Vielen Dank, Herr Kollege. Verbleiben Sie bitte am Mikrofon. Es folgt eine Zwischenbemerkung des Herrn Kollegen Dr. Runge.
Herr Kollege, sicherlich haben wir sehr viel Zeit darauf verwandt; es ist überhaupt keine Frage. Wir sehen das aber auch als unsere Aufgabe. Es geht um ein eminent wichtiges Thema. Sie argumentieren folgendermaßen: Wir vom Freistaat Bayern sind zwar Aufgabenträger, aber Bahn und das Eisenbahnbundesamt werden schon alles richtig machen. Wir sind überhaupt nicht in der Lage, uns einzuarbeiten und das zu prüfen. Dann bringen Sie genau die Argumente, die die DB AG als Projektträgerin vorträgt. Ich greife eines einmal auf: Es gibt überhaupt kein Szenario, keine Simulation in den Unterlagen, was geschieht, wenn ein Zug in der Röhre steckenbleibt und entfluchtet werden muss. Es gibt kein Szenario, es gibt dafür keine Berechnungen. Die Bahn begründet das frech damit, es gebe die von ihnen genannte NBÜ, die Notbremsenüberbrückung. Bei diesem Verfahren kann der Zugführer, wenn ein Fahrgast die Notbremse zieht, bis zur nächsten Station weiterfahren. Wir haben massenweise Situationen, Herr Kollege Wengert, wo dies nicht möglich ist. Dies gilt zum Beispiel, wenn eine Tür offen ist, also zum Beispiel durch einen Fahrgast geöffnet worden ist, wenn ein Zug kokelt, in der Station vorne bereits ein
Zug steht oder wenn hinten ein Zug bereits aufläuft. Dann kann der Zugführer des betroffenen Zuges nicht die NBÜ in Gang setzen. Das bedeutet für uns ganz klar: In einer solchen Situation brauche ich schlicht und ergreifend ein Szenario, eine Simulation, wie die Menschen über die sehr schmalen Fluchtwege - in diesem Fall sind es nur 50 Zentimeter - in Richtung der Rettungsschächte gelangen und wie sie da herauskommen.
Wir meinen, dass wir darüber hier diskutieren müssen. Wir sind Aufgabenträger, da wir vom Freistaat Bayern einen großen Teil des Projektes zahlen. Damit stehen wir schlicht und ergreifend in der Verantwortung. Ich bitte die Kolleginnen und Kollegen der SPD sehr herzlich, sich eingehend - sie sind die einzigen, die das noch nicht getan haben - mit dem Projekt zu befassen, statt immer nur zu sagen: Wir sind dafür, weil Ude dafür ist und deswegen muss es auch kommen. Hut ab vor den anderen Fraktionen, in denen es eine differenzierte Meinung gibt, weil auch eine Auseinandersetzung mit dem Thema stattfindet.
Lieber Herr Kollege Runge, bei aller Freundschaft, vermute ich einmal, dass ich richtig liege, wenn ich sage, dass Sie nicht über die Gabe der Prophetie und der Hellseherei verfügen. Ich weiß nicht, wie Sie zu der Feststellung kommen, dass wir uns nicht eingehend mit dem Material befasst hätten.
Zweitens. Die Entfluchtung in einer Röhre - zumindest einer S-Bahn- oder U-Bahn-Röhre - ist nirgends vorgesehen. Die Notbremsenüberbrückungstechnik dient gerade dazu, dass ein Zug noch bis zur nächsten Station fahren kann. Die Stationen liegen nicht so weit auseinander. Dort können dann geeignete und effektive Rettungsmaßnahmen durchgeführt werden.
Drittens. Wir sind wohl politisch verantwortlich. Wir sind aber weder die Planer noch diejenigen, die die technischen Standards festzusetzen haben. Das ist schon gar nicht in einem Zeitraum von 24 Stunden möglich - von einem Tag auf den anderen -, in dem Sie Ihren Dringlichkeitsantrag eingebracht haben. Sine ira et studio ist es schlechterdings unmöglich, sich weiser und schlauer als alle Fachleute zu gerieren, die sich mit nichts anderem als Sicherungsmaßnahmen bei Tunnelstrecken beschäftigen. Das muss ich Ihnen einfach vorhalten. Dahinter gehe ich auch nicht zurück.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Dr. Wengert, die Verunsicherung bei der Bevölkerung ist schon da. Wir brauchen dazu nicht auf einen Antrag von Herrn Dr. Runge zu warten. Die Verunsicherung ist bereits vorhanden. Der erste Prozess ist auch schon verloren. Dabei haben auch Sicherheitsaspekte eine Rolle gespielt. Insofern ist die Verunsicherung der Bevölkerung verstärkt worden. Wir sollten den unabhängigen Richtern vertrauen. Bezüglich der Sicherungsmaßnahmen dieses Projekts besteht also ein gewisses Misstrauen.
Herr Dr. Wengert, Sie haben den GRÜNEN unterstellt, dass sie dieses Projekt verzögern wollten. Ich glaube auch, dass es den GRÜNEN - und auch den Freien Wählern - recht wäre, wenn sich das Projekt noch weiter verzögern würde. Für die aktuelle Verzögerung ist aber doch eher die Staatsregierung verantwortlich und keineswegs der Antrag des Herrn Kollegen Dr. Runge. Wenn ich es richtig im Kopf habe, hat Herr Zeil die schon feststehende Finanzierung für Juni oder Juli versprochen. Sie kam nicht. Herr Zeil hat dann gesagt, dass die Finanzierung im Oktober stehen würde. Inzwischen ist das Weihnachtsfest vergangen, und die Finanzierung steht immer noch nicht. Für diese Verzögerung ist sicherlich nicht die Fraktion der GRÜNEN zuständig.
Erstens. Die Frage der Sicherheit sollten wir ganz ernsthaft prüfen und dabei kein Risiko auf uns nehmen. Das hat Herr Dr. Bernhard ebenfalls eindrücklich gefordert. Ich habe den Eindruck, dass hier das eine oder andere Risiko eingegangen wird. Insofern begrüßen wir den Dringlichkeitsantrag der GRÜNEN und werden diesem Antrag auch zustimmen.
Zweitens. Ich hatte sehr häufig den Eindruck, dass gerade bei Münchner Projekten hinsichtlich der Sicherheit eine Minimalauslegung erfolgt. Das hat die CSU-Stadtratsfraktion schon erkannt. Herr Kollege Dr. Bernhard, Sie sind hier sehr nahe dran. Wenn Sie die Diskussion Ihrer Kollegen im Stadtrat verfolgen, werden Sie merken, dass die dortigen Argumente und die Argumente, die heute vorgebracht wurden, sehr ähnlich sind. Ich denke, dies hat einen Grund: Der Grund liegt meines Erachtens in der leidigen KostenNutzen-Bewertung. Wenn Sicherheitsstandards heruntergerechnet werden, verbessert sich bei einem Projekt die Kosten-Nutzen-Bewertung.
Ich halte das für fahrlässig. Ich unterstelle nicht, dass die Sicherheitsstandards bewusst heruntergerechnet
werden. Im Zweifelsfall wird aber versucht, diese Kosten zu minimieren, insbesondere weil mit dem SBahn-Südring ein Vergleichsprojekt vorhanden ist. Dadurch kommt man zu einer besseren Bewertung des Stammstreckentunnels. Wir sollten einmal darüber nachdenken, welches Unheil diese Kosten-Nutzen-Bewertung anrichtet. Es ist viel teurer, hinterher, während des Bauverfahrens, bei den Sicherheitsstandards nachzulegen. Vergleichbares erleben wir im Moment beim Richard-Strauss-Tunnel. Bei diesem Projekt wurde auch erst nach Abschluss der Planung über Punkte nachgedacht, die jetzt nachgebessert werden müssen.
Drittens. Bei der Frage der Sicherheit geht es immer um Menschenleben. Hier sind wir uns sicherlich alle einig. Es geht hier nicht um den Naturschutz oder um Wölfe. Es geht um Menschenleben. Deshalb sollten wir die Frage der Sicherheit möglichst hoch ansiedeln. Herr Dr. Bernhard, Sie haben dies vorhin gesagt. Ich stimme mit Ihnen vollkommen überein. Wir sollten deshalb das Anliegen von Herrn Dr. Runge ernst nehmen: Bei der Sicherheit gilt es nicht, zu sparen. Wir müssen einen höchstmöglichen Sicherheitsstandard anlegen. Wir sind froh, dass hier frühzeitig der Finger in die Wunde gelegt wurde.
Wir fordern das Wirtschaftsministerium auf, sich diesen Dringlichkeitsantrag genau anzusehen und zu prüfen. Da bis zur endgültigen Finanzierung noch einige Zeit vergehen wird, sollten wir uns mit den Sicherheitsbedenken eindrücklich und intensiv auseinandersetzen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Dr. Runge, zunächst einmal möchte ich Ihnen meinen herzlichen Glückwunsch zu Ihrer neuen Funktion aussprechen. Dieser Glückwunsch ist nicht uneigennützig, wenn man das Amt hat, das ich gerade wahrnehme. Ich verbinde mit diesem Glückwunsch die Hoffnung, dass Ihre Arbeit im Fraktionsvorsitz so anstrengend sein wird, dass für Sie etwas weniger Zeit für solch ausgiebige Recherchen bleibt, die notwendig sind, um solche Anträge zu formulieren.
Heute haben wir keine grundsätzliche Diskussion über die zweite Stammstrecke geführt. Die Staatsregierung vertritt hier eine andere Meinung: Die Staatsregierung und die Regierungsfraktionen möchten diese Strecke und sind sich sicher, dass sie kommen wird. Die Sicherheit ist ein wichtiges Thema, über das nicht im Rahmen der Behandlung eines Dringlichkeitsantrags entschieden werden kann.
Heute wurde viel von technischen Details gesprochen. Zuständig für dieses Projekt ist jedoch die Planfeststellungsbehörde. Das Sicherheitskonzept muss im Rahmen des Erörterungsverfahrens behandelt werden. Weder die Politik noch die Staatsregierung können in das laufende Verwaltungsverfahren eingreifen oder Anweisungen erteilen. Dies würde nämlich dazu führen, dass der Planfeststellungsbeschluss angegriffen werden könnte. Das wollen wir nicht.
Heute wurde gesagt, dass mit diesem Dringlichkeitsantrag hauptsächlich die zweite Stammstrecke verhindert werden soll. Sie haben das vorhin sogar zugegeben. Das können wir nicht mitmachen. Ich verweise aber auf den Berichtsantrag. Wir werden über das Sicherheitskonzept berichten. Herrin des Verfahrens im Hinblick auf die Sicherheit ist jedoch das Eisenbahnbundesamt.
Ich möchte noch etwas richtigstellen: Der Freistaat Bayern ist nicht der Aufgabenträger für die Schieneninfrastruktur. Wir haben in diesem Hause schon öfter erklärt, dass dies nicht der Fall ist. Herr Professor Dr. Piazolo, in dem Verwaltungsgerichtsurteil war von Feinstaub und Lärm die Rede, nicht von der Sicherheit. Auch dies möchte ich an dieser Stelle klarstellen.
Der Minister wird morgen in Berlin weitere Verhandlungen führen. Bezüglich der Finanzierung hat der Freistaat Bayern seine Hausaufgaben gemacht. Verhandlungen mit Bund und Bahn sind jedoch nicht einfach, vor allem, wenn es ordentliche Verhandlungen sein sollen. Wir sind zuversichtlich, dass die Finanzierung bis Ende März stehen wird. Deshalb bitte ich Sie, dem Dringlichkeitsantrag der GRÜNEN nicht zuzustimmen, sondern dem nachgezogenen Dringlichkeitsantrag.
Frau Kollegin, Sie sind noch nicht lange im Amt. Deshalb muss ich Sie wieder korrigieren. Selbstverständlich sind wir für derartige Projekte der Aufgabenträger. Projektträgerin ist die DB AG. Nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz - GVFG - ist der Bund Mitfinanzierer. Das können Sie in den Meldungen zum GVFG und in ent
Wir als Freistaat Bayern sind hierfür verantwortlich. Deshalb dürfen wir uns jetzt nicht drücken und sagen, dass wir bereits im Verfahren seien und das Eisenbahnbundesamt die Prüfung durchzuführen habe. Das Eisenbahnbundesamt ist die Planfeststellungsbehörde. Die Regierung von Oberbayern ist die Behörde, die die Anhörung durchführt. Ich könnte Ihnen jetzt noch ein paar Zuständigkeiten auseinanderdröseln. Das tue ich aber nicht.
Ich sage es noch einmal: Wir sind verantwortlich. Wir können uns in keiner Phase des ganzen Prozesses davor drücken. Deswegen bitte ich nochmals, unserem Antrag zuzustimmen. Im Übrigen herzlichen Dank für das Kompliment, das Sie mir am Anfang gemacht haben. Ich kann Ihnen aber nicht versprechen, es Ihnen in Zukunft leichter zu machen.
Das habe ich nicht anders erwartet. Wir sind zwar für die Planung bei der S-Bahn verantwortlich und zahlen da auch, aber wir sind nicht Aufgabenträger für die Schieneninfrastruktur. Dabei bleibe ich.
Vielen Dank. Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Zur Abstimmung werden die Anträge wieder getrennt. Zunächst lasse ich über den interfraktionellen Antrag der CSU und FDP-Fraktion auf Drucksache 16/7235 in einfacher Form abstimmen.
Wer diesem Dringlichkeitsantrag seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. - CSU, FDP, Fraktion Freie Wähler, SPD und die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie Frau Kollegin Dr. Pauli (fraktionslos). Die Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. - Keine. Stimmenthaltungen? - Auch keine. Damit ist der Dringlichkeitsantrag angenommen.
Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Dringlichkeitsantrag der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 16/7220, die in namentlicher Form erfolgen soll. Für die Stimmabgabe sind Urnen auf beiden Seiten des Sitzungssaales und auf dem Stenografentisch bereitgestellt. Ich bitte die Stimmkarten einzuwerfen. Fünf Minuten stehen zur Verfügung.
Meine Damen und Herren, die fünf Minuten sind um. Ich bitte, die Stimmen außerhalb des Sitzungssaales auszuzählen. Das Ergebnis wird später bekanntgegeben.
Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, zur Fortsetzung der Beratungen die Plätze wieder einzunehmen.
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Karsten Klein, Prof. Dr. Georg Barfuß, Dr. Franz Xaver Kirschner u. a. und Fraktion (FDP), Georg Schmid, Alexander König, Prof. Ursula Männle u. a. und Fraktion (CSU) EU-Rettungsschirm ist keine Vollkaskoversicherung gegen Staatsinsolvenzen (Drs. 16/7221)
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Tanja Schweiger, Alexander Muthmann u. a. und Fraktion (FW) Rettungsschirme dürfen kein Dauerzustand sein wirksame Maßnahmen gegen Finanzmarktkrisen treffen! (Drs. 16/7236)
(Vom Redner nicht autori- siert) Sehr verehrtes Präsidium, liebe Kolleginnen und Kollegen! Im März dieses Jahres findet ein EU-Gipfel statt. Es wird ganz intensiv darüber diskutiert, Änderungen und Ausweitungen am EU-Rettungsschirm durchzuführen. Dieser Rettungsschirm umfasst 440 Milliarden Euro. Jeder weiß, dass ein großer Teil davon von Deutschland getragen wird. Dass dieser Rettungsschirm so beschlossen wurde, war richtig und wichtig. Die Bundesregierung musste damals entsprechend handeln, um Sicherheit zu finden, den Spekulationen ein Ende zu bereiten und den Spekulanten entschieden entgegenzutreten.
Jetzt, liebe Kolleginnen und Kollegen, geht es darum, die klare Feststellung zu treffen, dass das ausreichend war. Wir haben solidarisch zur Rettung beigetragen und damit die anderen Mitgliedstaaten der EU entsprechend geschützt. Jetzt aber liegt der Ball bei den anderen, und die betroffenen Länder müssen ihre Reformbemühungen strikt einhalten. Wir wollen, dass