Protokoll der Sitzung vom 16.12.2010

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke, Frau Ackermann. Als Nächster hat das Wort der Kollege Aiwanger.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Vertreter der Regierungskoalition! Was Sie hier heute als Dringlichkeitsantrag zur Finanzierung der Eingliederungshilfe vorlegen, ist schlichtweg dreist. Schlimmer noch, es wird nun in der Diskussion an Formulierungen herumgemäkelt, die einerseits nicht weit genug und andererseits zu weit gehen. Sie fordern in Ihrem Antrag, dass sich der Bund zukünftig an den Kosten für die Eingliederungshilfe beteiligt. Wir fordern in unserem Dringlichkeitsantrag, dass der Bund

eine Kostenbeteiligung vorsieht. Das klingt zum Verwechseln ähnlich. Wir haben darüber hinaus aber ein Übergangsszenario dargestellt, bis zu dem hin diese Drittellösung Bund, Länder und Kommunen kommen soll. Dieses Übergansszenario fehlt bei Ihnen. Sie verweisen lediglich auf eine nebulöse Zukunft: Langfristig solle der Bund die Leistungen ganz übernehmen.

Was meinen Sie mit langfristig? Meinen Sie nach 2013, wenn Sie nicht mehr regieren?

(Heiterkeit und Beifall bei den Freien Wählern und der SPD)

Oder was meinen Sie sonst damit?

Sie regieren heute und hätten es damit in der Hand, das umzusetzen, was Sie uns mit Ihrem Antrag so dünn wie eine Wassersuppe auf den Tisch bringen. Gleichzeitig führen Sie Verhandlungen mit den kommunalen Spitzenverbänden und schicken diese mit leeren Händen nach Hause.

(Beifall bei den Freien Wählern und der SPD - Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Die Bezirksregierungen benötigen einige 100 Millionen Euro mehr, um die Kostensteigerungen kurzfristig aufzufangen. Sie hätten es über Ihren bayerischen Finanzminister in der Hand, ein entsprechendes Entgegenkommen zu zeigen. Aber Sie schicken die Bezirke mit leeren Händen nach Hause.

(Alexander König (CSU): Warum schreien Sie so?)

- Damit Sie es endlich hören! Sie schicken die Leute mit leeren Händen nach Hause, sodass man dieser Tage Bezirksumlageerhöhungen beschließen muss. Allein im Regierungsbezirk Niederbayern haben wir eine Umlageerhöhung von 171 auf 190 Millionen Euro. Sie muss von den Landkreisen und Kommunen voll übernommen werden.

Sie hätten es in der Hand, eine kurzfristige Lösung zu bieten. Aber Sie verweigern sich.

(Beifall bei den Freien Wählern und der SPD)

Sie schämen sich nicht, einen solchen Wassersuppenantrag vorzulegen. Ich sage es noch einmal: Dieser Antrag ist so dünn, dass man sich mit dieser Wassersuppe höchstens die Füße waschen könnte.

(Heiterkeit und Beifall bei den Freien Wählern und der SPD - Zurufe von der CSU)

Wenn man diese Wassersuppe essen würde, würde selbst ein Fettleibiger magersüchtig.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

So etwas legen Sie vor! Ich sage es noch einmal: Wenn nicht Weihnachten vor der Tür stünde, müsste man diesen Witzantrag ablehnen. Wir werden uns bestenfalls der Stimme enthalten, weil es darin überhaupt kein Übergangsszenario gibt.

(Zuruf von der CSU: Oh, oh! - Tobias Thalham- mer (FDP): Weil Weihnachten vor der Türe steht! - Weitere Zurufe - Glocke des Präsidenten)

Und dann noch Ihre Krokodilstränen, das Hohe Haus möge die Botschaft nach Berlin senden. Dass wir diesem Witzantrag einstimmig zustimmen, können Sie von uns nicht erwarten.

(Beifall bei den Freien Wählern und der SPD - Zurufe von der CSU)

Ich fasse zusammen: Erstens. Geben Sie den Kommunen jetzt in den bevorstehenden Haushaltsverhandlungen das Geld, das ihnen zusteht.

Zweitens. Setzen Sie sich auf Bundesebene bei Ihren eigenen Leuten dafür ein, dass etwas passiert, aber legen Sie nicht so lächerliche Anträge vor.

(Beifall bei den Freien Wählern, der SPD und den GRÜNEN - Zurufe von den Freien Wählern: Bravo!)

Danke schön, Herr Kollege Aiwanger. Weitere Wortmeldungen liegen nicht mehr vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung, wenn wir uns wieder etwas abgeregt haben.

Wir werden für die Abstimmung die Anträge wieder trennen. Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 16/6712 - das ist der interfraktionelle Antrag der Fraktionen von FDP und CSU - seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Fraktionen der CSU und der FDP. Gegenstimmen? - Das sind die Fraktionen der SPD und der GRÜNEN. Stimmenthaltungen? - Das ist die Fraktion der Freien Wähler.

(Hubert Aiwanger (FW): Das ist unser Weihnachtsgeschenk!)

Damit ist der Dringlichkeitsantrag angenommen.

(Zurufe und Unruhe)

Wir kommen jetzt zum Dringlichkeitsantrag der Freien Wähler auf Drucksache 16/6730. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Freien Wähler, die SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? Das sind die Fraktionen von CSU und FDP. Stimmenthaltungen? - Ich sehe keine. Damit ist dieser Dringlichkeitsantrag abgelehnt.

Ich rufe nun zur gemeinsamen Beratung auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Georg Schmid, Renate Dodell, Alexander König u. a. und Fraktion (CSU), Tobias Thalhammer, Dr. Franz Xaver Kirschner, Dr. Otto Bertermann u. a. und Fraktion (FDP) Möglichkeiten der Energiespeicherung ausschöpfen - Energiespeicher Riedl nutzen (Drs. 16/6713)

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Ludwig Wörner, Kathrin Sonnenholzner u. a. und Fraktion (SPD) Pumpspeicherkraftwerke in Bayern - Projekt "Energiespeicher Riedl" voranbringen (Drs. 16/6720)

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Tanja Schweiger, Thorsten Glauber u. a. und Fraktion (FW) Energiespeicher sind wichtiger Bestandteil für den weiteren Ausbau erneuerbarer Energiequellen - Pumpkraftspeicher Riedl (Drs. 16/6731)

Antrag der Abgeordneten Margarete Bause, Thomas Mütze, Ulrike Gote u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Kataster für mögliche Standorte für Pumpspeicherkraftwerke in Bayern (Drs. 16/5260)

Im Einvernehmen der Fraktionen wird der Tagesordnungspunkt 24 in die Beratungen einbezogen. Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Erster Redner ist der Kollege Erwin Huber.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es sind jetzt drei Dringlichkeitsanträge und ein Antrag im Zusammenhang mit Speicherkapazitäten für erneuerbaren Energien aufgerufen. Ich sehe eine große Übereinstimmung im Bayerischen Landtag, dass wir die erneuerbaren Energien weiter ausbauen. Wir haben in Bayern derzeit etwa 10 % aus regenerativen Energien und 15 % aus der Wasserkraft, also zusammen etwa 25 %. Das wird sich bis

zum Jahr 2030 mindestens verdoppeln. Das heißt, die Stromversorgung in Bayern wird immer mehr auf der Säule erneuerbarer Energien beruhen. Das ist gut so, das ist auch richtig und ökologisch sinnvoll, wenn es auch sehr teuer ist.

Aber wir wissen auch, dass erneuerbare Energien, vor allem aus Sonne und Wind, nur temporär anfallen. In Bayern gibt es 1.000 Sonnenstunden im Jahr, in denen man Strom gewinnen kann, und vielleicht 2.000 Stunden mit Wind, aber in der restlichen Zeit brauchen wir auch Strom. Das heißt, wir müssen auch in anderer Weise die Stromversorgung sichern, und es wäre vorteilhaft, wenn es dafür Speicherkapazitäten gäbe.

Das kann im Zusammenhang mit der E-Mobilität erfolgen, aber es liegt auch nahe, dass wir Speicherkapazitäten durch Pumpwerke schaffen, um auf diese Art und Weise Energie für den Fall zu speichern, dass Sonne und Wind nicht verfügbar sind. Deshalb ist die Entscheidung zu treffen, wie wir bei einem Ja zu erneuerbaren Energien auch den Bereich der Nutzbarkeit weiter ausdehnen. Um es populistisch zu sagen: Wer A, nämlich alternative Energien, sagt, der muss auch B sagen, nämlich Pumpspeicherwerke. Das ist zwar sprachlich nicht ganz richtig, aber energiewirtschaftlich schon. Das heißt, wer Ja sagt zu erneuerbaren Energien, der muss auch den Mut aufbringen, Speicherkapazitäten zu schaffen.

Es gibt eine Planung in Riedl südlich von Passau, durch Zusammenarbeit der dortigen Kraftwerke - Jochenstein, das ist ein Gemeinschaftsunternehmen Bayern/Österreich - eine entsprechende Pumpspeicheranlage zu schaffen. 300 Megawatt sind eine große Leistung, aber 350 Millionen Euro sind auch ein hoher Betrag. Das Ganze scheint energiewirtschaftlich sehr sinnvoll zu sein. Deshalb wollen wir mit diesem Antrag und dem heutigen Beschluss des Landtags diesem Vorhaben prinzipielle politische Unterstützung geben.

Es ist völlig klar, dass die Belange von Wasser- und Naturschutz im Raumordnungs- und im Planfeststellungsverfahren in besonderer Weise geprüft werden müssen. Diese sind angelaufen, und von ihnen hängt die Realisierung des Vorhabens natürlich ab.

Ich begrüße es sehr, dass neben CSU und FDP als Antragstellern in den Dringlichkeitsanträgen von SPD und Freien Wählern die gleiche Grundtendenz besteht. Offenbar sind die Freien Wähler nicht nur in der Lage, sich zu enthalten, sondern gelegentlich auch einmal zu etwas Ja zu sagen. Das ist eine neue Erfahrung.

(Hubert Aiwanger (FW): Wenn es Sinn macht schon, Herr Huber! Bei Ihnen ist es immer schwer!)

Ich würde Ihnen empfehlen, Ihre Fraktion in "Fraktion Enthaltung" umzutaufen. Das passt besser zu Ihrem politischen Verhalten.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU - Hubert Ai- wanger (FW): Und Sie als "Fraktion C" für Chaos!)

Aber an die Adresse der SPD und der Freien Wähler muss ich gleich sagen: Das, was Sie im zweiten Teil schreiben, nämlich die Staatsregierung zu beauftragen, weitere Standorte zu untersuchen und vorzulegen, ist aus unserer Sicht nicht angebracht und auch nicht sinnvoll. Es ist auch nicht Aufgabe des Staates. Die Energiewirtschaft ist privatwirtschaftlich organisiert. Warum soll der Staat mit hohem Aufwand Standorte suchen? Das soll die Energiewirtschaft selber machen.