Protokoll der Sitzung vom 25.01.2011

Die Bürgerinnen und Bürger sollen wissen, wofür sie unterschrieben haben. Ich zitiere daher aus dem Flyer, den Sie verteilt haben:

Keiner will den Atommüll.

Die Entsorgung und Endlagerung des hoch radioaktiven Atommülls, der über 1 Million Jahre sicher eingelagert werden muss, ist weiterhin offen. Schwarz-Gelb verdrängt dieses Problem.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und den GRÜ- NEN)

Meine Damen und Herren, Schwarz-Gelb verdrängt hier gar nichts! Schwarz-Gelb stellt sich diesem Problem, das Sie über Jahre hinweg verdrängt haben.

(Lebhafter Beifall bei der FDP und der CSU)

Die rot-grüne Regierung hat das Moratorium Gorleben verfasst. Sie haben dafür gesorgt, dass die Endlagerfrage nicht weiter behandelt wurde. Sie haben dafür gesorgt, dass wir heute noch lange nicht da sind, wo wir stehen müssten. Sie haben verdrängt, und wir stellen uns den Problemen, seien sie auch noch so unangenehm.

(Lebhafter Beifall bei der FDP und der CSU)

Sie spielen mit den Ängsten und den Gefühlen der Bürgerinnen und Bürger, siehe das Thema der Endlagerung im Bayerischen Wald. Sie schreiben, dass der Bayerische Wald sogar zwei Gorleben bekommt, einmal den Standort Saldenburg, der immer ins Gespräch gebracht wird - vor allem von Ihnen -,

(Widerspruch bei der SPD und den GRÜNEN)

und zum anderen den Truppenübungsplatz Boletice auf der tschechischen Seite, den Sie immer als gegeben darstellen. Sie wissen ganz genau, dass das nur einer von 40 möglichen Standorten in Tschechien war. Sie spielen mit den Ängsten der Bürgerinnen und Bürger, handeln wider besseres Wissen und verweigern sich einer sachlichen Diskussion.

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Frau Kohnen, Sie haben gesagt, die Regelbarkeit der Kernkraftwerke sei nicht gegeben.

(Natascha Kohnen (SPD): Ja!)

Wie sieht es mit der Regelbarkeit der Photovoltaik aus? Die Photovoltaik ist sowas von exzellent regelbar, dass bei einem Feuerwehreinsatz, wenn die Hütte brennt, die künstliche Beleuchtung der Feuerwehr bei einem Nachteinsatz sogar die Stromversorgung provoziert.

(Widerspruch bei der SPD)

Wo ist die Photovoltaik besser regulierbar? Bitte seien Sie ehrlich, wenn Sie von der Regelbarkeit der Energie sprechen. Das betrifft viele Energieträger der konventionellen und erneuerbaren Energie.

Herr Kollege Thalhammer, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Herr Hartmann, meine restliche Redezeit reicht nicht für Ihre Ausschweifungen. Dazu bekommen Sie nachher Gelegenheit.

Meine Damen und Herren, Sie fragen, was die Verlängerung gebracht habe. Die Laufzeitverlängerung mit Stromkontingenten hat dazu geführt, dass Temelín nicht ausgebaut wird. Unmittelbar nach der Laufzeitverlängerung hat Tschechien entschieden, Temelín nicht zu erweitern, weil ihnen der Hauptkunde Deutschland abhanden gekommen ist. Das war eine positive Folge der Laufzeitverlängerung.

(Zurufe von der SPD)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich schließen. Sie fordern: Abschalten. Wir sagen ebenfalls: Abschalten, aber das Köpfchen einschalten. Wir wollen

später abschalten, nämlich dann, wenn es vernünftig ist.

(Beifall bei der FDP und der CSU - Zurufe von der SPD: Abschalten! Abschalten! Abschalten!)

Herr Thalhammer, bitte bleiben Sie stehen, da wir noch zwei Zwischenbemerkungen haben. Ich darf Sie jedoch darauf aufmerksam machen, dass Sie die Hilfsmittel für Ihre Rede nicht so deutlich nach oben halten sollten. Das müsste vom Ältestenrat vorher genehmigt werden.

Meinen Sie das?

(Abgeordneter Tobias Thalhammer zeigt eine Ausgabe des Magazins "SPIEGEL")

- Ich meine das.

(Harald Güller (SPD): Ist unsere Petition erlaubt? Vernünftige Dinge darf man immer nach oben halten!)

- Das gilt ebenso für die Petition. Wir kommen zur Zwischenbemerkung des Herrn Kollegen Hartmann.

Sehr geehrter Herr Kollege, Sie haben reichlich zum Thema Regelbarkeit von Kraftwerken ausgeholt. Ich stimme Ihnen vollkommen zu: Windkraftwerke sind nicht regelbar. Das gilt in dieser Form auch für Solaranlagen. Sind wir uns da nicht einig? In der Übergangsphase, bis die Smart Grids, die modernen Netze, und das Energie- und Lastmanagement gescheit funktionieren, sollte der andere Stützpfeiler der deutschen Energieversorgung gut regelbar sein. Das bedeutet: Neben den Windkraftanlagen dürfen nicht zeitgleich Kernkraftwerke betrieben werden. Wir brauchen regelbare Kraftwerke wie die modernen Gaskraftwerke. Da sind wir doch sicher einer Meinung.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Sie werfen mir vor, wir spielten mit den Ängsten der Bevölkerung. Wovor haben die Leute eigentlich Angst? Sie haben Angst vor den Kernkraftwerken das ist unumstritten. Sie spielen das Thema so herunter, als hätten wir uns die Frage des Endlagers nie gestellt. Man wollte ergebnisoffen suchen und keine Fakten über die Köpfe der Menschen hinweg schaffen. Was macht die Staatsregierung? Eine Behörde des Umweltministeriums verfasst innerhalb weniger Monate auf nicht einmal 20 Seiten eine Broschüre, der zu entnehmen ist: Ganz Bayern ist nicht geeignet. Warum untersucht man Gorleben über 20 Jahre ohne Ergebnis? In Bayern bekommt man das in ein paar

Monaten auf knappen 20 Seiten hin. Das, was hier geführt wird, ist keine ehrliche Debatte.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Herr Kollege Thalhammer, Sie haben das Wort.

Herr Kollege Hartmann, ich bin mit Ihnen einer Meinung, dass das Sankt-Florians-Prinzip auch bei der Kernenergie nicht gelten darf. Da wir 60 % des Stroms aus der Kernenergie beziehen, müssen wir uns intensiv mit der Frage der Endlagerung auseinandersetzen - noch besser mit der Vermeidung. Da sind wir vollkommen d’accord. Aus diesem Grund ist mit den ersten Anträgen der FDP und der CSU in dieser Legislaturperiode gefordert worden: In Berlin sollen sie schnell in die Puschen kommen und sich professionell sowie ergebnisoffen - Sie haben dieses Wort selbst benutzt - der Endlagerfrage stellen. Zudem ist gefordert worden, Ihr Moratorium aufzuheben.

Herr Hartmann, Sie sprechen davon, dass Sie als gute Menschen ein Moratorium verhängt hätten, um die Endlagerfrage ergebnisoffen zu klären. Ich möchte Sie bitten, mir zu erklären, was ein ergebnisoffenes Moratorium ist. Das gibt es nämlich nicht. Sie haben damals einfach die erneuerbaren Energien in die Welt gesetzt. Das war sehr gut und lobenswert. Sie haben aber nicht weiter gedacht und sind der unangenehmen Frage nach der Endlagerung charmant ausgewichen, indem Sie ein Moratorium verhängt haben.

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Das war nicht ergebnisoffen. Das war engstirnig, Herr Kollege Hartmann. Ich bin ebenfalls mit Ihnen einer Meinung, dass wir flexible Kraftwerke benötigen, zum Beispiel Gaskraftwerke, meinetwegen sogar Biogaskraftwerke. Ich erinnere jedoch daran, dass gerade Ihre Gruppierung überall dort, wo es um Anlagen für erneuerbare Energien geht - beim Pumpspeicherkraftwerk in Riedl, beim Gaskraftwerk in Schwandorf -, an vorderster Front dagegen gekämpft hat. So geht es auch nicht.

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Die nächste Zwischenbemerkung kommt von Herrn Kollegen Wörner.

Lieber Herr Kollege Thalhammer, jetzt blasen Sie Ihre Backen nicht so auf.

(Beifall bei der SPD)

Ich möchte Sie gerne daran erinnern, dass Sie am Ende wieder mit leeren Händen dastehen könnten. Sie waren mit uns vor Ort und haben gesagt, man könnte mit Ihnen über die Abschaltung von Isar 1 reden. Acht Tage später im Umweltausschuss haben Sie dann gekniffen, weil Sie von Ihrem eigenen Laden und Ihrem Koalitionspartner zurückgepfiffen worden sind. Wer dann hier die Backen aufbläst, ist nicht glaubwürdig. In der Politik geht es uns um Glaubwürdigkeit und nicht um die Show, wie Sie sie hier liefern.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Thalhammer, ich will Ihnen noch etwas auf den Weg geben. Das müsste sich Ihnen eigentlich selbst erschließen. Hätten Sie in Bezug auf Isar 1 mit uns gestimmt, wäre dies eine deutliche Position gewesen. Sie haben sich heute unglaubwürdig gemacht. Damit müssen Sie leben.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Thalhammer.

Lieber Herr Kollege Wörner, leider habe ich nicht Ihren Bartwuchs. Deshalb sieht man meine Backen etwas mehr.