Für mich als Justizministerin ist es elementar, dass kriminelle Machenschaften konsequent verfolgt und hart bestraft werden. Liebe Petra Guttenberger, ich unterstütze voll, was du gesagt hast. Mit harter Bestrafung meine ich nicht Geldstrafen, die möglicherweise aus den ergaunerten Gewinnen bezahlt werden. Wir müssen vielmehr an das Eingemachte gehen. Die Sanktion muss gespürt werden.
Die Hersteller des verseuchten Tierfutters waren in anderen Ländern tätig. Wären wir aber in Bayern betroffen, dann könnten wir sagen: Wir haben die zentralen Voraussetzungen: Wir haben den kurzen Draht zu allen Beteiligten. Es gibt bei allen Staatsanwaltschaften in Bayern spezielle Ansprechpartner für Lebensmittelstraftaten. In der Vergangenheit haben wir in groß dimensionierten Fällen mit einer Vielzahl von Taten und Beschuldigten punktgenau reagiert. Wir haben bayernweite Spezialzuständigkeiten in Kempten und in Memmingen geschaffen - Herr Arnold, das wissen auch Sie -, und wir werden in Zukunft noch mehr tun. Ich werde eine Staatsanwaltschaft als Schwerpunktstaatsanwaltschaft benennen, die das fachliche Know-how bündelt und die bei solchen Verfahren konzentriert arbeiten kann. Damit sind Ihre Forderungen genauso erfüllt wie ein wichtiger Punkt des 14-Punkte-Programms.
Es bleibt die Frage nach dem Strafrahmen. Wenn jemand Futtermittel systematisch und nur, um die eigene Kasse aufzufüllen, verunreinigt, können meist Freiheitsstrafen bis zu zehn Jahren verhängt werden. Das ist schon jetzt so. Ansonsten haben wir Spezialtatbestände im Lebensmittel- und Futtermittelgesetz, die ebenfalls mehrjährige Haftstrafen ermöglichen. Ich frage mich allerdings, ob das Futtermittelstrafrecht schwerste Fälle nicht sogar als Verbrechen einstufen muss, und das heißt mit einer Mindeststrafe von einem Jahr. Wer aus reiner Profitgier die Gesundheit der Verbraucherinnen und Verbraucher aufs Spiel setzt, darf nicht nur mit einer Geldstrafe davonkommen.
Wir haben also viel getan, wir tun auch weiterhin sehr viel. Wir werden informieren, sobald wir über die Fakten Bescheid wissen. Wir werden überprüfen und weiter optimieren. Ich bin überzeugt davon: Was in Bayern getan wird, kann sich sehen lassen, auch wenn es dafür einen Pisa-Test gäbe.
Erste Lesungen zu Gesetzentwürfen, die ohne Aussprache an den jeweils federführenden Ausschuss überwiesen werden sollen:
Gesetzentwurf der Abgeordneten Margarete Bause, Thomas Mütze, Ulrike Gote u. a. und Fraktion (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) zur Änderung der Bayerischen Bauordnung (Drs. 16/6309)
Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Gesundheitsdienst- und Verbraucherschutzgesetzes (Drs. 16/6982)
In der Tagesordnung sind die zur Überweisung anstehenden Gesetzentwürfe mit den als federführend angesehen Ausschüssen aufgeführt. Gibt es hinsichtlich der Zuweisungsvorschläge noch Änderungswünsche? - Das sehe ich nicht. Dann kommen wir zur Beschlussfassung über die Zuweisungen. Wer mit der Überweisung an die zur Federführung vorgeschlagenen Ausschüsse einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Das waren alle Fraktionen des Hauses. Gegenprobe? - Enthaltungen? Dann ist das so beschlossen. Die Gesetzentwürfe werden den genannten Ausschüssen zur Federführung zugewiesen.
Gesetzentwurf der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Dr. Paul Wengert, Angelika Weikert u. a. und Fraktion (SPD) zur Sicherung von Tariftreue und Mindestlohn, ökologischen Kriterien und Frauenförderung bei Auftragsvergaben des Freistaats und der Kommunen (Bayerisches Vergabegesetz - BayVG) (Drs. 16/6700)
Gesetzentwurf der Abgeordneten Margarete Bause, Thomas Mütze, Ulrike Gote u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) eines Bayerischen Gesetzes zur Sicherung von Tariftreue, Sozialstandards und Wettbewerb bei öffentlicher Auftragsvergabe (Bayerisches Tariftreue- und Vergabegesetz - BayTarifG) (Drs. 16/6854) - Erste Lesung
Der Gesetzentwurf der SPD-Fraktion wird von Herrn Kollegen Dr. Wengert begrüßt - ich meine natürlich begründet. Begrüßt wird der Gesetzentwurf wahrscheinlich auch.
Vielen Dank. - Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn die öffentliche Hand aus Steuermitteln Aufträge für öffentliche Infrastrukturmaßnahmen wie beispielsweise für große Bauvorhaben, für den Straßenbau, für Schulsanierungen oder auch für den Schienenverkehr erteilt, dann ist es eigentlich Pflicht und auch Selbstverständlichkeit, dass die Arbeiten nicht zu Dumpinglöhnen erbracht werden dürfen. Die Beschäftigung zu Löhnen, die durch Sozialleistungen aufgestockt werden müssen, soll und darf durch den Zuschlag bei der Vergabe öffentlicher Aufträge nicht gefördert werden. Es kann nicht angehen, dass allein der niedrigste Preis für die Vergabe ausschlaggebend ist. Es muss Schluss sein damit, dass Firmen ihren Beschäftigten Hungerlöhne zahlen, um bei Ausschreibungen zulasten ihrer Beschäftigten einen Wettbewerbsvorteil zu haben. Beide vorliegenden Gesetzentwürfe sehen hierfür Regelungen vor.
Wir wollen nicht, und das wollen auch die Wirtschaft und insbesondere das Handwerk nicht, dass solche Wettbewerbsvorteile entstehen. Wir wollen die heimische Wirtschaft vor Billigkonkurrenz schützen und den Beschäftigten existenzsichernde Löhne gewährleisten. Wir wollen einen fairen Wettbewerb, einen Wettbewerb um Zuverlässigkeit, um Leistungsfähigkeit und um Fachkunde. Wir wollen Wettbewerbsverzerrungen vermeiden, die dadurch entstehen, dass der Wettbewerbsvorteil auf Lohndumping beruht. Das ist umso dringlicher, als ab 1. Mai 2011 für die Bürgerinnen und Bürger aus acht der zwölf osteuropäischen EU-Beitrittsländer das Recht besteht, Arbeit überall in der EU aufzunehmen. Wir wollen nicht, dass diese Menschen aufgrund des Herkunftslandprinzips mit
Wir haben aufgrund der Dienstleistungsrichtlinie ja nur in einigen wenigen Sparten unsere Mindestlöhne als maßgeblichen Ansatz.
Mit dem Bayerischen Vergabegesetz, das wir Ihnen im Entwurf vorlegen, wollen wir auch die Arbeitslosigkeit bekämpfen und die sozialen Sicherungssysteme stärken.
Es liegt Ihnen auch ein Gesetzentwurf der GRÜNEN vor, der nur eine Woche nach unserem Entwurf eingereicht wurde. Beim Gesetzentwurf der GRÜNEN hat anscheinend die Hast gesiegt, denn eine Begründung wurde leider nicht beigefügt. Durch Vollzeitbeschäftigungen, in denen das erzielbare Einkommen so gering ist, dass es durch Sozialleistungen aufgestockt werden muss, wird das System der sozialen Sicherheit durch ein niedriges Beitragsaufkommen geschwächt. Wer nicht viel verdient, zahlt eben auch keinen hohen Beiträge, und so setzt sich die Kette fort bis hin zur Altersarmut. Die Bekämpfung von Arbeitslosigkeit und die Stärkung der sozialen Sicherungssysteme sind entscheidende Belange des Allgemeinwohles, die die Regelungen in dem von uns vorgelegten Gesetzentwurf verfassungsfest machen.
Absolut dringender Handlungsbedarf besteht auch deshalb, weil seit der Aufhebung des Bayerischen Bauaufträge-Vergabegesetzes durch die CSU/FDPMehrheit des Landtags am 16.12.2009 ein Vakuum entstanden ist. Ohne wirkliche Not wurde dieses Gesetz im Hauruck-Verfahren kassiert, nachdem es das Bayerische Staatsministerium des Innern schon eineinhalb Jahre zuvor für nicht mehr anwendbar erklärt hat, am Landtag, am Gesetzgeber vorbei. Die Zeitspanne bis zur Befassung des Landtags erschien selbst dem damaligen Debattenredner Erwin Huber als "ungewöhnlich lang".
Wir legen dem Landtag mit unserem Gesetzentwurf einen Lösungsvorschlag vor, in welchem Regelungen zur öffentlichen Auftragsvergabe des Freistaats und der Kommunen in Bayern und von Einrichtungen und Verbänden, die diesen gleichzustellen oder gleichgestellt sind, und zu den bei Ausschreibungen zu beachtenden Grundsätzen getroffen werden. Hierzu zählen: die Bindung an die nach dem Arbeitnehmerentsendegesetz fixierten Löhne; die Bindung an die in Bayern für Tarifvertragsparteien geltenden Lohntarife in Ausschreibungen von Leistungen des öffentlichen Personennahverkehrs; die Festschreibung eines Mindestlohns von 8,50 Euro pro Stunde, soweit es für bestimmte Branchen keine Tarifverträge gibt oder die
dort vorgesehenen Tariflöhne diesen Betrag unterschreiten. Die Beachtung ökologischer Kriterien und die Frauenförderung runden dieses Gesetz ab. Entsprechende Regelungen auf Bundesebene, die gemäß Art. 74 des Grundgesetzes im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebung den Vorzug genießen würden, sind nicht in Sicht. Deshalb müssen wir so handeln, wie das einige andere Länder schon getan haben und wie die meisten anderen Länder in der Bundesrepublik das in den nächsten Monaten tun werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Staatsregierung hat ein ganzes Jahr verstreichen lassen ohne zu handeln. Die SPD-Fraktion handelt ganz im Gegensatz zu der Behauptung von Herrn Kollegen Schmid, die dieser bei der Aussprache zur Regierungserklärung des Ministerpräsidenten aufgestellt hat. In unseren Reihen herrscht der Stillstand jedenfalls nicht. Wir haben alle denkbaren Streitfragen insbesondere im Hinblick auf das europäische Gemeinschaftsrecht, das Grundgesetz, die Bayerische Verfassung und die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs überprüft. Wir freuen uns auf die Beratung zu unserem Gesetzentwurf in den Ausschüssen. Wir werden dort auch zum Gesetzentwurf der GRÜNEN zum Vergaberecht, der im Eilverfahren eingebracht wurde, detailliert Stellung nehmen.
Vielen Dank, Herr Kollege. Den Gesetzentwurf der GRÜNEN begründet Herr Kollege Dr. Runge. Bitte schön.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Es ist erstaunlich, was Kollege Wengert mit "Hast" und "Eilverfahren" meint. Wenn er sich ein bisschen mit der Thematik befasst hat, wird er gesehen haben, dass wir seit zwölf Jahren jede Menge Anträge und Gesetzentwürfe geschrieben haben. Selbst die letzte Novellierung des BauaufträgeVergabegesetzes wurde durch uns initiiert. Im Übrigen, Herr Kollege Wengert, die Begründung finden Sie in unserem Gesetzentwurf vorne.
Wir haben genauso wie Sie manche Teile aus den Bundesländern übernommen, die schon eine mit dem Rüffert-Urteil verträgliche Regelung gefunden haben, und die dann jeden Satz einzeln begründet. Das einfach abzutippen, denke ich, ist es nicht wert.
Also es geht um eine wichtige Causa, nämlich darum, eine Rechtsgrundlage für Tariftreueregelungen wiederherzustellen. Herr Kollege Wengert hat zu Recht angemahnt, dass die Staatsregierung ein Jahr lang gar nichts gemacht hat. Sie hat ohne Not - das Ge
setz hieß damals Gesetz zur Änderung des Pressegesetzes und anderer Gesetze - die bisherige Regelung aufgegeben, und das in einer Sache, bei der sie sich vorher immer so gelobt hat. Wir waren ja ganz vorne dran. Es war im Juni 1996. Damals gab es zum ersten Mal den Beschäftigungspakt Bayern. Ein Teil davon hieß Beschäftigungsprogramm. In diesem Beschäftigungsprogramm hat sich der Freistaat Bayern zum ersten Mal verpflichtet, bei Ausschreibungen und bei Vergaben die Tariftreue abzufragen. Das Ganze ist irgendwann einmal in Gesetzesform gekleidet worden. Das war im Jahr 2000 mit dem Bayerischen Bauaufträge-Vergabegesetz. Das wurde im Jahr 2007 modifiziert, weil es mittlerweile entsprechende Gerichtsurteile gab, die dies ermöglicht hatten. Ich darf daran erinnern, dass das nicht die einzige Geschichte seitens der Staatsregierung und in diesem Landtag war. Wir haben beispielsweise ganz maßgeblich dazu beigetragen, dass das Vergaberechtsänderungsgesetz gemacht wurde und damit das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB - beispielsweise in seinem Artikel 97 Absatz 4 geändert worden ist. Dabei ging es um zweifelsfrei soziale und ökologische Kriterien auf allen Stufen der Vergabe. Das hat dann die Bundesregierung auch auf Druck von Bayern gemacht. Zumindest hat der damals zuständige Staatssekretär Kajo Wasserhövel gesagt, dass der Bund eine solche Änderung im GWB niemals ohne den radikalen Beschluss des Bayerischen Landtages gemacht hätte. Das war damals der gemeinschaftliche Antrag "Kinderarbeit", in dem viel mehr drinsteckte.
Der Hintergrund für die Streichung war das schon genannte Rüffert-Urteil. Es ist tatsächlich so gewesen, dass eine Regelung im niedersächsischen Landesvergabegesetz kritisch gestellt worden ist, die der Regelung in unserem Bauaufträge-Vergabegesetz weitgehend entsprochen hat. Die Richter haben gesagt, es gebe keine Allgemeinverbindlichkeitserklärung für den Baugewerbetarif und darum könne man die überragende Wichtigkeit der Ziele, die hinter der Vergaberegelung stecken, nicht begründen, um die Freizügigkeit im Binnenmarkt auszuhebeln.
Man muss ganz klar sagen: Die bayerische Regelung ist ohne Not ausgesetzt worden, weil kein konkretes Verfahren gegen bayerische Vergaben vorgelegen hat. Genauso war es dann auch um die Änderung bestellt.
Die Kollegen von der SPD und wir haben uns darangemacht und geschaut, wie andere Länder, zum Beispiel Bremen, ihre Tariftreueregeln nach dem RüffertUrteil so gestaltet haben, dass die Problematik trotzdem europarechtskonform gelöst werden kann. Wir haben die entsprechenden Vorschläge vorgelegt. Wir sagen ganz klar: Die Tariftreueregelungen, die es
zuvor in den einzelnen Ländern gab, waren nicht aus Jux und Tollerei gemacht, sondern wohl begründet.
Eines ist doch ganz wichtig: Fairer Wettbewerb herrscht dann nicht, wenn das eine Unternehmen gute Löhne zahlt, das andere nicht, wenn ein Unternehmen beispielsweise ausbildet, das andere nicht, wenn ein Unternehmen Umweltstandards hochhängt und einhält und das andere nicht. Wir brauchen gleiche Wettbewerbsbedingungen.
Es gab jede Menge Gerichtsurteile. Das Schönste für uns war letztlich das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Berliner Vergabegesetz. Da haben die Richter gesagt, das ist kein Eingriff in die negative Koalitionsfreiheit. Sie haben auch gesagt, die Länder dürfen so etwas machen, solange der Bund es nicht voll ausschöpft. Aus diesem Gerichtsurteil, Herr Kollege Wengert, haben wir einige entscheidende Sätze in unseren Vorspann, den Sie gerne auch als Begründung sehen können, hereingenommen.
Die Erstreckung der Tariflöhne auf Außenseiter soll einem Verdrängungswettbewerb über die Lohnkosten entgegenwirken, die Ordnungsfunktion der Tarifverträge unterstützen und damit zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit im Bausektor beitragen. Sie dient dem Schutz der Beschäftigung, solcher Arbeitnehmer, die bei tarifgebundenen Unternehmen arbeiten, und damit auch der Erhaltung als wünschenswert angesehener sozialer Standards und der Entlastung der bei hoher Arbeitslosigkeit oder bei niedrigen Löhnen verstärkt in Anspruch genommenen Systeme der sozialen Sicherheit.
Dieser Gemeinwohlbelang, dem die Tariftreueregelung Rechnung zu tragen versucht, besitzt eine überragende Bedeutung.
Sie finden in unserem Gesetzentwurf, den Sie hoffentlich ebenso wohlwollend wie den Gesetzentwurf der Kolleginnen und Kollegen der SPD-Fraktion beraten werden, verschiedene Lösungsansätze. Wir haben uns, Herr Kollege Wengert, beispielsweise immer gewundert, dass das Wirtschaftsministerium den Kommunen als den für den allgemeinen ÖPNV Zuständigen empfiehlt, die Tariftreue abzufragen. Gleichzeitig sagt uns aber der Geschäftsführer der Bayerischen Eisenbahngesellschaft, er habe vom gleichen Ministe
rium die Anweisung, für den SPNV eben nicht die Tariftreue abzufragen. Das sind Dinge, die nicht zusammengegangen sind. Beim öffentlichen Verkehr, egal ob es der Schienenpersonennahverkehr ist oder der allgemeine öffentliche Personennahverkehr, haben wir nicht die Probleme, die uns das Rüffert-Urteil geschaffen hat. Denn für die Leistungen sind wir im Grunde der alleinige Nachfrager. Wir haben das Problem sehr wohl in anderen Branchen. Da behelfen wir uns beispielsweise mit dem schon genannten Mindestlohn.