Protokoll der Sitzung vom 22.02.2011

Ich möchte nur ein Beispiel nennen, das in diesem Zusammenhang sehr wichtig ist, aber über das viel zu wenig gesprochen und berichtet wird, nämlich die Berücksichtigung von Erziehungszeiten als Dienstzeit.

(Beifall der Abgeordneten Ingrid Heckner (CSU))

Wir haben bis 2008 gerade mal zwölf Monate Erziehungszeit als Dienstzeit anerkannt. Dann haben wir es erhöht auf 24 Monate, und seit dem 1. Januar 2011 haben wir im Leistungslaufbahngesetz 36 Monate Erziehungszeit als Dienstzeit berücksichtigt, drei Jahre Kindererziehung, die bei der Beförderung angerechnet werden. Das ist doch eine beispielhafte Frauenförderung in der Karriere. Das ist hervorragende Mütter- und auch Väterförderung.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU und des Ab- geordneten Prof. Dr. Georg Barfuß (FDP))

Die aktuellen Zahlen, meine Damen und Herren, geben uns recht. Der Frauenanteil in der Verwaltung ist stetig gestiegen. Er liegt bei 55,8 % in der öffentlichen Verwaltung insgesamt, im Staatsdienst bei genau 50 %. Damit ist der öffentliche Dienst ein hochattraktiver Arbeitgeber, auch und gerade für Frauen.

Die Karriereparität - ich habe es angesprochen - ist noch nicht erreicht. Der Frauenanteil liegt im früheren

höheren Dienst, in der jetzigen vierten Qualifikationsebene, bei 38 % nach genau 30 % im Jahr 2003. Das heißt, wir haben zwar deutlich aufgeholt, aber von den 50 % sind wir noch entfernt. Die Tendenz ist aber stetig steigend.

Damit komme ich zu der wichtigen Schlussfolgerung: Die Zukunft ist weiblich. Die Zukunft gehört auch in den Führungspositionen des öffentlichen Dienstes in Bayern den Frauen. Ich kann Ihnen auch sagen, was mich da so sicher macht und warum das so ist: Die Frauen sind es, die in der Schule und auch im Studium die besseren Noten haben.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Die mehreren und die besseren!)

Sie sind es auch, die in jüngeren Jahren in Führungspositionen gelangen. Sie müssen sich immer vor Augen halten, Frau Dr. Strohmayr, Sie können nicht einfach einen Schalter umlegen und sämtliche Männer, die jetzt in Führungspositionen sind, einfach herauskehren und durch Frauen ersetzen. Das geht nicht.

(Beifall der Abgeordneten Ingrid Heckner (CSU))

Führungspositionen werden nicht jedes Jahr neu vergeben. Sie sind lange und kontinuierlich anvertraut. Deswegen sind die Steigerungsraten auch sehr beachtlich. Die Zahl der Frauen in Führungspositionen steigt. Das ist ganz normal und logisch. Die Entwicklung ist auf dem richtigen Weg, ich habe es gesagt.

Sie haben gesagt, es gibt nur 6,7 % Damen in B 9. Als ich vor zwölf Jahren in der Staatsverwaltung angefangen habe, da gab es keine einzige Frau in B 9. Das belegt, dass diese Zahlen steigen. Ich habe es an dieser Stelle schon oft genannt, welche Zahlen es gibt, zum Beispiel im Sozialministerium inzwischen vier Abteilungsleiterinnen bei neun Abteilungen. Die Berliner und die Brüsseler Behörden des Freistaats sind in Frauenhand. Und, Frau Dr. Strohmayr, eine Lohnlücke, eine Gehaltsdifferenz, wie Sie sie dargestellt haben, gibt es in der öffentlichen Verwaltung zwischen Männern und Frauen ebenfalls nicht. Das Lohnniveau ist identisch.

Jetzt möchte ich auf Ihre Anträge im Einzelnen eingehen. Zum Antrag "Einhaltung des Gleichstellungsgesetzes sicherstellen": Sicherzustellen, dass ein Gesetz eingehalten wird, ist eine sehr dünne Aussage. Das ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit.

(Christa Naaß (SPD): Sie machen es doch nicht!)

Um allerdings etwas differenzierter und exakter zu werden: Wir haben 2006 das Gleichstellungsgesetz

novelliert. Das hat nicht nur die dauerhafte Gültigkeit des Gesetzes gebracht - es war bis dahin ja befristet -, sondern auch einen Artikel 23, der unter der Überschrift "Aufsichtspflichten" steht und die jeweiligen Rechtsaufsichtsbehörden anleitet, den Vollzug des Gesetzes in den Dienststellen zu begleiten, insbesondere die Erstellung der Gleichstellungskonzepte.

Herr Kollege, lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

Ich würde das gern im Zusammenhang darstellen. Die Zeit ist auch sehr knapp. Als Intervention gerne.

Dieser Artikel 23 will genau das, was Sie in Ihrem Antrag fordern. Frau Staatsministerin Haderthauer hat es auch im Vierten Gleichstellungsbericht im Hohen Haus dargestellt. Das ist das Ziel ihres Augenmerks. Das ist das, was sie beachtet.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Dann können Sie ja mitstimmen, wenn es das ist, was Sie wollen!)

Deshalb rennt Ihr Antrag offene Türen ein. Er ist aktionistisch und deswegen unnötig.

Dasselbe gilt für Nummer 2 dieses Antrags: Für Gleichstellungsbeauftragte gelten schon jetzt dieselben Rahmenbedingungen wie für Personalräte. Sie sind ausreichend, deswegen werden wir diesen Antrag ablehnen.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Ach geh!)

Zum Antrag auf Berichterstattung alle zwei Jahre darf ich Sie darauf hinweisen, dass wir bei der Novellierung des Gesetzes im Jahr 2006 einen Kompromiss gefunden haben. Es wurde entfristet - es gilt also jetzt dauerhaft. Im Gegenzug wurde das Berichtsintervall von drei auf fünf Jahre verlängert. Sonst hätten die Kommunen der Verlängerung nicht zugestimmt.

(Christa Naaß (SPD): Die Kommunen müssen da doch nicht zustimmen!)

Sie würden mit Ihrem Antrag diesen Kompromiss einseitig aufkündigen. Fünf Jahre liegen auch im Durchschnitt der Länder. Außerdem müssen Sie sich vor Augen halten, Frau Dr. Strohmayr, dass ein solcher Bericht einen großen Aufwand bedeutet. Es ist eine immense Informationsfülle, die er mitbringt. Er soll ja aussagekräftig sein. Ich denke nicht, dass Sie Abstriche an der Qualität des Berichts machen wollen. Deshalb sind die fünf Jahre auch vernünftig. Eine Verkürzung dieses Berichtsintervalls werden wir ablehnen.

Zum dritten Antrag: "Führen muss auch in Teilzeit möglich sein". Dazu kann ich nur meine Ausführungen zum ersten Antrag wiederholen. Beides, die Ausführung von Führungsfunktionen in Teilzeit wie auch die Aufforderung an Frauen, sich dort zu bewerben, wo sie unterrepräsentiert sind, steht schon im Gesetz, und zwar in Artikel 7 Absatz 2 und Absatz 3. Ihr Antrag zielt darauf ab, dass das Gesetz eingehalten wird. Das ist aktionistisch, das ist unnötig. Wir brauchen diesen Antrag in dieser Form nicht.

Viertens zum Antrag: "Gleichstellung durch Fortbildung und Schulung steigern". Das klingt so, als seien Fortbildungsprogramme derzeit nur oder überwiegend auf Männer zugeschnitten oder für sie vorgesehen. Das ist in der Praxis nicht der Fall, im Gegenteil. In den Personalabteilungen herrscht ein großes Bewusstsein und Verständnis für die Einbeziehung von Frauen in diese Themen. Es gibt auch keinen Nachholbedarf für die geschlechtersensible Sichtweise. Für alle Bediensteten der Staatsverwaltung gibt es ein ELearning-Tool auf einer Internetseite der Uni Augsburg, ein sogenanntes Gender-online-Tool rund um das Thema geschlechtersensible Sichtweise. Das sollten Sie wissen. Deshalb besteht also kein Bedarf für diesen Antrag. Wir werden ihn ablehnen.

Ich komme zum Antrag, mehr Frauen in Gremien zu entsenden: Das Grundanliegen ist berechtigt. Aber der Bericht - ich hoffe, Sie haben ihn gelesen - sagt auch, dass dieser Rückgang nicht durch die Entsendung begründet ist, sondern durch mangelhaftes Meldeverhalten, insbesondere in den Schulverwaltungen. Viele haben keine Mitglieder benannt; funktionsgebunden kann nur entsandt werden, wer die Funktion hat. Wir müssen unser Augenmerk darauf richten, dass mehr Frauen diese Funktionen erhalten. Dann fließt das auch in die Entsendungen ein. Man kann das eine nicht vom anderen trennen, wie es mit Ihrem Antrag suggeriert wird. Daher werden wir diesen Antrag ablehnen; er ist falsch und undurchführbar.

Zum Antrag auf eine Quote zur Erhöhung des Frauenanteils bei Professorinnen ist anzumerken: Auch dieses Anliegen teilen wir, es gibt zu wenig Professorinnen. Aber eine Zielquote von 50 % zu fordern, wäre rein symbolisch. Denn bereits heute werden fast alle Habilitandinnen berufen. In den Jahren 2008/2009 waren fast 25 % der Neuberufungen Frauen. Man muss mit der Angelegenheit deshalb weiter vorn beginnen. Frauen müssen sich habilitieren, sie müssen wissenschaftlich arbeiten und sie müssen insbesondere auch in den naturwissenschaftlichen Fächern eine wissenschaftliche Karriere anstreben. Sonst nützt eine Quote nichts. Wir werden deshalb auch diesen Antrag aus grundsätzlichen Erwägungen und aus

voller Überzeugung ablehnen, wie alle anderen Anträge auch. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Vielen Dank, Herr Kollege. Bleiben Sie noch kurz am Redepult. Wir haben eine Zwischenbemerkung der Kollegin Dr. Strohmayr. Bitte sehr.

Herr Kollege Seidenath, Sie haben vorhin gesagt, die Zukunft im öffentlichen Dienst sei weiblich.

(Bernhard Seidenath (CSU): Ja!)

Stimmen Sie mir zu, dass es kein Fortschritt ist, wenn innerhalb von zwölf Jahren - Sie haben vorhin gesagt, Sie seien vor zwölf Jahren in den öffentlichen Dienst eingetreten - die Quote von null auf sechs Prozent ansteigt? In zwölf Jahren!

Natürlich ist das ein Fortschritt, Frau Dr. Strohmayr. Sie wissen selber, dass man in eine Position nach B 9 nur befördert werden kann, wenn man davor in Position B 6 war. Das geht über B 3 nach B 6 usw. Das passiert doch jetzt. Ich habe versucht, das vorhin darzustellen. Ich denke, Sie sollten einmal darüber nachdenken, dass das Erreichen von Führungspositionen einen Schritt nach dem anderen bedingt. Damit können auch Frauen die Führungspositionen nach und nach übernehmen.

(Dr. Simone Strohmayr (SPD): Dann warten wir also noch weitere 45 Jahre! - Johanna WernerMuggendorfer (SPD): Schneckengang!)

- Das kommt mit der Zeit. Diese polemische Argumentation von wegen der Fortschritt sei eine Schnecke, kann ich nicht teilen. Da muss ich vehement protestieren. Es ist immer dasselbe hier im Hohen Haus. Wir drehen uns gebetsmühlenartig im Kreise.

(Christa Naaß (SPD): Das stimmt doch!)

Schauen Sie sich den Bericht an. Sie können doch nicht - plakativ dargestellt - die in Führungspositionen befindlichen Männer an die Wand stellen.

(Ludwig Wörner (SPD): Welch kriegerischer Ansatz!)

Das geht nicht. Sie müssen warten, bis diese Herren pensioniert sind, dann kann man eine Nachbesetzung mit Frauen vornehmen. So läuft das praktisch.

(Zuruf von der SPD und den GRÜNEN)

Ich bitte Sie, das in einer ruhigen Minute einmal langsam zu durchdenken - vielleicht durchdringen Sie dann diese Problematik. Wir haben hier in den letzten zwölf Jahren sehr wohl einen sehr großen Fortschritt erzielt.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank, Herr Kollege. Wir fahren jetzt in der Rednerliste fort. Nächster Redner für die Freien Wähler ist der Abgeordnete Felbinger. Ich darf ihm das Wort geben.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich sage vielen Dank an die SPD, dass sie sich erneut dieses Themas der Gleichstellung angenommen hat. Wir können nicht oft genug darüber sprechen. Es ist eine wichtige Aufgabe, diese Problematik zu lösen, und wir müssen sie gerade im Bereich des öffentlichen Dienstes wahrnehmen.

Es ist noch nicht lange her, dass wir im Ausschuss von der zuständigen Staatsministerin den Bericht vorgelegt bekommen haben. Wir haben mit Interesse die Entwicklung der vergangenen Jahre verfolgt.

Die SPD hat heute sechs Anträge zum öffentlichen Dienst eingebracht. Da muss ich meinem Vorredner beipflichten, Frau Kollegin Strohmayr. Die Anträge zielen explizit auf den öffentlichen Dienst ab. Sie aber verwenden Zahlen aus der freien Wirtschaft. Das ist nicht ganz in Ordnung, da Sie damit ein schiefes Bild aufstellen, wenn Sie von einer Lohnlücke von 23 % sprechen. Das muss man weit von sich weisen.