Diese Bewertung gilt nicht nur im Großen, sondern durchaus auch im Kleinen. Das war kein Zitat mehr, sondern eine Ergänzung von mir; nachzulesen auf Seite 66 des Gutachtens des Zukunftsrates.
All diese Analysen verdeutlichen: Ein "Weiter so" ist zu wenig. Ein "Weiter so" ist falsch. Aber die bisherigen Aktivitäten und die im Rahmen der Interpellation gegebenen Antworten versprechen nichts Hoffnungsvolles und nichts Gutes.
Ich darf zunächst die bisherigen Aktivitäten der Staatsregierung auf diesen Gebieten bewerten und in Erinnerung rufen. Der Raumordnungsbericht, der wichtige Daten zur Landesplanung enthält, war Ende des Jahres 2008 fällig und vorzulegen. Er wurde jedoch erst 2009 vom Ministerrat beschlossen. In der Parlamentsdebatte über diesen Bericht entstand nicht der Eindruck, die Koalition würde der gesetzlichen Verpflichtung, einen Raumordnungsbericht vorzulegen, die entsprechende Bedeutung beimessen.
Dass es, wenn politisch gewollt, auch einmal schnell gehen kann, haben wir erlebt, nämlich beim Sonderflughafen Oberpfaffenhofen. Das war, aus welchen Gründen auch immer, besonders wichtig. Dieses Thema wurde ruck, zuck erledigt. In einem gesetzlich vorgeschrieben Verfahren wurde eine Änderung erreicht.
Bei der Gesamtfortschreibung geht es längst nicht so zügig voran. Wie man da vorankommt, zeigte die Ministerratssitzung vom 3. August 2010. Dort wurde, wenn man den Presseberichten Glauben schenken darf, der Zwischenbericht von Staatsminister Zeil nicht besonders gnädig bewertet. Von zentralen Leitlinien war dabei überhaupt nicht die Rede. Es zeichnet sich also kein großer Wurf ab. Bis März 2011 solle die Gesamtfortschreibung dem Kabinett zur Beschlussfassung vorgelegt werden, hieß es da. Da stellt sich an den Staatsminister oder die Frau Staatssekretärin die Frage: Schaffen Sie das? Denn es sind nur noch fünf Wochen.
Auch eine Novelle zum Landesplanungsgesetz ist am 03.08.2010 in diesem Zusammenhang angekündigt worden. Es hieß, das Kabinett habe den Wirtschaftsminister beauftragt, dem Ministerrat bis Ende des Jahres 2010 einen Gesetzentwurf vorzulegen. Wie sieht es damit aus?
Die letzte Blüte haben wir noch in frischer Erinnerung, das war der Höhepunkt einer Geheimwissenschaft auf diesem Gebiet: Statt einer Teilfortschreibung kommen wir beim Einzelhandelsziel zu einer Verwaltungspraxis
mit Geheimstatus, der erst später revidiert wurde. Die Teilfortschreibung für diesen Bereich wurde von meiner Fraktion bereits im März des Jahres 2009 gefordert. Wenn man das Thema rechtzeitig angepackt hätte, wäre also genug Zeit gewesen, das Ganze in einem ordentlichen Verfahren zu verändern, wie man es für richtig hält.
Aber auch die Antworten auf unsere Fragen im Rahmen der Interpellation sind noch nicht Ausdruck wilder Entschlossenheit, sondern eher Ausdruck von Ratlosigkeit. Immerhin ist der Entwurf eines neuen Landesentwicklungsprogramms für März angekündigt. Dennoch erhalten wir jetzt auf viele Fragen keine Antworten, etwa darauf, wie es mit der Zukunft der regionalen Planungsverbände aussieht. Das bleibt offen.
Ich warne davor, schnell mal Verzichtserklärungen abzugeben oder zu sagen: Regionale Planungsverbände brauchen wir nicht. Wir brauchen sie dann nicht, wenn man keine besseren Lösungen hat, vor allem auch nicht zulasten der kommunalen Trägerschaft der regionalen Planungsverbände einerseits und zugunsten staatlicher Trägerschaft andererseits. Das wollen wir nicht. Das entspricht auch nicht unseren Grundüberzeugungen der Regionalität und der Subsidiarität.
Es geht eher darum, die Frage zu klären: Können die regionalen Planungsverbände weitere Aufgaben aus staatlichen Bereichen übernehmen, um dadurch eine gewisse Aufwertung zu erfahren?
Eine andere Frage war die nach der Zukunft der zentralen Orte, auch sie ist unbeantwortet geblieben. Die Frage, wie das Verhältnis zwischen Verdichtungsräumen und großen Verdichtungsräumen künftig gesehen wird, ist ebenfalls unbeantwortet geblieben. Die Frage der Abgrenzung der ländlichen Räume zu sonstigen Räumen ist unbeantwortet. Die Abgrenzung strukturschwacher Räume zu sonstigen Räumen ist unbeantwortet. Die Frage nach dem Zeitplan ist ungeklärt, die Frage nach der Fertigstellung ebenfalls. Auch die Bitte und Aufforderung unsererseits, konkrete, messbare Ziele künftig verstärkt in das Landesentwicklungsprogramm aufzunehmen, hat eher kein Gehör gefunden, obwohl es so wichtig wäre, auch an dieser Stelle das Tun der Staatsregierung im Gefolge messen und prüfen zu können, wie erfolgreich die Arbeit war.
In allen möglichen Bereichen, wenn Kommunen oder andere Projektträger staatliche Fördermittel in Anspruch nehmen, müssen sie unter anderem im Anschluss mit einer Evaluierung belegen, was damit ge
schehen ist. Es wäre schön - wir halten es für erforderlich -, wenn das auch seitens der Staatsregierung zugesagt würde. Denn das ist eine vornehme Aufgabe dieses Landtags im Verhältnis zur Staatsregierung, bei einem Werk, an dem wir beide gemeinschaftlich beteiligt sind - die Staatsregierung legt es vor, der Landtag muss zustimmen -, zu klären, ob und inwieweit die Staatsregierung diese Zielsetzungen auch tatsächlich erreicht hat. Es ist also die Frage, wie viel Evaluierung sein darf. Wie lassen sich die Staatsregierung und die Verantwortlichen an ihrem Tun messen? Auch da haben wir leider im Rahmen dieser Interpellation bislang keine zureichenden Antworten erhalten. Vielleicht ist das heute im Laufe der weiteren Debatte der Fall.
Wir haben erst vor 14 Tagen im Rahmen der Debatte unseres Dringlichkeitsantrags "Taten statt Worte" auch den Antrag auf Drucksache 16/7128 der CSUund der FDP-Fraktion als Nachzieher erhalten. Dieser Antrag ist überschrieben mit dem Satz: "Politik für gleichwertige Lebensbedingungen in ganz Bayern konsequent fortsetzen", und der letzte Satz der Begründung bewertet das Tun der Staatsregierung: "Damit bleibt auch in Zukunft ein vitaler und konkurrenzfähiger ländlicher Raum erhalten und das Gleichgewicht zwischen Stadt und Land gewahrt". Liebe Kolleginnen und Kollegen, schauen Sie sich einmal die Zahlen, Daten und Fakten an, was Wirtschaftskraft, Abwanderung, Einkommen angeht. Lieber Kollege König, Sie wissen so gut wie ich, dass man an dieser Stelle von einer Wahrung des Gleichgewichts zwischen Stadt und Land nicht wird reden können. Die Landesplanung ist wichtiger, als die Staatsregierung sie bisher nimmt.
Wir haben den Wechsel der Zuständigkeit vom Umweltministerium in das Wirtschaftsministerium 2003 erlebt. Dieser Wechsel war durchaus verbunden mit der Erwartung, dass dadurch vermehrt wirtschaftliche Impulse in ganz Bayern möglich werden. Aber diese Erwartung und diese Hoffnung sind bisher enttäuscht geblieben. Staatssekretärsausschuss, Beispielregion, "Aufbruch Bayern" - das alles waren nicht die Impulse, die das Land, vor allem die schwächeren Regionen in Bayern brauchen.
Wir brauchen eine Landesentwicklungspolitik, die konkret, verbindlich, klar, unverzüglich und wirksam ansetzt, mit anderen Worten: eine andere als bisher. Dazu ist die Landesplanung, dazu ist das Landesentwicklungsprogramm das richtige Instrument. Wir fordern Sie dringend auf, mit einer entsprechenden Fortschreibung, die diesen Anforderungen genügt, das
Instrument einzusetzen, das uns, das dem gesamten Land und allen Menschen in Bayern die Chance eröffnet, endlich einen Schritt hin zu gleichwertigen Lebensbedingungen in ganz Bayern zu tun. - Herzlichen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Fraktion der Freien Wähler hat im Juli des vergangenen Jahres eine Interpellation zur Landesentwicklung und Regionalplanung eingebracht. Sie wurde im Dezember 2010 beantwortet.
Wir alle wissen, dass dem ein Jahr vorher, im Dezember 2009, der Beschluss der Staatsregierung vorausging, die Landesplanung zu reformieren. Das Landesplanungsgesetz soll neu gefasst werden, das Landesentwicklungsprogramm Bayern soll fortgeschrieben werden, und im Rahmen der Neufassung des Bayerischen Landesplanungsgesetzes sollen die Erforderlichkeit und Effektivität auch der regionalen Planungsverbände und etwaige alternative Gestaltungsmöglichkeiten überprüft werden.
Als Maßstab hat sich die Staatsregierung selbst gesetzt: Deregulierung, Entbürokratisierung und, soweit es möglich ist, Kommunalisierung von Aufgaben. Mittlerweile, Herr Kollege Muthmann, befindet sich der Entwurf des Staatsministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Technologie zum Bayerischen Landesplanungsgesetz in der Ressortabstimmung. Dieser Entwurf sieht unter anderem die Beibehaltung der regionalen Planungsverbände als Träger der Regionalplanung vor.
Auf der Grundlage der Ressortbeiträge wird schließlich auch ein Entwurf des Landesentwicklungsprogramms erstellt, welcher dann wiederum in die Abstimmung zwischen den Häusern gegeben werden muss.
Mit der Einbringung des Bayerischen Landesplanungsgesetzes im Parlament ist wohl in absehbarer Zeit zu rechnen, während der Entwurf des neuen Landesentwicklungsplans in der Staatsregierung Zeit beansprucht. Aus all dem ist ersichtlich, dass sich die Staatsregierung wohl noch keine abschließende Meinung über alle Details der Fassung des künftigen Landesplanungsgesetzes und des künftigen Landesentwicklungsprogramms gebildet hat. Vielmehr sind die
entsprechenden Anhörungsverfahren, die Auswertung derselben und letztlich auch die Beschlussfassung abzuwarten, bevor alle in diesem Zusammenhang gestellten Fragen beantwortet werden können.
Somit ist das ein laufender Reformprozess und damit auch ein Diskussionsprozess. Dieser Diskussionsprozess, Kolleginnen und Kollegen, findet natürlich auch in den Reihen der die Regierung tragenden Koalitionsparteien CSU und FDP statt. Da dieser Prozess dafür bitte ich Sie um Verständnis, Herr Kollege Muthmann - auch der Abstimmung über Einzelfragen noch nicht abgeschlossen sind, wird es schlichtweg noch etwas Zeit in Anspruch nehmen, bis diese von Ihnen richtig geschilderten wichtigen Weichenstellungen für die Zukunft Bayerns im Parlament schließlich beraten werden können. Dafür bitte ich Sie einfach um Verständnis.
Zurzeit ist es Mode, Haare in der Suppe zu finden. So haben Sie, Herr Kollege Muthmann - das ist mein Eindruck - nach vielen Haaren in diesem Suppentopf, in dem zurzeit gekocht wird, gesucht und angeführt, es würde Ihnen zu lange dauern. Sie würden konkrete Vorschläge zu A, B, C usw. vermissen. Herr Kollege Muthmann, es ist natürlich Ihr gutes Recht und vielleicht auch Ihre Aufgabe als Mitglied der Opposition, die Staatsregierung kritisch zu begleiten und zu kritisieren. Aber ich will Sie schon darauf aufmerksam machen: Wenn Sie einen eigenen Entwurf haben sollten, ist es Ihnen, der Fraktion der Freien Wähler, völlig freigestellt, falls Sie alle diese Antworten schon wissen sollten, einen Gesetzentwurf einzubringen. Dem würde nichts im Wege stehen. Aber nach allem, was ich weiß, gibt es einen solchen Gesetzentwurf bis heute nicht. Sie verlassen sich vielmehr darauf, dass CSU und FDP die zum Teil schwierigen Fragen tiefgehend miteinander erörtern und einen guten Entwurf einbringen, dem Sie dann im Ergebnis entweder zustimmen oder an dem Sie wiederum Kritik anbringen werden.
- Klar ist doch, Herr Kollege Muthmann, dass die Vielzahl der Fragen, die Sie mit Ihrer Interpellation gestellt haben, in diesem Stadium der Diskussion von der Staatsregierung nicht so umfänglich wie gewünscht beantwortet werden konnte. Aber eines, Herr Kollege Muthmann - das haben Sie zu Beginn Ihrer Rede auch angedeutet -, hat die Staatsregierung durchaus gemacht: Sie hat, auch wenn längst noch nicht alle Detailfragen geklärt sind, deutlich gemacht - das entspricht voll umfänglich der Haltung der CSU-Landtagsfraktion -, dass trotz des demografischen Wandels, den auch Sie angesprochen haben, am Leitziel
der Gleichwertigkeit der Lebens- und Arbeitsbedingungen in allen Landesteilen Bayerns selbstverständlich unverrückbar festgehalten wird.
Ich darf hier genau wie Sie aus der Antwort zu Ihrer Frage 2 zitieren, wo die Staatsregierung unter anderem schreibt:
Die Verantwortung für das gesamte Staatsgebiet ist schon ein Gebot der sozialen Gerechtigkeit und Kernelement des Sozialstaatsprinzips, wie es in Artikel 20 des Grundgesetzes verankert ist. Ferner liegt es im volkswirtschaftlichen Interesse, die unterschiedlichen Potenziale aller Teilräume optimal zu nutzen.
Damit ist doch ganz deutlich gemacht, Kollege Muthmann: Am Ziel gleichwertiger Lebens- und Arbeitsbedingungen muss festgehalten werden. Das wird der zentrale Punkt auch der zukünftigen Landesplanung und politischen Gestaltung in diesem Hohen Hause sein.
Wenn wir von Chancengerechtigkeit in allen Landesteilen sprechen, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, meinen wir auch den Zugang zu gleichwertiger Bildung, zu zukunftsfähigen Arbeitsplätzen, zur Versorgung des ganzen Landes mit den Einrichtungen der Daseinsvorsorge, zu zeitgemäßen Kommunikationsmitteln, zu bestmöglicher verkehrlicher Anbindung aller Teilräume unseres Landes genauso wie auch zu einer den Zwecken der Erholung dienenden Landschaft, um nur einige wichtige Aspekte anzusprechen.
Schon bisher wurden von uns, der CSU, von den Staatsregierungen über die Jahre wichtige Weichen gestellt, um auf eine rückläufige Bevölkerungszahl und ein Ansteigen des Durchschnittsalters der Bevölkerung - zusammen genannt: die demografische Entwicklung - zu reagieren, wie auch auf regionale Disparitäten, die es natürlich gibt.
Ich nenne als Beispiel nur die Einführung des Demografiefaktors im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs. Weitere Beispiele sind Ihnen bekannt. Mit zahlreichen, umfangreichen Fördermaßnahmen unterstützt die Staatsregierung schon immer die strukturschwachen ländlichen Teilräume.
Dabei ist die regionale Wirtschaftsförderung zentrales Instrument zur Schaffung zukunftsfähiger Arbeitsplätze. Eine mindestens gleichwertige Rolle spielt der Ausbau der Bildungsinfrastruktur. In keinem anderen
Lande Deutschlands wurden von einer CSU-Staatsregierung so gezielt so viele Universitäten und Fachhochschulen in allen Landesteilen, in allen Teilräumen angesiedelt wie gerade bei uns in Bayern.
Darüber sollten Sie nicht lachen, Sie sollten das vielmehr anerkennen. Damit wurde die Innovationsdynamik in unserem Freistaat ganz wesentlich gestärkt.
Weitere Elemente wie die Dorferneuerung und die Städtebauförderung spielen seit vielen Jahren eine ganz zentrale Rolle. Wir messen ihnen ein hohes Maß an Bedeutung zu.
Ein Wort zum Vorrangprinzip. Auch das Vorrangprinzip für den ländlichen Raum hat sich aus unserer Sicht bewährt. Wir wollen daran festhalten. In den letzten Jahren flossen etwa drei Viertel aller Wirtschaftsförderungsgelder in die strukturschwachen Teilräume des Landes. Auch rund 60 bzw. fast 50 % der Dorferneuerungs- und Städtebauförderungsmittel flossen in den ländlichen Raum. Schauen Sie sich an, was aus den Mitteln zur Förderung der Breitbandförderung, zur Förderung der Wasserversorgung und der Abwasserentsorgung als freiwillige Zugaben des Staates in die ländlichen und insbesondere auch in die strukturschwachen Teilräume unseres Landes fließt.
An diesem Vorrangprinzip für strukturschwache Räume bei der Wirtschaftsförderung und beim Infrastrukturausbau wollen wir, die CSU, unbedingt festhalten. Das alles heißt natürlich nicht, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass nicht noch mehr möglich ist, und dass nicht auch Sie, wenn Sie wollen, weitere gute Vorschläge machen können.
Genauso halten wir am Vorhalteprinzip bei Einrichtungen der Daseinsvorsorge fest. Auch das ist für uns unumstößlich. Dabei geht es um die flächendeckende Aufrechterhaltung von Einrichtungen der Daseinsvorsorge und die Entwicklung von Kriterien für eine flächendeckende Vorhaltung wichtiger öffentlicher Dienstleistungen. Wir, die CSU, sind nicht bereit, die Sicherung der wohnortnahen Versorgung hinter der Frage der Auslastung von Einrichtungen hintanzustellen. Das sei hier noch einmal ganz klar gesagt.