Sprache gebracht worden. In der Bauministerkonferenz ist erfreulicherweise einstimmig von allen 16 Bundesländern eine entsprechende Resolution beschlossen worden. Der Text dieser Resolution war Grundlage für den Antrag des Landes Berlin in der Bundesratssitzung am vergangenen Freitag, der auch vom Freistaat Bayern unterstützt worden ist. Wir haben in dieser Frage eine breite Übereinstimmung, auch auf Länderebene, und zwar egal, von welcher Partei ein Land regiert wird.

Ich sage an dieser Stelle: Das Thema Städtebauförderung ist von größter Bedeutung für die Stärkung der Infrastruktur in unseren Kommunen. Es ist neben dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz das wichtigste Programm überhaupt, das wir zur unmittelbaren Stärkung der Infrastruktur der Kommunen haben. Entgegen dem, was vielleicht der eine oder andere Laie mit dem Begriff Städtebauförderung spontan verbindet, fließen über 70 % der Mittel der Städtebauförderung in den ländlichen Raum. Das heißt, es ist gerade für die infrastrukturschwächeren Räume in unserem Land von ganz großer Bedeutung, dass wir Kommunen mit Mitteln der Städtebauförderung entsprechend unterstützen können.

Es ist darüber hinaus aus unserer Sicht falsch, in diesem Bereich zu sparen, weil es zahlreiche Untersuchungen in ganz Deutschland gibt, die zu dem Ergebnis gekommen sind, dass die Mittel der Städtebauförderung ein Vielfaches an Investitionen auslösen. Letztlich erfolgen Investitionen in höherem Maße, als unmittelbar an Mitteln von Land und Bund gezahlt wird. Es gibt unterschiedliche Auffassungen darüber, ob es das Sechs-, Sieben- oder Achtfache

ist. Dass aber in Relation zu dem, was an öffentlichen Mitteln eingesetzt wird, ein Vielfaches an Investitionen ausgelöst wird, ist in der Fachwelt völlig unstrittig. Deshalb ist es besonders ungut - daraus mache ich keinen Hehl -, wenn man bei diesen Projekten kürzt.

Wir sind uns darüber einig, dass wir alles tun werden, um die Kürzungen zu verhindern. Die Haushaltsberatungen im Bundestag stehen jetzt an. Wir müssen alle zusammenwirken und gegenüber den Kolleginnen und Kollegen im Bundestag - ich habe mich unmittelbar an sie gewandt - täglich deutlich machen, wie wichtig es ist, dass die Mittel im Bundeshaushalt aufgestockt werden. Selbstverständlich werden wir im nächsten Jahr auch für die notwendige Kofinanzierung sorgen. Ich halte es aber nicht für möglich, aus Landesmitteln einen Ausgleich zu schaffen, wenn der Bund seine Mittel halbiert. So gut geht es uns haushaltsmäßig auch nicht. Umso wichtiger ist unser gemeinsamer Kampf dafür, dass wir bei den Beratungen des Bundeshaushalts im Bundestag Verbesserungen für diese Projekte durchsetzen. Unsere Kommunen und unsere infrastrukturell schwächeren Regionen in Bayern brauchen diese Mittel dringend. Ich freue mich, wenn wir uns darüber weitgehend einig sind.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Zu einer Zwischenintervention hat sich Herr Kollege Hanisch gemeldet.

Herr Minister, nachdem sich beide Seiten dieses Hauses darüber einig sind, dass wir die Kürzung der Mittel ablehnen, frage ich Sie: Wären Sie bereit, unserem Antrag zuzustimmen, wenn wir die Ziffer 2 wegfallen lassen?

(Zurufe von der CSU: Ja!)

Ich höre ein vielfaches Ja, dem ich mich gerne anschließe. Meine Meinung dazu ist bekannt. Wenn wir uns darauf verständigen könnten, dass wir die erste Ziffer Ihres Antrags als klares Votum dieses Hauses beschließen, wäre es ein sehr positives Signal, über das ich mich für die weiteren Auseinandersetzungen in Berlin nur freuen würde.

(Wortmeldung des Abgeordneten Joachim Ha- nisch (FW))

Nein, mehr geht nicht.

Er wollte nur sagen, dass er die Ziffer 2 seines Antrags zurückzieht.

Das wissen wir schon, Herr Staatsminister.

(Joachim Hanisch (FW): Dann werden wir die Ziffer 2 unseres Antrags streichen!)

Wir sind hier oben bestens informiert.

Ich bitte jetzt um Aufmerksamkeit, weil wir vom ursprünglich vorgesehenen Abstimmungsmodus etwas abweichen werden. Wir werden zuerst den Dringlichkeitsantrag der Freien Wähler auf Drucksache 16/5781 zur Abstimmung stellen, wobei die Nummer 2 gestrichen worden ist. Es bleibt lediglich die Nummer 1 zur Abstimmung bestehen. Als Zweites werden wir über den Antrag des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 16/5794 abstimmen lassen. Danach werden wir über den Antrag der SPD-Fraktion auf Drucksache 16/5793 abstimmen lassen, für den namentliche Abstimmung beantragt worden ist.

Nachdem keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, komme ich zur Abstimmung. Wer der übrig geblieben Nummer 1 des Dringlichkeitsantrags der Freien Wähler auf Drucksache 16/5781 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. - Das sind die Fraktionen der CSU, der FDP, der Freien Wähler, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und Frau Dr. Pauli. Gibt es Gegenstimmen? - Ich sehe keine. Enthaltungen? - Ebenfalls keine. Damit ist die Nummer 1 des Antrags angenommen worden.

Wir kommen zum Dringlichkeitsantrag des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN "Keine Kürzung der Städtebauförderung" auf Drucksache 16/5794. Wer hier seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Fraktionen der Freien Wähler, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und Frau Dr. Pauli. Gibt es Gegenstimmen? - Die Fraktionen der CSU und der FDP. Gibt es Enthaltungen? - Ich sehe keine. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Wir kommen jetzt zur namentlichen Abstimmung über den Antrag der SPD-Fraktion auf Drucksache 16/5793. Sie finden die Urnen wie immer an den vorgesehen Stellen. Die Abstimmungszeit beträgt wie üblich fünf Minuten. Es kann mit der Abstimmung begonnen werden.

(Namentliche Abstimmung von 17.05 bis 17.10 Uhr)

Meine Damen und Herren, die Abstimmungszeit ist vorbei. Ich schließe die Abstimmung. Die Karten werden nebenan ausgezählt.

Ich bitte Sie, Platz zu nehmen, damit wir in der Sitzung fortfahren können. Ich bitte Sie, die Plätze einzunehmen.

Ich rufe zur gemeinsamen Behandlung auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Margarete Bause, Thomas Mütze, Ulrike Gote u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Wort halten Frau Staatsministerin Haderthauer! Refinanzierungszusage für die Berufsfachschulen für Altenpflege und Altenpflegehilfe einhalten (Drs. 16/5782)

und

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Georg Schmid, Karl Freller, Georg Eisenreich u. a. und Fraktion (CSU), Brigitte Meyer, Dr. Annette Bulfon, Jörg Rohde u. a. und Fraktion (FDP) Finanzierung der Berufsfachschulen für Altenpflege und Altenpflegehilfe (Drs. 16/5795)

und

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Tanja Schweiger, Dr. Hans Jürgen Fahn u. a. und Fraktion (FW) Schulgeldausgleich der Berufsfachschulen für Altenpflege und Altenpflegehilfe (Drs. 16/5796)

Für den Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 16/5782 ist bereits namentliche Abstimmung beantragt worden.

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Erste Rednerin ist Frau Kollegin Ackermann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lassen sie mich meinen Redebeitrag mit einigen Zitaten beginnen. Ich zitiere aus einer Pressemitteilung von Staatsministerin Haderthauer zu dem Thema: "Die Altenpflegeschulen werden auch in Zukunft zu 100 % refinanziert". Sie schreibt:

Die Altenpflegeschulen werden auch in Zukunft zu 100 % refinanziert. Daran ändern auch wiederholte Falschmeldungen nichts.

Ich nehme an, mit der "wiederholten Falschmeldung" meinen Sie den Brief des Kultusministeriums, wonach

die Förderung zurückgefahren werden solle. Laut Protokoll zur Ministerbefragung sagten Sie:

Das heißt, wenn sich die Zahlen so entwickeln, dass eine 100-prozentige Abdeckung nicht mehr gegeben ist, werden wir prüfen, mit welchen Maßnahmen wir die weitere 100-prozentige Refinanzierung sicherstellen können.

Sie fügten hinzu:

Das sage ich für die gesamte Staatsregierung.