Jetzt, liebe Kolleginnen und Kollegen, geht es darum, die klare Feststellung zu treffen, dass das ausreichend war. Wir haben solidarisch zur Rettung beigetragen und damit die anderen Mitgliedstaaten der EU entsprechend geschützt. Jetzt aber liegt der Ball bei den anderen, und die betroffenen Länder müssen ihre Reformbemühungen strikt einhalten. Wir wollen, dass
die EU-Währung langfristig stabilisiert wird. Dazu ist es zwingend notwendig, dass auch die anderen Staaten ihren Beitrag dazu leisten. Wir dürfen sie nicht aus der Pflicht entlassen. In diesem Punkt müssen wir hart verhandeln. Deshalb fordern wir die Bayerische Staatsregierung mit unserem Antrag auf, sich entsprechend einzubringen, um dieses Ziel zu erreichen.
Es ist ein ganz wichtiges Ziel. Wir brauchen diese Gemeinschaftswährung und stehen dazu, wie wir auch zur EU insgesamt stehen. Deutschland profitiert davon und wir leben sehr gut davon. Das alles muss erhalten bleiben. Und dazu müssen nun auch die anderen Mitgliedstaaten in die Pflicht genommen werden. Wichtig dabei ist, die Verschuldung nicht weiter ausufern zu lassen, um nicht in eine große Inflation zu stürzen. Auch das ist ein Stück weit Sozialpolitik. Eine starke Inflation trifft hauptsächlich die Schwachen mit geringem Einkommen, etwa unsere Rentner, die keine Möglichkeit mehr haben, Lohnerhöhungen auszuhandeln etc. Ich will draußen unter Umständen der Oma nicht erklären müssen, dass jetzt die Butter wieder teurer geworden sei und sie sich nicht mehr leisten könne. Deswegen ist auch das Sozialpolitik, dem entschieden entgegenzutreten und darauf zu bestehen, dass der Rettungsschirm ausreichend ist und auch die anderen Staaten ihren Beitrag dazu leisten, dieses Problem langfristig zu lösen.
Der Antrag der Freien Wähler geht zwar in die richtige Richtung, erwähnt aber Dinge wie etwa Rettungsautomatismen, die es nicht gibt. Dieser Antrag geht daher zwar in die richtige Richtung, enthält aber falsche Inhalte.
Ich bedanke mich bei euch für die Unterstützung. Aber wir können dem Antrag der Freien Wähler leider nicht zustimmen, weil er sachlich Falsches enthält. Ich bitte um Verständnis, dass wir dem Begehren nicht zustimmen können. Wir begrüßen es aber, dass ihr euch in dieser Richtung äußert und euch mit einbringt. Herzlichen Dank dafür! Nehmen wir die Verantwortung wahr.
Wir bitten um Zustimmung zu unserem Antrag. Den Antrag der Freien Wähler werden wir, wie gesagt, leider ablehnen müssen.
Meine Damen und Herren! Herr Kollege Dechant hat den im März anstehenden EU-Gipfel bereits angesprochen. Dort wird die Zukunft unserer Währung ein zentrales Thema sein. Dabei geht es um die eine Frage: Werden wir die jetzige Situation stabilisieren? Die andere mindestens genauso wichtige Frage wird natürlich sein: Werden wir es schaffen, dass sich so etwas nicht wiederholt?
- Hören Sie mir zu, Herr Halbleib. Dann werden Sie mehr hören. In der Replik können Sie dann darauf eingehen.
Dem ersten Teil des Antrags - keine Ausdehnung des jetzigen Rettungsschirms - ist voll und ganz zuzustimmen; denn der Rettungsschirm wurde bisher kaum ausgenützt.
Momentan wird diskutiert, den Rettungsschirm auf Verdacht zu erweitern. Der Rettungsschirm muss eine Ultima Ratio sein. Das primäre Ziel ist es, dass verschuldete Staaten ihre Hausaufgaben machen, entsprechende Reformen vorbereiten und die Stabilitätskultur ein Stück weit übernehmen, die wir in Bayern bzw. in Deutschland vorleben. Gerade mit Blick auf die im März stattfindende Sitzung des Rates in Brüssel möchte ich auf die Bedeutung der Stabilitätskultur hinweisen. Zurzeit haben wir im Bayerischen Landtag selber Haushaltsdebatten. Nähme ich den Haushalt des Landes Nordrhein-Westfalen, sähen sich die Griechen wohl aufgefordert, noch mehr Schulden zu machen.
Man kann auf europäischer Ebene nur dann die Erfüllung von Vorgaben fordern, wenn man selber den starken Staat vorlebt.
- Sie wissen doch selber, seit wann Rot-Grün eine entsprechende Verschuldung zulässt. Darum sind die Schuldenbremse und der ausgeglichene Haushalt auf deutscher, also auf nationaler Ebene, für Staaten in der EU das richtige Zeichen, in dieser Richtung vorzugehen.
Wir lehnen eine Transferunion entschieden ab. Wir kämpfen auch in Deutschland, denn es kann nicht sein, dass Gelder vermehrt in andere Bundesländer fließen. Das darf auch auf europäischer Ebene nicht einreißen.
Das eine ist die Zeit, die wir jetzt bekommen. Der andere Aspekt ist, es zu schaffen, dass sich so etwas nicht wiederholt. Wir müssen schauen, dass die Stabilitätskultur europäisiert wird, dass es rechtzeitig Verfahren gibt, diese Verfahren schnell zu entscheiden und dass es auch hier einen automatischen Mechanismus gibt, dass also die Sünder nicht über sich selber zu Rate sitzen, wie wir es - leider Gottes auch schon unter deutscher Beteiligung - oft genug erlebt haben.
Eine Koordinierung der Wirtschaftspolitik auf europäischer Ebene muss verhindern, dass die Leistungsfähigkeit der Volkswirtschaften in Europa nicht noch weiter auseinander geht, sondern sie muss zusammengeführt und darf nicht als Vehikel dafür genutzt werden, starke Staaten zu bremsen. Genau das ist hinter dem Versuch anderer Länder zu sehen. Und: Wir dürfen keine entsprechenden Kompetenzen auf die europäische Ebene abgeben; denn wer dort europäische Kompetenzen wahrnimmt, hat es immer mit 26 anderen Staaten zu tun. Da ist die Gefahr relativ groß.
Zum Antrag der Freien Wähler möchte ich nur anführen: Es wurde von einem Rettungsautomatismus gesprochen. Vielleicht kann der Nachredner kurz erklären, wo dieser Rettungsautomatismus für Staaten und Banken bereits vorhanden ist. Da wir ihn nicht kennen, werden wir ihn auf jeden Fall ablehnen.
Herr Kollege, bleiben Sie bitte noch am Redepult. Ich habe eine Zwischenbemerkung von Herrn Kollegen Hallitzky vorliegen. Herr Hallitzky, bitte schön.
Herr Kollege Radwan, nur in aller Kürze: Wenn Sie die Finanzsituation von NRW mit Griechenland vergleichen, dann haben Sie von der Materie wirklich sehr wenig Ahnung.
Wenn Sie die Verfassungswidrigkeit des NRW-Haushalts und die Ursachen dafür anschauen, werden Sie feststellen: NRW hat im ersten Jahr im Haushalt praktisch keine eigenen Akzente gesetzt, sondern nur die versteckten Schulden aufgedeckt, die die Regierung Rüttgers beispielsweise bei der unzureichenden Vorsorge der WestLB hinterlassen hat. - War es Schwarz-Gelb? Ich weiß nicht, ob die FDP dabei war.
Die Schulden, die die schwarz-gelbe Politik hinterlassen hat und zu verstecken versucht hat, wurden aufgedeckt. Das war verfassungswidrig. Sie können das vergleichen. Schwarz-Gelb hat NRW wie ein Auto an die Wand gefahren, ist ausgestiegen und hat gesagt, das Auto sei noch ganz. Dann sind andere eingestiegen, die gesagt haben, das Auto sei kaputt, man müsse es richten. Und dann sagen Sie: Um das Auto zu richten, geben wir euch das Geld nicht. Und das ist verfassungswidrig? Meine Lieben, da legen Sie eine ziemliche Doppelzüngigkeit an den Tag.
Herr Kollege Hallitzky, wer Ihren Äußerungen folgt, könnte den Eindruck gewinnen, in Nordrhein-Westfalen habe die CDU so lange regiert wie in Bayern die CSU. Die meisten Schulden wurden dort unter den SPD-Regierungen aufgebaut.
Zweitens finde ich in der Diskussion um den Euro und die Stabilitätskultur in Europa Ihre Meinung bemerkenswert, der Haushalt Nordrhein-Westfalens sei ein gutes Beispiel für andere Staaten in Europa, um die Stabilitätskultur einzuführen. Da unterscheiden wir uns gründlich.
Auf meinen Listen stehen als nächste Redner der Herr Kollege Muthmann und der Herr Kollege Halbleib. Was stimmt jetzt?
- Herr Kollege Muthmann. Der Präsident entscheidet, okay. Herr Kollege Muthmann, Sie erhalten das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Halbleib, ich hoffe, es ist für Sie in Ordnung, dass ich nun am Redepult stehe. Die beiden Vorredner haben sich an dem Begriff "Rettungsautomatismus" in unserem Antrag gestoßen. Ich will deswegen darauf zu sprechen kommen. Wir wissen auch, dass es in diesem Bereich keine gesetzlich zwingenden Rettungsautomatismen gibt. Aber es gibt immerhin das Unwort des Jahres 2010, und das heißt "alternativlos". Das hat durchaus mit der Diskussion in diesem Zusammenhang zu tun. Wegen der Systemrelevanz gefährdeter Banken und Institute wurde nämlich gesagt, wir haben keine andere Wahl, als einen Rettungsschirm zu spannen, Bürgschaften zu gewähren oder Ähnliches mehr. Das
ist ein faktischer Rettungsautomatismus. Von dem reden wir, den meinen wir, um den geht es uns. Eine ganz zentrale Zukunftsaufgabe ist es, diesen Automatismus künftig zu vermeiden, weil wir ihn uns gesamtgesellschaftlich aus verschiedensten Gründen, aus ethischen, aber auch einfach aus finanziellen und volkswirtschaftlichen Gründen nicht mehrfach leisten können. Deswegen zielt unsere Aufforderung dahin, die so verstandenen Rettungsautomatismen künftig zu vermeiden.
Zu Ihrem Antrag. Die Sorge, wir könnten uns überheben, ist berechtigt und, ich glaube, Allgemeingut. Die Sorge, dass auch die EU-Solidargemeinschaft überfordert werden kann, ist ebenfalls nicht von der Hand zu weisen. Richtig ist auch der Hinweis im letzten Satz der Begründung zum FDP/CSU-Dringlichkeitsantrag 16/7221, dass jeder Einzelstaat seiner stabilitätspolitischen Verantwortung gerecht werden muss. Das gilt aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, nicht nur mit Blick auf andere, sondern das muss auch mit Blick auf unsere eigene Verantwortung gelten. Seit der Euro-Einführung haben wir über 60 Verstöße gegen die Stabilitätskriterien von den verschiedensten Ländern, auch von der Bundesrepublik, feststellen müssen. Und alle sind folgenlos geblieben. Wie kann man da immer nur mit dem Finger auf andere zeigen, wenn man die eigene Verantwortung nicht ausreichend wahrnimmt?
Deswegen reicht es nicht, nur die Verantwortung anderer Staaten zu betonen, sondern es muss generell das Prinzip in den Vordergrund gestellt werden: Eigenverantwortung vor Solidarität. Dieses Prinzip muss auch in diesem Themenbereich Geltung beanspruchen. Wer sich nicht selbst im Rahmen seiner Möglichkeiten anstrengt, hat auch keine Hilfe verdient. In jedem Fall muss die Solidargemeinschaft vor Überforderung geschützt werden.
Das sind die Gründe, weswegen wir Ihrem Antrag zustimmen werden. Wenn man sich dieses Themas schon einmal annimmt, dann ist der Antrag zwar richtig, aber im Übrigen unzureichend, weil er nur einen, wenngleich wichtigen Teilaspekt anspricht.
Die Gründe dafür, dass die Staaten notleidend sind, sind durchaus unterschiedlich. Es mag sein, dass der eine oder andere über seine Verhältnisse gelebt hat, und zwar über die Maßen über seine Verhältnisse gelebt hat, sodass eine Staatsverschuldung eingetreten ist, die uns allen heute Sorge machen muss. Wir haben daneben aber auch die Erfahrungen mit der Finanzmarktkrise und die damit einhergehenden Belastungen, zum Beispiel aus Irland, kennengelernt. Da
durch sind die Staaten und die Europäische Union insgesamt an die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit geführt worden.
Wenn man das Ziel Ihres Antrages, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU und der FDP, auch darin sieht, die EU und die Mitgliedstaaten vor dauerhafter Überforderung zu bewahren, dann muss man auch den Finanzmarkt mit in den Blick nehmen und fordern, dass er so reguliert wird, dass wir keine weitere Finanzmarktkrise mit solchen staatlichen Rettungsschirmen und zwingenden Rettungsautomatismen erfahren, sondern dass uns das erspart bleibt.
Damit sind auch grundsätzliche Aufgabenstellungen angesprochen. Die Finanzinstitute sind heute so groß, dass sie als systemrelevant beschrieben werden. Es wird in der Finanzbranche auch beobachtet und gesagt, dass Fusionen von Finanzinstituten auch deswegen angestrebt werden, um systemrelevant zu werden. Entweder man muss solide wirtschaften oder man erreicht eine Größe der Systemrelevanz, dann kann man sich auch einmal eine Katastrophe leisten. Das ist doch politisch und volkswirtschaftlich indiskutabel. Die zentrale politische Aufgabe für die Zukunft ist es, ein solches System, solche Rettungsmechanismen und Automatismen zu vermeiden. Das ist die wesentliche Botschaft unseres Antrags, dass die Steuerzahler künftig nicht Casinomentalität, Spielermentalität und Wettmentalität letztlich absichern müssen.
Eine Erkenntnis aus der Finanzkrise ist durchaus auch, dass die Internetbanker mit Geld, jedenfalls viele davon, nicht umgehen können.