Protokoll der Sitzung vom 02.03.2011

Zum Thema "Pönale" will ich einige Bemerkungen machen. Kollege Wörner hat vorhin in einem Rundumschlag angesprochen, man würde die Leute geradezu dazu einladen, das erst einmal auszulösen, damit man hinterher Geld bekommt. Fakt ist, dass die Pönale ganz gezielt für bestimmte Projekte eingesetzt wird; wir werden das in dem Bericht darstellen. Sie wird fachlich und zielgerichtet für pünktlichkeitsverbessernde Maßnahmen, für Qualitätsmanagementprojekte und für Informationstechnik eingesetzt und nicht etwa so, wie es zuvor dargestellt wurde, dass dann quasi eine Überweisung an diejenigen erfolgt, die das ausgelöst haben. Selbstverständlich sind das gezielte Maßnahmen. Ich meine, das ist vom Grundansatz her ein erfolgreiches Instrument. Aber ich sage es noch einmal, und deswegen werden wir diesen Winter zielgerichtet nacharbeiten: Der Anteil der vermeidbaren Fehler ist entschieden zu hoch und kann von uns nicht hingenommen werden und wird von mir nicht hingenommen.

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Vielen herzlichen Dank, Herr Staatsminister. Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Dazu werden die Anträge wieder getrennt.

Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 16/7612, das ist der Antrag der CSU-Fraktion, seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. - Vielen Dank, das sind alle Fraktionen des Hohen Hauses. Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Dann ist der Antrag so beschlossen.

Wer dem geänderten Dringlichkeitsantrag 16/7622 der Fraktion Freie Wähler - - Ist jedem bewusst, wie er geändert wurde?

(Ulrike Gote (GRÜNE): Nein! Überhaupt nicht!)

- Überhaupt nicht? Das kann man ändern. Der Dringlichkeitsantrag wurde in der letzten Zeile des dritten Spiegelstrichs geändert. Aus "… der v. a. folgende Kriterien und Detailinformationen umfasst:" wird "… der v. a. folgende Kriterien und Informationen (we- sentliche Gründe) umfasst:" Korrekt, Herr Professor Dr. Piazolo? - Jawohl. Damit wird Klarheit hergestellt.

(Ulrike Gote (GRÜNE): Die drei Punkte bleiben?)

- Die Punkte bleiben. Das war die einzige Änderung, die mir vorgelegt wurde.

Wer dem Dringlichkeitsantrag der Fraktion der Freien Wähler auf Drucksache 16/7622 in dieser geänderten Fassung seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. - Vielen herzlichen Dank. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit ist auch dieser Antrag mit den Stimmen aller Fraktionen angenommen.

Nun rufe ich zur gemeinsamen Beratung auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Prof. Dr. Peter Paul Gantzer, Dr. Thomas Beyer u. a. und Fraktion (SPD) Kein Verlust von bayerischen Standorten nach Verlust des Verteidigungsministers (Drs. 16/7613)

und

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Tanja Schweiger, Bernhard Pohl u. a. und Fraktion (FW) Einsatzfähigkeit und Planungssicherheit der Bundeswehr sichern - Bundeswehrreform kritisch überprüfen (Drs. 16/7614)

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Erster Redner ist Herr Professor Dr. Gantzer. Sie haben das Wort, Herr Kollege.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist uns ein Reformer verloren gegangen. Dennoch müssen wir die Bundeswehr reformieren. Diese große Reform steht uns bevor, ganz gleich, in welchem Ausmaß sie stattfinden wird. Ich erinnere an die Diskussionen, die wir hier darüber schon hatten. Ich erinnere vor allem daran, dass Herr Ministerpräsident Seehofer versprochen hat, alles in die Waagschale zu werfen, um die Standorte in Bayern zu erhalten. Es gibt eine ganze Menge von Waagen in Bayern und in Berlin. Ich habe den Ministerpräsidenten jedoch bis jetzt an keiner einzigen solchen Waage gesehen. Jetzt wurde eine große Waage vor ihm aufgestellt; er hätte die große Chance gehabt, etwas für Bayern zu tun, nämlich uns das Bundesverteidigungsministerium zu erhalten. Es war Ihnen zugestanden und zugesichert. Bei der größten Reform, die die Bundeswehr durchzuführen hat, bei der wir die bayerischen Interessen verteidigen müssen, machen wir das am besten mit einem bayerischen Minister. Sie hätten den Staatssekretär Schmidt gehabt oder wen auch immer, ich mische mich nicht in Ihre Personalpolitik ein. Aber dass Sie das Verteidigungsministerium für einen windigen Innenministerposten aufgegeben haben -

(Heiterkeit bei der SPD und den Freien Wählern)

Wir wissen doch alle: Innere Sicherheit ist Länderhoheit. Da haben wir etwas zu sagen. Deshalb haben wir unseren Innenminister, der bei der Bekämpfung der Kriminalität mehr zu sagen hat als der Bundesinnenminister. Der Bundesinnenminister ist doch letztlich nur ein höherer Geist, der über der inneren Sicherheit schwebt, aber die Arbeit machen wir hier.

(Hubert Aiwanger (FW): Titel ohne Mittel!)

Umgekehrt ist das mit der Verteidigungspolitik und mit der äußeren Sicherheit.

Bei der größten Reform aller Zeiten - ich habe alle Bundeswehrreformen seit 1989 mitgemacht - geben Sie dieses Amt auf, ohne auch nur darum zu kämpfen. Das, muss ich sagen, stimmt mit Ihrem Versprechen nicht überein. Die Waagschale, die Sie hätten füllen können, die der Herr Ministerpräsident hätte ausfüllen können, haben Sie nicht gefüllt. Das wird sich noch als Fehler erweisen. Denn wen haben wir als Verteidigungsminister bekommen? - Jemanden aus den neuen Bundesländern. Das Verhältnis der neuen Bundesländer zu Bayern kennen wir. Der Erhalt der bayerischen Bundeswehrstandorte wird daher eine sehr, sehr schwierige Aufgabe werden. Deswegen kann ich nur sagen: Hier hätten Sie mehr Sensibilität zeigen müssen und für Bayern etwas tun können.

(Beifall bei der SPD)

Es kommt noch eines hinzu: Sie waren vorgewarnt, und zwar schon durch Ihren letzten Verteidigungsminister. Der hatte, für uns ziemlicht schlecht, in den neuen Bundesländern gesagt, dass er in Bayern Truppe abbauen will, weil er die Gelder, die er dadurch spart, an die Wehrindustrie geben könnte. Ich habe mich erst darüber gewundert. Einen Aufschrei habe ich bei Ihnen vermisst, bis ich vom Kollegen Johannes Hintersberger, den ich sehr schätze, in seinem letzten Antrag, über den wir hier im Landtag diskutiert haben, lesen musste, dass er gefordert hat, die Wehrindustrie zu fördern. Kein Wort zu den Standorten. Ich habe auch seine beiden Interviews, die er gegeben hat, sehr aufmerksam gelesen und feststellen müssen, dass die Kernaussage in beiden Interviews lautete: Die Bundeswehr ist kein Wirtschaftsförderungsinstitut. Aus diesen Aussagen, zusammengenommen mit den Aussagen des alten Verteidigungsministers und Ihrem Handeln, habe ich den Eindruck gewonnen, dass es Sie nicht so sehr interessiert, welche Garnisonen in Bayern aufgelöst werden und welche nicht. Deshalb war unser Dringlichkeitsantrag heute wirklich wichtig, um Sie zum Jagen zu tragen.

(Beifall bei der SPD)

Herr Hintersberger, Sie haben in Ihren Interviews erklärt, Sie könnten sich vorstellen, dass wir bei der Bundeswehrreform Standorte erhalten können, wenn wir die Reservisten dadurch aufwerten würden, dass wir sogenannte Heimatschutzbataillone oder Heimatschutzregimenter aufstellen, die für den Katastrophenfall zuständig sein sollten. Auch unser eigener Innenminister hat das erklärt. Ich verweise hierzu auf Artikel 87 a des Grundgesetzes. Dort steht ganz genau, wofür die Bundeswehr aufgestellt werden muss, nämlich für den Verteidigungsfall und für den äußeren Einsatz. Dort steht nichts von Katastrophenschutz. In Artikel 35 Absatz 3 des Grundgesetzes steht zwar, dass die Bundeswehr Amtshilfe leisten kann. Sie wollen allerdings eine völlig neue Aufgabe für die Bundeswehr. Sie müssen mir erst einmal verfassungsrechtlich erklären, wie Sie das machen wollen. Im Übrigen würden Sie damit in Konkurrenz zum THW treten, dem der Katastrophenschutz kraft Gesetzes auferlegt worden ist. Ich glaube nicht, dass Sie sich mit dem THW verständigen können. Sie sollten sich einmal mit den Leuten vom THW unterhalten. Sie sind äußerst empört darüber, dass ihre ureigenen Aufgaben von der Bundeswehr wahrgenommen werden sollen. Auch das sollten Sie sich merken.

(Beifall bei der SPD)

Ich verweise ganz besonders auf den letzten Satz unseres Antrags, dass nämlich umgehend Konversionsund Entwicklungsmaßnahmen eingeleitet werden müssen. Wir wissen nicht, was in Bayern passieren wird, und jetzt erst recht nicht. Ich habe mich beim Bund kundig gemacht, um zu sehen, welche Mittel dort vorhanden sind. Die Auskunft hat mich besonders getroffen. Kommunen, die vor der Schließung ihrer Standorte Angst haben, haben sich beim Bund erkundigt. Dort sind sie auf die Finanzhilfen des Bundes zur Städtebauförderung verwiesen worden.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Das ist eine Hilfe! Ja du liebe Zeit!)

- Ja, das ist sehr hilfreich.

Jetzt werfen Sie aber noch einen Blick in den Haushalt 2011 des Bundes. Dort sind von Ihren beiden Fraktionen die Mittel für dieses Programm radikal gekürzt worden, sodass man feststellen kann, dass sich daraus gar keine Konversion bezahlen lassen wird.

Ich schlage Ihnen vor, nach Rheinland-Pfalz hinüberzublicken. Dort hat Ministerpräsident Beck schon bei den letzten Reformen das Konversionsprogramm sehr kräftig angeschoben. Ich kann Ihnen nur empfehlen, sich dort zu erkundigen, damit Sie sehen, wie Konversion geht.

(Beifall bei der SPD)

Ich fasse knapp zusammen: Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, es reicht nicht, wenn Sie in Bayern Fahnen schwenkend herumlaufen und sich auf die Brust trommeln. Das hier ist Etappe. Die Front ist in Berlin. Dass Sie hier die Etappenhengste spielen, reicht eben nicht aus.

Möchten Sie eine Zwischenfrage zulassen, Herr Kollege?

Sie müssen schon nach Berlin gehen und dort den bayerischen Löwen brüllen lassen. Das vermisse ich. Nach dem, was ich aus dem Verteidigungsministerium weiß, hat sich Bayern dort bei den entscheidenden und beratenden Stellen noch nicht gemeldet.

(Dr. Manfred Weiß (CSU): Die waren bei uns!)

Sie haben Gespräche mit dem letzten Verteidigungsminister geführt, aber Sie haben im Verteidigungsministerium keinen Vorschlag gemacht. Auch der Ministerpräsident war nicht dort. Das ist falsch. Lassen Sie mich einen alten lateinischen Spruch abwandeln: Hic non est Rhodos, sondern Rhodos ist in Berlin. Das sollten Sie berücksichtigen, und da sollten Sie angreifen. Darum bitte ich Sie.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege, ich habe die Fortsetzung Ihrer Rede als Nichtzulassung einer Zwischenfrage gewertet. Deswegen kommen wir jetzt zu einer Zwischenbemerkung des Kollegen Wägemann.

Sehr geehrter Herr Kollege Gantzer, Sie haben sehr wenig zum Inhalt Ihres eigenen Antrags gesprochen, aber gleichzeitig betont, dass Sie seit 1989 alle Bundeswehrreformen begleitet haben. Deswegen frage ich Sie, ob Ihnen bekannt ist, dass bei der letzten Bundeswehrreform unter RotGrün 2002 der größte deutsche Panzerstandort in Markt Heidenheim, einer äußerst strukturschwachen Gegend, komplett platt gemacht wurde und dass dabei jede Konversionsmaßnahme von der rot-grünen Bundesregierung abgelehnt wurde? Wenn ich das berücksichtige, muss ich sagen: Ihr Antrag ist scheinheilig.

(Beifall bei der CSU)

Herr Professor Gantzer zur Erwiderung.

Lieber Kollege Wägemann, das geht am Ziel vorbei. Ich erinnere Sie daran, dass uns Ihre eigene Regierung erst vor Kurzem ins Herz getroffen hat. Sie hat nämlich die DSO von Regensburg nach Hessen verlegt. Die DSO ist eine ureigene bayerische Truppe an einem uralten Standort. Regensburg war schon Garnisonsstandort seit, ich glaube, den Ägyptern.

(Dr. Christian Magerl (GRÜNE): Seit den Römern!)

Das, was Sie hier getan haben, hat uns viel mehr getroffen als die Verlegung einer Panzerdivision. Damit haben Sie für die Bevölkerung wesentlich mehr Schaden angerichtet als mit der Verlegung der Panzerdivision.

(Widerspruch bei der CSU - Dr. Manfred Weiß (CSU): Ohne die Staatsregierung wäre die DSO gar nicht das, was sie ist!)

Im Übrigen habe ich gelesen, dass sich dort, wo die Panzerdivision ursprünglich war, die wirtschaftlichen Verhältnisse sogar wesentlich verbessert haben. Das sollten Sie nicht unterschlagen.

(Beifall bei der SPD)

Gibt es keine weiteren Zwischenbemerkungen?

Nein, Herr Kollege. Wenn Sie möchten, dürfen Sie das Pult verlassen.

Ich darf mich vielmals bedanken. Stimmen Sie bitte meinem Antrag zu.