Protokoll der Sitzung vom 27.10.2010

(Beifall bei der CSU)

Danke, Frau Staatsministerin Dr. Merk. Ich sehe keine Wortmeldungen mehr. Damit ist die Aktuelle Stunde beendet.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 2 auf:

Beratung der zum Plenum eingereichten Dringlichkeitsanträge

Zunächst rufe ich zur gemeinsamen Behandlung auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Harald Güller, Inge Aures u. a. und Fraktion (SPD), Hubert Aiwanger, Tanja Schweiger, Bernhard Pohl u. a. und Fraktion (FW),

Margarete Bause, Thomas Mütze, Ulrike Gote u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Keine Verjährung von möglichen Schadensersatzansprüchen (Drs. 16/6106)

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Thomas Hacker, Karsten Klein, Dr. Franz Xaver Kirschner und Fraktion (FDP), Alexander König, Thomas Kreuzer, Renate Dodell u. a. und Fraktion (CSU) BayernLB - Sorgfältig prüfen und notwendige Entscheidungen treffen (Drs. 16/6119)

Bevor ich die Aussprache eröffne, möchte ich Sie darauf hinweisen, dass für den Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 16/6106 und dort die Nummer 2 namentliche Abstimmung beantragt worden ist.

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Als erster Redner hat Herr Kollege Güller das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich ist die Abstimmung heute ganz einfach. Man muss sich nur die Fakten anschauen. Wenn man das Kernproblem, das CSU und FDP haben, weglässt, nämlich Koalitionstreue und die Frage, wie es den Kameradschafts- und Amigogenen geht, dann braucht man nur anzuschauen, welche Erkenntnisse die Gutachten und der Untersuchungsausschuss dieses Landtags bisher erbracht haben.

Ich habe zwei Gutachten von Hengeler Mueller. Eines sieht bei den ABS-Papieren, zumindest hinsichtlich des Vorstands, eine zivilrechtliche Haftung vor. Ich habe ein Gutachten von Flick Gocke Schaumburg, das hinsichtlich der ABS-Papiere für Verwaltungsrat und Vorstand grob fahrlässiges Handeln bejaht und eine Haftung von Verwaltungsräten für möglich hält. Und ich habe einen Untersuchungsausschuss, in dessen zahlreichen Vernehmungen wir bisher feststellen konnten, dass die Vorstände den Verwaltungsrat wohl unvollständig informiert haben, aber auch, dass der Verwaltungsrat in grob fahrlässiger Weise Informationen nicht eingeholt hat und der Verwaltungsrat sich um die ganze Sache, auf Deutsch gesagt, einen Scheißdreck gekümmert hat.

(Beifall bei der SPD - Thomas Kreuzer (CSU): Vorverurteilung!)

Das ist grob fahrlässig. Deswegen, Kolleginnen und Kollegen, gibt es eine ganz einfache Entscheidung an diesem Tage, dass nämlich der Untersuchungsausschuss weiterarbeitet und zweitens, dass wir noch ein

Gutachten von Flick Gocke Schaumburg zum Thema Hypo Group Alpe Adria einholen.

Bis beides erledigt ist, müssen wir dafür sorgen, dass die Ansprüche der bayerischen Bürgerinnen und Bürger nicht in die Verjährung fallen und dass sich weder Verwaltungsrat noch Vorstand in eine Verjährung hineinmogeln können, und alles rechtlich Notwendige unternehmen, um diesen weiteren möglichen Schaden von den Bürgerinnen und Bürgern abzuwenden.

(Beifall bei der SPD)

Das ist der Inhalt unseres Antrags und nicht mehr. Er besteht aus drei Punkten. Punkt eins enthält die Aufforderung, Klagen vorzubereiten, damit man am 31.12.2010, falls Verjährung droht, gewappnet ist. Zweitens ist bis zum 31.12. alles zu unternehmen, damit Verjährung nicht eintritt, und drittens soll festgelegt werden: Sollten die Verwaltungsräte und Vorstände hinsichtlich der beiden Tatbestände ABS und HGAA - Hypo Group Alpe Adria - nicht den Verjährungsverzicht erklären, dann ist Klage einzureichen. So klar ist dieser Antrag. Da gibt es kein Herumlavieren. Man kann allen drei Punkten nur zustimmen, wenn es einem ernst ist,

(Beifall bei der SPD)

wenn man nicht nur einfach die Politik von Herrn Stoiber mit dem Größenwahn - die BayernLB muss immer in der Champions League spielen, die BayernLB muss weltweit tätig sein, die BayernLB muss in den Ostblock expandieren - nachträglich vertuschen und ihn damit davonkommen lassen will. Dann gibt es keine andere Entscheidung als dreimal Ja.

(Beifall bei der SPD)

Es gibt aber für die Verwaltungsräte noch eine andere Entscheidung. Die Verwaltungsräte, die hier sitzen, könnten an dieses Podium gehen und sagen: Ja, ich verzichte auf die Einrede der Verjährung. Ja, ich stelle mich gegebenenfalls einem zivilrechtlichen Verfahren. Ich stelle mich der ordentlichen Gerichtsbarkeit der Bundesrepublik Deutschland und stehe dafür gerade, was ich im Verwaltungsrat der BayernLB gemacht habe.

(Beifall bei der SPD)

Das, Herr Kollege Schmid, Herr Kollege Huber, Herr Kollege Beckstein, wäre ehrenhaft und heute ganz einfach zu bewerkstelligen.

(Zuruf: Dazu braucht man Charakter!)

In der letzten Woche hat Herr Fahrenschon gesagt ich habe sehr genau zugehört -: Wir müssen rasch, aber nicht überstürzt handeln. Jawohl, da sind wir dabei.

(Alexander König (CSU): Aha!)

Wir sagen nur, "nicht überstürzt" darf nicht heißen, dass Verwaltungsräte und Vorstand am 31.12. in die Verjährung flüchten. Deswegen wollen wir eine klare Handlungsanweisung an die Bayerische Staatsregierung, vor dem 31.12. tätig zu werden, falls mit den Verwaltungsräten nicht eine ehrenhafte Vereinbarung erzielbar ist, wonach sie auf die Verjährung verzichten. Einfach handeln, nicht überstürzt, aber rechtzeitig, Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD)

Ich glaube, was Herr Söder gesagt hat, wie ich in der "Süddeutschen" lese, nämlich "CSU klagt CSU an. Das ist unvorstellbar". Das kann doch kein Handlungsmaßstab für Abgeordnete des Bayerischen Landtags sein.

(Beifall bei der SPD)

Wir sind den Bürgerinnen und Bürgern als Steuerzahler verpflichtet. Wir sind nicht nur einer Partei verpflichtet. Es gilt ganz klar: Volk vor Filz. Volk vor der eigenen Partei.

(Beifall bei der SPD - Johanna Werner-Muggen- dorfer (SPD): Sehr gut!)

Ich lese den Antrag der CSU und der FDP; es ist ja süß, dass die FDP vor der CSU auf dem Antrag stehen darf. Eine feine Sache.

(Zuruf des Abgeordneten Thomas Hacker (FDP))

Wenn ich den Antrag sehe, liebe Kolleginnen und Kollegen der FDP, frage ich: Was habt ihr euch denn da aufschwätzen lassen? Da heißt es: "Der Landtag erwartet, dass Verwaltungsrat und Vorstand … notwendige Entscheidungen … treffen." Super. Sie erwarten, dass Verwaltungsrat und Vorstand notwendige Entscheidungen treffen. Ja, so etwas habe ich noch nie in diesem Landtag gelesen.

Dieser Bayerische Landtag entscheidet, dieser Bayerische Landtag gibt Handlungsanweisungen an die Staatsregierungen, aber er drückt nicht Erwartungen an CSU-Verwaltungsräte und von ihnen bestimmte Vorstände in der BayernLB aus.

(Thomas Hacker (FDP): So hat es bei der WestLB funktioniert!)

Wir geben der Bayerischen Landesbank - wir sind Mehrheitseigner, der Freistaat Bayern ist mit 96 % Mehrheitseigner - Anweisungen. Wir sprechen nicht bloße Erwartungen aus. Was ihr da geschrieben habt, ist doch, auf Deutsch gesagt, Pillepalle und wird euch nicht helfen,

(Beifall bei der SPD - Thomas Hacker (FDP): Keine Ahnung von den Zusammenhängen!)

beim Antrag der SPD, der Freien Wähler und der GRÜNEN Farbe zu bekennen.

Was soll denn die Bevölkerung in Bayern denken? Eine Verkäuferin Emmely in Berlin wird wegen zwei Getränkebons für 1,30 Euro aus dem Betrieb geschmissen, muss jahrelang prozessieren und bekommt knapp vor dem Bundesarbeitsgericht Recht. Und Sie sagen, wir lassen Verwaltungsräte vielleicht in die Verjährung flüchten, obwohl es um einen Schaden von 3,7 Milliarden Euro bei der Hypo Group Alpe Adria und um mindestens 215 Millionen Euro Schaden bei den ABS-Papieren geht. Ist da noch irgendein Punkt Gerechtigkeit in dieser Gesellschaft?

(Beifall bei der SPD)

Können Sie morgen früh noch in den Spiegel schauen, wenn Sie die Parteiinteressen so vor die Interessen der Bürgerinnen und Bürger dieses Freistaats stellen?

(Zuruf des Abgeordneten Alexander König (CSU))

Deshalb, Kolleginnen und Kollegen, gibt es nichts anderes als die Einzelabstimmung über die Punkte.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, ich habe die Hoffnung noch nicht ganz aufgegeben, dass noch ein bisschen Weisheit und ein bisschen Verstand in dieser Fraktion sind. Deshalb beantragen wir eine namentliche Abstimmung, insbesondere zu Punkt 2, um das Geld der Bürgerinnen und Bürger zu schützen. Dann müssen Gerichte darüber entscheiden. Das ist keine Vorverurteilung. Das ist schlicht und einfach unser Rechtsstaat. Damit es nicht zur Verjährung kommt, bitten wir um Zustimmung und um ein dreimaliges Ja.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön, Herr Kollege Güller. Als Nächster hat das Wort Herr Kollege Pohl. Bitte schön, Herr Kollege.

(Georg Schmid (CSU): Pfui!)