Protokoll der Sitzung vom 22.02.2011

(Alexander König (CSU): Einen solchen Blödsinn habe ich schon lang nicht mehr gehört!)

Wir werden es nicht so einfach durchgehen lassen. Wir werden deutlich aussprechen, wie hier in München abgestimmt wird.

(Alexander König (CSU): Weil es auch unwahr ist! Was Sie für einen Unsinn erzählen, Herr Kollege Rabenstein!)

Warten wir es ab. Bei der Stimmkreisreform, die jetzt kommen soll, werden wir sehen, wie sich die oberfränkischen Abgeordneten in München verhalten und wie sie hier abstimmen werden.

Zum Schluss noch ein Wort an Herrn Kirschner. Herr Kirschner, Sie haben gesagt, nur die Wirtschaft könne Arbeitsplätze erhalten, die Ämterverlagerung bringe nichts. Das sehe ich nicht so. Wir haben das deutlichste Beispiel in Hof mit dem Amt für Umwelt und der Außenstelle in Kulmbach. Wir haben sehr viele Fachkräfte, die wir in Oberfranken halten können. Damit können wir zwar keine riesigen Akzente setzen, aber es ist etwas, was in die richtige Richtung geht.

Das ist aber viel zu wenig. Darin gebe ich Ihnen wiederum recht. Wir müssen insgesamt ein besseres Konzept entwickeln, mit dem wir noch mehr machen, damit wir die Regionen, die nicht so toll dastehen, nicht weiter abhängen.

Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Schluss.

Wir müssen deutliche Akzente setzen, damit wir Verbesserungen erreichen.

(Beifall bei der SPD)

Als nächster Redner steht schon Kollege Dechant für die FDPFraktion bereit.

Sehr verehrtes Präsidium, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich noch ein paar grundsätzliche Punkte zur Regionalplanung und zur Entwicklung der ländlichen Räume sagen. Grundsätzlich ist zur Regionalplanung noch anzumerken, dass es zwischen der Landesebene, dem LEP, und der kommunalen Ebene, den Bauleitplänen, weiterhin eine Ebene geben muss, die die landesweiten Vorgaben in den Teilräumen konkretisiert und dabei die staatlichen und kommunalen Erfordernisse aufeinander abstimmt. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt haben wir uns noch nicht abschließend entschieden, wie die Struktur und Organisation sowie die Aufgabe der Regionalplanung in Bayern künftig gestaltet wird. Verantwortungsvolles Handeln benötigt aber auch Zeit. Wir reden und diskutieren darüber und streiten um die beste Lösung. Dafür brauchen wir ein Stück Zeit. Schnellschüsse bringen dem ländlichen Raum nichts.

(Beifall bei der FDP)

Aus unserer Sicht spricht aber viel dafür, die regionalen Planungsverbände als Träger der Regionalplanung beizubehalten. Eine reine Verlagerung der Regionalplanung auf die Ebene der Landkreise und kreisfreien Städte kann nicht zweckmäßig sein. Die regionalen Planungsverbände sind Zusammenschlüsse der Gemeinden und Landkreise einer Region und erfüllen damit in höchstem Maße die Anforderungen der Kommunalisierung und Problemnähe. Es ist eher über eine Stärkung der regionalen Planungsverbände durch Aufgabenerweiterung nachzudenken. Ich denke beispielsweise an die Regionalentwicklung, an die Erfüllung regionaler Aufgaben mit regionalem Zuschnitt. Ziel liberaler Politik ist es schon immer gewesen, Eigenverantwortung zu stärken, und dazu gehört es auch, diese zu ermöglichen.

Im Rahmen der Interpellation werden Fragen gestellt, nach welchen Kriterien die strukturschwachen und besonders förderbedürftigen ländlichen Räume abgegrenzt werden sollen. Ich meine, es ist doch selbstverständlich, dass dies leicht nachvollziehbare und transparente Kriterien sein werden. Für viel wichtiger halte ich es zusätzlich, dass der ländliche Raum mindestens genauso stark unterstützt wird wie bisher: Im LEP mit dem darin verankerten Vorrangprinzip für den ländlichen Raum, der in besonderem Maße gestärkt werden soll, mit einem Aktionsprogramm "Ländlicher Raum", einem Umsetzungsmonitoring und natürlich mit dem Staatssekretärsausschuss für den ländlichen Raum. Der strukturschwache ländliche Raum hat einen Bevölkerungsanteil von 27 % und einen Beschäftigtenanteil von 23 %.

Folgende Maßnahmen kommen im strukturschwachen Raum weit überproportional zum Tragen: Rund 75 % der regionalen Wirtschaftsförderung - in den gesamten ländlichen Raum flossen rund 95 % der regionalen Wirtschaftsförderung -, gut 75 % der Breitbandförderung, ca. 50 % der Tourismusförderung und gut 60 % der Dorferneuerungsmittel sowie fast 50 % der Städtebauförderung.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der Opposition, Sie tun immer so, als würde die Staatsregierung nichts tun. Diese Zahlen sprechen doch eine ganz deutliche Sprache.

(Hubert Aiwanger (FW): Dann passt alles?)

- Es passt nicht alles, aber die Staatsregierung ist dabei, dieses Problem zu lösen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Dem Vorrangprinzip wird außerdem durch den Beschluss des Ministerrats Rechnung getragen, dass die Mittel aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, EFRE, im Rahmen des Ziels "Regionale Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung" zu rund 60 % in Niederbayern, in der Oberpfalz und in Oberfranken in der Förderperiode 2007 bis 2013 zum Einsatz kommen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Politik heißt handeln, und wir tun dies.

Herr Kollege Dechant, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Im Anschluss, bitte. - Auch zukünftig muss es darum gehen, dass wir uns fachübergreifend und querschnittsorientiert über alle Ressorts hinweg den Anliegen des ländlichen Raums widmen. Genau deshalb halten wir es für erforderlich,

am Staatssekretärsausschuss als koordinierendem Organ festzuhalten und diesen weiterhin und noch stärker zu unterstützen.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Thomas Beyer (SPD))

- Lieber Kollege, am Schluss können Sie gerne noch Fragen stellen.

Lassen Sie mich abschließend persönlich noch etwas erklären. Ich lebe in dem Ort Schönleiten. Er hat weniger als 50 Einwohner, ist ländlich, bäuerlich und mit einigen der Defizite ausgestattet, die Sie heute angesprochen haben. Ich möchte ausdrücklich betonen: Ich lebe gerne dort und bin stolz auf meine Nachbarn. Ebenso stolz bin ich auf alle Menschen, die im ländlichen Raum leben und arbeiten. Liebe Kolleginnen und Kollegen, helfen wir weiterhin diesen Menschen, die jeden Tag wirklich Großartiges vollbringen! Vollbringen auch wir Großartiges, und reden wir den ländlichen Raum nicht kaputt,

(Hubert Aiwanger (FW): Kaputten Raum kaputtreden!)

sondern handeln wir weiterhin verantwortlich.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Kollege Dechant. Jetzt macht Kollege Dr. Rabenstein eine Zwischenbemerkung, bitte sehr.

Herr Kollege, Sie haben gesagt: keine Schnellschüsse. Glauben Sie denn nicht, dass die Schnellschüsse schon vor zehn Jahren hätten gemacht werden müssen, weil wir dann viele Probleme nicht hätten, die wir heute haben? Wir haben heute nicht mehr viel Zeit, und die Gelegenheit für Schnellschüsse ist wohl vorbei. Das war meine erste Frage.

Meine zweite Frage: Sie haben die Fördermittel angesprochen, die in die ländlichen Gebiete fließen. Glauben Sie, dass die Breitbandförderung in den Städten, in den Ballungsräumen überhaupt nicht notwendig war, weil die Firmen dort schon für Breitbandanschlüsse gesorgt haben? Im ländlichen Raum, wo nichts zu verdienen war, ist das nicht passiert. Deswegen müssten die Fördermittel naturgemäß in den ländlichen Raum fließen. Sehen Sie diesen Zusammenhang, ja oder nein?

Bitte sehr, Herr Kollege Dechant.

Ich antworte zunächst auf die Frage, ob schon vor zehn Jahren etwas hätte gemacht werden sollen. Vor zehn Jahren wurde etwas getan. Wir waren damals nicht mit verantwortlich. Jetzt sind wir mit verantwortlich. Wir beraten jetzt über eine verantwortliche Fortführung dieser Politik. Wir brauchen Zeit, um uns mit diesem Problem auseinanderzusetzen. Das ist kein Thema, das irgendwann abschließend beraten sein wird. Die Anforderungen werden sich in Zukunft ständig ändern, und wir werden dieses Thema ständig auf der Agenda behalten. Wir sehen dieses Thema als nie abgeschlossen an. Wir werden das weiterhin im Interesse der Menschen und im Interesse des Freistaats verfolgen.

Zur zweiten Frage: Sicher ist im ländlichen Raum mehr Förderung nötig. Es gibt im ländlichen Raum aber auch Städte, und es gibt Teile von Städten, die etwas außerhalb liegen. Genau deshalb werden wir Fördermittel auch für Städte brauchen, und genau deshalb sind dort Fördermittel hingeflossen.

(Beifall bei der FDP)

Herr Kollege Dechant, es gibt noch eine Zwischenbemerkung des Kollegen Aiwanger.

Herr Dechant, haben Sie in Schönleiten einen schnellen Internet-Anschluss, und wie hoch ist die Übertragungsrate des schnellen Internets dort?

Herr Kollege Aiwanger, ich habe keinen schnellen Internet-Anschluss; das gebe ich unumwunden zu.

(Hubert Aiwanger (FW): Darum ist es dort so schön!)

- Selbstverständlich, weil ich dort nicht ständig von EMails bombardiert werde. Das stimmt aber jetzt nicht ganz. Ich habe zwar keinen DSL-Anschluss, aber ich habe UMTS und HSDPA, also eine brauchbare Versorgung über Funk. Einen DSL-Anschluss habe ich dort nicht; das ist richtig. Es gibt noch weiße Flecken. Ich behaupte gar nicht, dass wir mit der Versorgung schon fertig sind. Kein Mensch behauptet hier, wir wären damit fertig und alles wäre wunderbar. Wir sagen hier nur: Wir arbeiten daran, und es fließen Mittel in diese Räume. Sie tun immer so, als wäre über die Jahre hinweg nichts passiert und als würde sich die Staatsregierung mit diesem Thema nicht auseinandersetzen.

(Hubert Aiwanger (FW): Also Sie sind zufrieden mit dem Internet-Anschluss in Schönleiten?)

- Ich bin noch nicht zufrieden, aber, wie gesagt, wir arbeiten daran.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Dechant. Für die Staatsregierung äußert sich nun Frau Staatssekretärin Hessel. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zunächst das Fazit des Kollegen Kirschner aufgreifen, dass wir ein gemeinsames Ziel haben, aber uns über den Weg dahin nicht ganz einig sind. Wir haben gemeinsam das Ziel gleichwertiger Lebens- und Arbeitsbedingungen in allen Landesteilen Bayerns. Wir behandeln heute eine Interpellation zum Thema "Landesentwicklung und Regionalplanung in Bayern"; wir haben viel über den Zukunftsrat und über viele andere Themen diskutiert, die wir schon in der Vergangenheit erörtert haben.

Ich komme kurz auf die Landesplanung zurück. Die Landesplanung stellt die Spielregeln dafür auf, wo im Land welche großräumigen Nutzungen - Infrastruktureinrichtungen und Einzelhandelsgroßprojekte - zulässig sind. Auch Freiräume für Natur und Landschaft können nicht nach dem Zufallsprinzip über das Land verteilt werden. Wir brauchen eine Abstimmung der unterschiedlichen Nutzungsansprüche, eine Ordnung und ein System. Genau das leistet die Landesplanung mit dem Landesentwicklungsprogramm, den Regionalplänen und dem Raumordnungsverfahren.

Wir haben gesagt, dass die Neuentwicklung der Landesplanung nach den Gesichtspunkten der Entbürokratisierung, Deregulierung und, soweit wie möglich, auch der Kommunalisierung erfolgen soll. Die Landesentwicklungsplanung wird in zwei Schritten reformiert, zuerst durch das Bayerische Landesplanungsgesetz, das, wie Kollege König gesagt hat, sich gerade in der Ressortabstimmung befindet. Der zweite Schritt geschieht mit dem auch von Ihnen mitbeschlossenen Landesentwicklungsprogramm.

Frau Karl, wir haben es mit einer konkurrierenden Gesetzgebung zu tun. Wir wollen jetzt ein bayerisches Gesetz machen, das bayernspezifisch und anwendungsfreundlicher ist. Wir wollen als Grundlage für das neue Landesentwicklungsprogramm ein neues bayerisches Landesplanungsgesetz. Im Landesplanungsgesetz sind gleichwertige Lebens- und Arbeitsbedingungen Leitziel. An diesem Leitziel halten wir als Bayerische Staatsregierung fest, und zwar ungeachtet aller momentanen Diskussionen über das Gutachten des Zukunftsrates. Die Staatsregierung lässt keine Räume hängen. Sie unterstützt die strukturschwachen Räume ebenso wie die metropolitanen Kerne oder die

sonstigen ländlichen oder verdichteten Räume. Wir werden es nicht zulassen, dass einzelne Landesteile gegeneinander ausgespielt werden. Bayern ist stark in seiner Vielfalt. Im Mittelpunkt steht nicht der Gegensatz zwischen München und dem Rest Bayerns, nicht der Gegensatz zwischen Verdichtungs- und ländlichen Räumen. Bayern ist stark, weil Bayern so vielfältig ist.