Zu diesem Dringlichkeitsantrag wurde Einzelberatung beantragt. Ich eröffne die Aussprache. Erster Redner zur Begründung ist Herr Kollege Hubert Aiwanger. Herr Fraktionsvorsitzender, Sie haben das Wort.
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren von der CSU und den anderen Fraktionen! Heute beraten wir ein Thema, das vielleicht in eine Spaßecke gerückt werden soll, das aber einen durchaus ernsten Hintergrund hat, zumindest für die im Alpenraum betroffenen Bergbauern.
Meine Damen und Herren, es geht um einen zugewanderten Wolf, der im bayerischen Alpenraum seit gut einem Jahr lebt und dort eine stattliche Zahl von Schafen, eine gewisse Zahl von Rindern, Ziegen und Wildtieren getötet hat. Das hatte die Folge, dass sich die Tierhalter und Tierbesitzer an die Politik, an die Staatsregierung mit der Bitte gewandt haben, man möge ihre Sorgen ernst nehmen und ihnen einen Ausweg aus der Situation aufzeigen, man möge ihnen zumindest Rede und Antwort stehen.
Ich habe zahlreiche Anrufe und Briefe von Almbauern und vom Almwirtschaftlichen Verein Oberbayern bekommen. Die Leute sagen: Man lässt uns hier im Stich; man nimmt uns nicht ernst; man tut so, als gäbe es die Probleme nicht; man tut am Ende so, als könne man mit ein paar Euro Entschädigung die Dinge gutmachen.
Im Prinzip geht es darum, dass in dieser Gegend des bayerischen Alpenraums die Schafe, Rinder und Ziegen benötigt werden, um die Bergweiden zu pflegen, um die Flächen zu beweiden. Wenn es da einen Wolf gibt, macht das schon Ärger genug. Wenn aber, was zu befürchten ist, weitere Wölfe zuwandern, dann wird die Bergweidewirtschaft in Gefahr sein.
Mittlerweile haben mehrere Schafhalter die Tierhaltung aufgegeben. Sie nehmen ihre Tiere von der Weide herunter. Es werden finanzielle Ausgleiche angeboten. Das hilft den Bauern aber nicht weiter. Denn Geld wird die Bergweide nicht beweiden; das können nur die Tiere.
Auch wird angeboten, die Flächen in großem Stil einzuzäunen. Aber es handelt sich doch um eine Fläche von 300 Quadratkilometern. Die Einzäunung ist technisch schlichtweg nicht möglich.
Vor dem Hintergrund dieser Situation haben wir einen Dringlichkeitsantrag an das Umweltministerium gerichtet. Er hat die Form eines Berichtsantrags - nicht mehr und nicht weniger. Darin fordern wir das Umweltministerium auf, zu dem Problem Stellung zu nehmen. Ich lese Ihnen die markantesten Stichpunkte vor:
Welche aktuellen Wolfsmanagementmaßnahmen werden durchgeführt? Wie ist die Resonanz in der Bevölkerung hinsichtlich des Vorkommens des Tieres? Welche Schadensarten und Ausgleichsmaßnahmen sind geplant? Sieht die Staatsregierung die Bergweiden in Gefahr - ja oder nein? Hält die Staatsregierung das Einfangen und Wegbringen des Wolfes für eine mögliche Option - ja oder nein? Welche Form der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, insbesondere mit Österreich, besteht hier, weil ja Wolfsmanagement überregional betrieben werden soll?
Die Reaktion war - das muss ich schon sagen - ein Gelächter im Umweltausschuss. Es kam die Aussage, es bestehe kein Handlungsbedarf; Aiwanger wolle hier nur Populismus abziehen.
Meine Damen und Herren, erklären Sie das den betroffenen Bergbauern, die Unterschriften in stattlicher Zahl gesammelt und sich an das Ministerium gewandt haben. Die Bauern halten dazu Veranstaltungen ab und gehen auf die Barrikaden. Sie wollen ernst genommen werden. Die Bayerische Staatsregierung darf sich dabei nicht einfach wegducken und sagen: Uns interessiert das alles nicht.
Ein größeres Vorkommen von Wölfen im bayerischen Alpenraum würde die Bergweide gefährden. In § 45 Abs. 7 des Bundesnaturschutzgesetzes gibt es den Passus, dass Ausnahmen vom strengen Schutzmanagement dann vorgenommen werden können, wenn es Auswirkungen auf die Ökologie gibt. Dies ist hier zweifellos der Fall. Wenn die Bergweide nicht mehr betrieben werden kann, wenn die Schafe dort nicht mehr vorhanden sind, werden die Weideflächen zuwachsen. Dann wird viel von der ökologischen Diversität verloren gehen. Wir haben hier FFH-Gebiete, Natura-2000-Gebiete, die auf die Beweidung durch Schafe angewiesen sind. Genau dieses System ist in Gefahr.
Wir fordern die Bayerische Staatsregierung auf, sich der Situation ernsthaft zu stellen, den Leuten klaren Wein einzuschenken und zu guter Letzt auch über die Möglichkeit nachzudenken, den Wolf zu entfernen, wenn die naturschutzfachlichen Aspekte wirklich massiv gefährdet sind. Das ist unser Antrag. Darauf bestehen wir.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Kollege Aiwanger, mit Sicherheit will niemand das Anliegen in die Spaßecke stellen.
- Ich war im Ausschuss dabei. Es hat sich aus der Situation ergeben, dass Herr Kollege Aiwanger einiges von dem dort vorgetragenen Bericht nicht zur Kenntnis nehmen wollte.
Der Antrag ist vom 30. November 2010. Er wurde am 2. Dezember im Umweltausschuss und dann auch noch im Landwirtschaftsausschuss behandelt. Auf die
Fragen hat Herr Helfrich damals wirklich ausführlich geantwortet. Die Antwort könnte auch heute nicht anders ausfallen.
Der Antrag heißt: Die Staatsregierung wird aufgefordert, im Ausschuss für Umwelt und Gesundheit zu berichten.
Lieber Herr Kollege Aiwanger und liebe Kolleginnen und Kollegen der Freien Wähler, man muss bedenken, worum es hier geht. Wir haben eine ganz klare rechtliche Lage. Wir haben das Bundesnaturschutzgesetz und die Vorgaben von Flora-Fauna-Habitat. Demnach ist es verboten, Wölfe zu jagen oder zu fangen. Andernfalls wird auf europäischer Ebene ein Vertragsverletzungsverfahren durchgeführt.
Im Übrigen müsste ein Ausnahmetatbestand vorliegen, das heißt, es müssten Gefahren für die menschliche Sicherheit bestehen.
(Hubert Aiwanger (FW): Das ist nur einer der Punkte! Es geht auch um die Gefährdung der Ökoflächen!)
- Ich sage Ihnen schon, was damit noch verbunden ist. Vielleicht können Sie jetzt einmal einen Augenblick lang zuhören.
Als Nächstes geht es darum, ob erhebliche wirtschaftliche Schäden eintreten. Weiter geht es darum, ob der Schutz bedrohter Tier- und Pflanzenarten in Gefahr ist. Aber keines dieser Kriterien greift im Zusammenhang mit dem einen Wolf.
Gewiss, der Wolf ist da. Entschuldigung, wenn ich das so flapsig sage: Der Wolf frisst nun einmal keine Beeren und Pilze, auch kein Chappi, sondern es ist seine Natur, Tiere zu reißen. Wenn er auf Schafe trifft, sind auch Schafe dabei. Ich komme noch dazu, wie die Staatsregierung darauf reagiert.
Der Ausnahmetatbestand besteht also nicht. Insofern sind Ihre Forderungen, die Sie heute auch wieder im "Münchner Merkur" vorgetragen haben, dass der Wolf aus der Natur entfernt werden müsse, ohne Grundlage.
Hier liegt vielleicht der Unterschied zwischen der Opposition, Herr Aiwanger, und der Staatsregierung oder einer staatstragenden Partei, dass wir die Rechtsgrundlage kennen und uns entsprechend verhalten.
Jeder von uns kann sich sehr gut in die Situation der Almbauern versetzen. Wenn man Schafe hat und damit rechnen muss, dass der Wolf das eine oder andere Schaf reißt, dann wird keine Begeisterung für einen Wolf zu erwarten sein. Insofern verstehe ich die Menschen, die dafür sorgen, dass die Landschaft, wie wir es alle wollen, offengehalten, genutzt und abgeweidet wird, damit sie den ökologischen Wert des Landschaftsbildes mit seiner Vielfalt weiter garantiert.
Es hat mit den betroffenen Almwirten ein Gespräch gegeben, in dem vieles geklärt wurde. Man hat umfassende Maßnahmen vereinbart und die Entschädigung optimiert. Man hat einen regionalen Wolfsbeauftragten installiert.
(Hubert Aiwanger (FW): Hoffentlich wissen das die Schafe! Wo sitzt der, in München oder vor Ort? - Weitere Zurufe - Glocke der Präsidentin)
Man ist also seitens der Staatsregierung gewillt, alles Mögliche zu tun, um entstandenen Schaden entsprechend zu beheben.
(Hubert Aiwanger (FW): "Gewillt"! Dann können die Schafe ruhig schlafen, wenn der in München zuständig ist!)
- Herr Aiwanger, ich möchte Sie einmal im Umweltausschuss sehen, wenn es um Biodiversität und Arterhaltung geht. Das sagen die Freien Wähler, die Staatsregierung tue da zu wenig. Dann kommt einmal ein Wolf hierher und gleich soll er wieder aus der Landschaft entfernt werden soll. Das ist wohl ein Widerspruch und schizophren.
Abschließend will ich zusammenfassen: Wir werden die Entwicklung sehr wohl im Auge behalten. Niemand wollte, dass der Wolf hierher kommt.
Der Wolf - und schon gar nicht mehrere - soll nicht eingebürgert werden. Nun haben wir einen Wolf und damit die Pflicht, alle Belange unter einen Hut zu bringen
(Unruhe - Glocke der Präsidentin - Hubert Aiwan- ger (FW): Und wenn er in den Englischen Garten käme?)
(Hubert Aiwanger (FW): Sie werden erst tätig, wenn er im Englischen Garten ist! Dann werden Sie schnell! - Anhaltende Unruhe - Glocke der Präsidentin)
Ich weiß, das ist die besondere Art von Herrn Aiwanger. Daran muss sich auch Otto Hünnerkopf gewöhnen.
Der Bericht ist nach unserer Auffassung im Umweltausschuss bereits gegeben worden. Insofern ist dieser Dringlichkeitsantrag erfüllt. Es ist abzulehnen, dass nochmals ein Bericht gegeben werden soll.