Protokoll der Sitzung vom 27.10.2010

Gesetzentwurf der Abgeordneten Margarete Bause, Sepp Daxenberger, Ulrike Gote u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Reform der parlamentarischen Kontrolle der Maßnahmen nach Art. 13 Abs. 3 bis 5 des Grundgesetzes sowie der Tätigkeit des Landesamts für Verfassungsschutz (Drs. 16/2323)

- Zweite Lesung

und

Gesetzentwurf der Abgeordneten Georg Schmid, Dr. Manfred Weiß, Thomas Kreuzer u. a. und Fraktion (CSU), Markus Rinderspacher, Stefan Schuster, Harald Güller u. a. und Fraktion (SPD), Hubert Aiwanger, Tanja Schweiger, Mannfred Pointner u. a. und Fraktion (FW), Thomas Hacker, Dr. Andreas Fischer, Tobias Thalhammer u. a. und Fraktion (FDP) zur parlamentarischen Kontrolle der Staatsregierung hinsichtlich der Tätigkeit des Landesamts für Verfassungsschutz sowie hinsichtlich der Maßnahmen nach Art. 13 Abs. 3 bis 5 des Grundgesetzes (Parlamentarisches Kontrollgremium-Gesetz - PKGG) (Drs. 16/4971) - Zweite Lesung

Ich habe Ihnen vorhin gesagt, dass wir auf eine gemeinsame Aussprache verzichten. Da es sich um eine Zweite Lesung handelt, kann ich gleich zur Abstimmung schreiten. Dazu trenne ich die beiden Tagesordnungspunkte.

Ich lasse zunächst über den Tagesordnungspunkt 5 abstimmen. Der Abstimmung liegt der Initiativgesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 16/2323 zugrunde. Der federführende Ausschuss für Kommunale Fragen und Innere Sicherheit empfiehlt auf Drucksache 16/6071 die Ablehnung des Gesetzentwurfs. Wer dagegen diesem Gesetzentwurf der GRÜNEN zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das ist die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Ich bitte, Gegenstimmen anzuzeigen. - Das sind die Fraktionen der CSU, der SPD, der Freien Wähler und der FDP. Stimmenthaltungen? - Keine. Der Gesetzentwurf ist damit abgelehnt.

Nun lasse ich über den Tagesordnungspunkt 6 abstimmen. Dieser Abstimmung liegen der Initiativgesetzentwurf auf Drucksache 16/4971 und die Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses für Kommunale Fragen und Innere Sicherheit auf Drucksache 16/6088 zugrunde. Der federführende Ausschuss empfiehlt Zustimmung mit der Maßgabe von Änderungen in Artikel 11. Der Ausschuss für Verfassung, Recht, Parlamentsfragen und Verbraucherschutz stimmt bei seiner Endberatung der Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses zu, allerdings mit der Maßgabe von weiteren Änderungen und Ergänzungen. Ich verweise insoweit auf die Drucksache 16/6088. Wer dem Gesetzentwurf in der Fassung des endberatenden Ausschusses zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die

Fraktionen der CSU, der SPD, der Freien Wähler und der FDP. Ich bitte, Gegenstimmen anzuzeigen. - Enthaltungen? - Die Fraktion des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN. Damit ist dieser Gesetzentwurf in der Fassung des endberatenden Ausschusses so beschlossen.

Da ein Antrag auf Dritte Lesung nicht gestellt wurde, führen wir gemäß § 56 der Geschäftsordnung sofort die Schlussabstimmung durch. Ich schlage vor, sie in einfacher Form durchzuführen. - Widerspruch erhebt sich nicht.

Wer dem Gesetzentwurf in der Fassung des endberatenden Ausschusses seine Zustimmung geben will, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. - Das sind die Fraktionen der CSU, der SPD, der Freien Wähler und der FDP. Danke schön. Ich bitte, die Gegenstimmen ebenso anzuzeigen. - Keine. Ich bitte, Stimmenthaltungen auf die gleiche Weise anzuzeigen. Stimmenthaltung der Fraktion des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN.

Das Gesetz ist damit so angenommen. Es hat den Titel: "Gesetz zur parlamentarischen Kontrolle der Staatsregierung hinsichtlich der Tätigkeit des Landesamts für Verfassungsschutz sowie hinsichtlich der Maßnahmen nach Art. 13 Abs. 3 bis 5 des Grundgesetzes (Parlamentarisches Kontrollgremium-Gesetz)".

Wir kommen nun zu Tagesordnungspunkt 7:

Gesetzentwurf der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Dr. Simone Strohmayr, Christa Naaß u. a. und Fraktion (SPD) zur Änderung des Bayerischen Gleichstellungsgesetzes (Drs. 16/4021) - Zweite Lesung

Ich eröffne die Aussprache. Im Ältestenrat haben wir hierzu eine Redezeit von zehn Minuten pro Fraktion vereinbart. Gleich zu Beginn bitte ich Frau Dr. Strohmayr für die SPD nach vorne. - Bitte schön.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben in dieser Woche erneut das Thema Gleichstellung von Männern und Frauen auf der Tagesordnung. Das ist auch gut so; denn bei der Gleichstellung müssen wir in Bayern noch kräftig Gas geben.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der GRÜ- NEN)

Frauen verdienen für gleiche Arbeit immer noch 23 % weniger als Männer, im ländlichen Raum sogar 33 % weniger. Darauf hat vor Kurzem Frau Ministerin hingewiesen. Frauen, insbesondere Frauen mit Kindern,

sind häufiger von Armut betroffen, auch hierzu ein paar Zahlen: 64 % der geringfügig Beschäftigten sind Frauen. 69 % der Beschäftigten im Niedriglohnbereich sind Frauen. 84 % der Teilzeitbeschäftigten sind Frauen, und viele leider unfreiwillig.

Ich habe heute ganz aktuell eine Studie der BöcklerStiftung gelesen. Da heißt es, Frauen fallen beim Vermögen immer weiter zurück. Seit 2003 öffnet sich die Vermögensschere zwischen Männern und Frauen immer weiter. Das heißt: Männer haben immer mehr Vermögen und Frauen immer weniger.

Dazu passt auch ganz gut der Bericht von "Spiegel online": "Deutschland fällt bei der Gleichstellung immer weiter zurück." Das heißt, wir sind längst von anderen Ländern überholt worden. Ganz weit vorne liegen viele Länder aus Nordeuropa wie Island oder Norwegen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, schauen wir doch mal genauer hin, was diese Länder besser machen als wir. Wenn man genauer hinschaut, stellt man fest, dort gibt es schon seit langem die Quote, und zwar in vielen Bereichen, sogar in Bereichen, in denen wir uns das bis vor Kurzem noch gar nicht vorstellen konnten. Dort gibt es zum Beispiel eine 40-ProzentQuote bei großen Unternehmen für die Besetzung des Vorstands. Das ist in vielen Köpfen noch gar nicht angekommen.

Man muss einfach feststellen, wenn man sieht, wie dort die Gleichstellung funktioniert, dass die Quote ein gutes, ein wirksames Instrument ist, um Gleichstellung zu erreichen.

(Beifall bei der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns doch endlich dieses Instrument anwenden, und zwar hier in Bayern, wo wir Möglichkeiten haben, etwas zu verändern, dort, wo wir zuständig sind. Zuständig sind wir für den öffentlichen Dienst. Hier haben wir die Möglichkeit, einzuwirken. Hier können wir etwas tun. Hier können wir den öffentlichen Dienst zum Vorreiter für die Gleichstellung machen. Lassen Sie uns die Verpflichtung aus dem Grundgesetz und aus der Landesverfassung zur Gleichberechtigung der Geschlechter endlich ernst nehmen.

Das Bayerische Gleichstellungsgesetz ist 1996 in Kraft getreten. Der Vierte Gleichstellungsbericht, der in den Sommerferien vorgestellt wurde, hat erneut gezeigt, dass es Gleichstellung auch im öffentlichen Dienst in Bayern noch nicht gibt. Deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen, müssen wir nachbessern. Wir müssen das Gesetz aktualisieren, wir müssen es

modernisieren. Wir müssen es dringend anpassen, um zugunsten der Frauen etwas zu verändern.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, noch einige Zahlen aus dem Gleichstellungsbericht: Der Frauenanteil in der öffentlichen Verwaltung sieht wie folgt aus: Im höheren Dienst sind es immerhin 34,5 % Frauen. Bei Richtern und Beamten sind es nur 26,7 %, und in Führungspositionen sind es nur 23 % Frauen.

(Eduard Nöth (CSU): Und bei den Lehrkräften?)

Man muss zwar sagen, dass sich der Anteil bei den Führungskräften in den letzten 13 Jahren um ca. 15 % gesteigert hat, also pro Jahr um ca. 1 %.

Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, wollen wir noch ein Vierteljahrhundert warten, bis wir bei 50 % sind? Das kann doch nicht unser Anliegen sein.

(Beifall bei der SPD)

Ich habe diese Diskussionen schon öfter geführt. Ich erwarte, dass seitens der Regierungsmehrheit die Zahlen wieder verwässert werden, dass hier erneut dargestellt wird, wie viele Frauen es zum Beispiel in die Führungsriege der Ministerien geschafft haben. Es ist schön, dass es einige Frauen endlich geschafft haben! Wir beglückwünschen diese Frauen. Wir finden das gut. Aber auch wir wissen, es sind nur acht Frauen, die es in bayerischen Ministerien in Spitzenpositionen nach B 6 gebracht haben, während es 37 Männer sind. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, kann doch nicht sein.

(Beifall bei der SPD - Beifall der Abgeordneten Ulrike Gote (GRÜNE))

Auch wenn Sie uns dann wieder die acht Frauen einzeln vorführen werden, es werden nicht mehr. Zählen Sie auch die 37 Männer einzeln auf. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir brauchen die Quote. Die Quote ist ein gutes, ein wirksames Instrument, um Gleichstellung zu erreichen.

Selbst in der CSU-Fraktion hat sich das zumindest bei einigen Frauen herumgesprochen. In der CSU gibt es von 92 Abgeordneten gerade mal 18 Frauen. Liebe Frauen, ihr habt am Freitag die einmalige Chance, euch endlich durchzusetzen und etwas zu verändern. Ihr habt ja den Ministerpräsidenten auf eurer Seite; der kämpft an vorderster Front. Wir hoffen, dass sich für euch etwas verbessert.

(Beifall bei der SPD)

Die Hälfte der Bevölkerung ist weiblich, liebe Frauen.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Mehr sogar!)

Warum nicht auch die Hälfte der Jobs, der Ämter, der Mandate, der Stellen und der Führungspositionen?

(Beifall bei der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, stimmen Sie heute unserem Vorschlag zu. Andere Bundesländer haben längst eine Quote. Ich möchte Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen nennen. Selbst im Gleichstellungsgesetz des Bundes findet sich eine ähnliche Quotenregelung.

Lassen Sie uns in Bayern nicht länger hinterherhecheln, sondern lassen Sie uns mit vorne dabei sein.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich möchte Ihnen den Text vorlesen, damit kein Mann hier Angst bekommt. Wir wollen, dass sich Leistung auch zukünftig lohnt. Wir wollen nämlich bei Einstellung, Beförderung und Übertragung höherwertiger Tätigkeiten bei den Stellen von Beamtinnen und Beamten, Richterinnen und Richtern, Angestellten, Arbeiterinnen und Arbeitern nur dann Frauen ihren männlichen Kollegen vorziehen, wenn sie mit gleicher Eignung aufwarten können, mit gleicher Befähigungen, mit gleicher fachlicher Leistung. Wir wollen sie auch nur so lange bevorzugen, bis die 50-Prozent-Quote in der jeweiligen Vergütungs- oder Besoldungsgruppe erreicht ist. Wir wollen nicht Frauen protegieren. Wir wollen nur, dass sie bei gleicher Eignung, bei gleicher Leistung eine Chance haben.

(Beifall bei der SPD)

Frau haben heute Superabschlüsse, sie haben Supernoten. Warum nützen wir dieses Potenzial nicht endlich? Ich glaube, es wäre ein Gewinn für unsere Gesellschaft.

(Beifall bei der SPD)

Was bei der Höhergruppierung gelten muss, muss natürlich auch für die Ausbildungsplätze gelten. Auch dort möchten wir Frauen bevorzugen, solange keine 50-Prozent-Quote erreicht ist. Auch bei Vorstellungsgesprächen möchten wir, dass Frauen ebenso wie Männer berücksichtigt werden.

Wichtig ist mir - darauf möchte ich gesondert hinweisen -, dass wir auch an die Auswahlkriterien verändert herangehen. Für Beurteilung und Eignung sind auch Erfahrungen und Fähigkeiten aus familiärer oder sozialer Arbeit zum Beispiel während Familienpausen mit heranzuziehen. Wir wollen ein Umdenken erreichen und den Wiedereinstieg von Frauen einfacher ma

chen. Hier sieht die Realität in Bayern leider noch immer ganz anders aus. Viele Anfragen von mir haben ergeben, dass Frauen gerade im Lehramt oft schlechter bewertet werden, weil die Bewertungskriterien einfach zu männlich sind und sie damit nicht die Möglichkeit haben, in ihren entsprechenden Tätigkeiten Karriere zu machen.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, stimmen Sie heute unserem Gesetz zu! Stimmen Sie der Quote zu! Auch wenn wir natürlich wissen, dass die Quote allein nicht alle Probleme der Gleichstellung lösen wird. Wir haben noch Anträge zum Gleichstellungsbericht eingereicht und machen dort weitere Vorschläge. Und, damit möchte ich enden, wir wissen natürlich auch, dass die Veränderung in den Köpfen anfängt. Wir müssen also auch unsere Denkweise ändern, unsere Wortwahl ändern, und wir brauchen mehr Akzeptanz für neue Rollenbilder. Auch in Bayern muss denkbar werden: Frau, Familie, Karriere oder: Mann, Familie, Haushalt.

Frau Kollegin!