Protokoll der Sitzung vom 23.11.2010

(Beifall bei der SPD)

Aus umweltökologischen Aspekten werden die geothermischen Vorhaben zum Beispiel in Pullach, wo sich die Gemeinden um eine alternative Energieversorgung bemühen, völlig missachtet. Dort sollen die verschiedenen Trassen realisiert werden. Jedoch hat sich kein Mensch Gedanken über diese geothermischen Vorhaben gemacht. Ein Faktor, der in der Machbarkeitsstudie ebenfalls keine Berücksichtigung findet und als weich bezeichnet wird, ist die soge

nannte Artenvielfalt, die durch die Realisierung des Autobahn-Südrings A 99 stark dezimiert würde. Dies wäre wieder nicht im Sinne der bayerischen Umweltpolitik. Herr Söder hat es vorgezogen, gar nicht weiter zuzuhören.

Herr Thalhammer, der Kosten-Nutzen-Faktor ist nicht sehr hoch. Er liegt zwischen 1,81 und 1,96. Das ist nicht hoch. Bei der Vorstellung der Machbarkeitsstudie - einige Kollegen waren da - ist Herr Professor Kurzak gefragt worden, wie hoch der Kosten-NutzenFaktor sei. Dieser sei nicht so hoch wie bei bereits realisierten Straßenprojekten. Dort liegt der Kosten-Nutzen-Faktor bei 4,7. Die Antwort von Professor Kurzak, der für diese Machbarkeitsstudie verantwortlich gewesen ist, lautete - man höre -: Der politische Wille soll es möglich machen. Darum geht es und um nichts anderes.

Angesichts der Kosten von mindestens 1,2 Milliarden Euro, des immer wieder beklagten Flächenfraßes Herr Beckstein hat in den letzten Jahren immer wieder über den Flächenfraß in Bayern geklagt - und angesichts der heutigen Diskussion über die ökologische Ausgestaltung von Olympia muss man sich fragen, ob die Ökologie bei der Realisierung des Autobahn-Südrings A 99 überhaupt eine Rolle spielt.

Herr Thalhammer läuft sich schon warm. Ich freue mich darauf. Herr Thalhammer, Investitionen in die Zukunft, selbst wenn sie auf die lange Bank geschoben werden, sollten nicht aus Asphaltorgien mit gigantischen Kosten bestehen. Zukunft heißt: Investition in Bildung und Soziales. Das ist nachhaltig.

(Beifall bei der SPD)

Frau Kollegin Kohnen, lassen Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Thalhammer zu?

Gerne. Herr Thalhammer wohnt auch im Süden Bayerns.

Bitte schön, Herr Thalhammer.

(Vom Redner nicht auto- risiert) Frau Kohnen, wir wohnen im gleichen Ort, in Neubiberg im Süden. Prinzipiell kann man nicht von einer breiten Ablehnung im Süden über alle Bevölkerungsschichten hinweg sprechen. Ich konnte Folgendes beobachten: Je weniger mögliche Trassenführungen es gab, desto weniger Leute sind dagegen auf die Barrikaden gegangen.

Frau Kohnen, um Ihren Wortbeitrag besser einschätzen zu können, interessiert mich, ob Sie in diesem

Punkt im Namen der gesamten SPD-Fraktion sprechen. Sind Sie in diesem Punkt mit Ihrem Fraktionskollegen Professor Peter Paul Gantzer, der ebenfalls im Landkreis München wohnt, einer Meinung?

Frau Kollegin Kohnen, ich werte den Beitrag des Herrn Kollegen Thalhammer als Zwischenbemerkung. Damit haben Sie die Möglichkeit, auf diese zu antworten. Eigentlich wäre Ihre Zeit jetzt abgelaufen.

- Meine Zeit ist noch nicht abgelaufen.

(Allgemeine Heiterkeit)

Herr Thalhammer, habe ich irgendetwas über den Widerstand breiter Bevölkerungsschichten gesagt? Nein. Insofern antworte ich auf den ersten Teil Ihrer Frage nicht. Sie haben gefragt, ob die SPD-Fraktion geschlossen für den Antrag der GRÜNEN stimmen werde. Da kann ich Ihnen sagen: Ja. Sie wissen, dass es eine örtliche Befindlichkeit gibt. In der CSU gibt es scheinbar ebenfalls eine örtliche Befindlichkeit. Wir haben in der SPD-Fraktion - das ist der Unterschied zu Ihrem Redebeitrag - eine sehr sachliche Diskussion geführt. Wir führen keine Diskussion der örtlichen Befindlichkeiten. Stattdessen haben die Sachargumente entschieden. Herr Thalhammer, solange der Südring nicht an Ihrer Tür vorbeiführt, scheint es Sie nicht zu jucken.

(Beifall bei der SPD)

Als Nächster hat Herr Kollege Muthmann das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir lösen die Probleme dann, wenn sie zur Lösung anstehen. Die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie sollten entsprechend gewürdigt werden. Allerdings sollte ebenfalls berücksichtigt werden, dass wir sehr viel wichtigere Verkehrsinfrastrukturprojekte vor uns haben, die der Realisierung und Finanzierung harren. Die Frage nach der Realisierung des Autobahn-Südrings A 99 stellt sich derzeit überhaupt nicht. Die Verantwortlichen werden zum passenden Zeitpunkt eine Bewertung vornehmen und entscheiden. Darüber hinaus spielen die ökologische Entwicklung sowie die Verkehrsentwicklung zu diesem Zeitpunkt ebenfalls eine Rolle. Zum jetzigen Zeitpunkt halten wir es für falsch, den Südring ein für alle Mal und für alle Ewigkeit für erledigt zu erklären. Das ist nicht notwendig, da es keine sachliche Veranlassung dafür gibt. Wir sollten jetzt keine Detaildiskussion führen, da eine Realisierung des Südrings zum jetzigen Zeitpunkt nicht

zu erwarten ist. Deshalb müssen wir den Antrag der GRÜNEN ablehnen und dem Antrag der CSU und der FDP zustimmen.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Als Letzter hat Herr Staatssekretär Eck das Wort. Bitte schön, Herr Staatssekretär.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Das Thema des Antrages sollte zu einem Zeitpunkt diskutiert werden, zu dem es angesagt und gefragt ist. Herr Kollege Muthmann und Herr Kollege Thalhammer haben dies bereits zum Ausdruck gebracht. Das möchte ich nicht wiederholen. Allerdings möchte ich es auch nicht so stehen lassen. Frau Kollegin Tausendfreund, Sie haben gesagt, der Machbarkeitsstudie sei zu entnehmen, dass das Projekt eindeutig nicht realisierbar sei. Es sei falsch und nicht realisierbar. Das geht aus der Machbarkeitsstudie nicht hervor. Frau Kollegin Kohnen, Sie haben ebenfalls von einem unüberwindbaren Risiko gesprochen. Sie haben das Wort "Asphaltorgie" in den Mund genommen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist keine anständige und würdevolle Diskussion.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Wir sollten uns auf die Dinge konzentrieren, die wir wirklich brauchen. Wir sollten die Entscheidungen, die zu gegebener Zeit anstehen werden, zukünftigen Generationen nicht vorwegnehmen. Momentan ist das Projekt für den derzeitigen Bedarfsplan nicht vorgesehen. Derzeit haben wir sicherlich nicht die Mittel, um dieses Projekt zu finanzieren. Erst wenn die Zeit gekommen ist, dass wir dieses Projekt finanzieren und im Bedarfsplan unterbringen können, können wir auch über dieses Projekt diskutieren. Aus diesem Grunde bitte ich Sie, den Dringlichkeitsantrag der GRÜNEN abzulehnen und dem von der CSU und der FDP gestellten Antrag zu folgen. Er gibt uns nämlich eine Option und lässt für die Zukunft Wege offen.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Wir kommen zur Abstimmung. Dazu werden die beiden Anträge wieder getrennt.

Ich lasse zunächst über den Dringlichkeitsantrag der GRÜNEN auf Drucksache 16/5217 abstimmen. Der federführende Ausschuss für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie empfiehlt auf Drucksache 16/6030 die Ablehnung des Dringlichkeitsantrags. Für diesen Dringlichkeitsantrag wurde namentliche

Abstimmung beantragt. Ich mache darauf aufmerksam, dass wir danach noch eine zweite namentliche Abstimmung über den Antrag der CSU und der FDP durchführen werden. Für die Stimmabgabe stehen fünf Minuten zur Verfügung. -

(Namentliche Abstimmung von 17.21 bis 17.26 Uhr)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, die Abstimmungszeit von fünf Minuten ist vorbei. Ich schließe die Abstimmung, sobald Herr Kollege Hintersberger seine Stimme abgegeben hat.

Ich erteile jetzt nach § 133 Absatz 2 der Geschäftsordnung Herrn Kollegen Prof. Dr. Gantzer das Wort zu einer Erklärung zur Abstimmung. Herr Kollege, Sie haben fünf Minuten Zeit, diese Erklärung abzugeben.

Herr Präsident, liebe Kollegen und Kolleginnen! Ich habe eben gegen den GRÜNEN-Antrag gestimmt und werde natürlich umgekehrt gleich für den Antrag der Koalition stimmen. Als betroffener Stimmkreisabgeordneter sehe ich die Lage anders als die Stimmkreisabgeordneten aus dem Süden, die ihre Interessen haben. Ich muss aber die Interessen der Bevölkerung des Münchner Nordens wahren.

Zu dieser kurzen Diskussion stelle ich deswegen Folgendes fest: Wir haben dort oben die meistbefahrene Autobahn Europas. Die meisten von Ihnen kommen aus dem Münchner Norden und werden das miterlebt haben. Wir haben täglich fast 150.000 Fahrzeuge. Es wurde gesagt, ein Südring würde keine Entlastung bringen, nur eine Entlastung um etwa 10 %. Das sind aber 15.000 Fahrzeuge weniger am Tag. So viele Fahrzeuge hat manche Gemeinde nicht einmal im Monat. Das gebe ich als erstes zu bedenken.

Der zweite Punkt wurde von Frau Tausendfreund hervorgehoben: Lärmschutz. Wenn Sie uns einen wirklichen Lärmschutz geben wollen, kostet der ein Vielfaches dessen, was der Südring kosten würde. Denn mit ein paar Mauern ist es da nicht getan. Sie müssen tieferlegen und untertunneln. Deshalb ist das eine reine Schaumschlägerei. Es ist auch nicht das Hauptproblem im Norden. Das Hauptproblem ist: Wenn auf der Autobahn ein Stau ist, dann sind davon alle Gemeinden im Münchner Norden betroffen. Der gesamte Verkehr, der ausweicht, geht durch die Gemeinden im Münchner Norden. Das ist eine Situation, die den Menschen dort oben nicht mehr zugemutet werden kann.

Das ist auch der Grund dafür, dass sich sämtliche Kommunalpolitiker des Münchner Nordens gerade schriftlich an den Innenminister gewandt und darum

gebeten haben, den Südring voranzutreiben. Deswegen ist auch die Aussage von Herrn Thalhammer nicht richtig. Er ist natürlich erst jung im Landtag und weiß nicht, dass solche Vorhaben nicht von heute auf morgen erledigt werden können. Das braucht einen Vorlauf. Deswegen ist auch sein Einwurf "steht nicht zur Debatte" völlig falsch. Es geht darum, dass wir als erstes in Angriff nehmen müssen, dass der Bundesverkehrswegeplan umgeschrieben wird. Das wird erst in zwei bis drei Jahren wieder der Fall sein können. Das erfordert eine vorausschauende Arbeit. Lieber Herr Thalhammer, Vorhaben von heute auf morgen zu betreiben, kann man vielleicht im Künstler-Bereich machen, aber nicht in der Politik. Hier müssen Sie schon langfristig denken.

Ich fasse das zusammen: Meine Damen und Herren, wir haben eine Machbarkeitsstudie. Lesen Sie diese bitte durch, auch diejenigen, die nicht betroffen sind. Sie werden sehen, dass der Vorschlag, der dort gemacht worden ist, durchaus hinnehmbar ist. Es kommt nicht zu den befürchteten großen Umweltbelastungen. Diese Machbarkeitsstudie ist sehr umfangreich und sehr ernsthaft erarbeitet worden. Im Hinblick auf diese Machbarkeitsstudie bitte ich Sie um Verständnis dafür, dass mein Abstimmungsverhalten so ist, wie ich es am Anfang geschildert habe. Vielen Dank und einen schönen Abend noch.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank, Herr Kollege. Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Antrag auf der Drucksache 16/5379, das ist der Antrag der Fraktionen der CSU und der FDP. Der federführende Ausschuss für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie empfiehlt auf Drucksache 16/6034 die unveränderte Annahme. Ich bitte Sie, anschließend noch bis zur Bekanntgabe des Abstimmungsergebnisses hierzubleiben. Es wird unmittelbar nach der Auszählung bekanntgegeben. Ich eröffne jetzt die namentliche Abstimmung. Dafür stehen drei Minuten zur Verfügung.

(Namentliche Abstimmung von 17.31 bis 17.34 Uhr)

Haben alle ihre Stimmen abgegeben? - Dann schließe ich die namentliche Abstimmung.

Ich bitte kurz um Aufmerksamkeit: Nach der Verkündung des Ergebnisses der beiden namentlichen Abstimmungen wird die Sitzung geschlossen. Ich bitte Sie deswegen, noch dazubleiben.

Ich möchte noch eine technische Mitteilung machen: Die Projektgruppe "Landesentwicklungsprogramm" unter Vorsitz von Erwin Huber tagt sofort im An

schluss an die Bekanntgabe des Abstimmungsergebnisses im Sitzungssaal N 501. Das war ursprünglich für 19.00 Uhr vorgesehen. Ich teile das hier mit, damit die Arbeit im Hause reibungslos weitergehen kann.

(Zurufe von der SPD)

Auf Bitten der SPD-Fraktion teile ich Vergleichbares für die Mitglieder der SPD-Fraktion mit: Der Arbeitskreis unter Federführung des Kollegen Wengert tagt im Gebäude in der Ismaninger Straße 9.

Ich gebe jetzt die Ergebnisse der vorhin durchgeführten namentlichen Abstimmungen bekannt. Zunächst teile ich das Ergebnis der Abstimmung über den Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Margarete Bause, Thomas Mütze, Ulrike Gote und anderer und Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN betreffend "Klare Absage an eine Realisierung des Autobahn-Südrings A 99", Drucksache 16/5217, mit: Mit Ja haben 54 Abgeordnete gestimmt, mit Nein 109; es gab eine Stimmenthaltung. Damit ist der Dringlichkeitsantrag abgelehnt.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 2 - Unruhe - Glo- cke des Präsidenten)

Vielleicht kann man sich auch auf der Regierungsbank hinsetzen.