Die SPD hat heute sechs Anträge zum öffentlichen Dienst eingebracht. Da muss ich meinem Vorredner beipflichten, Frau Kollegin Strohmayr. Die Anträge zielen explizit auf den öffentlichen Dienst ab. Sie aber verwenden Zahlen aus der freien Wirtschaft. Das ist nicht ganz in Ordnung, da Sie damit ein schiefes Bild aufstellen, wenn Sie von einer Lohnlücke von 23 % sprechen. Das muss man weit von sich weisen.
Fakt ist, dass wir im öffentlichen Dienst hinsichtlich der Gleichstellung in den vergangenen Jahren weit vorangekommen sind. Ich gebe Ihnen recht, das geht noch nicht weit genug.
Ziel ist es, die Rahmenbedingungen so zu schaffen, dass in allen Lebensbereichen für Frauen und Männer echte Chancengleichheit und bessere Chancengerechtigkeit entstehen.
Die Grundlage sind das Grundgesetz, die Bayerische Verfassung und das Bayerische Gleichstellungsgesetz. Kollege Seidenath hat es schon erwähnt. Ich möchte soweit gehen zu sagen, dass der öffentliche Dienst in Bayern hier eine Vorbildfunktion wahrnimmt.
Allein der Frauenanteil von 50 % am Gesamtpersonal macht das deutlich. Wenn man sich die Zahl von vor zehn Jahren dazu ansieht, kann man dieser Feststellung nicht widersprechen.
Allerdings sind wir beim Führungspersonal - in diese Richtung zielen zwei der SPD-Anträge - noch nicht weit genug. Wir liegen da bei rund 30 %. Im höheren Dienst in der öffentlichen Verwaltung sind es 34,5 %. Sie sagen natürlich, das sei immer noch zu wenig. Ich sage auch: Schon! Da aber Frauen in der Regel bessere Noten und bessere Beurteilungen haben, ist es nur eine Frage der Zeit, bis sich dieser Prozentsatz weiter steigert. Im öffentlichen Dienst ist das mit keiner Schraube regelbar. Hier arbeitet die Zeit für die Frauen.
Klar liegt der Anteil der Professorinnen im Bereich der B-6-Besoldung nur bei 8,3 %. Bei den C-3-Professuren sind es 9,7. Aber da muss man natürlich auch um die Besonderheiten wissen, die es bei den Berufungen gibt. Da muss man wissen, dass die Berufungsgremien die notwendigen wissenschaftlichen Veröffentlichungen vor allen Dingen im medizinischen und naturwissenschaftlichen Bereich gerade auch in internationalen Zeitschriften fordern. Aufgrund der speziellen Situation der Frauen - da muss man an anderen Schrauben drehen - können diese die geforderten Veröffentlichungen meist nicht in ausreichendem Maße vorlegen. Da liegt der Hund begraben.
Die erforderlichen Maßnahmen sind dafür an ganz anderer Stelle zu suchen. Ich nenne nur den Ausbau der Betreuungsangebote für Kinder oder die Förderung familienbewusster Personalpolitik.
Ich komme nun zu einigen Ihrer Anträge im Einzelnen, zunächst zu Ihrem Antrag auf Drucksache 16/5967, Einhaltung des Gleichstellungsgesetzes sicherstellen. Das, so kann man feststellen, ist im Wesentlichen in den Dienststellen des Freistaates gewährleistet. Sand im Getriebe finden wir nur bei den Kommunen. Das ist auch dem Bericht zu entnehmen. Sie wissen aber sicherlich, dass die Finanz- und Personalhoheit bei den Kommunen liegt. Wir können nicht jede kleine Gemeinde per Gesetz dazu zwingen, beispielsweise eine Gleichstellungsbeauftragte einzustellen. Eine kleine Kommune kann sich das oft nicht leisten.
Auch die geforderten Gleichstellungskonzepte sind von kleinen Kommunen nicht zu leisten. Es wäre ein unverhältnismäßig hoher Aufwand.
Zum Antrag 16/5968 auf eine Berichterstattung alle zwei Jahre stelle ich fest, dass Aufwand und Nutzen hier in keinem Verhältnis stehen. Ich habe mich extra schlau gemacht, um zu erfahren, welcher Aufwand dazu notwendig ist. Es müsste pingelig jede einzelne Aktion getrennt nach Geschlechtern aufgeführt werden. Das ist ein Riesenaufwand.
Noch ein weiteres Argument steht dem entgegen. Die Gleichstellung ist ein sehr langwieriger Prozess. Zweijährige Berichtsanträge würden nur eine geringe Aussagekraft haben.
Dabei möchte ich gar nicht auf die Zielvorgaben eingehen, die Sie in Ihrem Antrag fordern. Das ist im öffentlichen Dienst nicht machbar und nicht kalkulierbar.
Dem Antrag 16/5969, dass das Führen auch in Teilzeit möglich sein muss, stimme ich zu. Hierfür aber Rezepte oder Konzepte zu erstellen, ist in meinen Augen gleichermaßen unrealistisch. Denn jede Führungsaufgabe ist zu individuell und jede ist anders gestaltet. Wir brauchen allerdings Modelle; da gebe ich Ihnen recht. Dort, wo Teilzeitausschreibungen möglich sind, muss das machbar sein. Es gibt mit Sicherheit allerdings auch Grenzen. Ich erinnere nur einmal an den Posten der Polizeipräsidentin.
Beim Antrag 16/5970, die Gleichstellung durch Fortbildung und Schulungen zu steigern, muss man darauf verweisen, dass bereits heute jede weibliche Interessentin eine Schulung oder Fortbildung wahrnehmen kann. Der Kollege Seidenath hat vorhin schon die ELearning-Tools angesprochen, die es heute bereits gibt. Allerdings müssen im Einzelfall die Fortbildungen mehr auf die Bedürfnisse von Frauen zugeschnitten werden. Da gebe ich Ihnen völlig recht. Das betrifft die Kinderbetreuung, kurze Wege, dass Fortbildungen nicht ein Vierteljahr dauern, sondern in kleineren Zeitabschnitten möglich sind. Das hängt sicherlich auch damit zusammen, dass man ein anderes Bewusstsein braucht.
Mehr Frauen in Gremien entsenden, Antrag 16/5971, - es ist völlig richtig, dass der Vierte Gleichstellungsbericht einen Rückgang der funktionsgebundenen Entsendungen von Frauen in Gremien gezeigt hat. Aber auch hier ist klar, eine funktionsgebundene Entsendung von Frauen ist nur dann möglich, wenn die Frauen tatsächlich schon eine herausgehobene Führungsposition haben. Ich bin ganz sicher, es wird sich in den nächsten Jahren eine Parallelentwicklung zur Steigerung des Frauenanteils in den Führungspositionen ergeben.
Kurzum, es waren noch nie so viele Frauen im öffentlichen Dienst in Bayern in Führungspositionen. Das Bayerische Gleichstellungsgesetz stellt in unseren Augen ein funktionierendes und faires Regelinstrument dar. Eignung, Befähigung und Leistung sind eben die Grundlage für den öffentlichen Dienst, um die besten und leistungsfähigsten Personen für den öffentlichen Dienst zu gewinnen. Die von mir genannten Zahlen belegen eindrucksvoll, dass sehr viele Frauen das bereits unter Beweis gestellt haben und, ich bin sicher, auch künftig unter Beweis stellen werden.
In diesem Sinne können wir diesen Anträgen nicht zustimmen, weil sie teilweise zu viel Bürokratie erzeugen, für kleine kommunale Einheiten nicht umsetzbar sind und nicht in dem Maße für den öffentlichen Dienst zielführend sind, wie Sie uns das weismachen wollen.
Vielen Dank, Herr Kollege. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN darf ich Frau Kollegin Stamm das Wort geben. Bitte schön.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kollegen und Kolleginnen! Ich werde dazu beitragen, dass wir hier früher rauskommen. Ich schöpfe meine Redezeit nicht aus. Gender Budgeting ist ein vielfältig deutbarer Begriff und lässt viele Interpretationen zu. Gender Budgeting bedeutet, finanzielle Mittel so einzusetzen, dass Frauen und Männer gleichgestellt werden.
Deswegen finden wir es wichtig, die Gleichstellungsbeauftragten zu stärken und ihnen, gesetzlich verankert, Mittel und verbindliche Freistellungen an die Hand zu geben. Es ist wichtig, dass es einen zentralen Punkt gibt, der darüber wacht, die Gleichstellung voranzutreiben. Das kostet Geld, das stimmt, aber es geht um ein Grundrecht. In unserem Grundgesetz, aber auch in der Bayerischen Verfassung in Artikel 18 Absatz 2 steht, dass Mann und Frau gleichgestellt sein müssen.
Die letzte Evaluierung des Gleichstellungsgesetzes hat gezeigt, dass das noch nicht der Fall ist, und es ist auch noch nicht auf gutem Wege. Geschrieben steht in der Evaluierung wörtlich: Es besteht noch einiger Nachholbedarf. Es braucht aktive Personalentwicklungsmaßnahmen.
Deswegen haben wir ein Gesetz vorgelegt ganz im Sinne der in der Evaluierung genannten aktiven Personalentwicklungsmaßnahmen und ganz im Sinne von Gender Budgeting, unter anderem mit einer Stär
kung der Gleichstellungsbeauftragten vor Ort und einer starken Landesbeauftragten oder einem starken Landesbeauftragten. Uns geht es um eine kohärente Gleichstellungspolitik. Wir glauben, es braucht handfeste gesetzliche Regelungen, damit wir in Bayern mit der Gleichstellung von Frauen und Männern endlich wirklich vorankommen.
Ansonsten kann ich meiner Kollegin Frau Dr. Strohmayr nur beipflichten. Wir haben die gleichen Schlussfolgerungen aus der Evaluierung. In einem Punkt muss ich sie berichtigen, auch wenn ich weiß, dass es die Privatwirtschaft betrifft. Es sagt aber vielleicht doch einiges aus. Es sind in Bayern nicht wie in Deutschland 23 % "Pay Gap", sondern es sind 24 % nach offiziellen Angaben des Bayerischen Sozialministeriums auf eine Anfrage von mir. Es sagt einiges aus, dass Frau Haderthauer immer mit den 23 % arbeitet und nicht mit 24 %.
Vielen herzlichen Dank, Frau Kollegin. Auch für das deutliche Nicht-Ausschöpfen der Redezeit. Ein gutes Beispiel, Herr Kollege Dr. Barfuß. Sie haben jetzt das Wort für die FDP-Fraktion. In voller Länge, wenn Sie möchten. Bitte schön.
Nein, ich mache es auch kürzer. Herr Präsident, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, wir stimmen in vielen Punkten überein. Ich denke aber, wir sollten auch über das froh sein, was wir schon erreicht haben. Das heißt nicht, dass man nicht weitermachen kann, aber nur immer alles zu bejammern, bringt uns nicht weiter.
Der Reihe nach. Wenn wir über Gleichstellung im öffentlichen Dienst reden, bin ich der Meinung, kann sich die sogenannte freie Wirtschaft von uns eine Riesenscheibe abschneiden. Nirgends geht es den Damen Gott sei Dank so gut wie bei uns im öffentlichen Dienst. Da übertreffen wir, was die Chancengleichheit für Führungspositionen betrifft, längst die Wirtschaft. Da beißt die Maus keinen Faden ab. Das heißt aber nicht, dass man sie nicht noch verbessern kann. Ich bin unserer Vorsitzenden des Ausschusses für Fragen des öffentlichen Dienstes, Frau Heckner, sehr dankbar, dass sie mit uns zusammen daran arbeitet. Liebe Ingrid, du machst einen guten Job. Vielen Dank.
Zu der Frage, wo es denn besser wäre, habe ich heute nichts gehört. Normalerweise sagt man, in diesem oder jenem Bundesland sei es viel besser. Das
vermisse ich heute ein bisschen. Auch bei gewerkschaftlichen, kirchlichen, karitativen oder frei gemeinnützigen Trägern haut es mit der Quote nicht so recht hin. Alles nur auf den Staat abzuladen, halte ich nicht für richtig.
Zu den einzelnen Anträgen haben meine Vorredner schon sehr viel gesagt. Da will ich nicht mehr dazwischengehen. Ein paar Sachen zu korrigieren muss aber möglich sein.
Wir haben jetzt eine Chefin in der Staatskanzlei. Es ist bemerkenswert, dass die Machos - wie oft unterstellt bereit sind, die Macht zu teilen. Der erste Mann ist jetzt eine erste Frau, nämlich Frau Dr. Karolina Gernbauer. Dass sie die Staatskanzlei leitet, ist doch wirklich etwas Tolles.
Da muss man der CSU sagen: Respekt, damit habt ihr nicht gefordert, sondern gehandelt. Das wollen wir mal anerkennen. Interessant ist nun, ob diese Führungspersönlichkeit, ob diese Frau nun die Frauen nachholt. Das wird sehr interessant.
Der Wille zur Karriere muss schon auch vorhanden sein. Es gibt viele Frauen, die gar keine Karriere machen wollen. Die sollten wir nicht zwangsbeglücken und sie zu einer Karriere drängen, wenn sie sich lieber für etwas anderes entscheiden. Allerdings dürfen wir Männer - das sage ich sehr selbstkritisch an mein eigenes Geschlecht - nicht nur die Hand heben, wenn es um den Ausbau von Sportstadien geht, sondern auch dann, wenn es um Kindertagesstätten, Ganztagsbetreuung, flexible Arbeitszeiten geht. Das gehört natürlich auch dazu. Es liegt schon auch an uns, ob wir bereit sind, von dem tradierten Rollenbild Abstand zu nehmen und zu erkennen, dass es ganz normal ist, dass auch wir Männer uns um den Haushalt kümmern. Da stimme ich meiner Kollegin Dr. Strohmayr ausdrücklich zu. Dann erst wird es richtig.
Fazit: Des Antrags hätte es nicht gebraucht. Aber er ist nun mal da, darum diskutieren wir ihn. Wichtig ist, dass wir auf einem guten Weg sind. Die Kolleginnen und Kollegen von den Sozialdemokraten bitte ich zu überlegen, in welchen der von ihnen regierten Bundesländer es so toll ist, dass wir davon lernen könnten, und ich verspreche Ihnen, dass wir dazu gerne bereit sind.
Vielen Dank, Herr Kollege. Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen.
Ich schlage Ihnen folgendes Verfahren vor. Bisher wurde mir für einen Antrag, nämlich dem Antrag auf Drucksache 16/5972, vonseiten der GRÜNEN signalisiert, dass man eine Einzelabstimmung wünscht. Das würde ich vorziehen und für den Rest vorschlagen, en bloc die Ausschussvoten zu übernehmen. Sind Sie mit diesem Vorgehen einverstanden? - Das scheint der Fall zu sein. Dann lasse ich so abstimmen.
Ich rufe zuerst den Antrag auf Drucksache 16/5972 auf: Gleichstellung im öffentlichen Dienst endlich verwirklichen! Quote zur Erhöhung des Frauenanteils bei Professorinnen.
Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Danke schön. Das sind die Fraktion der SPD und die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer möchte den Antrag ablehnen? Danke schön. Das sind die Fraktionen der CSU, der FDP und der Freien Wähler. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.
Dann frage ich Sie, ob die anderen verbliebenen fünf Anträge so abgestimmt werden sollen, wie Sie jeweils im mitberatenden Ausschuss für Soziales, Familie und Arbeit abgestimmt haben. Wenn Sie diese Voten übernehmen wollen, dann bitte ich Sie jetzt um das Handzeichen. - Danke schön. Das sind alle Fraktionen. Damit sind die Voten übernommen. Die Anträge sind damit allerdings alle abgelehnt.