Protokoll der Sitzung vom 01.12.2010

(Beifall bei der SPD)

Heute, wo es ein Erfolg ist, stecken Sie es sich an Ihren Hut und behaupten, Sie hätten das alles geleistet. Wissen Sie was? - Diese Staatsregierung hat in dieser Frage nichts geleistet, ganz im Gegenteil. Sie haben gebremst und verhindert. Wer etwas geleistet hat, das war die bayerische Bevölkerung dank des EEG.

(Beifall bei der SPD)

Die bayerische Bevölkerung hat das EEG von RotGrün aufgegriffen und hat es gegen Ihren massiven Widerstand umgesetzt. Wer hat denn bis vor Kurzem Windkraft bis aufs Messer bekämpft? - Das waren doch Sie und Ihre Staatsregierung - und im Übrigen ein großer Teil der Kollegen, die hier sitzen. Vor Ort bekämpfen Sie es, woanders sind Sie dafür.

(Beifall bei der SPD)

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, das gilt für uns alle: Eine geschmäcklerische Debatte wie bei Windkrafträdern können wir uns angesichts dieser Klimasituation überhaupt nicht mehr leisten. Ob das schön ist oder nicht, ist doch gar nicht die Frage. Die Frage ist: Wie kriegen wir möglichst früh und schnell regenerative Energien, um sicherzustellen, dass wir die Ziele, die auch Sie wollen, gemeinsam erreichen? - Auf die Nebelkerze Permafrost sollten Sie verzichten. Das beweist nämlich nur, dass Sie von den bayerischen Alpen außer der Zugspitze gar nichts kennen, weil nur auf der Zugspitze in dieser Höhe Permafrost herrscht - alle anderen Berge sind niedriger. Sie wissen, dass wir in Bayern keine Dreitausender haben.

Die Zugspitze hätten Sie vielleicht gerne erhöht, aber das funktioniert auch nicht, also lassen wir das lieber bleiben. Sie sollten aufhören mit Ihrer Großmannssucht, und Sie sollten nicht nur reden, sondern sich der Verantwortung stellen.

Sie bezeichnen die Alpen als den Regenwald Europas. Richtig! Aber dann muss man diesen Regenwald auch verteidigen. Und was machen Sie? - Sobald ein kleines Winterl war, knicken Sie ein und laufen weg, so wie beim Wolf, wenn es um ein Raubtier geht, das besonders geschützt ist. Dann stellen Sie sich nicht einmal der öffentlichen Debatte und kneifen. Dann fahren Sie nicht nach Bayerischzell, sondern nehmen andere Termine wahr, anstatt Sorge dafür zu tragen, dass das funktioniert.

(Beifall bei der SPD)

Sie und Ihre Lobbyisten bekämpfen den Verbiss nach wie vor nicht so, wie es nötig wäre, um unsere Wälder im Umbau zu schützen. Beim Wasserschutzgesetz haben Sie kläglich versagt. Da sitzt der Kollege, der dabei das Schlimmste angerichtet hat, nämlich den Verzicht auf den Schutz der Uferrandstreifen. Wenn wir Natur- und Umweltschutz ernst nehmen wollen, müssen wir Uferrandstreifen und somit das Wasser schützen. Man darf nicht nur, weil man vor Lobbyisten einknickt, etwas anderes fordern, wider besseres Wissen, behaupte ich.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, da kommt mir der Minister heute mit seiner Rede zum Thema Wohlstand durch Umweltschutz gerade recht. Arbeitsplätze haben wir geschaffen, inzwischen rund 340.000, durch regenerative Energien. Was machen Sie? - Sie hauen durch Ihre Laufzeitverlängerung für Kernkraftwerke mehr oder weniger den Pfropfen in die Leitungen, sodass regenerative Energien zurückgedrängt werden bzw. die Überlegung bei den Herstellern aufkommt: Geht das überhaupt noch, oder lassen wir das lieber bleiben? - Sie gefährden durch diese Laufzeitverlängerung Arbeitsplätze in Bayern und in Deutschland massiv.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, dann greift man gerne zur Totschlagskeule Ideologie. Was ist jetzt Ideologie? Ist es Ideologie, wenn man an Laufzeiten festhält, oder nicht? - Ich meine, Ideologen sind Sie im Festhalten. Wir sind der Meinung, wenn sich Menschen Sorgen um ihre Sicherheit machen und nicht mehr radioaktiven Dreck produzieren wollen, dann sind das keine Ideologen, sondern es sind Menschen in Sorge um ihre Heimat, Leute, die in Bayern und überall auf den

Straßen kämpfen, um Ihren Unsinn doch noch zu verhindern.

(Beifall bei der SPD)

Kolleginnen und Kollegen, Herr Minister, Sie sagen, Kooperation zugunsten der Natur wäre schön. Aber Sie kooperieren immer zulasten der Natur. Wenn ich mir das neue Bayerische Umweltgesetz anschaue: zulasten der Natur, schlechter als das Bundesgesetz, und das war schon ein Kompromiss. Schlechter als das Bundesgesetz! Das Gleiche gilt für das Wasserschutzgesetz. Sie machen Kompromisse zulasten der Natur. Eigentlich müssten Sie heute Landwirtschaftsminister werden oder so etwas, wenn Sie das wollen.

(Beifall bei der SPD)

Herr Minister, Sie sprechen von Innovation. Für eine Innovation müssten Sie dafür Sorge tragen, dass sichergestellt wird, dass unabhängige Gutachter wieder bestellt werden, und überprüfen, ob die energetische Sanierung tatsächlich diejenigen Ziele erreicht, die wir hoch subventionieren. Das aber ist in 80 % der Fälle nicht gewährleistet. Sowohl beim Neubau als auch beim Umbau oder bei der Modernisierung: 80 % liegen daneben. Können wir es uns leisten, Maßnahmen hoch zu subventionieren, die in der Realität nicht das bringen, was Sie bringen sollen?

Herr Minister, Sie wollen die Menschen begeistern. Das wollen wir auch. Wir wollen doch im Interesse der Natur alle gemeinsam Menschen begeistern. Sie haben sie begeistert: Sie haben sie millionenfach gegen die Kernkraftwerke und gegen die Laufzeitverlängerung auf die Straßen getrieben. Aber das ist nicht die Begeisterung, die wir wollen, sondern wir wollen.

Herr Minister, Sie sprechen von der Klimaforschung. Da reicht es aber nicht, wenn man ein Loch in die Zugspitze bohrt und schaut, ob dort Permafrost herrscht, und dann nicht zuhört, was die Gutachter sagen. Was sagt Ihnen denn der von Ihnen selbst so gelobte Hartmut Graßl? - Er sagt: Schneekanonen unter 2.500 Meter sind Käse, weil sie in 20 Jahren nicht mehr funktionieren, da die Temperatur bis dahin so stark ansteigen wird. - Was machen Sie? - Sie geben gotterbärmlich viele Fördermittel aus für Schneekanonen und die Anlagen, die dazugehören, um sicherzustellen, dass die Lobbyisten zufrieden sind, die Sie bedienen müssen; denn anders kann man das nicht erklären.

Die Alpen dürfen, wie Sie sagen, keine No-go-Area werden. Ich sage, jeder soll in die Berg’ geh’n können, wann er mog. Das hört sich vielleicht bayerisch an, aber es ist halt die Realität. Ich sage Ihnen dazu: Der

Mensch soll Berg und Wald genießen und achten. Dazu gehört aber auch, dass der Berg und die Natur nicht zum Sportgerät verkommen. Sie sind keine Sportgeräte. Man kann dort Sport treiben, aber sie sind keine Sportgeräte per se. Wenn wir uns darauf verständigen könnten, dann wären wir auch hier ein Stück weiter.

(Beifall bei der SPD)

Sie lassen aber zu, dass in den Bergen Tod und Teufel gebaut wird, was letztlich nur durch Bürgerbegehren, wie gerade in Buching, verhindert werden kann. Das kann man zwar so machen, ich finde es aber schade, dass es immer so weit kommen muss.

Die SPD-Fraktion sagt: Wer CO2-Speicher in den Mooren nicht schützt - und das tun Sie nicht, sondern Sie lassen im Umweltschutzgesetz den Umbruch zu -, der braucht dann nicht irgendwo anders Moore zu schützen, weil es hinausgeschmissenes Geld wäre. Wer Wasser, Flüsse und Uferrandstreifen pfleglich behandelt, der betreibt Naturschutz, und zwar in der Weise, wie es sein muss. Dazu gehört aber auch, Herr Minister, dass man endlich die unterschriebene Alpenkonvention und ihre Anhänge ernst nimmt und danach handelt und nicht nach dem Motto vorgeht: Na ja, die sind halt auch da.

(Beifall bei der SPD)

Sie wollen es nicht einmal ins Gesetz schreiben, weil man Sie dann daran erinnern könnte. Wir sagen Ihnen, dass das so nicht geht.

Im Übrigen haben Sie heute gesagt, Sie hätten endlich ein Energiekonzept. Das bessere Konzept haben wir gehabt. Das hat funktioniert; sonst würden heute in Bayern nicht so viele Biogasanlagen betrieben. Das EEG hat das mit sich gebracht.

(Zuruf von der CSU: Das haben Sie erfunden?)

- Natürlich haben wir das erfunden. Rot-Grün hat das erfunden, sonst niemand. Sie waren dagegen, Herr Kollege.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Ich darf Ihnen sagen: Dr. Ottmar Edenhofer vom Potsdam-Institut, kein Unbekannter in der Szene, sagte gestern in der "FAZ":

Die Frage ist, ob das allein im Stromsektor erbracht werden muss. Ich staune darüber, welch ambitionierte Ziele das Energiekonzept enthält, aber wie wenig über die Mittel gesprochen wird, mit denen die erreicht werden sollen.

Recht hat er. Sie haben nämlich im sogenannten Energiekonzept der Bundesregierung nichts anderes drin als das bayerische "Häd i, kannt i, dad i, waar i" aber nix Gwis woas ma ned.

(Beifall bei der SPD - Johanna Werner-Muggen- dorfer (SPD): Er weiß nicht, wie man "dad i, waar i" schreibt!)

- Das sagen Sie dann, wie man das schreibt.

Meine Damen und Herren, ich glaube, wir müssen diese technische Revolution annehmen. Wir müssen das sicherstellen, damit die Laufzeitverlängerung wieder zurückgenommen wird. Das haben die Wähler in der Hand. Die werden Ihnen sagen, was Sie zurücknehmen sollen. Wir sollten dies auch tun, weil wir in Bayern unsere Hausaufgaben selbst machen könnten, Herr Söder. Warum fahren denn auf den in Bayern ausgeschriebenen Eisenbahnstrecken immer noch Dieselloks ohne Filter? Warum werden nach wie vor Wege und Straßen in hochsensiblen Bereichen gebaut? Und jetzt sollen die Vorhaben sogar gemäß Umweltgesetz von der Genehmigungspflicht befreit sein, damit noch schneller gebaut werden kann, ohne dass jemand deshalb befragt werden müsste. Warum werden nach wie vor Tag für Tag gigantische Flächen versiegelt mit der Folge, dass sich Natur und Umwelt nicht erholen können, sondern ganz im Gegenteil mehr und mehr zerstört werden?

Herr Minister, das Bayerische Umweltgesetz wird der Prüfstein für das sein, was Sie heute in schöner Prosa erzählt haben. Wenn Sie da nicht nachlegen und tun, was zum Schutz unserer Heimat, der Alpen und der Tiere sowie der Menschen notwendig ist, dann muss man überlegen, ob der richtige Mann am richtigen Platz sitzt. Denn die schönen Reden helfen der Natur überhaupt nicht weiter.

Wir als SPD-Landtagsfraktion werden, wenn Sie es mittragen, E-Mobilität fördern. E-Mobilität heißt für uns schneller Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs in Ballungsräumen - Straßenbahn, S-Bahn, U-Bahn. E-Mobilität heißt Elektrifizierung der Bahn, wo dies möglich ist. Dies darf nicht tröpfchenweise geschehen, wobei dann die Schweizer zahlen müssen, damit wir es machen; so kann das nicht gehen.

Wir wollen zusammen mit den Gemeinden die Kreislaufwirtschaft stärken. Wir wollen energieautarke Gemeinden haben und dabei die Landwirte einbinden, um sicherzustellen, dass die unsägliche Flächenkonkurrenz aufhört. Wenn nämlich der Landwirt nur das produziert, was er für sich selber und seinen Ort braucht, dann braucht er keine gigantischen Flächen, sondern er kommt mit kleiner Fläche aus.

Vor allem wollen wir eines: Wir wollen die Flanke Biogas stärken, weil es der Mobilität ein Stück weiterhilft. Ein Gasauto kriegt man bei VW - ich nenne den Konzern einmal - nämlich zum selben Preis wie ein Benzin- oder Dieselauto. Im Grunde ist es dasselbe Auto, hat lediglich einen anderen Motor. Warum sollte ich diese Möglichkeit nicht nutzen, wenn das Biogas vorhanden ist, statt zu versuchen, mit einem Elektroauto die Welt zu beglücken, und damit möglicherweise auf ein Pferd zu setzen, das auf dem flachen Land noch lange nicht kommen wird und das sich vor allem keiner leisten kann? - Wir glauben, dass das Biogas die richtige Lösung ist. Damit wären wir auf einem guten Weg.

Wir wollen sicherstellen, dass Energie speicherfähig wird. Herr Söder, hören Sie gut zu: Wir sind für Pumpspeicherkraftwerke. Sie bekommen nächste Woche einen Antrag von uns, in dem wir schreiben: Wir wollen wissen, wo diese Lösung verwirklicht und wie die Effizienz gesteigert werden kann. Wir können nicht wie beim Atommüll immer alles den anderen zuschieben, sondern müssen auch ein paar Aufgaben selber erledigen.

(Beifall bei der SPD)

Dazu gehört in meinen Augen auch die Untersuchung der Speicherfähigkeit. Wenn nicht Wasser das Speichermedium sein soll, was käme dann infrage? Wasser ist in Bayern genügend vorhanden. Nur müssen wir versuchen, dafür bei den Menschen einen Konsens herzustellen. Wenn man es den Menschen richtig erklärt - Herr Minister, da wären Sie an vorderster Front mit gefragt; da darf man nicht auf Tauchstation gehen -, und mit den Menschen mehr redet als bisher, dann kann sichergestellt werden, dass in solchen Fragen die erforderliche Akzeptanz vorhanden ist. Im Zusammenhang mit den Atomkraftwerken machen Sie es ja auch so. Warum dann nicht auch hier? Hier hätten Sie ein gutes Aufgabengebiet und müssten sich nicht ständig auf ein Minenfeld begeben.

Bezüglich des Ausbaus der Windenergie müssten Sie noch kräftig nachlegen. Sie wissen ja, was das DIW in der Studie geschrieben hat: In Bayern ist man im Hintertreffen, was Windenergie und überhaupt regenerative Energien betrifft. Da stehen wir auf Platz sieben. Darüber können wir nicht glücklich sein. Es bedarf unser aller Anstrengung, wenn wir auch hier auf Platz eins kommen wollen.

Ein "Weiter so" wird nicht funktionieren. Herr Minister, lassen Sie Ihren schönen Worten endlich Taten folgen, damit Sie überhaupt noch ernst genommen werden!

(Beifall bei der SPD)

Der nächste Redner ist Herr Dr. Hünnerkopf. Danach kommt Herr Dr. Fahn.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Ich will mich jetzt nicht dazu hinreißen lassen, sofort auf Herrn Kollegen Wörner einzugehen, der heute wieder einmal die Gelegenheit genutzt hat, all die Themen aufzuwärmen, die in den letzten Jahren in Anträgen und bei den verschiedensten Gelegenheiten immer wieder aufgegriffen worden sind.

(Beifall bei der CSU)